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STELLUNGNAHME/077: Kritik am Bundeswehreinsatz in Syrien - Ansatzpunkte für Friedensoffensive (medico)


medico international - Pressemitteilung vom 3. Dezember 2015

Kritik am Bundeswehreinsatz in Syrien / Ansatzpunkte für eine umfassende Friedensoffensive


Die Frankfurter Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international fordert Sicherheitsgarantien für alle Bevölkerungsgruppen in Syrien durch die Stärkung der Zivilgesellschaft und Verhandlungen ohne das Assad-Regime aufzuwerten.

"Wer heute meint als Reaktion auf die furchtbaren Attentate von Paris den IS in Syrien bombardieren zu müssen, setzt nicht nur völkerrechtliche Prinzipien außer Kraft, sondern produziert nur erneute Fluchtgründe. Statt zu Leid lindern, wird damit nächste Bewegung der Flüchtlinge produziert, die spätestens im kommenden Frühjahr an den europäischen Außengrenzen ankommen werden. Solange das Welternährungsprogramm derart skandalös unterfinanziert ist, bleibt jeder Kriegseinsatz in Syrien eine zynische Demonstration europäischer Selbstgerechtigkeit", sagt Martin Glasenapp von medico international.

Die Notwendigkeit dieses Kriegseinsatzes begründe sich nicht aus den Verhältnissen in Syrien, sondern allein aus den Sicherheitsinteressen der kriegführenden Staaten. "Gäbe es ein wirkliches Interesse an der Unterstützung der syrischen Zivilgesellschaft, so könnte jetzt ein europäisches Zeichen der verstärkten internationalen Hilfe für die kurdische Region entlang der türkischen Grenze gesetzt werden. Denn hier existiert längst ein humanitärer Korridor innerhalb Syriens. Das Problem ist aber, dass die türkische Regierung dieser innersyrischen Sicherheitszone für Flüchtlinge in tiefer Feindschaft gegenübersteht", kritisiert Glasenapp und weiter:

"Bestandteil einer umfassenden Sicherheitsstrategie für Syrien wäre nicht nur der sofortige Eintritt in politische Verhandlungen mit allen regionalen Kriegsparteien, sondern auch die Stärkung der syrischen Zivilgesellschaft und Gleichbehandlung aller demokratischen syrischen Akteure. Dazu gehören auch die Kurden, die zurzeit die entscheidenden Akteure im Kampf gegen den IS sind."

In den letzten Wochen sind mehrfach Projektpartner von medico in Syrien beschossen worden. Sei es durch russische Luftangriffe, durch Fassbomben des syrischen Regimes oder durch Selbstmordkommandos radikalreligiöser Milizen. So wurde kürzlich beispielsweise eine von medico unterstützte Gesundheitsstation mit einer Blutbank und Solarzellen in der südsyrischen Region Daraa durch eine Fassbombe zerstört.

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Quelle:
medico international - Pressemitteilung vom 03.12.2015
Herausgeber: medico international
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Dezember 2015

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