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AKTION/049: 2014 - 100 Jahre Erster Weltkrieg (ZivilCourage)


ZivilCourage Nr. 3 - Juli/August 2013
Das Magazin für Pazifismus und Antimilitarismus der DFG-VK

2014: 100 Jahre Erster Weltkrieg
Wir bleiben dabei: Frieden schaffen ohne Waffen!

Von Monty Schädel



Wenn am 1. August 2014 des Beginns oder des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren gedacht wird, ist bereits das ein Politikum. Während es der Antikriegs- und Friedensbewegung klar ist, dass Kriege nicht wie Naturkatastrophen ausbrechen, sondern von Interessen und Interessierten gesteuert nach einem - durchaus auch selber geschaffenen - Anlass begonnen werden, wird von vielen Regierenden, KriegsprofiteurInnen, JournalistInnen und selbst HistorikerInnen immer wieder behauptet, Kriege würden ausbrechen. Auch für 1914-2014 ist das zu vermuten - und zu befürchten.

Bereits die Festveranstaltungen zum 50. Jahrestag des Elysée-Vertrag im Januar machten deutlich, dass die deutschfranzösische Freundschaft heute zwar ein Hindernis für einen Krieg gegeneinander ist, die Welt jedoch nicht kriegsärmer wurde. Während im Bundestag Versöhnung miteinander gefeiert wurde, marschierten deutsche und französische Truppen gemeinsam in Mali ein.

Und so laufen die regierungsamtlichen Vorbereitungen zur Würdigung der 100. Wiederkehr des Beginns des Ersten Weltkrieges bereits auf Hochtouren, um uns 2014 vorzutäuschen, dass der Friedensnobelpreisträger Europäische Union Schlussfolgerungen aus zwei hier begonnenen Weltkriegen gezogen hätte, die uns ruhig schlafen lassen können.

Der Erste Weltkrieg veränderte die politische, soziale und ökonomische Landschaft der Welt grundlegend und setzte viele Fragen und Herausforderungen auf die Tagesordnung. Es war ein Weltkrieg mit ungeahnte Grausamkeiten, Vernichtungen, Technisierung des Krieges und totalitärer Kriegführung. Wir werden es deshalb nicht zulassen, dass aus dem Gedenkjahr 1914-2014 ein unkritisches Jahrhundertjubiläum gemacht und die Europäische Union unreflektiert und ohne Diskussion als zivile Friedensmacht gefeiert wird. Die Europäische Union heute ist in ihrer Gesamtheit der Rüstungsexportweltmeister, führt wirtschaftlich und militärisch weltweit Kriege, hat ein unmenschliches Grenzregime zur Abwehr von Flüchtlingen, bekämpft Arme statt Armut... (siehe z.B. das Fact-Sheet EU-Militarisierung von IMI und DFG-VK:
www.dfg-vkde/dateien/Fact-Sheet_eu2012.pdf.

Die Lehren aus dem Ersten Weltkrieg zu ziehen heißt, die Institution Krieg abzuschaffen und dafür zu streiten, dass gleichzeitig der Gedanke der globalen Gerechtigkeit politisch und moralisch weltweit Fuß fasst. Es geht um die Gestaltung einer friedlichen, lebenswerten Zukunft ohne Militär und Gewalt.

Um das Erinnerungsjahr 2014 mit kritischem Rückblick und kreativen Aktionen zu begleiten und mit den heutigen Verhältnissen in Verbindung zu bringen, hat sich bereits zu Beginn dieses Jahres eine Arbeitsgruppe aus Aktiven verschiedener Organisationen gefunden. Unter dem Motto "Wir bleiben dabei - Frieden schaffen ohne Waffen" wollen wir gemeinsam bundesweite und internationale Aktivitäten anschieben und koordinieren.

Bundesweit wie regional bieten sich für unterschiedliche Aktivitäten eine Vielzahl von Anlässen, die Fragen von Krieg und Frieden, aber auch die der historischen Verantwortung in der Gesellschaft zu diskutieren: Sind die Ziele der Neuaufteilung der Welt (1914) und die Sicherung von Rohstoffressourcen und Handelswegen (2013) so unterschiedliche Begründungen für Militäreinsätze? Sind Russen und Franzosen (1914) nur andere Feindbilder als der Islam (2013) oder sind das nur konstruierte Vorwände für Militäreinsätze? Sind die Militärparaden und die Huldigungen für Soldaten 1914 nur andere Ausdrücke von Militarisierung der Gesellschaft als Jugendevents, Schulbesuche, Messestände, Videospiele etc. der Bundeswehr heute oder sind sie lediglich unbedeutende Erscheinungen? Vor dem Hintergrund aktueller Verlautbarungen und Politik sollten auch Gewerkschaften und SPD an ihr Versagen 1914 erinnert und zur Diskussion darüber gezwungen werden, welche Verantwortung sie heute haben.



Kreativ gegen Krieg

Helft mit, aus dem Jahr 2014 hier und weltweit ein Jahr der Friedenskultur zu machen. Organisiert bei Euch Veranstaltungen zum Thema und beteiligt Euch an den bundesweiten und internationalen Aktivitäten.

Beispiel 1: Zum Gedenken an die Geschehnisse des Ersten Weltkrieges und deren Folgen soll eine Skulptur als Wahrzeichen des Friedens aufgestellt werden: eine Taube, montiert auf einer 10 Meter hohen Stele. Um diese aufzurichten, müssen mindestens 100 Menschen anpacken und an einem Strang ziehen. Aufgerufen werden zu dieser Teilhabe alle BürgerInnen eurer Stadt. Ist die Taube aufgerichtet, wird weithin sichtbar: Frieden lässt sich nur in einer großen, starken und bewussten Gemeinschaft errichten und bewahren. Das Kunstobjekt wird so gebaut sein, dass es auch in eurer Stadt sein kann, wenn ihr einen Anlass habt oder schafft, zu dem ihr sie präsentieren wollt.

Beispiel 2: Die Kriegsdenkmäler in vielen Orten, oftmals sogar den "Helden 1914-1918" gewidmet, können mit Aktivitäten zu Denkmälern gegen den Krieg umgewidmet werden. Dabei muss es nicht eine geheime Aktion bei Nacht sein, sondern kann ebenso eine angemeldete öffentliche Veranstaltung zur Initiierung einer öffentlichen Diskussion werden. Sollen sich doch diejenigen öffentlich gegen ein Denkmal zur Mahnung gegen den Krieg bekennen, die den Krieg nicht ablehnen. Es ist an uns, eine Stimmung gegen den Krieg zu erzeugen!

Beispiel 3: Die Ereignisse des Ersten Weltkrieges in ihrer Grausamkeit fanden großen literarischen Niederschlag. Warum nicht aus Anlass historischer Ereignisse öffentliche Lesungen durchführen und so auch in die Diskussion über aktuelle Entwicklungen kommen?

Beispiel 4: Noch bevor sich die Regierungschefs aus der ganzen Welt im Juni 2014 in Sarajevo treffen wollen, ist dort für Pfingsten ein internationaler Peace Event und ein Jugendcamp der Antikriegs- und Friedensbewegung geplant. Organisiert die Teilnahme von möglichst vielen Aktiven an diesen Events um eine generelle Diskussion über ein friedliches Europa und aktive Beiträge dazu an diesem historischen Ort zu starten. In dem Camp wird Jugendlichen die Möglichkeit geboten, das Thema Frieden, Krieg und Friedensarbeit umfassend zu erörtern und sich mit einer Kultur des Friedens auseinanderzusetzen. Im Gespräch sind bereits jetzt Anreisen aus der Bundesrepublik und die Abreise nach Aachen mit dem Fahrrad.

Schaffen wir 2014 viele Orte an denen jung und alt die Friedensstrategien der Zukunft entwickeln können! Werdet aktiv, um ein Klima des Friedens hier und weltweit zu schaffen und jeder Form von Militarismus eine Absage zu erteilen. Werbt für Abrüstung und zivile Konfliktbearbeitung, Gewaltfreiheit und Völkerrecht.

Bei all den Aktivitäten darf natürlich nicht außer Acht gelassen werden, dass im nächsten Jahr auch der 75. Jahrestag des Überfalls Deutschlands auf Polen und der Beginn des Zweiten Weltkrieges ist. Sorgen wir aktiv dafür, die historischen Daten mit der aktuellen Kriegspolitik der Nato und der Bundesrepublik verbinden. Der Krieg beginnt hier - Stoppen wir ihn hier!

Ceterum censeo ...: Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die Bundeswehr abgeschafft werden muss als erster Schritt zur Abschaffung des Militärs weltweit!


Monty Schädel ist Politischer Geschäftsführer der DFG-VK

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Quelle:
ZivilCourage Nr. 3 - Juli/August 2013, S. 20-21
Das Magazin für Pazifismus und Antimilitarismus der DFG-VK
Herausgeberin: Deutsche Friedensgesellschaft -
Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen e.V. (DFG-VK)
Kasseler Straße 1A, 60486 Frankfurt
Redaktion: ZivilCourage, Am Angelweiher 6, 77974 Meißenheim
Telefon: 07824/664 67 94, Telefax: 03212/102 82 55
E-Mail: zc@dfg-vk.de
Internet: www.zc-online.de
 
Erscheinungsweise: zweimonatlich, sechs Mal jährlich
Jahres-Abonnement: 14,00 Euro einschließlich Porto
Einzelheft: 2,30 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. August 2013