Schattenblick →INFOPOOL →EUROPOOL → POLITIK

SICHERHEIT/068: EU will eigene Drohnen bauen (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 48 vom 29. November 2013
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

EU will eigene Drohnen bauen
Zulassungsprozess für militärische Drohnen soll "stromlinienförmig gemacht" werden

von Georg Polikeit



Die EU-Verteidigungsminister haben bei einem Treffen am 19. November im Lenkungsausschuss der "Europäischen Verteidigungs-Agentur" (EVA) den Startschuss für die Entwicklung einer EUeigenen Flugdrohne gegeben.

Acht EU-Staaten haben eine Vereinbarung über ein gemeinsames Investitionsprogramm für die Entwicklung eines "ferngesteuerten Flugsystems mittlerer Höhe und langer Flugdauer" (medium altitude long endurance - MALE) unterzeichnet. Der Club der Geldgeber besteht aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien, Belgien, Österreich und Tschechien. Sieben Staaten - nämlich Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, die Niederlande, Polen und Griechenland - unterschrieben gleichzeitig eine Absichtserklärung, eine "Gemeinschaft" für die koordinierte Entwicklung und Produktion der verschiedenen Bestandteile und Apparaturen einer solchen Drohne zu bilden, einschließlich Technologien zur Kollisionsverhinderung und für automatischen Start und Landung des Flugkörpers.

Wie die französische Tageszeitung "Le Monde" berichtete, geht es dem Club der Drohnenbauer darum, nicht eine "Ausrüstung zu verpassen", die von den Militärs als "ausschlaggebend" für die Zukunft beurteilt wird und "bedeutende industrielle Auswirkungen" haben werde. Durch das Vorhaben wolle man "eine definitive Abhängigkeit der Europäer von einem Markt vermeiden, der von den USA und Israel dominiert wird". Bisher bezogen die Armeen der führenden EU-Staaten - jede für sich - die von ihnen verwendeten Drohnen hauptsächlich von den US-Rüstungskonzernen Northrop Grumman und General Atomics und vom israelischen Rüstungskonzern IAI (Israel Aerospace Industries).

Im Juni 2013 hatten die drei europäischen Rüstungsfirmen EADS, Dassault und Finmeccanica in einer gemeinsamen Erklärung die EU aufgefordert, eine EU-eigene Drohne entwickeln zu lassen. Ein gemeinsames europäisches Drohnenprogramm würde "den Bedürfnissen der europäischen Streitkräfte dienen und gleichzeitig die schwierige Budgetsituation durch die Zusammenlegung von Forschung und Entwicklung optimieren", hieß es in dem Papier.

Die in EU-Eigenproduktion entwickelte Drohne soll eine "Drohne neuer Generation" auf dem neuesten Stand der Technik werden, die in einer Höhe von 10 bis 15 km mehr als 24 Stunden lang in der Luft bleiben und dabei riesige Gebiete überfliegen kann. Sie soll ab 2020 einsetzbar sein. Angeblich handelt es sich um eine reine "Aufklärungsdrohne" ohne Bewaffnung, die auch für viele zivile Zwecke wie die Verhütung oder Überwachung von Waldbränden, Überschwemmungen und anderen Katastrophen oder Verkehrsstaus, Schiffsbewegungen und ähnlichem benutzt werden kann. Es dürfte aber wohl unschwer möglich sein, diese Drohne nicht nur mit Aufnahme- und Nachtsichtgeräten auszurüsten, sondern sie auch zu einer "echten" Kampfdrohne mit Raketen und anderen Abschussvorrichtungen an Bord umzurüsten.

Die Verteidigungsminister verständigten sich bei ihrem Treffen in der Erinnerung an den "Euro-Hawk"-Skandal des deutschen Bundesverteidigungsministeriums auch darauf, dass mit der Europäischen Flugsicherheitsagentur und den nationalen Flugsicherheitsbehörden "erforscht" werden soll, wie der Zulassungsprozess für militärische Drohnen auf europäischer Ebene "stromlinienförmiger" gemacht werden kann. Bekanntlich war die Beschaffung der Euro-Hawk-Drohne für die Bundeswehr daran gescheitert, dass nach der Verpulverung von 500 Millionen Euro für Testflüge festgestellt wurde, dass die Drohne über kein für den zivilen Luftverkehr zugelassenes automatisches Antikollisionssystem verfügt und deshalb von der EU-Flugsicherheitsbehörde nur für den Flug über unbewohntem Gebiet zugelassen worden wäre.

Das Treffen der EU-Verteidigungsminister fand im Vorfeld des nächsten EU-Gipfels am 19./20. Dezember statt, auf dem neben der Haushaltsund Wirtschaftspolitik die "Erhöhung der Effektivität der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik" sowie die "Entwicklung der Verteidigungskapazitäten und Stärkung der europäischen Verteidigungsindustrie" ein Hauptpunkt der Tagesordnung sein soll.

*

Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 45. Jahrgang, Nr. 48 vom 29. November 2013, Seite 6
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
Anschrift von Verlag und Redaktion:
Hoffnungstraße 18, 45127 Essen
Telefon 0201 / 22 54 47
E-Mail: redaktion@unsere-zeit.de
Internet: www.unsere-zeit.de
 
Die UZ erscheint wöchentlich.
Einzelausgabe: 2,80 Euro
Jahresbezugspreise:
Inland: 126,- Euro, Ausland: 130,-
Ermäßigtes Abo: 72,- Euro
Förder-Abonnement: ab 150 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Dezember 2013