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INTERNATIONAL/069: Russell Tribunal zu Palästina fordert Druck auf israelische Regierung! (Annette Groth)


Pressemitteilung von Annette Groth, menschenrechtspolitische Sprecherin der LINKEN vom 8. November 2011

Russell Tribunal zu Palästina fordert Druck auf israelische Regierung!

Vom 5.-7. November 2011 fand in Cape Town/Südafrika das dritte Russell-Tribunal zu Palästina statt, dem ich beiwohnte:


"Das Russell-Tribunal zu Palästina wurde im März 2009 in Folge des Gaza-Krieges gegründet und lehnt sich in seiner Arbeitsweise und Zielsetzung an das Vietnam-Tribunal von 1966 in London an. Schwerpunkt des dritten Russell-Tribunals war die Frage, ob die Behandlung der palästinensischen Bevölkerung durch den israelischen Staat den internationalen Definitionen von Apartheid entspricht. Während das Tribunal tagte, wurde seine Webseite gehackt und damit der Informationsfluss behindert.

Nach einleitenden Worten von Erzbischof Desmond Tutu kamen Zeugen, auch Apartheid-Opfer aus Südafrika, zu Wort. Für die palästinensische Seite verlasen u.a Jeff Halper vom Israelischen Komitee gegen Hauszerstörungen und Jamal Jumaa, Aktivist gegen den Bau der Mauer, ihre Zeugnisse. Während das palästinensische Mitglied der israelischen Knesset, Haneen Zoabi, ihr Zeugnis abgab, wurde bekannt, dass im Ethikkomitee der Knesset ein Antrag eingereicht wurde, der fordert, ihr aufgrund ihrer Teilnahme am Tribunal die Staatsangehörigkeit zu entziehen. Dagegen müssen wir protestieren!

Experten des internationalen Rechts wie John Dugard aus Großbritannien, Raji Sourani aus Gaza und Lea Tsemel aus Israel gaben ihre juristischen Einschätzungen zu den Diskriminierungen gegenüber der palästinensischen Bevölkerung ab. Am 7. November ging die Jury mit ihren Schlussfolgerungen an die Öffentlichkeit: Danach erfüllt die Behandlung der palästinensischen Bevölkerung durch den israelischen Staat den Tatbestand des Verbrechens der Apartheid gemäß Artikel 2 der UN-Anti-Apartheid-Konvention und Art.7 Absatz 2 h des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs.

Nach Auffassung der Jury handelt es sich bei der jüdischen und palästinensischen Bevölkerung um zwei unterschiedliche "rassische" Gruppen im soziologischen Sinn. Als unmenschliche Akte von Apartheid gegen die palästinensische Bevölkerung führte sie u.a. die Politik der "gezielten Tötungen", der Folter und der Freiheitseinschränkungen durch die Politik der willkürlichen Verhaftungen und Administrativhaft an. Akte von Apartheid stellen nach Aussage der Jury auch die systematischen Menschenrechtsverletzungen dar, die die volle und ebenbürtige Partizipation der palästinensischen Bevölkerung am politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben verhindern, ebenso die kontinuierliche Verletzung bürgerlicher und politischer Rechte, wie das Recht auf Bewegungsfreiheit, Wohnortwahl sowie Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Diese Verletzungen seien systematisch und zum Teil auch institutionalisiert.

Einige Gesetze im israelischen Rechtssystem wie z.B. das Staatsangehörigkeitsgesetz privilegierten die jüdische gegenüber der palästinensischen Bevölkerung. In der West Bank unterliegen alle Palästinenser_innen dem israelischen Militärrecht während die jüdischen Siedler_innen in der West Bank der zivilen Gesetzgebung und Zivilgerichten unterstünden.

Das Recht auf freie Meinungsäußerung wurde z.B. mit dem Nakba-Gesetz verletzt, das die öffentliche Erinnerung an die gewaltsame Vertreibung der Palästinenser 1948 verbietet. Laut Nurit Peled-Elhan, israelischer Mitbegründerin des Russel Tribunals zu Palästina, hat die israelische Knesset alleine im Jahre 2011 bereits 16 rassistische Gesetzesvorlagen, die gegen die palästinensische Bevölkerung diskriminieren, diskutiert und zum Teil verabschiedet.

In seinen Empfehlungen fordert das Tribunal die Staatengemeinschaft auf, gemeinsam dahingehend zu wirken, dass die israelische Apartheid-Politik durch Druck in internationalen Organisationen sowie in multi- und bi-lateralen Verträgen beendet wird. Der Chefankläger des IStGH wird aufgefordert, für die Klage der palästinensischen Autonomiebehörde vom Januar 2009 bezüglich der Kriegsverbrechen im Gaza-Krieg die Jurisdiktion zu akzeptieren.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 8. November 2011
Annette Groth, MdB
Fraktion DIE LINKE im Bundestag
Menschenrechtspolitische Sprecherin
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: 030 227 77207, Fax : 030 227 76207
E-Mail: annette.groth@bundestag.de
Internet: www.annette-groth.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. November 2011