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ATTAC/1020: Finanztransaktionssteuer - IWF-Report halbherzig und vage


Gemeinsame Erklärung des Bündnisses "Steuer gegen Armut" zum Report des IWF
Bonn/Berlin/Frankfurt am Main/München 21. April 2010

* IWF-Report zu Kostenbeteiligung des Finanzsektors halbherzig und vage
* Finanztransaktionssteuer bleibt auf der Tagesordnung


Als halbherzig wertet die Kampagne Steuer gegen Armut den Entwurf des IWF-Berichts an die G20, der von der Einführung einer Finanztransaktionssteuer (FTT) abrät. Stattdessen empfiehlt er eine Bankenabgabe und - als zusätzliche Maßnahme - eine Steuer auf Profite und Vergütungen.

Zwar erkennt der IWF-Bericht an, dass die FTT ein hohes Steueraufkommen bringen und Spekulation eindämmen kann, rät aber dann von ihrer Einführung ab.

Besonders platt ist dabei das Argument, dass die FTT eine dauerhafte Maßnahme sei, und daher nicht dem Mandat der G20 entspräche, nur Vorschläge für eine Beteiligung der Banken an den Kosten der gegenwärtigen Krise zu machen.

Darüber hinaus wärmt der Bericht alte Argumente gegen die FTT auf, die längst widerlegt sind. So würde zum Beispiel die Realwirtschaft durch die FTT belastet. Das Gegenteil ist der Fall: Indem die Spekulation reduziert wird, sinkt auch die Volatilität auf den Märkten und damit die Risiken. Dadurch sinken die Kosten der Risikoabsicherung (so genanntes Hedging), und davon profitiert die Realwirtschaft.

Bei der Höhe der Abgabe geht der IWF von zwei bis vier Prozent des Bruttoinlandproduktes aus. Das wären im Fall der Bundesrepublik zirka 50 bis 100 Milliarden Euro. Das ist deutlich mehr als die Bankenabgabe, die die Bundesregierung plant (zwölf Milliarden). Positiv unterscheidet sich der IWF Vorschlag von dem der Bundesregierung auch dadurch, dass er sich nicht nur auf die Banken, sondern auf alle Finanzinstitutionen bezieht, also zum Beispiel auch Hedgefonds.

Der zweite Vorschlag einer Steuer auf Profite und Vergütungen könnte interessant sein. Allerdings bleibt er sehr vage. So wird vom Steueraufkommen nur gesagt, dass es "beträchtlich" sein könnte. Auch könnte eine solche Steuer, bei einem entsprechenden Steuersatz zur Schrumpfung des Finanzsektors beitragen.

Die Kosten der Krise wachsen weiter an, die Verschuldung der öffentlichen Hand nimmt zu. Angesichts dieses Problemdrucks führt kein Weg daran vorbei, weitere Geldmittel aufzutreiben. Daher bleibt die FTT auf der Tagesordnung.

Die Kampagne ruft dazu auf, den Druck auf den IWF zu erhöhen, damit der jetzt vorgelegte Entwurf des IWF-Reports bis zum G20 Gipfel in Toronto noch korrigiert werden kann.

Ein Instrument dafür ist die elektronische Unterschriftenaktion für die FTT. Mit ein paar Mausklicks kann jeder seine Unterstützung dafür geben, dass die Krisenverursacher jetzt auch zur Kasse gebeten werden:
www.makefinancework.org


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Statement von Landesbischof Johannes Friedrich:

"Da die Ausgaben für soziale Zwecke im Bundeshaushalt rund 50 Prozent betragen, befürchte ich, dass es in Folge der Finanzkrise zu unausweichlichen Einschnitten im sozialen Bereich kommen wird. Die Einführung einer neuen Finanztransaktionssteuer mit erwarteten Einnahmen von etwa 200 Milliarden Euro in Europa und mindestens zehn Milliarden Euro in Deutschland könnte helfen, die schlimmsten Auswirkungen der Finanzkrise auf die Armen national und international zu mildern. Darüber hinaus halte ich es für richtig, dass mit einer Finanztransaktionssteuer die Verursacher der Finanzkrise auch an den Folgekosten der Krise beteiligt werden. Die Bankenabgabe wäre lediglich eine Art Versicherung gegen Kosten zukünftiger Finanzkrisen, die noch nicht einmal ausreicht."


Statement von Detlev von Larcher, Attac-Koordinierungskreis:

"Dass der IWF in seinem neuen Bericht die Einführung einer Finanztransaktionssteuer ausdrücklich nicht empfiehlt, zeigt den dominierenden Einfluss der Finanzindustrie und der US-amerikanischen Regierung. Erst Druck von unten wird auch den IWF umstimmen können."


Statement Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB), DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki

"Eine Bankenabgabe ist zwar besser als nichts, aber sie verhindert keine schädlichen Spekulationen und trägt auch nicht zur Transparenz von Finanzströmen bei. Zur Regulierung der Finanzmärkte brauchen wir eine Finanztransaktionssteuer. Wo sich hochriskante Spekulationen mit Derivaten weniger lohnen, wird das konventionelle Kreditgeschäft wieder attraktiver. Zudem würde sie dauerhaft Milliardenbeträge in die öffentlichen Kassen spülen, die wir angesichts der dramatischen Finanzsituation der öffentlichen Haushalte dringend benötigen."


Informationen zur Kampagne Steuer gegen Armut und ihren 78 Trägern:
http://www.steuer-gegen-armut.org/wer-sind-wir.html


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Quelle:
Pressemitteilung vom 21.04.2010
Pressesprecherin Attac Deutschland
Frauke Distelrath
Post: Münchener Str. 48, 60329 Frankfurt/M
Tel.: 069/900 281-42; Fax: 069/900 281-99
E-Mail: presse@attac.de
Internet: www.attac.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. April 2010