Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → FIAN

AFRIKA/023: Uganda - Ausverkauf der Perle Afrikas (FoodFirst)


FoodFirst Nr. 3/2007
FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte

Ausverkauf der Perle Afrikas
Uganda wirbt ausländische Investoren um jeden Preis

Von Gertrud Falk


"Die Perle Afrikas" nannten schon die britischen Kolonialherren das fruchtbare und immergrüne Land Uganda mit seiner freundlichen Bevölkerung. Seit nunmehr 45 Jahren ist Uganda unabhängig und gilt als Musterknabe der Entwicktungszusammenarbeit. Auflagen von Weltbank und Internationalem Währungsfonds zu Privatisierung, Liberalisierung und Deregulierung der Wirtschaft wurden von der Regierung weitgehend erfüllt. Erklärte Strategie von Präsident Museveni zur Entwicklung des Landes ist die Industrialisierung unter Anwerbung ausländischer Investoren. Arme und indigene Bevölkerungsgruppen sind die Verlierer dieser Politik.


*


Maggie Kigozi, Leiterin der Ugandischen Investitionsbehörde (Uganda Investment Authority) verkündet regelmäßig stolz die Zahl der neu angeworbenen Investoren. Erklärtes Ziel der Behörde ist es, Uganda zum attraktivsten Land für ausländische Investoren zu machen. Im Zeitraum Juli 2004 bis Juni 2005 hat die Uganda Investment Authority 210 Investitionsprojekte an Land gezogen, die mit einem Gesamtvolumen von 676 Millionen US-Dollar 18.500 Arbeitsplätze schaffen sollen. Das klingt positiv. Was diese Zahlen nicht verraten, ist, auf wessen Kosten diese Arbeitsplätze geschaffen werden, und dass die meisten ArbeitnehmerInnen mit ihrem zukünftigen Gehalt der Armut nicht entkommen. Es gibt keinen gesetzlichen Mindestlohn und die Löhne für einfache ArbeiterInnen sind mit 50.000 bis 60.000 Ugandischen Schilling pro Monat (rund 25,- Euro) so niedrig, dass sie kaum für die Versorgung der Grundbedürfnisse Nahrung, Kleidung, Wohnung, Gesundheit und Bildung einer Familie ausreichen. Darüber hinaus sind die ugandischen Gesetze zum Schutz von ArbeitnehmerInnen schwach und ihre Umsetzung wird aus Mangel an Ressourcen und gegenläufigen politischen Interessen kaum überprüft.


Staatliche Rechtsbeugung zugunsten von Investoren

Als sich die überwiegend jungen Arbeiterinnen einer Textilfabrik eines US-Investors Anfang 2004 gegen ausbeuterische Arbeitsbedingungen und Schikanen in Form eines Streikes wehrten, sorgte Präsident Museveni persönlich dafür, dass sie entlassen wurden. "Ich habe diese Mädchen, aufgrund ihrer mangelnden Disziplin entlassen. Ihre Aktionen hätten Investoren verscheucht, die hier Geschäfte machen wollten. Sie würden denken, dass ugandische Arbeitskräfte undiszipliniert sind.", rechtfertigt er sein unrechtmäßiges Eingreifen (http://www.agoa.info/?view=.&story=news&subtext=285).

Mit dem Wind des Präsidenten im Rücken scheren sich viele Investoren wenig um nationale Gesetze zum Schutz der ArbeiterInnen. Ein Mitarbeiter der Nichtregierungsorganisation Platform for Labour Action, die Rechtsberatung für ArbeiterInnen anbietet, berichtet: "Angesprochen auf Arbeitsrechtsverletzungen in seinem Betrieb antwortete mir der ausländische Firmenchef, dass ihn nationale Gesetze nicht interessieren. Er sei nur Präsident Museveni gegenüber rechenschaftspflichtig."


Öffentliches Land für Investoren

Ugandische Nichtregierungsorganisationen beobachten eine Zunahme der Landvertreibungen in Uganda. Der Fall der Vertreibung von über 2.000 Menschen im Distrikt Mubende zugunsten einer Kaffeeplantage der deutschen Neumann Kaffee Gruppe stellt nur die Spitze des Eisbergs dar. In den ugandischen Tageszeitungen gibt es monatlich Berichte über neue Investitionsvorhaben auf staatlichen Ländereien, denen Schulen, ein Gefängnis, ein Friedhof oder die Dienstwohnungen von PolizistInnen und ihren Familien weichen sollen. Regelmäßig prescht Präsident Museveni mit Zusagen an die Investoren zur Landvergabe vor, ohne die Prüfung des zuständigen parlamentarischen Gremiums abzuwarten.

Massive nationale und internationale Proteste gab es in diesem Jahr gegen das Vorhaben Musevenis, einen Teil des Mabira-Waldes, eines der letzten Primärwälder Ugandas, an einen Zuckerbaron für die Ausweitung seiner Zuckerrohrplantagen zu vergeben. Bei Demonstrationen gegen den Ausverkauf in der Hauptstadt Kampala kamen drei Menschen zu Tode. Schlägertrupps in Zivil tauchten aus dem Nichts auf. Der Präsident zog die Landvergabe schließlich zurück, um nicht die Konferenz der Regierungschefs der Commonwealth-Staaten zu gefährden, die vom 23. bis 25. November 2007 in Uganda stattfindet.


Nationalpark wird zu Zement

Aber der Ausverkauf geht weiter. Jüngsten Zeitungsmeldungen zufolge plant Museveni einen Teil des Queen Elizabeth-Nationalparks an die Firma Hima Cement zu verpachten, damit diese dort Kalk für ihre Zementproduktion abbauen kann. Umwelt- und Tierschützer warnen vor den verheerenden Folgen für die Natur. Doch der Minister für Tourismus beugt sich der Regierungsstrategie: "Wir können Industrialisierung nicht verhindern wenn sich solche Gelegenheiten bieten. Denn Industrialisierung ist ein Schwerpunkt der Regierung", wird er von der unabhängigen Zeitung Monitor zitiert. Ein Skandal, denn gleichzeitig vertreibt die Regierung indigene BewohnerInnen der Nationalparks mit der Begründung, sie würden die Natur zerstören. Die Völker Benet, Batwa und Basongora leben seit ihren Vertreibungen aus ihren gewohnten Lebensräumen in Armut, Diskriminierung und sozialer Isolation.


Commonwealth-Konferenz wirft ihre Schatten voraus

Um das Treffen der Regierungschefs der Commonwealth-Staaten im November 2007 in Uganda zu ermöglichen, wurden unter anderem in Kampala zahlreiche neue Hotels gebaut. Die Regierung vergab Baugrundstücke offensichtlich unkritisch an ausländische Investoren. Einige Grundstücke liegen bis heute brach. Auf einem dieser Brachgelände stand letztes Jahr noch eine Schule.

Die Investoren nutzen zudem die ihnen garantierte Zollfreiheit für Importe schamlos aus. Zeitungsberichten zufolge haben Hotelbesitzer Gegenstände zur Inneneinrichtung nach Uganda eingeführt, die die Zahl ihrer Zimmer um ein Zigfaches übersteigen. Betten, Stühle, Tische können so mit hohem Profit verkauft werden. Der Staat geht dabei leer aus.

Von dieser Investitionspolitik profitieren nur die Reichen im Land. Mit Entwicklungspolitik hat das wenig zu tun. Die Perle Afrikas läuft Gefahr, ihren Glanz zu verlieren.


Die Autorin ist Referentin der Blumenkampagne bei FIAN-Deutschland.


Uganda ist ein Binnenstaat in Ostafrika am Ufer des Viktoriasees mit 27 Millionen EinwohnerInnen. Seine Fläche entspricht der der Bundesrepublik Deutschland vor der Wiedervereinigung. Seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1962 wurde Uganda von mehreren Bürgerkriegen und Diktaturen gebeutelt. 1986 eroberte der heutige Präsident Yoweri Museveni mit seiner Rebellenarmee die Macht. Seit 1996 ist Uganda eine Präsidialdemokratie unter der Regierung von Museveni und dem National Resistance Movement (Nationale Widerstandsbewegung), das aus der früheren Rebellenarmee hervorgegangen ist. Seit 2006 wurde auf Druck der Geldgeber eine Mehrparteiendemokratie eingeführt.

Im Norden des Landes tobte in den letzten 20 Jahren ein brutaler Krieg zwischen den Rebellen der Lord Resistance Army (LRA) und der ugandischen Armee. Beide Seiten gingen grausam mit der Zivilbevölkerung um. Die LRA rekrutierte Kindersoldaten und verstümmelte zahlreiche Opfer. 1,7 Millionen Binnenflüchtlinge lebten meist in Lagern, in denen viele Menschen aufgrund von Mangelernährung und fehlender sanitärer Anlagen starben. Seit Juli 2006 finden Friedensverhandlungen statt und es herrscht Waffenruhe.

Ugandas Bruttosozialprodukt pro Kopf und Jahr beträgt zirka 300 US-Dollar. Wichtigster Wirtschaftssektor ist die Landwirtschaft, von der 90 Prozent der Bevölkerung leben. Wichtigstes Exportgut ist Kaffee.

Uganda nimmt in der Rangordnung des Index zur Menschlichen Entwicklung Platz 145 von 177 ein und liegt damit am unteren Ende der Gruppe der Staaten mit mittlerem Entwicklungsniveau.


*


Quelle:
FoodFirst - FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Menschenrechte, Nr. 3/2007, S. 4-5
Herausgeber: FIAN-Deutschland e.V., Düppelstraße 9-11, 50679 Köln
Tel. 0221/702 00 72, Fax 0221/702 00 32
E-Mail: fian@fian.de
Internet: www.fian.de

Erscheinungsweise: drei Ausgaben/Jahr
Einzelpreis: 4,50 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Januar 2008