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INTERVIEW/067: Aufbruchtage - Planiertes Leben ...    Haris Konstantatos im Gespräch (SB)


Austeritätspolitik, Degrowth und sozialökologische Transformation

Interview am 3. September 2014 an der Universität Leipzig



Haris Konstantatos ist Politikwissenschaftler an der Harokopio Universität in Athen und Mitglied im Zentralkomitee der griechischen Linkspartei Syriza. Nach seinem Vortrag auf der Leipziger Degrowth-Konferenz, in dem er unter dem Titel Social-ecological crisis & crisis of democracy: a view from Southern Europe [1] einen Zusammenhang zwischen der krisenhaften Entwicklung in Südeuropa und den sich daraus ergebenden Möglichkeiten einer sozialökologischen Transformation der Gesellschaft herstellte, beantwortete Haris Konstantatos dem Schattenblick einige weiterführende Fragen.

Im Gespräch - Foto: © 2014 by Schattenblick

Haris Konstantatos
Foto: © 2014 by Schattenblick

Schattenblick: Herr Konstantatos, in Ihrem Vortrag haben Sie darüber gesprochen, daß die ökologische Frage in Griechenland und in Südeuropa infolge der Eurokrise ins Hintertreffen gerät. Könnten Sie ein paar Beispiele dafür geben?

Haris Konstantatos: Bereits vor der Krise hatten Griechenland und andere mediterrane Länder ein schwaches Umweltgovernance-System und ein wenig entwickeltes Planungswesen, das nicht so durchreguliert ist wie in anderen europäischen Gesellschaften. Wir haben nicht einmal ein sinnvolles Grundbesitz-Kataster. Daß es in der letzten Zeit besser wurde, verdanken wir dem Umstand, daß man versuchte, den EU-Gesetzen zu entsprechen, die vom Parlament verabschiedet wurden. Natürlich war deren Einhaltung, sagen wir, nicht immer ganz vollständig. Sie haben auf politischer Ebene in Griechenland und, soweit mir bekannt ist, in anderen Mittelmeerländern immer noch darüber verhandelt, weil bestimmte Dinge wie die urbane Entwicklung, die Landnutzung usw. sehr pfadabhängig und damit schwer zu ändern sind. Das trifft auf die Verwaltung zu, gilt aber auch für die Mentalität der Gesellschaft.

Seit dem Ausbruch der Krise bestätigen sogar moderate NGOs wie zum Beispiel der WWF, die sich in der Regel nicht besonders kritisch zu Regierungen äußern, weil sie Lobbyisten sind, daß es seitens des Gesetzgebers zu einer Schwächung der Umweltgesetze kommt. Es handelt sich zum Beispiel um Eilverordnungen, die eine schnelle Zustimmung zu Investitionen ermöglichen. Der Investor kann einseitig erklären, daß er die Gesetze einhält, und die öffentliche Verwaltung ist gezwungen, diese Selbsterklärung zu akzeptieren. Es gibt keine Überwachungs- und Kontrollmechanismen, auch deshalb, weil die öffentliche Verwaltung durch die Austerität und die Entlassung staatlicher Angestellter ausgehöhlt wurde.

Neben der Zustimmung zu Investitionen im Eilverfahren erfolgt eine Lockerung des Schutzes insbesondere der Küsten und Wälder. Die Küsten sind, wie Sie sich vorstellen können, ein Aktivposten, der von den großen Investoren des Hotelgewerbes ausgebeutet wird. Jetzt bewegt es sich in Richtung des spanischen Modells, das wir bis dato vermieden haben, weil die Küsten dem Gesetz nach öffentlich sind. Man hat vielleicht seinen Besitz an der Küste, darf aber den Zugang zu den Stränden im Prinzip niemandem verwehren. Das wurde total umgestoßen. Jetzt geschieht das Gegenteil: Sobald man einen Besitz am Ufer hat, kann man das Meer für seine eigenen Zwecke nutzen, für sein Investment, für sein riesiges Hotel. Das ist ein starker Anreiz für große Hotelunternehmen.

Grund und Boden ist zur Zeit billig, weil die Menschen bereit sind, ihre Ländereien zu verkaufen. Historisch herrscht in Griechenland kleiner bis mittlerer Landbesitz vor. Es gab keine Großgrundbesitzer, denn wir hatten keinen Feudalismus in Griechenland. Nun gibt es viele Anreize, insbesondere in den Tourismus zu investieren, der große All-Inclusive-Anlagen betreibt. Und das ist eine Katastrophe. Im letzten Sommer hat es eine breite Oppositionsbewegung von NGOs, aber auch von bürgerlich Konservativen gegen diese Pläne gegeben. Das hat die Regierung dazu genötigt, einen Teil davon zurückzunehmen, weil der Zugang zum Meer historisch und kulturell von großer Bedeutung für die Griechen ist. Er betrifft auch die Mythologie, es ist für uns ein kultureller Faktor, Zugang zu unseren Küsten zu haben. Der Paradigmenwechsel, den sie zu vollziehen versucht haben, war so enorm, daß sich eine breite Koalition dagegengestellt hat. Die Eil- oder Fast-Track-Verfahren gewähren Investoren Privilegien durch eine generelle Lockerung des Regulierungssystems und der Überwachungsmechanismen, die die Umsetzung der Gesetze kontrollieren. Man wartet also darauf, daß die Investoren kommen.

SB: Inwiefern ist die EU und inwiefern die griechische Regierung, die die Umsetzung der Austeritätspolitik vollzieht, für diese Maßnahmen verantwortlich?

HK: Das ist eine interessante Frage. Wie in vielen anderen Bereichen einschließlich der Arbeitsgesetzgebung können wir das nicht so leicht unterscheiden. Präziser gesagt: Man kann sagen, daß Teile des griechischen Kapitals direkten Zugang zur Troika haben und dies für ihre Interessen nutzen. Sie erwecken den Eindruck, daß ihre Forderungen, bei denen es sich um historische Forderungen handelt, die sie schon immer erhoben haben, von der Troika stammen und mit den Staatsschulden in Zusammenhang stehen. Man kann nicht immer sagen, welcher Teil der aufgezwungenen Maßnahmen direkt mit der Rückzahlung der Schulden verbunden ist oder zu einer neoliberalen Agenda gehört, die unter den Bedingungen der Krise umgesetzt werden soll. Teile des griechischen Kapitals oder auch Teile des multinationalen Kapitals nutzen die Gelegenheit, doch die Troika ist sich darüber im klaren, daß das Kapital ihre Anwesenheit in Griechenland nutzt, um seine Ziele durchzusetzen. Da sie auf lange Sicht natürliche Verbündete sind, wird das toleriert oder sogar unterstützt. Insbesondere die Unternehmen aus dem Tourismusbereich sind Teil der griechischen Bourgeoisie, so arbeiten sie Hand in Hand mit der Troika, gleich, ob diese Investitionen direkt mit der Schuldentilgung verbunden sind oder nicht.

SB: Auf der einen Seite vertritt die EU offiziell das Interesse, die Umwelt zu schützen, auf der anderen Seite setzt sie das Diktat der Privatisierung und Deregulierung durch. Wo würden Sie den hauptsächlichen Einfluß verorten?

HK: Heute geht es im gesamten Bereich der Umweltgesetzgebung auf EU-Ebene rückwärts. Die EU als ganzes ist nicht mehr führend im Umweltbereich, wie sie es vor zehn Jahren war, als die zivilgesellschaftlichen Umweltgruppen stolz darauf waren, was mit der EU-Gesetzgebung erreicht wurde. Die EU ist nicht mehr führend in den Verhandlungen zur Begrenzung des Klimawandels, Deutschland besteht auf der Verstromung der Braunkohle. Deshalb glaube ich, daß die EU für die Umweltbewegung in Griechenland - nicht nur die sozialökologischen Bewegungen der Linken, sondern auch die Umweltschützer im engeren Wortsinn - nicht länger ein Pionier in Umweltfragen ist. Sogar diese Umweltschützer sind enttäuscht, NGOs schicken Briefe an den Kommissionspräsidenten und bitten ihn, die Umweltgesetze der EU zu retten, die durch die Politik der EU-Kommission in Griechenland zerstört werden. Das ist also ein Widerspruch in sich. Ich bin der Meinung, daß der Einfluß der EU in Umweltfragen kein positiver mehr ist.

SB: Syriza ist eine EU-kritische Partei, will die Europäische Union aber nicht verlassen. Was denken Sie, was das beste für Griechenland wäre? Könnte die sozialökologische Transformation besser innerhalb oder außerhalb der EU verwirklicht werden?

HK: Die Analyse mit der mehrheitlichen Zustimmung in Syriza lautet, daß die Tatsache, daß die EU sich in neoliberale Richtung bewegt, eine Frage des Verhältnisses der politischen Kräfte in den EU-Ländern selbst und in der EU als ganzes ist. Es ist strukturell verankert, hat aber zur gleichen Zeit mit dem politischen Kräfteverhältnis zu tun. Wir sind nicht der Meinung, daß es nationale Lösungen für internationale Probleme geben kann. Die Krise ist global, die Krise ist strukturell. Wir verstehen Europa als potentielles Feld der Auseinandersetzung, aber auch als Feld der Solidarität. Wir würden keine nationalistischen Lösungen begrüßen, weil das hieße, daß zum Beispiel die griechischen Arbeiter mit den italienischen Arbeitern konkurrieren würden und diese wiederum mit den spanischen Arbeitern. Das würde uns in eine Situation wie vor dem Ersten Weltkrieg zurückwerfen. Das könnte geschehen, weil die dominanten Kräfte in der EU nicht verstehen, daß sie es sind, die Europa zerstören. Sie sorgen dafür, daß die Menschen zunehmend EU-skeptisch werden, sie sorgen dafür, daß sich die Menschen gegen die EU-Idee wenden, weil die Menschen die EU nicht mehr als einen positiven Einfluß auf ihr alltägliches Leben sehen. Aber es ist aus unserer Sicht keine Lösung, aus der EU auszusteigen. Wir sind der Überzeugung, daß die beste Interventionsarena und -ebene die internationale ist und dabei hauptsächlich die EU-Ebene. Wir glauben nicht an nationalistische Lösungen.

SB: In Ihrem Vortrag haben Sie sich auf die orthodoxe Linke bezogen, die die Entwicklung der Produktivkräfte favorisiert, um eine sozial gerechtere Politik zu machen. Meinen Sie, daß die orthodoxe Linke etwas lernen könnte von Menschen, die Degrowth vertreten, oder diese Ideen aufgreifen könnte, um eine neue Form des revolutionären Denkens zu entwickeln?

HK: Das ist eine offene Frage für uns. Wie in allen Fällen, in denen linke Parteien wachsen und vielleicht unmittelbar davor stehen, die Regierung zu bilden, gibt es heftige politisch-ideologische Kämpfe in den Parteien selbst, und das ist nicht schlecht. Syriza ist eine Koalition vieler linker, traditioneller wie alternativer Kräfte. So gibt es einen laufenden Dialog innerhalb der Partei und innerhalb der griechischen Gesellschaft über das "Modell". Da Modelle gewöhnlicherweise Zerrbilder sind, Idealisierungen von Strategien, glaube ich persönlich, daß die letztgültige Antwort durch die Praxis gegeben wird. Sie wird irgendwo zwischen einem, sagen wir, eher traditionellen, produktivistischen Ansatz und einem alternativ-grünen, sozialökologischen Ansatz liegen.

Diese Strömungen koexistieren derzeit. Die traditionelle Richtung hat den Vorzug, realistisch zu sein. Es ist eine Variante des vertrauten Laufs der Dinge - zwar zum Wohle der Menschen, aber in den üblichen Bahnen. Sie verweisen auf den Braunkohleabbau in Deutschland und fragen, was unser armes und schwaches Land tun soll? Sie haben also einige Argumente, die durch die Tatsache verstärkt werden, daß das Modell des New Green Deals international tot ist, obwohl es sich um einen moderaten sozialdemokratischen Ansatz der Umweltregulierung handelt.

Auf der anderen Seite stehen die sozialen Bewegungen, die, denke ich, nicht gewillt sind, den Realismus des Produktivismus und die volle Entwicklung der Produktivkräfte zu akzeptieren, wenn er ihre Nachbarschaft und ihre Gemeinden betrifft. Es gibt Bewegungen gegen Goldabbau, es gibt Bewegungen gegen die künftige Ölförderung am Meeresboden, es gibt Bewegungen gegen die Überausbeutung der Küsten. Wenn eine linke Regierung Erfolg haben will, kann sie sich nicht gegen die lokalen Gemeinschaften und Bewegungen stellen. Deshalb löst die Frage, ob der Schutz der Umwelt oder der Erhalt der Arbeitsplätze wichtiger ist, in der Partei und in der griechischen Gesellschaft Spannungen aus. Und darüber wird, hoffe ich, nicht nur hinter den geschlossenen Türen einer Partei verhandelt, sondern im Rahmen einer öffentlichen Debatte, einer Auseinandersetzung zwischen den sozialen Kräften. Eine linke Regierung muß intelligent und demokratisch genug sein, die Menschen an dieser Debatte teilhaben zu lassen. Dann wird sie vielleicht zu der Erkenntnis gelangen, daß die Blaupausen der Technokraten, die von oben nach unten gereicht werden, zwangsläufig scheitern müssen. Wenn man als linke Regierung geschickter agieren und länger im Amt bleiben will, muß man über diese Widersprüche in der Gesellschaft verhandeln.

SB: Wie würden Sie den Einfluß von Modellen der Selbstorganisation beurteilen wie etwa im Gesundheitswesen, wo es kostenlose Kliniken gibt und Ärzte unentgeltlich arbeiten, weil die Menschen sonst gar nicht mehr behandelt würden? Könnten diese neuen Formen der sozialen Organisation Auswirkungen haben, die über die akute Notlage hinausreichen, weil die Menschen daraus lernen?

HK: Nebenbei bemerkt, besuchen heute zwei Abgeordnete der Partei Die Linke Athen, weil Menschen aus Deutschland einige dieser Initiativen materiell unterstützen. Sie spenden. Unsere Genossen von der Partei Die Linke sind in Griechenland, um sich die Maschinen anzusehen, die mit dem Geld von solidarischen Menschen in Deutschland angeschafft wurden.

Diese sozialen Experimente antworten auf unmittelbare, direkte Notlagen. Alle diese Experimente distanzieren sich von Wohltätigkeit. Sie sagen ausdrücklich: Wir sind nicht wohltätig, wir sind solidarisch. Wir versuchen, die Hilfsempfänger zu ermächtigen. In vielen Fällen werden frühere Empfänger von Leistungen in die Projekte eingebunden und arbeiten als Freiwillige mit. Gleichzeitig entwickeln Menschen manchmal - ohne es so zu nennen, aber andere sagen es auch ausdrücklich - eine andere soziale Organisation des Verbrauchs und der Produktion. Syriza erklärt im Parteiprogramm ausdrücklich, daß wir die Solidaritätsinitiativen im Reproduktionsbereich, aber auch in der Produktion unterstützen werden. Das gilt etwa für den Fall von Fabriken, die von ihren Besitzern aufgegeben wurden, weil sie verschuldet sind. Die Fabrik gehört jetzt natürlich der Bank, bei der der Eigner Kredite aufgenommen hat. Syriza hat mehrfach erklärt, einen gesetzlichen Rahmen zu schaffen, der es erlaubt, daß solche verlassenen Produktivstätten von Kooperativen früherer Mitarbeiter übernommen werden.

Aber das ist ein Experiment mit offenem Ausgang, weil wir in Griechenland historisch gesehen keine sehr gut entwickelte kooperative Bewegung haben. Historisch gesehen wurde diese Organisationsform von politischen Parteien, hauptsächlich den Sozialdemokraten der PASOK, okkupiert. Wir haben keine kooperative Tradition, aber ich denke, daß beide Wege, der von unten nach oben über diese Erfahrung, die wir in den letzten drei oder vier Jahren gemacht haben, und der mit einer politischen Partei, die für diese Themen sensibilisiert ist und Räume öffnen und Anreize rechtlicher, institutioneller und materieller Art geben wird, offen sind. So kann man zum Beispiel Kooperativen mit den Reinigungsarbeiten in Krankenhäusern betrauen, anstatt private Subunternehmen zu beauftragen. Es gibt ganz unterschiedliche Möglichkeiten institutioneller, aber auch finanzieller Art, um diese Kooperativen als eine neue sozialökonomische Organisation zu etablieren. Auch das ist eine offene Frage. In den letzten Jahren haben wir auf sehr komprimierte Weise versucht, diese Tradition neu zu beleben und die Gesellschaft mit einem solidarischen und kooperativen Geist zu erfüllen. Das ist etwas Neues, denn Griechenland war historisch stets eine sehr individualistische Gesellschaft, sogar vor dem Neoliberalismus.

SB: Zu Beginn Ihrer Präsentation merkten Sie ironisch an, daß Degrowth in Griechenland stattfindet, aber nicht aus freien Stücken, sondern durch das Austeritätsprogramm erzwungen. Hat die Degrowth-Idee auch vor dem Hintergrund der schmerzhaften Erfahrungen, die die Menschen mit den zerstörerischen Auswirkungen der Sparpolitik machen mußten, Zukunft?

HK: Wenn wir Degrowth als eine absolute Entwertung der Ökonomie verstehen, hieße das, die Degrowth-Aktivisten mißzuverstehen. Sie sagen, daß einige Dinge in der Degrowth-Wirtschaft wachsen werden, wie Care und andere sinnvolle Arbeit, wie Dienstleistungen etwa für die Umwelt oder die kleinbäuerliche Biolandwirtschaft und nicht die großflächige Landwirtschaft, die von multinationalen Konzernen dominiert wird. Wir haben das Potential dafür, weil, wie bereits gesagt, der kleinteilige Grundbesitz vorherrscht. Das derzeitige Landeigentum kann uns bei der Entwicklung eines sanften Modells der Landwirtschaft helfen. Die Agrarproduktion muß steigen, die Frage ist nur, in welche Richtung dies geht: ob Monsanto das in die Hand nimmt, das Land verschuldeter Bauern übernimmt und den Boden intensiv ausbeutet, oder ob wir es schaffen, zu biologischem Anbau überzugehen. Wir haben gute Voraussetzungen dafür in Griechenland: klimatische Vorzüge, unser Boden ist relativ gut und wir haben Kleineigentümer.

Einige Dinge werden also wachsen im Degrowth oder unter dem sozialökologischen Paradigma. Wenn Leute einfach nur dieses Wort hören und man es ihnen nicht weiter erklärt, sind sie ängstlich und sprechen sich natürlich dagegen aus. Man sagt ihnen also, daß es ein schwieriger Prozeß wird und daß einige Bereiche der Wirtschaft wachsen müssen. Und wenn man das kombiniert mit einem Sinn für Gerechtigkeit, Demokratie und einer Umverteilung der Wachstumserträge, welchen Wachstums auch immer, dann denke ich, daß die Menschen bereit sind, das zu akzeptieren. Wir müssen über die Terminologie hinausgehen, die manchmal aus dem Kontext herausgelöst und völlig anders verstanden wird, und versuchen, auf bodenständige Weise zu erklären, was wir mit diesem Schlagwort meinen.

Ich denke, die Menschen erwarten keine Rückkehr mehr zum früheren Status quo. Sie erwarten nicht, in zehn Jahren noch einmal Olympische Spiele zu organisieren. Eine wohlhabende Gesellschaft, die auf Kredit lebt, ist ausgeschlossen. Jeder weiß das, nicht nur die Avantgarde der Bewegungen, für die ich hier nicht plädiere. Auch normale Leute verstehen, daß wir nicht den goldenen Jahren des Neoliberalismus oder Keynesianimus entgegengehen können, falls es die in Griechenland je gegeben hat. Wir gehen in eine andere Richtung und ich glaube, daß es die Sache der Linken und der Ökologen ist, den Menschen das Degrowth-Projekt zu erklären und ihnen zu sagen, daß es machbar ist und ein glücklicheres Leben zur Folge hat.

SB: Herr Konstantatos, vielen Dank für das Gespräch.


Fußnote:

[1] BERICHT/040: Aufbruchtage - Sozioökologische Auswege ... (SB)
http://www.schattenblick.de/infopool/buerger/report/brrb0040.html


Bisherige Beiträge zur Degrowth-Konferenz in Leipzig im Schattenblick unter
www.schattenblick.de → INFOPOOL → BÜRGER/GESELLSCHAFT → REPORT:

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1. Dezember 2014


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