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BERICHT/1205: "Unser Protest muss gehört werden" - Ostermarsch für eine atomwaffenfreie Welt (Dieter Junker)


"Unser Protest muss gehört werden"

250 Menschen demonstrieren beim Ostermarsch in Büchel in der Eifel für eine atomwaffenfreie Welt

von Dieter Junker, 2. April 2013


Demonstrationszug mit Fahnen und Transparenten - Foto: © 2013 by Herbert Sauerwein

Bei bedecktem Himmel und kaltem Wind gegen Atomkraft und die Stationierung von Atomwaffen in Büchel
Foto: © 2013 by Herbert Sauerwein

Büchel. Atomwaffen abschaffen, statt modernisieren. Dies forderten rund 250 Menschen beim Ostermarsch in Büchel in der Eifel. Auf dem dortigen Fliegerhorst sollen die letzten Atomwaffen in Deutschland stationiert sein. Und sie sollen modernisiert werden. Dies stößt auf heftigen Widerstand bei vielen Friedensgruppen.

"Die neuen Atombomben sollen zielgenauer sein und über Satellit ins Ziel gelenkt werden können. Dadurch werden sie zu Angriffswaffen und die Schwelle für ihren Einsatz sinkt", sagt Dr. Elke Koller von der Regionalgruppe Cochem-Zell des Internationalen Versöhnungsbundes. Seit 1996 gehört sie zu den Initiatoren des Protestes in der Eifel. Auch den Ostermarsch, es ist bereits der vierte seit 2010, hat sie mit organisiert. "Hier missachtet die Bundesregierung nicht nur den Mehrheitswillen der Bevölkerung und auch der gewählten Volksvertreter", meint sie mit Blick auf den Bundestagsbeschluss von 2010, der einen Abzug dieser Atomwaffen fordert. "Hier missachtet die Bundesregierung auch ihren eigenen Koalitionsvertrag, in dem sie sich auf den Atomwaffenabzug festgelegt hat", fügt sie hinzu.

Christian Neumann, Leutnant der Bundeswehr und Sprecher der kritischen Soldatenvereinigung "Darmstädter Signal", forderte beim Ostermarsch Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Handeln auf, da die Friedensbewegung ihrer leeren Worte überdrüssig sei: "Handeln Sie jetzt! Die Atomwaffen müssen weg!" Kernwaffen seien militärisch völlig sinnlos, urteilte der Offizier. Und da dürfte sich Deutschland nichts von den USA in der atomaren Frage diktieren lassen, sondern müsse Nein sagen zur geplanten Modernisierung, betonte er unter dem Beifall der Ostermarschierer.

"Kernwaffen sind weiter Hauptbedrohung für die Menschheit", so Christian Neumann. Auch Soldaten fänden es unerträglich, dass derart barbarische Waffen existieren würden, dass sie an solchen Waffen ausgebildet würden und dass sie solche Waffen auf Befehl einsetzen sollten. "Unser Protest muss gehört werden", sagte der Sprecher des "Darmstädter Signals". US-Präsident Barack Obama habe mit seinem Versprechen einer atomwaffenfreien Welt enttäuscht. "Doch die Welt wird ihn an seine Worte erinnern", kündigte er an.

Auch aus dem Hunsrück, wo in den 80er Jahren 96 Cruise Missiles stationiert werden sollten und wogegen sich ein breiter Protest in der Bevölkerung wandte, kam Unterstützung. "Gerade angesichts der geplanten Modernisierung, die für die Militärstrategen einen Einsatz denkbar macht, dürfen wir nicht aufhören, für eine atomwaffenfreie Welt zu kämpfen. Und wir dürfen nicht aufhören, uns zu empören", betonte Heidrun Kisters von der Hunsrücker Friedensbewegung.

Doch nicht nur die Atomwaffen standen im Fokus der Ostermarschierer in Büchel, auch die Kernkraft wurde in den Blick genommen, die zwei Seiten einer Medaille, wie Richard Pestemer vom Trierer Anti-Atomnetz meinte. "Es gibt nicht die gute Atomkraft und die schlechten Atomwaffen", machte er klar. Nicht nur die Atomwaffen müssten abgeschafft werden, auch die Atomkraftwerke gehörten abgeschaltet, lautete seine Forderung.

Der 11. März 2011, der Tag der Katastrophe in Fukushima, habe ihn wachgerüttelt, bekannte Hayato Fuji, der in Düsseldorf eine japanische Anti-Atomkraftgruppe initiierte. Aus Solidarität und in Respekt vor den Protesten in Büchel sei er in die Eifel gekommen, meinte er bei der Abschlusskundgebung.

Mit zahllosen bunten Fahnen und Transparenten bietet der Protestzug ein bewegtes Bild - Foto: © 2013 by Herbert Sauerwein

Protest gegen Atomkraft und Atomwaffen mit Höhen und Tiefen
Foto: © 2013 by Herbert Sauerwein

Bunt und vielfältig war der Protest in der Eifel, zu dem viele Menschen aus Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Hessen und Nordrhein-Westfalen angereist waren. Es war ein kleiner Vorgeschmack auf das, was im Sommer in der Eifel geplant ist. Denn im August wird es eine bundesweite Aktion am Fliegerhorst in Büchel im Vorfeld der Bundestagswahlen geben. Marion Küpker von der "Gewaltfreien Aktion Atomwaffen Abschaffen" verwies auf die geplanten Proteste, so vor allem auf die große Konzertblockade des Luftwaffenstützpunktes am 11. und 12. August, unter anderem mit der Gruppe "Lebenslaute", aber auch auf das Aktionscamp und viele weitere Aktionen.

Pfarrer Dr. Matthias Engelke, der deutsche Vorsitzende des Internationalen Versöhnungsbundes, kündigte zudem eine öffentliche Fastenaktion an, die am 2. August vor dem Kanzleramt in Berlin beginnen und am 9. August, dem Nagasaki-Gedenktag, in Büchel enden soll. Es wird dann bereits die vierte Fastenaktion des evangelischen Pfarrers sein.

"Die Waffen sind da, und weil sie da sind, sind wir auch da", machte Ingo Köhler von der örtlichen Friedensgruppe beim Ostermarsch deutlich. Der Eifel steht jedenfalls ein heißer Sommer bevor.

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Quelle:
© 2013 by Dieter Junker
mit freundlicher Genehmigung der Autors und des Fotografen
Freier Journalist + Dipl.-Soziologe, Uhler


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. April 2013