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HINTERGRUND/172: Genug geredet - ökologische Kinderrechte achten!


die zeitung - terre des hommes, I. Quartal 2011

Kinder haften für ihre Eltern
Genug geredet - ökologische Kinderrechte achten!

Von Danuta Sacher, Geschäftsführerin


»Wir borgen das Kapital Umwelt von den kommenden Generationen ohne jede Absicht oder Aussicht auf Rückerstattung ... Wir handeln so, weil wir damit durchkommen: Die künftigen Generationen haben kein Stimmrecht; sie haben keine politische oder finanzielle Macht; sie können unsere Entscheidungen nicht anfechten.«
(Brundlandt-Report 1987)


Die weltweite Umweltzerstörung raubt jede Stunde rund 350 Kindern unter fünf Jahren das Leben. Nicht beziffert ist das Leid der überlebenden Kinder, die infolge von Pestizidvergiftungen behindert geboren werden oder lebenslang an Hautinfektionen leiden, die mit chronischen Atemproblemen oder Bleivergiftungen am Rande von Bergbau und Industrie aufwachsen, die Wasser nur als trübe Brühe oder unerschwingliches Flaschenwasser kennen.

Kinder sind naturgemäß besonders empfindliche Wesen. Biologisch bedingt ist die Schadstoffaufnahme ihrer kleinen Körper wesentlich höher als bei Erwachsenen. Auch sind die Auswirkungen auf ihr junges Immunsystem heftiger und das Risiko auf bleibende Schäden höher. Kinder bezahlen sogar doppelt für die ökologischen Unverantwortlichkeiten: Sie werden heute als Kinder geschädigt und in ihrer Entwicklung behindert, und sie müssen morgen als Erwachsene die Ruinen der Umweltzerstörung und des Klimawandels übernehmen.

Die Partnerorganisationen von terre des hommes in den Projektländern erleben täglich vermeidbares Leid und den Tod von Kindern aus umweltbedingten Gründen und beschreiben die dramatischen Veränderungen von Klima und natürlicher Umwelt in ihren Regionen. Aus der Zusammenschau wird deutlich, dass es nicht um einzelne Skandale und Katastrophen geht - zum Beispiel Wasservergiftung in der indischen Textilstadt Tirupur, Bleivergiftung bei peruanischer Erzgewinnung in La Oroya, Pestizidschäden beim Reisanbau in Kambodscha, Überschwemmungen in Südasien oder Dürre in Simbabwe. Allen diesen Fällen ist gemeinsam, dass die Anliegen von Kindeswohl, Klima- und Umweltschutz für rücksichtslose Gewinninteressen geopfert wurden. Im Interesse der Kinder, ihrer Rechte und ihrer Zukunft möchten wir das ändern. Dazu brauchen wir einen eigenen Perspektivwechsel: Ökologische Aspekte müssen fester Bestandteil unseres Denkens und Handelns werden - sei es als Bürgerin und Bürger, als Konsumentin und Konsument, als Aktive bei terre des hommes wie als Verantwortliche in den Projekten. So wie seit den 80er Jahren daran gearbeitet wird, die Menschenrechte als Leitplanke globaler Politik durchzusetzen, braucht es nun Umwelt- und Klimaschutz als zweite Leitplanke. Diese Aufgabe kann nicht an die Umweltverbände abgegeben werden, sondern hat gerade auch bei einem internationalen Kinderhilfswerk wie terre des hommes einen richtigen Platz. Denn Kindeswohl und Umweltschutz sind untrennbar, wenn es eine gerechte und nachhaltige Zukunft für alle geben soll.

Bereits 1999 führte die Nationale Koalition für die Umsetzung der Kinderrechtskonvention in Deutschland, der über 100 Organisationen angehören, den Begriff der ökologischen Kinderrechte ein. Danach hat jedes Kind das Recht, in einer intakten Umwelt aufzuwachsen, ein gesundes Leben zu führen und positive Zukunftsperspektiven zu entwickeln. Das ist unser Ausgangspunkt. Wir wollen gemeinsam mit dem internationalen Partnernetz von terre des hommes und den Kindern und Jugendlichen dokumentieren und verhindern, dass Kindern ihre natürliche Umwelt zerstört oder genommen wird. Wir wollen dazu beitragen, dass das internationale Recht und die Kinderrechtskonvention dafür wirkungsvolle Hilfe leisten. Und wir laden dazu ein, gemeinsam auf die Politik einzuwirken, damit die verantwortungslose Ausrichtung auf kurzfristige Wachstums- und Gewinninteressen abgelöst wird durch den Schutz und die Beförderung der Interessen der künftigen Generationen.


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Quelle:
die zeitung, I. Quartal 2011, S. 1
Herausgeber: terre des hommes Deutschland e.V.
Hilfe für Kinder in Not
Ruppenkampstraße 11a, 49084 Osnabrück,
Tel.: 0541/71 01-0, Fax: 05 41/70 72 33
E-Mail: info@tdh.de
Internet: www.tdh.de

die zeitung - terre des hommes erscheint 4 Mal jährlich.
Der Verkaufspreis wird durch Spenden abgegolten.


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. März 2011