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PREIS/054: Henry Mathews Preis für südafrikanische Witwen von Marikana (Kritische Aktionäre)


Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre
Pressemitteilung vom 14. September 2016

Henry Mathews Preis für südafrikanische Witwen von Marikana

Dachverband ist seit drei Jahrzehnten die Stimme für Frieden, Umweltschutz und Menschenrechte auf Aktionärsversammlungen / Jahrestagung am 17. September mit Fachvorträgen und konzernkritischem Kabarett


Den diesjährigen Henry Mathews Preis verleiht der Dachverband der Kritischen Aktionäre an zwei Witwen südafrikanischer Bergleute und eine Gruppe internationaler UnterstützerInnen, die sich mit der Kampagne "Plough Back The Fruits" für eine Wiedergutmachung an den Hinterbliebenen des Massakers von Marikana einsetzen.

Die PreisträgerInnen sind die Witwen Ntombizolile Mosebetsane und Agnes Makopano Thelejane aus Marikana, Nomarussia Bonase und Judy Seidman von der südafrikanischen Khulumani Support Group (Johannesburg), der anglikanische Altbischof Johannes Seoka aus Pretoria, Simone Knapp und Dr. Boniface Mabanza von der Kirchlichen Arbeitsstelle Südliches Afrika (Heidelberg) sowie Maren Grimm und Dr. Jakob Krameritsch von der Akademie der Künste (Wien). Sie engagieren sich seit Jahren für die Aufarbeitung des Marikana-Massakers und im Rahmen der Kampagne "Rohstoffe - im Konflikt mit Menschenrechten" des Dachverbands. Auf der Aktionärsversammlung von BASF machten sie deutlich, dass der deutsche Chemie-Konzern seiner Lieferketten-Verantwortung nicht gerecht wird. BASF ist Hauptabnehmer von Platin des britisch-südafrikanischen Konzerns Lonmin.

Am 16. August 2012 wurden 34 Bergarbeiter der Platinmine von Marikana von der südafrikanischen Polizei erschossen. Die Bergleute waren wegen untragbarer Arbeits- und Lebensbedingungen in einen Streik getreten. Der Untersuchungsbericht der Farlam-Kommission kam zu dem Ergebnis, dass auch der britisch-südafrikanische Minenbetreiber Lonmin Mitverantwortung an dem Massaker trägt. Nach der Durchführung eines Audits im Dezember 2015 bescheinigte BASF seinem Lieferanten, er habe bis auf kleinere Mängel in Umweltbelangen alle Probleme beseitigt. Bischof Johannes Seoka kommentierte: "Das Ergebnis dieser Begutachtung erstaunt uns deswegen zutiefst, da wir wissen, dass außer einigen kosmetischen Maßnahmen nichts geschehen ist, was die Bedingungen, gegen die die Arbeiter von Lonmin 2012 und auch 2014 gestreikt haben, grundlegend verändert hätte.

Ntombizolile Mosebetsane und Agnes Makopano Thelejane, die mit ihren Forderungen nach Wiedergutmachung von Lonmin abgewiesen worden waren, stellten bei der Hauptversammlung am 29. April den BASF-Vorstand zur Rede. "Sind Sie bereit, einen Teil Ihrer Profite, die Sie durch die jahrelangen Geschäfte mit Lonmin angehäuft haben, dafür zu verwenden, uns zu unterstützen?" Doch der Vorstandsvorsitzende Kurt Bock lehnte es ab, einen für den Konzern geringfügigen Betrag von acht Millionen Euro in einen Entschädigungsfonds einzuzahlen.

Nomarussia Bonase und Judy Seidman von Khulumani organisierten für die Witwen der ermordeten Bergleute einen Kunst-Workshop zur Aufarbeitung ihrer Traumata. Daraus resultierte die Ausstellung "Plough Back The Fruits" ("Geben Sie uns unsere legitimen Anteile am Reichtum zurück!"), die in Südafrika, Deutschland, Österreich und der Schweiz viel Aufsehen erregte. "Durch die kreative therapeutische Methode, in der die Frauen Bilder malen, erzählen sie ihre Geschichte und lassen so den Schmerz einfach los", erklärte Bonase.

Simone Knapp und Dr. Boniface Mabanza sowie Maren Grimm und Dr. Jakob Krameritsch werden als maßgebliche Initiatoren der Kampagne zugunsten der Hinterbliebenen von Marikana geehrt.

"Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre ist seit 30 Jahren die Stimme für Frieden, Umweltschutz und Menschenrechte", sagte Geschäftsführer Markus Dufner. "Ob Rüstungsproduktion, Finanzmarktkrise, Energiewende oder Abgas-Skandal: In erster Linie geht es um Unternehmensverantwortung. Freiwillige Selbstverpflichtungen der Konzerne reichen nicht aus. Wir möchten möglichst viele Nichtregierungsorganisationen aber auch Bürgerinnen und Bürger ermutigen, Druck auf Unternehmen auszuüben, die es nicht für nötig halten, sich an internationale Standards zu halten. Der Dachverband ermöglicht derartige Interventionen bei Aktionärsversammlungen."

Die von den PreisträgerInnen und vom Dachverband initiierte Petition "BASF - Lieferkettenverantwortung JETZT!" kann noch online unterschrieben werden [1].

Die Jahrestagung zum 30-jährigen Bestehen des Dachverbands steht unter dem Motto "Der Stoff, aus dem die (Alp-)Träume sind" und bietet ein abwechslungsreiches Programm aus Fachvorträgen, Diskussionen und einem konzernkritischen Kabarett. Gleich zu Beginn treten die Action-Kabarettisten-"Onkel Fisch" alias Adrian Engels und Markus Riedinger auf. Onkel Fisch begleitete die Kampagne "Andere Banken braucht das Land!" und trat 2012 und 2013 vor den Hauptversammlungen der Deutschen Bank auf.

Am Nachmittag wird sich der Verkehrsexperte des BUND, Jens Hilgenberg, mit dem "Alptraum VW" und dem Abgasskandal auseinandersetzen. Hilgenberg sagte, die im vergangenen Jahr bekannt gewordene illegale Abgasmanipulation von Dieselfahrzeugen der Volkswagen AG sei "in der Geschichte der Automobilindustrie beispiellos".

Das Programm der Jahrestagung und weitere Informationen: www.kritischeaktioaere.de


Anmerkung:
[1] https://weact.campact.de/petitions/basf-und-lieferkettenverantwortung-der-chemiekonzern-und-sein-zulieferer-lonmin-in-der-pflicht

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Quelle:
Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre
Postanschrift: Postfach 30 03 07, 50773 Köln
Büro: Pellenzstr. 39 (Hinterhaus), 50823 Köln
Telefon: 0221/599 56 47, Fax: 0221/599 10 24
E-Mail: dachverband@kritischeaktionaere.de
Internet: www.kritischeaktionaere.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. September 2016

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