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ITALIEN/474: Schert Meloni bei den Waffenlieferungen für die Ukraine aus der Front der Befürworter aus? (Gerhard Feldbauer)


Schert Italiens faschistische Ministerpräsidentin Meloni bei den Waffenlieferungen für die Ukraine aus?

Auch ihr wird klar, dass Krieg sich stark auf die Gesellschaft auswirkt und die öffentliche Meinung ins Wanken geraten könnte

von Gerhard Feldbauer, 7. Oktober 2023


Nach einem Meinungsumschwung zu den Waffenlieferungen für die Ukraine in Polen und der Slowakei und angesichts der selbst bei den Republikanern in den USA wachsenden Vorbehalte scheint jetzt auch die Meloni-Regierung Italiens auf Distanz zu gehen. Laut der staatlichen Nachrichtenagentur ANSA vom Donnerstag erklärte Verteidigungsminister Guido Crossetto von Melonis faschistischen Brüdern Italiens (FdI), dass für die Hilfe für die Ukraine "die Ressourcen nicht unbegrenzt" seien. Von den Flugabwehrsystemen, die an die Ukraine geliefert werden sollen, ist kaum noch die Rede. Während Meloni sich zunächst darauf beschränkte, "Vorsicht vor den Auswirkungen des Krieges" zu äußern, stellte der Verteidigungsminister klar, dass die Machbarkeit des achten Pakets überprüft werde, wobei zunächst einmal die für die Verteidigung Italiens erforderlichen militärischen Ressourcen wieder bereitgestellt werden müssen.

Das sei eine Frage, mit der sich auch alle anderen europäischen Staaten befassten. In Italien aber werde es nach Angaben der Kriegskonzerne zwei Jahre dauern, bis die Munitionsmenge wiederbeschafft sei. Allerdings, so Crossetto weiter, sei die verringerte Waffenverfügbarkeit nicht die einzige Auswirkung der Kriegsverlängerung. "Gestern hatten wir eine Telefonkonferenz mit unseren Verbündeten, in der ich dieses Problem aufgeworfen habe: Preissteigerungen, Inflation, Energieprobleme, Migration - alles Folgen des Konflikts, die sich auf die Bürger auswirken und dadurch Widerstand erzeugen oder die Gefahr einer Kriegsmüdigkeit in der öffentlichen Meinung hervorrufen. Wenn wir die Ukraine wirksam verteidigen wollen, müssen wir auch auf diese Konsequenzen achten."

Danach meldete sich Ex-Premier Giuseppe Conte, Leiter der Fünf-Sterne-Bewegung (M5S), der schon unter Draghi ein Gegner der Waffenlieferungen war, zu Wort und erklärte, dass, je näher die EU-Wahlen rückten, die Regierung sich zurückziehen und die Ukraine ihrem Schicksal überlassen werde, ohne dass eine diplomatische Lösung erreicht worden wäre. Das sei so in Polen passiert und zeichne sich auch in den Vereinigten Staaten von Amerika ab. Danach legte Meloni nach und bekräftigte gegenüber Sky TG 24 die Erklärung ihres Verteidigungsministers Crosetto mit den Worten: "Es ist klar, dass Krieg Folgen hat, die sich stark auf unsere Gesellschaft auswirken, und dass die öffentliche Meinung weiterhin ins Wanken geraten wird, wenn wir nicht gut mit diesen Folgen umgehen können."

Das kommunistische Magazin Contropiano kommentierte in seinem Online-Portal, dass die sehr großen Auswirkungen vor allem auf die europäische Wirtschaft sowie der in der übrigen Welt anwachsende Unmut gegenüber der US-Hegenomie selbst die faschistische Ministerpräsidentin Italiens zu der Einsicht gebracht hätten, dass diese "Kriegsmüdigkeit" beachtet werden müsse. Das linke Manifesto ordnete diese Äußerungen einem neuen, gerade begonnenen Zeitabschnitt zu, in dem die nationalistische und souveränistische Rechte, angefangen bei den Abstimmungen in den osteuropäischen Ländern über den US-amerikanischen Wahlkampf bis hin zu den Europawahlen im Frühjahr, glaubt, nur dann große Chancen zu haben, wenn sie die Frustration, die durch die offensichtlichen Auswirkungen des Krieges geschürt wird, beachtet und so ihre eigene Wählerbasis festigt. So seien die Wahlen in Polen gleichzeitig von einer antirussischen, antiukrainischen und europäischen Stimmung durchdrungen.

Diese Meinungen sind so neu nicht. Als die Meloni-Regierung im März beschloss, Kiew weiter mit Waffen zu unterstützen, hatten sich bereits zwölf Abgeordnete des breiten Regierungsbündnisses enthalten, darunter selbst welche der Fratelli d'Italia. Russlandfreundliche Politiker gewinnen immer mehr Sympathien in der Bevölkerung, und je länger der Krieg in der Ukraine andauert, desto mehr bröckelt die Front der Waffelieferungsbefürworter. Seit Meloni im Oktober 2022 die Regierung übernahm, ist ihre Politik gegenüber der Ukraine von wachsenden landesweiten Massenprotesten begleitet. Laut Umfragen lehnen 60 Prozent der Italiener den Krieg ab.

Gerade in diesen Tagen erinnern die Kriegsgegner daran, dass Italien im September 1943 mit der faschistischen Achse brach und Hitlerdeutschland am 13. Oktober den Krieg erklärte. Die jetzige Erklärung Crossettos verdeutlicht, dass die faschistische Regierung sehr wohl die Gefahr erkannt hat, dass die Opposition vom wachsenden Einfluss der Friedensbewegung profitieren könnte und eine sich abzeichnende Niederlage der Ukraine ihre eigene Position gefährlich schwächen würde.

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Quelle:
© 2023 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 10. Oktober 2023

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