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AKTION/021: Schritte zur Abrüstung (ZivilCourage)


ZivilCourage Nr. 3 - Juni 2007
Das Magazin für Pazifismus und Antimilitarismus der DFG-VK

Schritte zur Abrüstung
Eine Kampagne für die ganze Friedensbewegung

Von Tommy Rödl


Schritte zur Abrüstung!

Krieg ist die falsche Antwort auf Terrorismus und andere Bedrohungen. Notwendig ist die Bearbeitung und Lösung von Konflikten mit gewaltfreien und zivilen Mitteln. Daher fordern wir Schritte zur Abrüstung:

Keine Auslandseinsätze der Bundeswehr
Eine deutliche Verkleinerung der Bundeswehr und die Abschaffung der Wehrpflicht
Abzug aller Atomwaffen aus der BRD
Kürzung der Rüstungsausgaben um 5% jährlich
Keine Rüstungsexporte
Förderung ziviler Konfliktbearbeitung und der Friedensforschung mit 500 Millionen Euro jährlich
Entmilitarisierung der Europäischen Union

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Etwa 1990 begann der Frieden in Europa: Die Sowjetunion aufgelöst, die Mauer gefallen, der Ost-West-Konflikt beendet, die Nato aufgelöst und die Bundeswehr abgeschafft (mit Ausnahme des Segelschulschiffs Schorsch Bock, der Muli-Kompanie der Gebirgsjäger und des Doppeldecker-Kunstfluggeschwaders Mümmelmann).

Doch halt - die Geschichte ist anders verlaufen: Die Bundeswehr wurde wieder zu dem entwickelt, was Militär immer gewesen ist: Ein Instrument zur Durchsetzung der Interessen der Machtpolitik und der Wirtschaft. Die Vorgaben: Sicherung des freien Handels und Zugang zu Rohstoffen - weltweit. Angesichts der Kriege der 1990er Jahre wurde der Gedanke humanitärer Interventionen mit militärischen Mitteln populär gemacht, später dann der Auftrag, terroristische Gefahren präventiv zu bekämpfen.

Ungeachtet wechselnder und begrifflich verwirrender Rhetorik zur Legitimation der Bundeswehr bleibt der Kerngedanke der Politik der militärischen Stärke zur Absicherung der globalen ökonomischen und politischen Machtverhältnisse. Die BRD ist Teil der Wohlhabenden und Besitzenden, die Nato das Zweckbündnis zur Absicherung der Machtverhältnisse, eine europäische Militärmacht unter dominanter Teilnahme der Deutschen und als weiterer global player neben dem US-Machtblock wird entwickelt.

Demgegenüber beruht die Zustimmung einer Mehrheit der Bevölkerung zum Militär und speziell zur Bundeswehr auf der Annahme, sie würde der Sicherung der Menschenrechte oder der Sicherheit vor Terrorismus dienen. Paradoxerweise, denn viele wollen eigentlich Frieden, betrachten aber die Bundeswehr als Hilfsmittel dazu, nicht als prinzipielles Hindernis. Eine Politik des Schürens von Konflikten durch Geheimdienstmachenschaften und Waffenlieferungen, der Militärinterventionen, der "Verteidigung Deutschlands am Hindukusch" hat keine Mehrheit in der Bevölkerung. Trotzdem ist es der Friedensbewegung nicht gelungen, die Umrüstung der Bundeswehr zur weltweit einsetzbaren Interventionsarmee zu verhindern.

Vor diesem Hintergrund ist die Kampagne "Schritte zur Abrüstung" zu sehen. Anfang der neunziger Jahre zeigte sich, dass eine Abschaffung der Bundeswehr keine Mehrheit in der Bevölkerung, nicht einmal in der deutschen Friedensbewegung finden würde. Die Friedensbewegung, zersplittert und schlecht organisiert, pflegte alte Rituale, hechelte den aktuellen Fragen hinterher oder beschäftigte sich mit Einzelerscheinungen, die den Kern der Machtpolitik nicht tangieren (z.B. mit der Landminenkampagne). "Schritte zur Abrüstung" will nicht auf aktuelles Krieggeschehen reagieren ("Gegen Krieg") sondern von sich aus agieren, Themen setzen und Aktionen entfalten, und Friedensarbeit aus dem Geiste der aktiven Gewaltfreiheit entwickeln.

"Schritte zur Abrüstung" bündelt eine Reihe von Forderungen, die in der Friedensbewegung Konsens sein dürften und in der Öffentlichkeit auf Zustimmung stoßen können. Die Umsetzung dieser Forderungen würde einen einschneidenden, dramatischen Wandel bedeuten, das Einschlagen eines neuen Weges: Weg von der Politik der militärischen Stärke hin zu einer Politik der zivilen Konfliktbearbeitung. Die Materialien der Kampagne und Informationen auf der Homepage sollen InteressentInnen zum Gedanken der allgemeinen und vollständigen Abrüstung und an den politischen Pazifismus der DFG-VK hinführen.

Der Text und die Forderungen der Kampagne könnten darüber hinaus eine Plattform sein für die Friedensbewegung, unter dem gemeinsamen Motto "Schritte zur Abrüstung" für den Forderungskatalog und die damit verbundene Politik zu werben, Zustimmung zu gewinnen und auch sichtbar zu machen und auf einer immer breiter werdenden Grundlage Einfluss auf Öffentlichkeit, Medien, und letztlich die politischen Entscheidungsträger zu gewinnen.

Die Aktionsformen der Kampagne sind prinzipiell vielfältig und offen für Ideen und Anregungen. So wirbt z. B. die Friedensfahrradtour der DFG-VK-Landesverbände Bayern und Baden-Württemberg alljährlich für Abrüstung und ein ziviles Europa. Der Rad-Marathon Pacemakers (www.pace-makers.de) wirbt für eine friedliche und gerechte Welt ohne Atomwaffen. 2004 bis 2006 war der Schwerpunkt "Rüstungshaushalt Senken", es wurden Hunderttausende Protestkarten in Zeitschriften beigelegt, verteilt und in einer öffentlichen Aktion in Berlin vorgestellt. Gleichzeitig gab es Gespräche mit Abgeordneten über diese Forderung. Beim Kirchentag werden Resolutionen eingebracht, 2005 zum Thema "Rüstungshaushalt senken", 2007 für "Kein Mandat für den Krieg in Afghanistan".

Mit Anzeigen z.B. in der "Frankfurter Rundschau" am 8. Mai 2005 und in diesem Jahr machen wir die Kampagne bekannt und bitten um Zustimmung zu einer konkreten Forderung.

Öffentliche Protestaktionen und gewaltfreie Aktionen wie z.B. Blockaden greifen einzelne Themen auf, bieten Anlass für Presseberichte und tragen zur Bekanntheit der Kampagne bei.

!Mitmachen!

Prinzipiell kann jede und jeder eigene Ideen und Aktivitäten vor Ort entfalten. Regionale Friedensbündnisse können mitmachen, lokale Persönlichkeiten können angesprochen und nach ihrer Zustimmung zu den Forderungen gefragt werden.

Angesichts der bedrohlichen Entwicklungen in Afghanistan liegt hier zurzeit ein Schwerpunkt unserer Aktivitäten. Unter anderem sammeln wir Unterschriften für eine Petition an den Bundestag gegen die Verlängerung des Bundeswehrmandats (siehe das dieser ZivilCourage beiliegende Faltblatt "Verhandeln statt schießen").

Tommy Rödl ist Kampagnenbeauftragter der DFG-VK.


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Quelle:
ZivilCourage Nr. 3 - Juni 2007, S. 11
Das Magazin für Pazifismus und Antimilitarismus der DFG-VK
Herausgeberin: Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte
KriegsdienstgegnerInnen e.V. (DFG-VK e.V.),
Kasseler Straße 1A, 60486 Frankfurt
Redaktion: ZivilCourage, Postfach 90 08 43, 21048 Hamburg
Tel. 040/18 05 82 87, Telefax: 01212/571 94 60 95
E-Mail: zc@dfg-vk.de
Internet: www.zc-online.de

Erscheinungsweise: zweimonatlich
Jahres-Abonnement: 12,00 Euro einschließlich Porto
Einzelheft: 2,00 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juli 2007