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BERICHT/250: Agrartreibstoffe auf dem Prüfstand (FoodFirst)


FoodFirst Ausgabe 1/2012
FIAN Deutschland - Mitgliedermagazin für das Menschenrecht auf Nahrung

Agrartreibstoffe auf dem Prüfstand
2012 muss die EU die Auswirkungen ihrer Agrartreibstoffpolitik überprüfen



Alle zwei Jahre muss die Europäische Kommission berichten, welche sozialen und ökologischen Auswirkungen die Agrartreibstoffpolitik weltweit hat. Diese Minimalregelung wurde durch den breiten gesellschaftlichen Widerstand gegen Agrartreibstoffe erstritten. Um diese Berichtspflicht effektiv zu nutzen, muss in diesem Jahr der Druck auf die Kommission erhöht werden. Für uns ist klar: Eine umfassende Prüfung kann nur zu dem Schluss kommen, dass die Europäische Union (EU) die Beimischungsquote (Stichwort E10) und die damit verbundene Förderung endlich abschafft. Die Fakten sprechen eine klare Sprache:

1. Trotz gegenteiliger Behauptungen ist die EU extrem auf Importe angewiesen. Schon 2008 importierte die EU knapp 40 Prozent der Agrartreibstoffe. Offizielle Statistiken verschweigen oft den Import der Rohstoffe (zum Beispiel Soja), die dann hier zu Ethanol oder Biodiesel umgewandelt werden.

2. Mittlerweile bezieht die EU ihre Agrartreibstoffe auch aus Hungerländern wie Kambodscha, dem Sudan, Guatemala oder Indonesien. Landkonflikte sind dort an der Tagesordnung und werden massiv verschärft.

3. Die Importe werden stark wachsen. Da die Expansionsmöglichkeiten hier in Europa weitgehend ausgeschöpft sind, wird die Einhaltung der 10-Prozent-Beimischung mehr und mehr durch Importe erfüllt werden.

4. Indirekte Effekte werden ignoriert. Beispiel Deutschland: Nach 25 Jahren muss das erste Mal wieder Weizen importiert werden. Der Boom der Bioenergie hat den Weizenanbau verdrängt. So werden zusätzliche Ackerflächen für Weizen im Ausland besetzt.

5. Internationale Studien bestätigen, dass Agrartreibstoffe der wichtigste Preistreiber bei Grundnahrungsmitteln sind. Nahrung wird direkt in Agrartreibstoffe umgewandelt, Nahrungsmittelanbau wird verdrängt und der gesetzlich festgeschriebene, künstlich wachsende Markt von Agrartreibstoffen zieht SpekulantInnen magisch an.

6. Die Förderung der Agrartreibstoffproduktion ist eine globale Förderung der agrarindustriellen Landwirtschaft durch die Hintertür. Das schwächt die bäuerliche Landwirtschaft, verschärft Hunger und Armut im ländlichen Raum und verhindert, dass Menschen im Globalen Süden ihr Recht sich selbst zu ernähren, wahrnehmen können.

2012 wird also ein wichtiges Jahr für FIANs Arbeit zu Agrartreibstoffen. In einem starken Bündnis mit anderen Organisationen und sozialen Bewegungen aus Europa und der Welt setzen wir uns für die Abschaffung der Beimischungsquote ein. Wir haben auch schon losgelegt. FIAN hat am 28. Februar der EU-Kommission eine Studie vorgestellt, die die Auswirkungen der europäischen Agrartreibstoffpolitik auf afrikanische Länder dokumentiert.


Die deutsche Zusammenfassung sowie der gesamte Bericht in englischer Sprache ist auf www.fian.de verfügbar.

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Quelle:
FoodFirst - FIAN Deutschland - Mitgliedermagazin für
das Menschenrecht auf Nahrung, Ausgabe 1/2012, Seite 5
Herausgeber: FIAN-Deutschland e.V., Briedelerstraße 13, 50969 Köln
Tel. 0221/7020072, Fax 0221/7020032
E-Mail: fian@fian.de
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Erscheinungsweise 4 Ausgaben/Jahr
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. September 2012