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FREE GAZA/120: Ganovenstück - Israels Angriff auf Gaza-Hilfsflotte (jW)


junge Welt - Die Tageszeitung - Ausgabe vom 1. Juni 2010

Israels Angriff auf Gaza-Hilfsflotte
Ganovenstück

Von Rainer Rupp


Während deutsche Kriegsschiffe vor den Küsten Somalias und des Libanon tatenlos herumdümpeln, haben am Montag Hunderte schwerbewaffnete Piraten im südöstlichen Mittelmeer in internationalen Gewässern die Schiffe eines für Gaza bestimmten Hilfskonvois überfallen und unter den internationalen Passagieren ein Blutbad angerichtet. Anschließend entführten die Angreifer die Schiffe samt Besatzung und Passagieren nach Aschdod, einen kleinen Hafen an der Küste des Schurkenstaates Israel, wo weder Völkerrecht noch andere Gesetze der zivilisierten Welt Geltung haben.

Da sich die schwerbewaffneten israelischen "Elitesoldaten" während ihres Überfalls von ihren unbewaffneten Opfern angeblich "provoziert" fühlten, wirbt der israelische Armeesprecher zusammen mit Bild und anderen Medien um Verständnis für den Überfall. Beim gewaltsamen Erstürmen der Schiffe seien die israelischen Helden von den gefährlichen Passagieren mit "schwerer Gewalt" empfangen worden. "Diese sehr aggressiven Leute" hätten sogar versucht, die friedfertigen israelischen Truppen zu "lynchen", so der Militärsprecher. Derartige Beleidigungen unserer Intelligenz werden auch hierzulande von Konzernmedien unkritisch weiterverbreitet. Doch diesmal sind die unschuldigen Opfer des israelischen Massakers keine Palästinenser, deren Ermordung westlichen Medien meist keine Nachricht wert ist. Bei den mindestens zehn Toten und 50 Verletzten sowie Hunderten von gewaltsam entführten und teils mißhandelten Passagieren handelt es sich um Staatsbürger der führenden westlichen Industrienationen, darunter nicht wenige Parlamentsabgeordnete und international bekannte Persönlichkeiten.

Vergeblich hatten deutsche Opfer dieses mörderischen Piratenaktes, darunter einige aktive und ehemalige Bundestagsabgeordnete, auf Rettung durch die in der Nähe vor Libanon patrouillierenden Einheiten der Bundesmarine gewartet, zumal diese von dem seit Tagen angekündigten israelischen Überfall Kenntnis hatte. Aber statt die Unschuldigen vor der Aggression zu bewahren, befolgten die Kapitäne der unter UN-Fahne operierenden Bundeswehrflottille lieber ihren Einsatzbefehl, nämlich den Aggressor Israel zu schützen, auch wenn der deutsche Staatsbürger auf hoher See überfällt und verschleppt. Von Bundeskanzlerin Angela Merkel ist dieser Wahnsinn zur deutschen Staatsräson erhoben worden.

Ebenso wie der US-Kongreß, sind auch die meisten europäischen Parlamente und Konzernmedien zu den von Zionisten besetzten Territorien zu zählen. Dennoch dürfte es diesmal, ungleich schwerer sein, nach dem blutigen Piratenakt des Regimes von Benjamin Nethanjahu einfach zur Tagesordnung überzugehen. Allerdings klingt es wie Hohn, wenn Bundesaußenminister Guido Westerwelle gestern "tief besorgt" erklärte, das Auswärtige Amt werde sich "um eine umfassende Aufklärung des Sachverhalts" bemühen. Als ob man erst untersuchen müßte, wer von den beiden der Verbrecher ist: der Raubmörder oder sein Opfer.


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Quelle:
junge Welt vom 01.06.2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Juni 2010