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TREFFPUNKT TEL AVIV/021: Polizeilicher Großeinsatz gegen internationale Fluggäste (SB)


Freitag, 8. Juli 2011 - 20.00 Uhr

Westliche Medien berichten über das Vorgehen Israels am Flughafen Ben Gurion


Am heutigen Freitag wurde am Flughafen Ben Gurion in Tel Aviv ein Großaufgebot israelischer Polizeikräfte in Marsch gesetzt, um der mit mutmaßlich rund zweihundert internationalen AktivistInnen nicht übermäßig großen Schar unerwünschter erwarteter BesucherInnen Herr zu werden. Wie der Berliner Tagesspiegel berichtete, wurde der gesamte Flughafen in Alarmbereitschaft versetzt und von hunderten Sicherheitskräften bevölkert, die einzig die Aufgabe hatten, die Einreise propalästinensischer Fluggäste zu verhindern.

Nach Angaben des Tagesspiegel hat das israelische Innenministerium die TeilnehmerInnen der Initiative "Willkommen in Palästina" als pro-palästinensische Radikale eingestuft, die provozieren und das öffentliche Leben hätten stören wollen. Schon im Vorwege habe die Behörde deshalb eine Liste mit den Namen von 342 Männern und Frauen erstellt, denen sie ein Einreiseverbot erteilt habe.

Diese "Schwarze Liste" wurde den Angaben zufolge an mehrere internationale Fluggesellschaften übermittelt in Verbindung mit der Aufforderung des israelischen Innenministeriums, die aufgeführten Personen nicht zu befördern. Bei diesen Fluggesellschaften soll es sich um die Lufthansa, Alitalia, Austrian Airlines, Air France und easyJet gehandelt haben. Den Gesellschaften sei angedroht worden, die Kosten für den Rücktransport der gelisteten Personen übernehmen sowie längere Abfertigungszeiten in Kauf nehmen zu müssen, sollten sie der an sie gerichteten Aufforderung zuwiderhandeln.

Auf einigen europäischen Flughäfen kam es in der Folge zu Protesten, so beispielsweise in Paris, wo etwa 200 Menschen, sowie in Genf, wo rund 30 Personen, die nach Tel Aviv fliegen wollten, nicht abgefertigt wurden. Der Tagesspiegel berichtete unter Berufung auf Angaben eines Aktivisten von einem solchen Fall in Berlin, den die Lufthansa jedoch weder bestätigen noch dementieren wollte. Ein Lufthansa-Sprecher in Frankfurt ließ lediglich verlauten, daß es eine Verpflichtung gäbe, den Einreisegesetzen und behördlichen Anordnungen des Zielstaates Folge zu leisten.

Der österreichische Standard faßte die Ereignisse des Tages mit den Worten zusammen, daß das Ziel, den Routinebetrieb auf dem Flughafen Ben Gurion aufrechtzuerhalten, unter Einsatz von rund 500 Polizisten habe erreicht werden könnten. Die Zeitung hob hervor, daß von der angeblich befürchteten "Luftinvasion" so gut wie nichts zu sehen gewesen sei und führte dies darauf zurück, daß über zweihundert AktivistInnen bereits in europäischen Flughäfen am Abflug gehindert worden seien.

Dem Standard zufolge ist es lediglich zu einem kurzen Zwischenfall auf dem Flughafen Ben Gurion gekommen, weil ein junger Einheimischer in der Ankunftshalle ein Transparent mit der Aufschrift "Willkommen in Palästina" entrollt habe. Der junge Mann sei mit seinen Gefährten in Begleitung von Medienangehörigen abgeführt und dabei von israelischen Flughafengästen beschimpft worden. In den Nachmittagsstunden seien zwei Maschinen (eine der britischen Gesellschaft Easyjet aus Zürich sowie eine weitere der Alitalia aus Rom) an einen normalerweise für internationale Flüge nicht verwendeten Terminal geleitet worden. Dabei seien 32 Passagiere von den israelischen Behörden, wie der Standard schrieb, "einvernommen" worden.

Laut tagesschau.de waren bereits in der Nacht zuvor Fluggäste an der Einreise nach Israel gehindert worden; so geschehen mit zwei Frauen, die aus den USA kommend an der Paßkontrolle aufgehalten, als TeilnehmerInnen der Aktion "Willkommen in Palästina" identifiziert und deshalb umgehend zurückgeschickt worden waren. Die beiden US-Amerikanerinnen hätten T-Shirts mit dem Aufdruck der aktuellen Gaza-Flottille getragen.

Nach weiteren Angaben von tagesschau.de stieß das polizeiliche Vorgehen der israelischen Behörden im eigenen Land keineswegs auf eine ungeteilte Zustimmung. So hätten einige israelische Medien ihrer Regierung vorgeworfen, an Verfolgungswahn zu leiden und es mit den durchgeführten Maßnahmen zu übertreiben. Vorwürfe dieser Art wies Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu dem Vernehmen nach zurück. Jedes Land habe das souveräne Recht, so die Begründung Netanjahus, das Eindringen von Provokateuren auf sein Gebiet zu verhindern.

Die OrganisatorInnen der Aktion "Willkommen in Palästina" wiesen laut tagesschau.de ihrerseits diese Vorwürfe zurück. Man habe völlig friedliche Absichten, hieß es. Palästinensische Organisationen hätten BesucherInnen aus Europa, den USA und Japan eingeladen, sich mit den unter Besatzung lebenden Palästinensern zu solidarisieren. Das geplante Besuchsprogramm habe Besuche der Sperrmauer, der Siedlungen und auch der Flüchtlingslager beinhaltet, was in solchen Fällen nichts Neues sei. Außerdem, so berichtete tagesschau.de unter Berufung auf die OrganisatorInnen der Aktion, würden AktivistInnen aus aller Welt die ganze Zeit zu ihnen kommen. An Fluggäste, die in der Nacht über den Flughafen Ben Gurion einreisten und nicht als unliebsame BesucherInnen zurückgeschickt wurden, habe das israelische Tourismusministerium Blumen verschenken lassen nach dem Motto: Willkommen in Israel.

8. Juli 2011