Schattenblick →INFOPOOL →EUROPOOL → WIRTSCHAFT

AGRAR/1465: Künftige Agrarpolitik - Ministerin Aigner zu den Vorschlägen der EU-Kommission (BMELV)


Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Pressemitteilung Nr. 211 vom 12 Oktober 2011

Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner:
"Die Ziele stimmen, aber entscheidende Fragen sind noch offen"

EU-Kommission veröffentlicht Vorschläge zur künftigen Agrarpolitik


Die Europäische Kommission hat am Mittwoch Rechtstexte zur Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2013 vorgestellt. Die künftige Ausrichtung der EU-Agrarpolitik hat unmittelbare Auswirkungen darauf, wie die Landwirte in Europa in Zukunft wirtschaften werden und wie die ländliche Heimat in den nächsten Jahren geprägt wird.


Die EU-Kommission setzt mit ihren Vorschlägen den von Deutschland bereits eingeschlagenen Weg der Marktorientierung in der Agrarpolitik fort und greift den anerkannten Grundsatz "Öffentliche Gelder für öffentliche Leistungen" auf. Sie schlägt eine systematische Fortentwicklung von Umweltbeiträgen durch die GAP vor sowie eine Stärkung der Innovationskraft der Landwirtschaft und einen gewissen finanziellen Ausgleich zwischen den neuen Mitgliedstaaten im Osten und den Mitgliedstaaten im Westen Europas.

Zu den Vorschlägen der EU-Kommission erklärte Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner am Mittwoch in Berlin: "Deutschland unterstützt die grundsätzliche Ausrichtung der Reform-Vorschläge. Das Ziel der EU, die Umweltbeiträge der Landwirtschaft weiter zu steigern, ist richtig. Es muss jedoch einen wirklichen Mehrwert für Umwelt und Natur bringen und praktikabel sein. Zudem muss verhindert werden, dass sich der in Deutschland mit bis zu 100 Hektar pro Tag ohnehin sehr hohe Flächenverlust für die Landwirtschaft noch weiter verschärft. Die Erzeugung von Lebensmitteln und erneuerbarer Energie braucht produktive Flächen, die nachhaltig bewirtschaftet werden", so Aigner. Deutschland sei bereits heute Vorreiter bei der Modernisierung und Ökologisierung der Landwirtschaft: "Die EU-Fördergelder kurbeln die Produktion nicht mehr an. Sie werden nur gezahlt, wenn die Landwirte umfangreiche Auflagen des Umwelt- und Tierschutzes, der Lebensmittelsicherheit und des Bodenschutzes erfüllen. Bis 2013 wird die Agrarförderung in Deutschland vollständig auf regional einheitliche Zahlungen für Ackerflächen und Grünland umgestellt sein. Damit werden insbesondere extensive Grünlandstandorte gestärkt. Zudem nehmen gerade die deutschen Landwirte jetzt schon in großem Umfang an Agrarumweltmaßnahmen teil. Diese Leistungen sind zu berücksichtigen und dürfen nicht verloren gehen."

"Die Landwirtschaft ist der Schlüssel zur Lösung vieler Probleme"

Die Landwirtschaft ist laut Aigner "der Schlüssel zur Lösung vieler Probleme - ohne sie werden wir globale Herausforderungen wie die sichere Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung oder die Verringerung der Treibhausgase nicht bewältigen können. Wir müssen die Innovationskraft der Landwirtschaft weiter stärken. Wir brauchen mehr angewandte Forschung und die Umsetzung in der Praxis. Wir brauchen eine schnellere und zielgerichtetere Anwendung innovativer Produktionsmethoden wie etwa Präzisionslandwirtschaft, die eine noch genauere und damit reduzierte Ausbringung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln ermöglicht und somit die Umwelt schont." Im Kern geht es nach Aigners Worten um die Frage: "Wie können wir auf der bestehenden Fläche mehr produzieren - und zwar nachhaltig?"

Kritisch bewertet Aigner allerdings Überlegungen der EU-Kommission, die Direktzahlungen ab einer bestimmten Betriebsgröße zu kappen und an die Zahl der Arbeitskräfte zu koppeln. "Wir stehen diesen Überlegungen ablehnend gegenüber, denn hier würde schon wieder ein neues Fördersystem geschaffen - die Förderung von Arbeitskräften in der Landwirtschaft. Das lehne ich ab. Wir wollen über die Förderung die gesellschaftlichen Leistungen für den Natur- und Umweltschutz, den Klimaschutz oder die Landschaftspflege honorieren, die von den Bauern unabhängig von der Betriebsgröße auf allen Flächen erbracht werden."Unzureichend seien auch die Überlegungen der Kommission in Bezug auf Kleinbetriebe und den Begriff des "aktiven Landwirts", so Aigner. "Das Bundeslandwirtschaftsministerium arbeitet derzeit an praktikablen Vorschlägen, um sicherzustellen, dass die besonderen Leistungen kleiner und mittlerer Betriebe auch in Zukunft honoriert werden können."

"Planungssicherheit für die Landwirte in Deutschland"

Zusammenfassend erklärte Aigner zu den Vorschlägen der EU-Kommission: "Die Ziele stimmen, aber entscheidende Fragen sind noch offen, besonders in Bezug auf die erforderlichen Maßnahmen." Die Ministerin stellt sich nach eigenen Worten auf "lange und harte Verhandlungen" über die künftige Agrarpolitik in Europa ein. "Schnelle Beschlüsse wird es nicht geben, denn voraussichtlich werden die Rechtstexte in Brüssel nicht vor dem Jahr 2013 mit konkreten Finanzzahlen unterlegt werden. Erst dann steht fest, wie viel Geld aus dem EU-Haushalt für die Agrarpolitik zur Verfügung steht." Sie betonte, Deutschland sei "solidarisch mit unseren Partnern im Osten" und akzeptiere die Pläne der EU für eine "gewisse, schrittweise Annäherung der Direktzahlungen zwischen Ost und West". Diese sei jedoch abhängig von der künftigen finanziellen Ausstattung der Gemeinsamen Agrarpolitik und die vorgesehene Verteilung anderer EU-Mittel auf die Mitgliedstaaten, etwa für die EU-Strukturfonds. Wichtig sei, "dass Brüche vermieden werden und unsere Landwirte Planungssicherheit haben".

Die Leistungen der Landwirtschaft kommen Tag für Tag rund 500 Millionen Menschen in Europa zu Gute, indem eine starke Landwirtschaft hochwertige und vielfältige Lebensmittel erzeugt, mit Bioenergie den Strom aus der Fläche in die Städte bringt und für den Erhalt einzigartiger europäischer Kulturlandschaften sorgt. Aigner: "Diese Leistungen gibt es nicht umsonst, sie müssen uns etwas wert sein. Als Ministerin werde ich für die Interessen der deutschen Landwirtschaft kämpfen und mich gegen jeden Versuch der Gleichmacherei wehren. Dafür ist Europa zu unterschiedlich und dafür sind die Mitgliedstaaten zu unterschiedlich."


*


Quelle:
Pressemitteilung Nr. 211 vom 12.10.2011
Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Pressestelle, Hausanschriften:
Rochusstraße 1, 53123 Bonn
Wilhelmstraße 54, 10117 Berlin
Telefon: 030/18 529-3172
Fax: 030/18 529-3277
E-Mail: pressestelle@bmelv.bund.de
Internet: www.bmelv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Oktober 2011