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ITALIEN/026: Antifaschisten verhinderten Messe für SS-Kriegsverbrecher Priebke (Gerhard Feldbauer)


Antifaschisten verhinderten Messe der Piusbrüder für SS-Kriegsverbrecher Priebke

Beisetzung in Rom untersagt

von Gerhard Feldbauer, 18. Oktober 2013



Die klerikalfaschistische Piusbruderschaft musste eine Messe für den am 11. August verstorbenen SS-Kriegsverbrecher Erich Priebke in der Kapelle ihres Sitzes in Albano Laziale bei Rom abbrechen. Mit Transparenten und Sprechchören "Henker" und "Mörder" protestierte eine unübersehbare Menschenmenge der knapp 40.000 Einwohner zählenden Stadt gegen die Trauerfeier, an der zahlreiche Faschisten teilnahmen, die den an der Ermordung von 335 Geiseln, darunter 75 Juden, im März 1944 in der Fosse Ardeatine (den Tuffsteinhöhlen) bei Rom und der Deportation Tausender römischer Juden in die Konzentrationslager beteiligten SS-Sturmbannführer als "Helden" feierten.


Opfer mit Genickschüssen umgebracht

Die Opfer mussten in die Tufsteinhöhlen hinabsteigen, wo sie mit Pistolenschüssen ins Genick umgebracht wurden. Zum Schluss wurden die Höhlen durch Minenexplosionen zugeschüttet. Das Massaker leitete der SS-Polizeichef von Rom, Herbert Kappler, der wie Priebke zu lebenslanger Haft verurteilt, 1977 mit Hilfe westdeutscher Komplizen (Neonazis und Geheimdienstkreise) in die Bundesrepublik fliehen konnte. Zu den Protesten hatten Antifaschisten, darunter der Partisanenverband ANPI, Kommunisten und Mitglieder der regierenden Demokratischen Partei (PD) aufgerufen. Die Polizei schritt ein, als die Demonstranten den von sechs Polizeifahrzeugen eskortierten Leichenwagen am Weiterfahren hinderten. Die Proteste finden vor dem 70. Jahrestag des Gedenkens an den Beginn der Deportation der römischen Juden in die Konzentrationslager statt.


Piuspriester feiert SS-Mörder als "Helden"

Die Faschisten führte Maurizio Boccaccio an, der als Organisator des "Verbandes Skinheads Italiens", verkündete "gegen Kommunisten, Ausländer, Schwule und Juden" zu kämpfen. Nach dem Zerfall der faschistischen Alleanza Nazionale gründete er an deren Stelle eine "Estrema destra Militia". Der Priester der Piusbrüder Floriano Abrahamowicz feierte den "Henker von Rom", wie Radio Vatikan berichtete, als "treuen Soldaten" und "Freund". In Anwesenheit eines starken Polizeiaufgebots kam es zu schweren Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Faschisten. Der Bürgermeister, Nicola Marini (PD), hatte die Trauerfeier untersagt, die jedoch vom Präfekten von Rom genehmigt wurde. Marini verwies auf die Tradition des antifaschistischen Widerstandes der Stadt und sagte, die Einwohner seien "fassungslos, dass eine solche Provokation gestattet" wurde. Eine private Trauerfeier wurde nach den schweren Tumulten abgesagt.


Walfahrtstätte für deutschen Kriegsverbrecher verhindern

Eine Beisetzung des Kriegsverbrechers, der in Rom unter komfortablen Hausarrest seine lebenslange Haftstrafe verbüßte, hat das Polizeipräsidium der Hauptstadt untersagt. Auch das Vikariat in Rom lehnte ein kirchliches Begräbnis ab. Eine Absage erteilte auch die Gemeinde Hennigsdorf in Brandenburg, dem Geburtsort Priebkes. In der Bundesrepublik wurde bereits 1977 ein Verfahren gegen den Kriegsverbrecher eingestellt. Mehrere Staaten, darunter Argentinien, wohin der Kriegsverbrecher nach Kriegsende geflohen war, verweigern ebenfalls eine Bestattung. Der Leichnam wurde auf den Militärflugplatz Pratica bei Rom transportiert. "La Repubblica" zitierte den Direktor des Wiesenthal-Zentrums in Jerusalem, Efraim Zuroff, der forderte, die Asche Priebkes im Mittelmeer zu verstreuen. Der Leiter der jüdischen Gemeinde in Rom, Fabio Perugio, erklärte, auch im Namen der Verwandten der Opfer, in "Italien, das so schwer unter dem Nazismus und Faschismus gelitten habe" dürfe "keine Spur Priebkes übrig bleiben". Den Antifaschisten geht es darum, eine neue Walfahrtstätte für den deutschen Kriegsverbrecher zu verhindern, wie sie schon für Mussolini in dessen Geburtsort Predapio existiert, wo jährlich Zehntausende Faschisten die Verbrechen des "Duce" verherrlichen.


Piusbruderschaft bildet Hochburg des rechtsextremen Katholizismus

In Rom hat die Totenmesse der Piusbrüder für den deutschen SS-Kriegsverbrecher daran erinnert, dass deren in der Vergangenheit exkommunizierten Bischöfe von dem für seine Faschistenfreundlichkeit bekannten früheren deutschen Papst Ratzinger 2009 rehabilitiert wurden. Die von dem Bischof Marcel Lefebrve 1970 gegründete klerikalfaschistische Bruderschaft bildet mit ihrem Hass auf Juden, Muslime, Homosexuelle und ihrer Leugnung des Holocaust eine Hochburg des rechtsextremen Katholizismus. Sie zählt weltweit etwa 500.000 Anhänger, unterhält sechs internationale Priesterseminare, 159 Priorate, 725 Messezentren sowie 90 Schulen und Universitäten und hat in 30 Ländern feste Niederlassungen.


Übles Erbe des deutschen Ratzingerpapstes

Schon in der Vergangenheit demonstrierten die Piusbrüder ihre Verbundenheit mit Faschisten weltweit, hielten u. a. Gottesdienste und Totenmessen für die Neonazis der Front National in Frankreich und andere frühere faschistische Exponenten ab. Darunter fielen der Generalkommissar der französischen Petain-Regierung Robert Brasillach, der 1945 zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde, der Chef der Miliz der Petain-Regierung, Paul Touvier, der zahlreiche Widerstandskämpfer, darunter viele Juden aufs Schafott oder in Konzentrationslager brachte und zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt wurde. Die Liste derartiger Bekenntnisse der Piusbrüder zum Faschismus ist lang. Mit Erwartung wird deshalb in Rom verfolgt, ob und wenn ja wie Papst Franziskus sich zum üblen Erbe, das ihm sein deutscher Vorgänger auch hier hinterlassen hat, äußern wird.

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Quelle:
© 2013 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Oktober 2013