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BERICHT/227: OECD-Beschwerdeverfahren gegen die Neumann Kaffee Gruppe wird eingestellt (FoodFirst)


FoodFirst Nr. 1/2011
FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte

STELLUNGNAHME
Mubende: OECD-Beschwerdeverfahren wird eingestellt

FIAN kritisiert Entscheidung der Nationalen Kontaktstelle


Mit Unverständnis und Besorgnis nimmt FIAN die Einstellung des Beschwerdeverfahrens gegen die Neumann Kaffee Gruppe durch die Nationale Kontaktstelle für die OECD-Leitsätze für Multinationale Unternehmen zur Kenntnis. Die Einstellung des Verfahrens ist kontraproduktiv im Hinblick auf eine baldige Lösung des Falles. Darüber hinaus kritisiert FIAN die abschließende Stellungnahme der Nationalen Kontaktstelle, die einseitig zu Gunsten der Neumann Kaffee Gruppe ausfällt, obwohl diese wesentliche Forderungen der Beschwerde nicht erfüllt hat.



Die OECD-Beschwerde

Im August 2001 hatte die ugandische Armee über 2000 Menschen gewaltsam von ihrem Land vertrieben, weil die ugandische Regierung das Land der Kaweri Coffee Plantation Ltd., einer Tochterfirma der Neumann Kaffee Gruppe, für eine Kaffeeplantage verpachtet hatte. Die Vertriebenen klagen seit 2002 gegen die ugandische Regierung und gegen Kaweri Coffee Plantation um Entschädigung und Rückgabe des Landes. Der Gerichtsprozess wird jedoch systematisch verschleppt.

Mit FIANs Unterstützung hatte die ugandische Vertriebenengruppe "Wake Up and Fight for Your Rights" am 15. Juni 2009 eine Beschwerde wegen Verletzung der OECD-Richtlinien gegen die Neumann Kaffee Gruppe eingereicht wegen

- Zerstörung von Eigentum der Betroffenen ohne Entschädigung zu leisten,
- Ablehnung jeglichen Dialogs mit den Betroffenen,
- Behinderung des Gerichtsverfahrens,
- Behinderung einer außergerichtlichen Einigung.

"Wake Up and Fight for Your Rights" und FIAN erwarteten von der Nationalen Kontaktstelle, ein faires Mediationsverfahren durchzuführen und eine Grundlage für einen lösungsorientierten Dialog mit der Neumann Kaffee Gruppe zu bieten.

Erst eineinhalb Jahre nach Einreichung der Beschwerde fand ein erstes und - zu unserer Überraschung - letztes Gespräch zwischen der Nationalen Kontaktstelle, VertreterInnen der Neumann Kaffee Gruppe und den Vertriebenen statt. Zuvor hatte das Unternehmen alle konkreten Vorschläge abgelehnt, die "Wake Up and Fight for Your Rights" und FIAN zur Klärung der strittigen Fragen unterbreitet hatten. Darüber hinaus beteiligte sich das Unternehmen weder an den parallel begonnenen Gesprächen zu einer außergerichtlichen Einigung in Uganda noch erschienen Unternehmensvertreter zu den letzten beiden Gerichtsterminen.


Einstellung der Beschwerde ist kontraproduktiv

Die Einstellung des Verfahrens ist angesichts des Verhaltens der Neumann Kaffee Gruppe das falsche Signal. Gerade zu einer Zeit, in der aufgrund des gewachsenen internationalen Drucks seit Dezember 2010 von der ugandischen Regierung eine außergerichtliche Einigung angestrebt wirbt, muss dem Unternehmen deutlich gemacht werden, dass es unter kritischer Beobachtung steht. Das wiederholte Fernbleiben der Neumann Kaffee Gruppe von wichtigen Gerichtsterminen und der Verhandlung über eine außergerichtliche Einigung macht die Notwendigkeit dieser Maßnahme deutlich. FIAN hat in seiner Stellungnahme an die Nationale Kontaktstelle deutlich gemacht, dass die Einstellung des Verfahrens zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gerechtfertigt und für die Lösung des Falles sogar kontraproduktiv ist. Wenn die außergerichtliche Einigung in Uganda noch ein Erfolg werden soll, ist gerade jetzt ein internationales Monitoring notwendig.


Bundesregierung und Bundestag gefordert

Im Sinne der Glaubwürdigkeit und Leistungsfähigkeit der Nationalen Kontaktstelle betrachtet FIAN es als notwendig, dass die zuständigen Stellen innerhalb der Bundesregierung und jene Ausschüsse des Bundestages, die sich mit dem Fall Mubende-Neumann auseinandergesetzt haben, überprüfen, ob die Entscheidung der Nationalen Kontaktstelle, den Fall zu diesem Zeitpunkt zu schließen, sinnvoll und gerechtfertigt war.

Die Nationale Kontaktstelle ist im Referat für Auslandsinvestitionen, in der Unterabteilung für Außenwirtschaftsförderung angesiedelt. Vor dem Hintergrund dieses Beschwerdefalls fordert FIAN die Bundesregierung und den Bundestag auf zu überprüfen, inwieweit die Nationale Kontaktstelle einem Interessenkonflikt unterliegt, der sie an der Erfüllung ihrer Aufgabe einer neutralen Vermittlung hindert.


Die vollständige Stellungnahme kann auf www.fian.de heruntergeladen werden.


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Quelle:
FoodFirst - FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Menschenrechte, Nr. 1/2011, April 2010, S. 3
Herausgeber: FIAN-Deutschland e.V., Briedeler Straße 13, 50969 Köln
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Mai 2011