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ITALIEN/442: Faschistische Koalition in der Haltung zur Ukraine gespalten (Gerhard Feldbauer)


Melonis Crux mit Berlusconi

Faschistische Koalition zur Ukraine gespalten

von Gerhard Feldbauer, 25. Februar 2023


Zum Besuch der faschistische Regierungschefin Meloni in Kiew schreibt die römische La Repubblica: "Meloni befindet sich allein im Griff der Alliierten", Lega-Chef Salvini und Ex-Premier Berlusconi mit seiner Forza Italia (FI) "halten sich zurück". Meloni hatte Selensky laut der staatlichen Nachrichtenagentur ANSA "die volle Unterstützung Italiens angesichts der russischen Aggression bekräftigt" und versichert, weiter "alle Arten von militärischer, finanzieller und ziviler Unterstützung zu leisten".

Während Meloni auf einer Pressekonferenz in Kiew versicherte, dass die Parteien von Berlusconi und Salvini die Ukraine immer unterstützt hätten, sieht die Realität anders aus. Berlusconi hatte mit der Bemerkung "ich wäre nicht nach Kiew gefahren", Melonis Reise kritisiert. Im Wahlkampf hatte er bereits im September 2022 geäußert, Putin habe Selensky doch nur durch "ein paar vernünftige Leute" ersetzen wollen. Ähnlich Salvini, der sich mit Putin treffen wollte und dazu einen Flug nach Moskau gebucht hatte, den Putin bezahlt haben sollte. Er sagte ihn dann zwar ab, blieb aber - auch er bis heute - auf Distanz zu den Sanktionen gegen Russland. Dahinter stehen, wie es Insider in Rom sehen, Kapitalkreise, die schwer von den in der EU verhängten und von der Regierung befolgten Sanktionen getroffen werden. Infolge der explodierenden Rohstoff- und Energiekosten mussten nach Beginn des Konflikts in der Ukraine 16 % aller Unternehmen die Produktion reduzieren oder ganz einstellen. 30 % drohte das gleiche Schicksal. 447 italienische Unternehmen in Russland, die einen Umsatz von 7,4 Milliarden Euro eingefahren hatten, mussten schließen. Deren Anlagenbestand betrug über 11 Milliarden Euro. Betroffen sind vor allem mittelständische Unternehmen, die in der Lega ihren Interessenvertreter sehen, größere in Berlusconi.

Um Selensky zu beruhigen, hat sich laut ANSA vom Donnerstag der Fraktionsvorsitzende der FdI in der Abgeordnetenkammer, Tommaso Foti, mit einer kleinen Delegation in die ukrainische Botschaft begeben und bekräftigt, die Haltung der Regierung zur Ukraine entspreche "der von den Brüdern Italien vorgeschlagenen" und daran gebe es "keine Zweideutigkeiten". Inzwischen haben über fünfzig katholische Vereinigungen und Bewegungen zum Dialog, zum Waffenstillstand und zu Verhandlungen aufgerufen. Der Präsident der Italienischen Bischofskonferenz, Matteo Zuppi, nannte das den "einzigen Weg", um die Eskalation zu stoppen, weitere Tote und Zerstörungen zu verhindern und schließlich zu einer diplomatischen Beilegung des Konflikts zu gelangen. "Das ist kein pazifistischer Maximalismus. Es ist gesunder Menschenverstand".

Gleichzeitig kritisieren Carlo Bartoli, Präsident des Nationalrats des Journalistenvereins, und Alessandra Costante, Sekretärin des Nationalen Verbands der italienischen Presse, dass zwei italienische Reporter noch immer in der Ukraine festgehalten werden und Meloni und die Farnesina (das Außenmisterium) so tun, als wäre nichts passiert.

Meloni bewege sich auf "einem holprigen Weg", so das linke Manifesto zu den Meinungsverschiedenheiten in der Haltung der italienischen Regierungskoalition zur Ukraine, und meint, mit Blick auf die EU-Wahlen 2024 werde es noch schwieriger, "die Ansprüche der Verbündeten in Schach zu halten". Spekuliert wird bereits, Meloni könnte erwägen, Berlusconis FI durch die Aufnahme des bisher in der Opposition stehenden Dritten Pols des Leiters der Zentrumspartei Azione, Carlo Calenda, der dazu Bereitschaft signalisiert hat, auszuschalten.

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Quelle:
© 2023 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 28. Februar 2023

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