Schattenblick →INFOPOOL →EUROPOOL → RECHT

MELDUNG/034: Schengen-Visa zu kurzzeitigen Familienbesuchen können eingeklagt werden (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 6. Januar 2014

Arbeitsgemeinschaft Ausländer- und Asylrecht

EuGH: Schengen-Visa zu kurzzeitigen Familienbesuchen können eingeklagt werden



Berlin (DAV). Für den vorübergehenden Besuch von Familienangehörigen in den Schengen-Staaten benötigen Drittstaatsangehörige ein Schengen-Visum. Seit dem 10. April 2010 gilt für solche Kurzaufenthalte ein neues Visumrecht: der Visakodex. Dort sind die Einzelheiten zu Erteilung und Verweigerung eines Schengen-Visums geregelt. Bis zur Schaffung des Visakodex war die Ablehnung eines Schengen-Visums praktisch nicht einklagbar, weil die Erteilung im freien Ermessen der Botschaften stand. Auch nach Inkrafttreten des Visakodex sollte dies nach Auffassung des Auswärtigen Amts so sein. Diese Ansicht hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) verworfen und entschieden, dass die Botschaften kein Ermessen haben, das Visum abzulehnen, obwohl die Ablehnungsgründe des Visakodex nicht vorliegen. Auf das Urteil des EuGH vom 19. Dezember 2013, AZ: C-84/12, weist die Arbeitsgemeinschaft Ausländer- und Asylrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) hin.

Geklagt hatte ein iranischer Staatsangehöriger, der ein Schengen-Visum bei der deutschen Botschaft in Teheran zum Zweck eines Besuchs von Familienangehörigen in Deutschland beantragt hatte, dies aber wegen angeblich fehlender Rückkehrbereitschaft abgelehnt wurde. Die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin hat den Fall dem EuGH vorgelegt, um die Verweigerungsvoraussetzungen grundsätzlich klären zu lassen. Der EuGH hat in der Entscheidung vom 19. Dezember 2013 klargestellt, dass der Visakodex das Ziel hat, die Erteilung von Schengen-Visa europaweit zu vereinheitlichen und damit Willkür im Visumverfahren vorzubeugen. Der EuGH hat aber auch deutlich gemacht, dass die für die Erteilung eines Visums regelmäßig entscheidungserhebliche Frage der Bereitschaft, vor Ablauf des Visums in das Heimatland zurückzukehren, im weiten Beurteilungsspielraum der Botschaften liegt.

Die Arbeitsgemeinschaft Ausländer- und Asylrecht im Deutschen Anwaltverein begrüßt grundsätzlich die Entscheidung. Rechtsanwalt Rolf Stahmann, Mitglied im Geschäftsführenden Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Ausländer- und Asylrecht des DAV: "Es ist nun immerhin geklärt, dass die Ablehnung eines Besuchsvisums verwaltungsgerichtlich anhand verbindlicher Vorgaben des Visakodex geprüft werden kann, was bislang in der Praxis kaum möglich war." Welche Belege ein Antragsteller zur Bejahung seiner Rückkehrbereitschaft vorlegen muss, muss im Einzelfall, notfalls vom Verwaltungsgericht, entschieden werden. Bislang sind Antragsteller von den Botschaften ohne die notwendige Transparenz über ihre Verpflichtung, Belege zur Rückkehrbereitschaft vorzulegen, informiert worden. Hier sind die Botschaften aufgefordert, die Belegpflicht deutlicher zu machen und darauf hinzuweisen, was im Einzelnen verlangt wird.

Informationen: www.dav-asylrecht.de

*

Quelle:
Pressemitteilung Ausl 1/14 vom 6. Januar 2014
Deutscher Anwaltverein (DAV)
Pressesprecher Swen Walentowski
PR-Referat
Littenstraße 11, 10179 Berlin
Tel.: 0 30/72 61 52 - 129
Sekretariat:
Manja Jungnickel, Tel.: 0 30/72 61 52 - 139
Katrin Schläfke, Tel.: 0 30/72 61 52 - 149
Fax: 0 30/72 61 52 - 193
E-mail: walentowski@anwaltverein.de
Internet: www.anwaltverein.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Januar 2014