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PREIS/097: Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor (Stadt Kassel)


Stadt Kassel - Presse und Öffentlichkeitsarbeit 03.02.2009

Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor posthum für Peter Rühmkorf

Förderpreis komische Literatur für Michael Stauffer


Im Kasseler Rathaus findet am Samstag, 14. Februar, 18 Uhr, die öffentliche Preisverleihung statt, in der der Dichter Peter Rühmkorf (1929-2008) und der schweizerische Autor Michael Stauffer (geb. 1972) geehrt werden. Die Veranstaltung eröffnet das 4. Kasseler Komik Kolloquium, ein einwöchiges Festival zur Komischen Literatur.

Im Mai 2008 wurden der von der Stiftung Brückner-Kühner und der Stadt Kassel vergebene "Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor", dotiert mit 10.000 Euro, Peter Rühmkorf sowie der "Förderpreis Komische Literatur" in Höhe von 3000 Euro Michael Stauffer zugesprochen. Am 8. Juni ist Peter Rühmkorf verstorben.

Die Preisverleihung erinnert an den großen Dichter. Eva Rühmkorf wird aus der Hand von Oberbürgermeister Bertram Hilgen den Preis für ihren Mann entgegennehmen. Professor Dr. Jürgen Manthey hält die Laudatio. Franziska Augstein, Joachim Kersten, Stephan Opitz, Bernd Rauschenbach und Harry Rowohlt, allesamt Freunde des Dichters, tragen Lieblingstexte aus seinem Werk vor. Wolfgang Schlüter, Vibraphonist und für Jahrzehnte ein musikalischer Weggefährte, spielt, begleitet von dem Pianisten Boris Netsvetaev, Jazz-Kompositionen zu Peter Rühmkorfs Poesie. Das hr-Fernsehen (Hauptsache) präsentiert ein Filmporträt.Nach der Feier wird in der Karl Branner Seitenhalle des Rathauses die Ausstellung "Rühmkorf Revue - Ein Bilderbogen" durch Bürgermeister und Kulturdezernent Thomas-Erik Junge eröffnet. Die vom Peter Rühmkorf-Archiv, Hamburg, zusammengestellte Schau gibt Einblicke in Werk und Leben des Autors.

Förderpreisträger Michael Stauffer gibt, nachdem Dr. Thomas Wohlfahrt die Entscheidung der Jury begründet hat, eine Kostprobe seines Schaffens und wird dies in einer Lesung am Abend des folgenden Tages vertiefen (im Rahmen des Literaturfests "12 Stunden bis zur Ewigkeit. Kasseler Komik Kolloquium, Kulturzentrum Schlachthof, 19 Uhr, mit Frank Schulz und Jess Jochimsen). Der Förderpreis wurde durch eine großzügige Spende der Kasseler Sparkasse ermöglicht.

Begründung des Stiftungsrates: "Peter Rühmkorf hat mit seinem unübertroffen vielstimmigen Werk auch dem literarisch Komischen neue Wege bereitet. Virtuos erschließt er die literarische Überlieferung, bürstet sie parodierend gegen den Strich und lässt sie durch heutige Erfahrungen und Sprechweisen hindurch klingen. Sein poetischer Tanz auf dem Hochseil kombiniert unterschiedlichste Stilebenen und Idiome vom Erhabenen bis zum Alltagsjargon. Die verschränkten Zwänge, Abgründe und Dummheiten der Gegenwart weiß die Dichtung des "roten Romantikers" sensibel auseinander zu binden. Unserer haltlosen Welt begegnet sie mit Ironie, Witz und Wut, mit Provokation und Lust; sie ist Anleitung zum politischen Widerspruch wie zu irdischem Vergnügen und ästhetischem Genuss."

Über Peter Rühmkorf

Peter Rühmkorf wurde am 25.10.1929 in Dortmund geboren. Er studierte von 1951-58 Germanistik und Psychologie in Hamburg und schrieb ab 1953 unter Pseudonym für den "studentenkurier" (später "konkret"). 1958-63 war er Verlagslektor, seither freier Schriftsteller. Rühmkorf war Gastprofessor in den USA sowie an der Universität Paderborn und ist Ehrendoktor der Universität Gießen. Er wurde vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Erich-Kästner-Preis, dem Bremer Literaturpreis, dem Arno-Schmidt-Preis, dem Joachim-Ringelnatz-Preis und dem Georg-Büchner-Preis. 1987 war er documenta-Schreiber in Kassel.

Rühmkorf war korrespondierendes Mitglied der Akademie der Künste der DDR und erhielt 1988 den Heinrich-Heine-Preis der DDR. Sein erster Gedichtband "Irdisches Vergnügen in g" lässt bereits die Virtuosität seiner Sprachkunst erkennen: Er parodiert, persifliert vorgegebene Gedichtformen, kombiniert so genannte Hochsprache mit Slang und saloppem Umgangsdeutsch, reißt Wörter aus dem gewöhnlichen Kontext und stellt sie in neue Zusammenhänge. Seit 1999 erscheint eine Ausgabe seiner Werke. Zuletzt veröffentlichte Peter Rühmkorf einen Gedichtband und ein Hörbuch mit einem Titel ganz im Sinne des Kasseler Literaturpreises: "Paradiesvogelschiß".

Michael Stauffer erhält den Preis für seine glänzende, das Komische souverän gestaltende Prosa. Darin folgte die Jury dem Vorschlag von Stauffers Verlag Urs Engeler Editor aus Basel.

In seiner Eigenschaft als Jury begründet der Stiftungsrat seine Entscheidung für Michael Stauffer wie folgt: "Michael Stauffers Prosawerke sind geschliffene Preziosen poetischer Satz- und Wortkunst, aus denen eine so überraschende wie vergnügliche Spielfreude spricht. Mit subtilen Kunstgriffen werden heutige Denk- und Redeweisen vorgeführt; es entstehen präzise Detailaufnahmen des Banalen wie auch des Abseitigen sowie virtuos überzeichnete Narren, Fanatiker und Dilettanten der Selbstaussage. Michael Stauffer zeigt in seinen drei bislang erschienenen Büchern, seinen Hörspielen und Bühnenstücken ein vielversprechendes Können, das die Tradition komischer Literatur fortzuschreiben und zu erneuern vermag."

Über Michael Stauffer

Michael Stauffer wurde 1972 in Winterthur geboren und lebt in Frauenfeld und Biel, Schweiz. Er studierte Germanistik, Romanistik und und Bildnerisches Gestalten in Bern und arbeitet seit 1999 als freier Schriftsteller, Musiker und Performancekünstler. 1999 wurde er in Berlin mit dem begehrten Nachwuchspreis "Open Mike" ausgezeichnet. Zwei Jahre später erschien sein erstes, von der Kritik einhellig gefeiertes Prosawerk "I promise when the sun comes up, I promise I'll be true", das die Frage "Wer spricht?" in lakonischen Haupt- und Nebennotizen unbeantwortet lässt. Es folgten im Jahr 2003 ein weiblicher Selbsterfahrungsmonolog mit dem ausladenden Titel "Haus gebaut, Kind gezeugt, Baum gepflanzt. So lebt ein Arschloch. Du bist ein Arschloch" und 2006 das Buch "Normal. Vereinigung für Normales Glück", der Entwurf einer etwas anderen Ich-AG. Alle Bücher erscheinen bei dem Schweizer Verlag Urs Engeler Editor, der Stauffer auch ins Rennen um den Förderpreis Komische Literatur geschickt hat. Darüber hinaus veröffentlicht Stauffer Theaterstücke (zuletzt: "241 Karat bei der Empa", 2004) und Hörspiele (zuletzt: "Stauffer an Krüsi antworten", 2008) sowie sonstige Kunst und tourt in verschiedenen Musikformationen.

"Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor"

Der "Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor" wurde 1984 der Stadt Kassel von der Stiftung Brückner-Kühner zum Geschenk gemacht. Er ist mit 10.000 Euro dotiert und wird Schriftstellern zugesprochen, deren Werk sich auf hohem künstlerischen Niveau durch Humor, Komik und Groteske auszeichnet. Seit 1985 erhielten folgende Personen die Kasseler Auszeichnung: Loriot, Eike Christian Hirsch, Ernst Jandl, Wolfgang Preisendanz, Irmtraud Morgner, Ernst Kretschmer, Robert Gernhardt, Walter Hinck, Christoph Meckel, Volker Klotz, Hanns Dieter Hüsch, Karl Riha, Max Goldt, Franzobel, Ingomar von Kieseritzky, Peter Bichsel, George Tabori, Franz Hohler, Eugen Egner, Ror Wolf, Katja Lange-Müller, Gerhard Polt und F.W. Bernstein.

"Förderpreis Komische Literatur"

Den gleichzeitig vergebenen "Förderpreis Komische Literatur" in Höhe von 3000 Euro erhielten bislang Frank Schulz, Jochen Schmidt, Tilman Rammstedt, Jess Jochimsen und Philipp Tingler. Die Stiftung Brückner-Kühner wurde von den Schriftstellern Christine Brückner und Otto Heinrich Kühner ins Leben gerufen, die 30 Jahre zusammen in Kassel lebten und dort 1996 kurz nacheinander verstarben. Die Stiftung wirkt heute als Literaturzentrum auf den Gebieten des Komischen und der international avancierten Poesie, und sie unterhält das Dichterhaus Brückner-Kühner als Literaturmuseum. Dem Stiftungsrat gehören folgende Personen an: der Literaturprofessor Dr. Walter Pape (Vorsitzender, Köln), die Lektorin Dr. Renate Jakobson (Berlin), der Autor Ingomar von Kieseritzky (Berlin), der Literaturwissenschaftler Christian Maintz (Hamburg), der Übersetzer Harry Rowohlt (Hamburg) sowie Dr. Thomas Wohlfahrt, Leiter der literaturWERKstatt Berlin. Auch der Preisträger des Vorjahres ist jeweils für ein Jahr Mitglied. Geschäftsführender Kurator der Stiftung ist der Literaturwissenschaftler Dr. Friedrich W. Block.

Näheres zum Engagement der Literaturstiftung
unter www.brueckner-kuehner.de.
und zum Festival "12 Stunden bis zur Ewigkeit.
Kasseler Komik Kolloquium" unter
www.12-stunden-bis-zur-ewigkeit.de.


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Quelle:
Pressemitteilung von Dienstag, 3. Februar 2009
Stadt Kassel
Presse und Öffentlichkeitsarbeit
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E-Mail: presse@stadt-kassel.de
Pressesprecher Hans-Jürgen Schweinsberg
Pressesprecherin Petra Bohnenkamp


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Februar 2009