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STANDPUNKT/281: #unteilbar - Rechtstaatlichkeit und Menschenrechte für alle (Pro Asyl)


Pro Asyl - Pressemitteilung vom 13. Oktober 2018

Rechtstaatlichkeit und Menschenrechte für alle!

PRO ASYL ruft zur #unteilbar-Demo in Berlin mit auf


Zehntausende demonstrieren heute in Berlin unter dem Motto #unteilbar für eine freie und offene Gesellschaft, Menschenrechte und Rechtstaatlichkeit. PRO ASYL ruft mit auf.

Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL, wird bei der Abschlusskundgebung sprechen: »Es geht um mehr als Flüchtlingspolitik. Es geht um das Fundament des Zusammenlebens in Deutschland und Europa. Wir sind an einem Punkt, an dem Menschenrechte und Rechtstaatlichkeit auf der Kippe stehen und von uns wieder erkämpft werden müssen«.

Das Recht, unveräußerliche Rechte zu haben - konkret: das Recht auf Leben, das Recht auf Schutz vor Zurückweisung in Folter und erniedrigende Umstände, der Zugang zum Recht auf Schutz und Asyl und das Recht, in einem Rechtsstaat gegen Behördenentscheidungen den Rechtsweg zu beschreiten - all das wird wieder in Frage gestellt.

Recht auf Leben

EU und Italien kooperieren mit der sogenannten libyschen Küstenwache, die für Menschenrechtsverletzungen mitverantwortlich ist. Italiens Innenminister Salvini hat die private Seenotrettung praktisch zum Erliegen gebracht. Die Seenothelfer*innen hatten rund 40 Prozent aller Rettungen im Mittelmeer bewerkstelligt und Tausende gerettet. Die Todeszahlen gehen inzwischen dramatisch nach oben: Im September ist jeder Fünfte, der die Überfahrt von Libyen aus versucht hat, umgekommen oder wurde vermisst. Seit Juni waren es acht Tote und Vermisste pro Tag, seit Jahresbeginn laut UNHCR insgesamt 1,778 Menschen (bis 12. Oktober).

Recht auf Schutz vor Zurückweisung in Folter, unmenschliche Behandlung bzw. schwere Menschenrechtsverletzungen

Wer auf dem Mittelmeer in die Hände der libyschen Küstenwache gerät, dem droht die Verschleppung in eines der berüchtigten libyschen Gefangenenlager, die der Septemberbericht des UNHCR als »albtraumhaft«, »grausam, inhuman und erniedrigend« beschreibt. Folter, Vergewaltigungen, massive Menschenrechtsverletzungen sind dort an der Tagesordnung.

Die EU-Staaten sind mitschuldig, wenn Tausende im Mittelmeer elend ertrinken oder nach der Rettung in menschenunwürdigen Bedingungen in libyschen Lagern landen. PRO ASYL fordert: Die Kooperation mit der libyschen Küstenwache muss beendet werden.

Recht auf Schutz und Asyl und Recht auf Rechtsstaat

Flüchtlinge, die es bis zu den EU-Außenstaaten schaffen, werden in sog. EU-»Hotspots« verbracht. In den EU-»Hotspots« werden Rechtstaat und Menschenwürde außer Kraft gesetzt. Wer den »Hotspot« Moria auf Lesbos erreicht, sitzt dort unter menschenunwürdigen Bedingungen fest. Es fehlt an allem: Nahrung, Zelten, Zugang zu Schutz. Das Lager hat Platz für 3.100 Menschen, mehr als 7.600 harren darin aus, ohne effektiven Zugang zu Beratung, Rechtsbeistand und der Möglichkeit, sich gegen Behördenentscheidungen zu wehren. Es droht die Abschiebung in die Türkei ohne jede Prüfung der Fluchtgründe.

Wem die Flucht bis nach Deutschland gelingt, dem drohen monatelange Isolation in einem AnkER-Zentrum. Alle Ankommenden sind betroffen. Ihre Asylgesuche drohen im Eiltempo abgeschmettert zu werden. Die versprochene flächendeckende und unabhängige Verfahrensberatung ist nicht in Sicht. Der Weg zum Anwalt und die Möglichkeit, sich vor Gericht gegen Behördenentscheidungen zu wehren, sind stark erschwert.

#NichtmeineLager

Zweifellos ist es für die Betroffenen ein großer Unterschied, ob sie sich in einem libyschen Folterlager, einem elenden EU-Hotspot oder einem deutschen AnkER-Zentrum befinden. »Der Plan, jeden geflüchteten Menschen in einem Lager festzusetzen, signalisiert: Ihr habt hier keine Rechte. Macht euch nicht auf den Weg, ihr habt von uns nichts zu erwarten. Wer nicht im Mittelmeer ertrinkt, wird in Europa weder Aufnahme noch Asyl finden«, sagt Burkhardt.

PRO ASYL hat deshalb den Aufruf #NichtmeineLager gestartet und fordert: Das Einsperren, die Entrechtung und Isolation Schutzsuchender muss ein Ende haben! Schutzsuchende dürfen nicht in Lagern festgehalten werden.

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Quelle:
Pro Asyl - Presseerklärung vom 13. Oktober 2018
Postfach 160 624, 60069 Frankfurt/M.
Telefon: +49 069 - 23 06 88, Fax: +49 069 - 23 06 50
E-Mail: proasyl@proasyl.de
Internet: www.proasyl.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Oktober 2018

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