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AFRIKA/031: Faire Bergbauverträge gesucht (FoodFirst)


FoodFirst Nr. 1/2008
FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte

Faire Bergbauverträge gesucht
Afrikaner wollen Neuverhandlung mit Unternehmen

Von Knud Vöcking


Die Geldflüsse auf Grundlage der Bergbauverträge zwischen Regierungen und ausländischen Investoren sind vielfach völlig undurchsichtig und leisten Korruption Vorschub. Verträge sind sehr häufig zu Ungunsten der Länder abgefasst: von den Bodenschätzen profitieren die Staaten kaum, die Bevölkerung bleibt arm, der Gewinn fließt auf die Konten ausländischer Bergbaukonzerne. In den letzten drei Jahren haben deshalb mehrere afrikanische Länder begonnen, die bestehenden Verträge zu prüfen und neu zu verhandeln.



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Guinea, Sierra Leone, Sambia, Tansania und die Demokratische Republik Kongo sind bei der Revision der Bergbauverträge am weitesten fortgeschritten. Allerdings sind die Revisionen durch interne und externe Widerstände unter Druck geraten, was sich am Beispiel der DR Kongo gut darstellen lässt. Unter Präsident Mobutu hatte die staatliche Monopolgesellschaft GECAMINES den kompletten Sektor unter Kontrolle. Allerdings gingen die Einnahmen in den letzten Jahren des Mobutu-Regimes durch Misswirtschaft und Kriegswirren drastisch zurück. Teile des Landes waren unter Kontrolle der Rebellen, die mit Bergbaugesellschaften Förderverträge abschlossen und so ihren Krieg finanzierten. Die Weltbank schickte nach dem Bürgerkrieg und der Einsetzung der Übergangsregierung unter Präsident Kabila Berater ins Land, die ein neues Bergbaurecht und die Privatisierung von GECAMINES durchsetzten.


Weltbank gegen Kündigung von Verträgen

Proteste gegen die Art und Weise, wie das Vermögen von GECAMINES in Joint Ventures mit internationalen Bergbaufirmen eingebracht wurde, und die unmenschlichen Arbeitsbedingungen, die in vielen der neuen Firmen herrschen, führte 2004 zur Einrichtung der Lutundula-Kommission. Ein 2005 vorgelegter Bericht sorgte für einiges Aufsehen, wurde aber nicht im Parlament behandelt, weil im teilweise blutig geführten Präsidentschaftswahlkampf keine Partei Interesse an einem weiteren Konfliktfeld hatte. Nach dem Wahlsieg von Kabila Ende 2006 und der Einrichtung einer ordnungsgemäß gewählten Regierung wurde eine neue Kommission eingerichtet, die die Bergbauverträge unter die Lupe nehmen sollte. Zur Beratung wurden das renommierte Jimmy Carter Institut und das Open Society Institute South Africa herangezogen. Obwohl die Weltbank in öffentlichen Stellungnahmen stets den Revisionsprozess begrüßte, wurde hinter den Kulissen Stimmung gegen die Beteiligten gemacht. Ein führender Bergbauexperte der Bank schickte per E-Mail ein Memorandum an den Verwaltungsrat der Weltbank und Ministerien von Geberländern. In diesem Memo wurde die Befähigung der Institute in Frage gestellt, sachgerecht mit den Verträgen umzugehen. Außerdem würde eine teilweise Neuverhandlung oder gar Kündigung der Verträge die exportorientierte Wirtschaftsreform gefährden.


Neue Verträge mit China nach altem Vorbild

Ende 2007 nahm der politische Druck auf die Kommission immer mehr zu. Einflussreiche Politiker wollten einen Bericht, der niemandem wehtat, weil sie ihre Pfründe in Gefahr sahen. Ein Kommissionsmitglied sah als einzigen Ausweg, eine frühe Fassung des Berichts an die Öffentlichkeit zu bringen. Das Dokument führte an den Börsen unmittelbar zu Kurseinbrüchen bei Firmen, deren Verträge zur Kündigung vorgeschlagen wurden. Das waren immerhin 24 von 61 Verträgen. Darunter war auch die Dikulushi Mine, die von Anvil Mining betrieben wird. Hier war es im Oktober 2004 bei einer Demonstration zu einem Massaker durch Regierungstruppen gekommen, die von Anvil-Fahrzeugen transportiert worden waren. Bei 37 weiteren Verträgen wurden Neuverhandlungen vorgeschlagen. Während die kongolesische Regierung sogleich abwiegelte, forderten Nichtregierungsorganisationen eine sofortige Veröffentlichung des Berichts und völlige Transparenz bei den Neuverhandlungen. Danach sieht es derzeit nicht aus. Stattdessen ist zum Beispiel am 28. Januar die frühere Konzession von Katanga Mining an Sinohydro und China Railway Engeneering übertragen worden, als Teil des Deals im Zusammenhang mit dem fünf Milliarden Dollar Kredit der chinesischen Exim-Bank. Es bleibt also zu befürchten, dass auch neue Verträge nach altem Muster abgeschlossen werden: intransparent, zu Lasten von Umwelt, Arbeitern und lokaler Bevölkerung, zum Nutzen weniger Privilegierter.

Der Autor ist Weltbank-Referent bei urgewald.


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"Auf unserem Land werden wir keinen Goldbergbau zulassen! Wir sind Kakao-Bauern und auch unsere Vorfahren sind es gewesen. Wir sind die führenden Kakao-Produzenten im Wassa-West District. Wir haben das alles an anderen Dörfern gesehen. Gold bringt niemals Wohlstand. Der Tagebau wird unsere Lebensgrundlage vernichten. Keine Entschädigung kann diese Zerstörung aufwiegen. Als das Explorationsteam kam, haben wir sie davon gejagt. Die sollen sich nie wieder hier blicken lassen."

Nana Kojo Bogyah II, Dorfkönig, über die Vertreibung der Prospektoren
Dorf Atwereboana bei Bonsa-Waldschutzgebiet


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Quelle:
FoodFirst - FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Menschenrechte, Nr. 1/2008, S. 9
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. August 2008