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AUTOREN/038: Elfriede Brüning - Die Schriftstellerin wird 100 (Wir Frauen)


WIR FRAUEN - Das feministische Blatt 3/2010

Elfriede Brüning - Die Schriftstellerin wird 100
Geboren 8.11.1910 in Berlin

Von Sabine Kebir


Die in Berlin als Tochter eines Tischlers und einer Näherin geborene Elfriede Brüning ist derzeit wohl die älteste aktive Schriftstellerin Deutschlands. Mit 16 Jahren setzte sie die Publikation einer Reportage durch, indem sie an einem Schönheitswettbewerb teilnahm und aus der Position der Mädchen berichtete, über die eine glatzköpfige Männerhorde zu richten sich erdreistete.

Als sie 1932 in den Bund Proletarisch-Revolutionärer Schriftsteller eintrat, passten ihre Texte nicht mehr ins bürgerliche Feuilleton, sie schrieb nun für die Münzenberg-Presse. Ihr damals entstandener Debütroman "Kleine Leute" konnte unter Hitler nicht mehr erscheinen und wurde erst 1970 publiziert.

Brüning fehlten Verbindungen ins Ausland, um zu emigrieren. Ihre Laufbahn wurde in der NS-Zeit durch mehrmonatige Haft und den Zwang zur inneren Emigration stark behindert. Zunächst konnte sie noch scheinbar unpolitische Unterhaltungsliteratur publizieren, die jedoch das Frauenbild der Nazis konterkarierte: Die Protagonistinnen kämpften darum, auch in der Ehe berufstätig zu bleiben. "Auf schmalem Land" wurde 2009 wieder publiziert.

Mit den Romanen "Damit du weiterlebst" über die hingerichteten AntifaschistInnen Hans und Hilde Coppi, deren Sohn im Gefängnis geboren wurde, und "Ein Kind für mich allein", das den Kinderwunsch von Frauen im Nachkriegsdeutschland behandelte, die keinen Ehemann finden konnten, schuf sich Brüning ein großes Lesepublikum. Ein Longseller wurde auch der Roman "Regine Haberkorn", mit dem sie 1955 dem prüden Menschenbild der frühen DDR widersprach. Es folgten noch zwei Dutzend Bucherfolge, in deren Mittelpunkt stets die Probleme der arbeitenden Frauen mit Lebenspartnern oder Kindern standen. Deutlich übte sie Kritik an patriarchalischen Verhältnissen auch in der DDR. Deshalb wurde sie trotz ihrer Popularität von der Kulturbürokratie nicht besonders gefördert. Weil sie sich in ihren fiktionalen Werken von ihrer Reporterin-Haltung und eigenem Erleben leiten ließ, waren diese weniger ideologisch geprägt als andere.

Seit 1989 hat Elfriede Brüning elf Bücher publiziert, darunter auch Nachauflagen. 1994 erschien ihre Autobiografie. Das Dortmunder Fritz-Hüser-Institut hat ihren Vorlass erworben. Die Autorin absolviert noch immer gerne Lesungen.

www.elfriede-bruening.de


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Quelle:
Wir Frauen, 29. Jahrgang, Herbst 3/2010, Seite 35
Herausgeberin: Wir Frauen -
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Rochusstraße 43, 40479 Düsseldorf,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. September 2010