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RUSSLAND/123: Festnahme von bekanntem tschetschenischem Menschenrechtler


Presseerklärung vom 25. Februar 2014

Gedenken an den 70. Jahrestag der Deportation von Tschetschenen und Inguschen unerwünscht



Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) fordert russische und tschetschenische Behörden auf, Ruslan Kutajew - Menschenrechtler und Präsident der "Versammlung der Völker des Nordkaukasus" - unverzüglich freizulassen. "Kutajew wird anscheinend dafür bestraft, dass er auf einer Konferenz an die Deportation von Tschetschenen und Inguschen vor 70 Jahren erinnerte. Kadyrow verharmlost seit Jahren dieses Verbrechen und hat nun auch ein Denkmal an die Deportation in Grosny abbauen lassen", erklärte Sarah Reinke, Referentin für die GUS-Staaten am Dienstag in Berlin.

Am 18. Februar 2014 referierte Ruslan Kutajew auf einer in Tschetschenien stattfindenden Konferenz über die Deportation der Tschetschenen, Inguschen und Balkaren im Jahr 1944. Am 20. Februar forderten tschetschenische Behörden ihn telefonisch dazu auf, zu einem Gespräch zu erscheinen. Er war zu dem Zeitpunkt im russischen Piyatigorsk und kehrte noch am selben Tag nach Tschetschenien zurück, wo er zunächst noch Verwandte besuchte. Gegen 16 Uhr drangen Polizisten in das Haus der Verwandten ein und nahmen Kulajew mit. Seiner Familie wurde später mitgeteilt, dass er im Untersuchungsgefängnis des Innenministeriums in Urus-Martan festgehalten werde. Am 21. Februar teilte der Pressedienst des tschetschenischen Innenministeriums mit, dass Kulajew im Besitz von drei Gramm Heroin gewesen sei. Deshalb werde nun Anklage gegen den Menschenrechtsverteidiger, der eng mit der Leiterin der Moskauer Helsinki Gruppe, Ludmilla Alekseevna, und dem Vorsitzenden der Organisation "Komitee gegen Folter", Igor Kaljapin, zusammenarbeitet, erhoben.

"Das Unterschmuggeln von Drogen ist in Tschetschenien und auch in anderen Teilen der Russischen Föderation eine gängige Praxis, um unliebsame Personen anzuklagen und für Jahre hinter Gitter zu bringen", warnte Reinke. Kutajew habe einen untadeligen Ruf, daher müssten ihn die tschetschenischen Behörden sofort auf freien Fuß setzen.

Am 23. Februar 1944 begann die kollektive Deportation der Tschetschenen und Inguschen durch die Rote Armee nach Zentralasien. Etwa 460.000 Menschen wurden deportiert. 40 bis 50 Prozent der Deportierten in den Zügen sollen Kinder gewesen sein. Genaue Opferzahlen liegen nicht vor. Mindestens 30 und höchstens 50 Prozent der Deportierten sind Schätzungen zufolge damals zu Tode gekommen.

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Quelle:
Presseerklärung Berlin/Göttingen, den 25. Februar 2014
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Februar 2014