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MARKT/179: Eigene Milcherzeuger-Verträge (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 415 - November 2017
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Eigene Milcherzeuger-Verträge
EU-Änderungen fordern Angaben zu Laufzeit, Menge und Preis

von Christine Weißenberg


Die EU-Gremien haben sich im Bereich der Gemeinsamen europäischen Agrarpolitik (GAP) auf Detailänderungen innerhalb der laufenden Förderperiode verständigt, darunter neue Regeln für Milchlieferbeziehungen in der Verordnung zur Marktorganisation: Bisher gibt der Artikel 148 den Mitgliedsstaaten das freiwillige Recht, die Molkereien und Milcherzeuger zum Abschluss schriftlicher Lieferverträge vor der Lieferung zu verpflichten. Diese Verträge müssen dann u.a. Preis, Menge, Lieferkonditionen regeln. Die jetzt beschlossene Neuerung macht solche Verträge nicht mehr vom Willen der Mitgliedstaaten abhängig. Vielmehr kann nun jeder einzelne Milcherzeuger, eine Milcherzeugergemeinschaft oder deren Vereinigung solche Verträge von der abnehmenden Molkerei verlangen. Ob damit auch Mitglieder von Genossenschaftsmolkereien entsprechende Lieferverträge einfordern können, dazu gibt es unterschiedliche Auffassungen, denn bisher sind Genossenschaften von einer möglichen Vertragspflicht in einem Mitgliedstaat befreit, wenn z.B. in ihrer Satzung "Regelungen mit gleicher Wirkung" enthalten sind. Topagrar online äußert deshalb Zweifel, ob sich auch für Genossenschaftsmitglieder etwas ändert. Ulrich Jasper, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) betont dagegen: "Die AbL geht selbstverständlich davon aus, dass diese Neuerung auch für Molkereigenossen gilt". Ottmar Ilchmann, Landesvorsitzender der AbL Niedersachsen, freut sich über den Teilerfolg: "Das regelt noch längst nicht alles - aber es erhöht den Druck auf die Molkereien, entsprechende vertraglich geregelte Lieferbeziehungen einzugehen und zu gestalten."

Auslegungssache

Für den Fall, dass Mitgliedsstaaten Lieferverträge verbindlich vorschreiben, ist eine weitere Änderung vorgesehen: Dabei sollen die Vertragspartner zukünftig vom Mitgliedstaat auch zu Vereinbarungen verpflichtet werden können, die die Liefermenge und den Auszahlungspreis verknüpfen. "Das lässt viel Auslegungsspielraum", erklärt Jasper die kritische Haltung der AbL zu diesem Punkt: "Einerseits ermöglicht diese Formulierung, dass Deutschland sogar Lieferverträge vorschreiben könnte, die für den Krisenfall Milchmengenreduzierungen durch einen Bonus für Mengenvernunft honorieren und Preisabschläge für Mengensteigerungen vorsehen. Andererseits kann die Regel auch gegen die Milcherzeuger verwendet werden." Schließlich könnten Molkereien darunter z.B. Staffelpreise mit höheren Auszahlungen für große Liefermengen verstehen. Das würde Mengenwachstum befördern und kleine und mittlere Milchviehbetriebe benachteiligen.

Kein Kriseninstrument

Der Vorschlag des EU Parlamentes für eine extra Regelung zur freiwilligen Reduzierung der Produktionsmengen auf Erzeugerebene in Krisenzeiten wurde hingegen in der Einigung nicht berücksichtigt, sondern auf die Gespräche im Rahmen der bevorstehenden Überprüfung der GAP für die Zeit nach 2020 verschoben. Alle Änderungen für den Bereich Landwirtschaft werden Teil eines großen Änderungspaketes im Rahmen der Verhandlungen zur Anpassung der Haushaltsordnung der EU sein: Die sogenannte Omnibus-Verordnung besteht aus vielen unterschiedlichen Einzeländerungen und -paketen - den Passagieren und Fahrgastgruppen des Omnibus -, über die letztlich im Ganzen abgestimmt werden wird. Die einzelnen Verhandlungen finden im Vorhinein im sogenannten Trilog statt, d.h. VertreterInnen des EU Parlamentes und des Rates der EU einigen sich in informellen Treffen auf einen gemeinsamen Text, basierend auf einem Vorschlag der EU Kommission.

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 415 - November 2017, S. 7
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Dezember 2017

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