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FORSCHUNG/316: Das Integrierte Projekt "Grain Legumes" (Uni Bielefeld)


BI.research 29.2006
Forschungsmagazin der Universität Bielefeld

Das Integrierte Projekt GRAIN LEGUMES
Mehr pflanzliche Proteine für die europäische Futterwirtschaft

Von Helge Küster (Centrum für Biotechnologie)


Grundlagen des Projekts

Proteine sind ein wichtiger Bestandteil des Tierfutters. Die BSE-Krise ("mad cow disease") der späten 1980er Jahre und die Vogelgrippe zeigen deutlich die Problematik der Verwendung tierischer Proteine als Futtermittel. Daher ermutigt die Europäische Union europäische Farmer, vermehrt proteinreiche Pflanzen aus der Familie der Leguminosen als Viehfutter anzubauen. Obwohl diese Pflanzen ökologische Vorteile haben, da ihr Anbau die Verwendung von Nitratdüngern und Pestiziden senken kann, werden sie zur Zeit in Europa nicht in ausreichendem Maß angebaut. Eine Konsequenz ist, dass ca. 70 Prozent der nötigen pflanzlichen Proteine vor allem in Form von Sojaprodukten importiert werden müssen. Das GRAIN LEGUMES Projekt (Abbildung 1) bündelt die Aktivitäten von mehr als 50 Arbeitsgruppen aus 19 Ländern, um den verstärkten Anbau von Leguminosen in Europa zu unterstützen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden moderne Methoden sowohl der Pflanzengenomforschung als auch des Landwirtschaftsmanagements und der Futtermittelverarbeitung eingesetzt.


Leguminosen - wichtiger Bestandteil einer nachhaltigen Landwirtschaft

Erbsen, Ackerbohnen und Lupinen zählen zu den in Europa am häufigsten angebauten Körnerleguminosen. (Abbildungen 2 und 3). Diese Pflanzen verfügen über besonders proteinreiche Samen und zeichnen sich durch mehrfache ökologische Vorteile aus. Zunächst wird die Notwendigkeit des Einsatzes von Nitratdüngern durch die Fähigkeit zur biologischen Stickstofffixierung verringert, Weiterhin sind Leguminosen Bestandteile der Fruchtfolge, welche die Anbauzyklen von Getreidesorten unterbricht. Hierdurch kann indirekt auch das Wachstum von Unkräutern und der Pathogenbefall sowie der daraus resultierende Bedarf an Pestiziden reduziert werden. Trotz dieser Vorteile zögern Landwirte, Leguminosen in großem Stil anzubauen. Zur Zeit wachsen diese nur auf etwa 5 Prozent der nutzbaren europäischen Fläche, verglichen mit mehr als 25 Prozent in Amerika und anderen Erdteilen. Landwirte beklagen vor allem, dass der Ertrag von Leguminosen zu stark variiere. Hierfür sind Pilzkrankheiten wie Wurzelfäule verantwortlich, und besonders erbsenähnliche Pflanzen neigen dazu, unter ihrem eigenen Gewicht zusammenzubrechen, was ihre Ernte erschwert. Hauptziel des GRAIN LEGUMES Projekts ist es daher, genombasierte Ansätze zu entwickeln, welche die Züchtung von Leguminosensorten mit verbesserten Eigenschaften erleichtern.


Beschleunigte Züchtung verbesserter Leguminosensorten durch Genomforschung

Die Genomforschung an Leguminosenpflanzen hängt weit hinter vergleichbaren Aktivitäten z. B. bei Getreiden zurück. Um dieses Defizit zu reduzieren, werden am Centrum für Biotechnologie der Universität Bielefeld Mikroarrays zur Bestimmung von Genexpressionsprofilen für züchterisch relevante Leguminosen-Eigenschaften entwickelt (Abbildung 4). Diese genomischen Werkzeuge erlauben uns, solche Gene zu identifizieren, die wichtig für die Ausbildung der Pflanzenarchitektur, der Krankheits- und Stress-Resistenz, sowie für die Zusammensetzung proteinreicher Samen von Körnerleguminosen sind. Europäische Pflanzenzüchter und Futtermittelfirmen werden über die Ergebnisse des GRAIN LEGUMES Projekts informiert und haben durch eine "Technology Transfer Platform" Zugang zu dieser mit öffentlichen Mitteln geförderten Forschung. Es ist zu erwarten, dass Leguminosensorten gezüchtet werden können, deren Anbau attraktiver für die europäische Landwirtschaft ist, um so die Versorgung der europäischen Nutztiere mit heimischen Pflanzenproteinen zu verbessern.


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Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Abb. 1: Organisation des Integrierten Projekts (IP) GRAIN LEGUMES. Das IP ist in "Module" und diese sind in "Work Packages" unterteilt. Im "Governing Board" werden die strategischen Entscheidungen zum Projektverlauf und zur Verwendung der finanziellen Mittel getroffen, während die wissenschaftliche Begleitung des IPs im "Scientific Committee" erfolgt. Das "Partnership Board" stellt die Versammlung aller Projektteilnehmer dar. Das IP verfügt mit der TTP über eine "Technology Transfer Platform", die Projektergebnisse an Pflanzenzüchter kommuniziert. Über das "Project Management Office" wird das IP verwaltet. Ein "intellectual Property Subcommittee" (IPSC) und ein "Training Subcommittee" (TSC) kümmern sich um die Einhaltung patentrechtlicher Fragen bzw. um die Organisation von Kursen für Doktorandinnen, Doktoranden und Post-docs. Die "Advisory Group" umfasst externe Experten, die dem IP beratend zur Seite stehen. Quelle: EU Integrated Project GRAIN LEGUMES.

Abb. 2: Blüten und Samen ausgewählter Körnerleguminosen. 1, Pisum sativum (Erbse); 2, Vicia faba (Ackerbohne); 3, Vicia sativa (Wicke); 4, Phaseolus vulgaris (Bohne).Quelle: EU Integrated Project GRAIN LEGUMES.

Abb. 3: Durch Mikroarrays gewonnene Expressionprofile können ausgewertet werden, um Kandidatengene (1) zu finden, die für die Optimierung bestimmter Eigenschaften wichtig sind, z.B. die Pflanzenform, die Krankheits- und Stress-Resistenz, sowie die Zusammensetzung proteinreicher Samen. Diese Informationen werden an Pflanzenzüchter (2) übermittelt, um sie zur Züchtung (3) verbesserter Sorten zu nutzen.Quelle: Autor.

Abb. 4: Samen ausgewählter Körner- und Futterleguminosen. Da Erbsen die wichtigsten europäischen Körnerleguminosen sind, konzentrieren sich die Forschungsaktivitäten im GRAIN LEGUMES Projekt auf diese Spezies. Zahlen bezeichnen folgende Arten: 1 & 8, Linse; 2, Hornklee; 3, Narbon Bohne; 4, Lupine; 5 & 11, Kichererbse; 6, Bohne; 7 & 12, Erbse; 9, Schneckenklee; 10, Ackerbohne.Quelle: EU Integrated Project GRAIN LEGUMES.


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GRAIN LEGUMES

New Strategies to Improve Grain Legumes for Food and Feed

Instrument: Integrated Project

Coordinator: John Innes Centre (United Kingdom)

Partners: 52 Partners from 18 countries (Austria, Belgium, Bulgaria, Czech Republic, Denmark, France, Israel, Italy, Germany, Hungary, Netherlands, Norway, Poland, Portugal, Spain, Sweden, Switzerland, United Kingdom)

Duration: 48 months


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HELGE KÜSTER

Dr. Helge Küster leitet die Nachwuchsgruppe "Genomics of Legume Plants" am Institut für Genomforschung, Centrum für Biotechnologie, Universität Bielefeld. Im Jahr 1995 promovierte er an der Universität Bielefeld mit einem pflanzengenetischen Thema, indem er wurzelknöllchenspezifisch exprimierte Gene untersuchte. Nachdem sich seine Forschungsinteressen zunehmend auf die transkriptionelle Untersuchung von Leguminosensymbiosen verlagerten, habilitierte er sich im Jahr 2004 an der Fakultät für Biologie der Universität Bielefeld. Zur Zeit fungiert er als "Head of the Scientific Committee" des Integrierten Projekts Grain Legumes und als Vizepräsident der Grain Legumes Technology Transfer Platform (GL-TTP), mit einem Schwerpunkt auf der Integration von Transkriptomforschungs-Experimenten in verschiedenen Leguminosenprojekten.


ALFRED PÜHLER

Prof. Dr. Alfred Pühler hat seit 1979 den Lehrstuhl für Genetik an der Fakultät für Biologie der Universität Bielefeld inne. Er ist Sprecher des Centrums für Biotchnologie der Universität und leitet das Projekt GRAIN LEGUMES in Bielefeld.


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Quelle:
BI.research 29.2006, Seite 51-55
Forschungsmagazin der Universität Bielefeld,
Herausgeber: Universität Bielefeld
Informations- und Pressestelle in Zusammenarbeit mit dem
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Mai 2007