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MEMORIAL/160: Januar 1947 - Wie die USA in Italien den Kalten Krieg vorbereiteten (Gerhard Feldbauer)


Wie die USA in Italien den Kalten Krieg vorbereiteten.

Im Januar 1947 forderten sie den Ausschluss der Kommunisten und Sozialisten aus der Regierung

von Gerhard Feldbauer, 12. Januar 2017


Am 22. März 1947 verkündete US-Präsident Harry S. Truman seine berüchtigte, nach ihm benannte Doktrin der "Eindämmung des Kommunismus". Er erklärte die USA "zum mächtigsten Land der Welt" und proklamierte ihr "Recht" zur Einmischung in Staaten, die tatsächlich oder angeblich unter kommunistischem Einfluss stünden. Für die Ausschaltung der Kommunisten und Sozialisten aus der Exekutive sagte Truman den Regierungen in Rom und Paris 250 bzw. 150 Millionen US-Dollar zu.

Im Vorfeld des Kalten Krieges und der Blockkonfrontation ging es den USA in Italien darum, sich das Mittelmeerland als Einflusssphäre und Südflanke ihrer Militärstrategie, die 1949 zur Bildung der NATO führte, zu sichern. Sowohl politisch als auch wirtschaftlich ging es darum, die angeschlagenen Positionen des italienischen Imperialismus im Rahmen einer kapitalistischen Restauration zu festigen. Als entscheidendes Hindernis bei der Umsetzung dieser Ziele sahen sie den gewachsenen Einfluss der Kommunisten (IKP) und Sozialisten ISP) auf die Nachkriegsentwicklung. Im Oktober 1946 hatten beide Arbeiterparteien das 1934 im antifaschistischen Widerstand geschlossene Aktionseinheitsabkommen erneuert, in dem sie für eine antifaschistisch-demokratische und antiimperialistisch ausgerichtete Umgestaltung eintraten. Sie gehörten der im April 1944 gebildeten antifaschistischen Einheitsregierung an und dominierten diese nach der Niederlage des Faschismus. Ziel der USA war, diese Regierung zu Fall zu bringen, was hieß, die Kommunisten und Sozialisten aus ihr zu vertreiben. Bereits im November 1945 hatten führende Industrie- und Finanzkreise der USA mit dem Präsidenten der Bank von Amerika, Amadeo Giannini, an der Spitze bei Verhandlungen in Rom ihre Forderung nach einem Sturz des linken Ministerpräsidenten der Aktionspartei, Ferrucio Parri, und an seiner Stelle die Ernennung Alcide De Gasperis von der Democrazia Cristiana (DC) durchgesetzt.

Die Befürchtungen, Kommunisten und Sozialisten könnten auf dem parlamentarischen Weg an die Macht kommen verstärkten sich bei den ersten Kommunalwahlen im März 1946, bei denen die DC etwa 50 Prozent erreichte, während Kommunisten und Sozialisten zusammen auf 40 kamen. Im Referendum über die Staatsform am 2. Juni 1946 waren die Stimmen der Linken ausschlaggebend für den Sturz der Monarchie mit 54,3 Prozent. Bei der gleichzeitig stattfindenden Wahl zur Verfassungsgebenden Versammlung überflügelten ISP und IKP mit 20,7 bzw. 18,9 Prozent die DC, die nur auf 35,2 Prozent kam.

Zunächst versuchten die USA, wie die Publizisten Roberto Faenza und Marco Fini in ihrem Buch "Gli Americani in Italia" (Mailand 1976) aufdeckten, unter Einschluss ihrer Geheimdienste Einfluss auf die Sozialistische Partei zu gewinnen, um die Zusammenarbeit mit der IKP auf der Basis der Aktionseinheit zum Scheitern zu bringen. Wie der Mailänder "Corriere della Sera" am 8. März 1975 berichtete, war federführend an der Operation der AFL-CIO (American Federation of Labor and Congress of Industrial Organizations) beteiligt, in dem die CIA ihre Agenten sitzen hatte. Parallel sicherten sich die USA die Unterstützung der alten Mussolini-Faschisten, die sich aktiv von ihnen gefördert, am 26. Dezember 1946 in einer neuen Partei, dem Movimento Sociale Italiano (MSI) als direkte Wiedergründung der Partei des "Duce" konstituieren konnten. Ihre Vorläuferorganisation, die Jedermann-Bewegung "Uomo Qualunque" hatte die Militär-Regierung bereits zu den Wahlen zur Verfassungsgebenden Versammlung zugelassen, wo diese mit 5,3 Prozent Stimmen (1,2 Millionen Wähler) 30 Sitze belegte.

Zwar gelang es, in der ISP unter Giuseppe Saragat eine pro-amerikanische Fraktion zu bilden, die jedoch keinen bestimmenden Einfluss auf die Parteiführung erlangte. ISP-Vorsitzender Pietro Nenni wies Forderungen Saragats vom 20. November 1946 im "Giornale d'Italia", die enge Zusammenarbeit mit der IKP zu beenden, eindeutig zurück.

Nun ging Washington dazu über, den zögernden De Gasperi auf Vordermann zu bringen. Am 3. Januar 1947 wurde dieser mit einer Delegation vor allem hochkarätiger Wirtschafts- und Finanzexperten mit dem Generaldirektor der Banca d'Italia, Donato Menichella, an der Spitze mit einer Einladung in die USA beordert, wo sich danach die Verhandlungen bis zum 15. Januar hinzogen. Bezeichnender Weise war Pietro Nenni, im Kabinett Außenminister, aus der Delegation ausgeschlossen worden. Präsident Truman stellte zur Bedingung der Zusammenarbeit und einer Finanzhilfe für Italien, dass die Kommunisten und Sozialisten aus der Regierung ausgeschlossen und die "ständige Präsenz amerikanischer Truppen auf der Halbinsel" garantiert wird. Erst danach wurde die Finanzspritze von zunächst 50 Millionen US-Dollar mit einer Anleihe der US-Export-Import Bank um weitere 100 Millionen Dollar erhöht.

In Rom hatte Saragat am 9. Januar 1947 auf dem ISP-Parteitag die massive Einmischung der USA mit der Abspaltung seiner Fraktion und der Ankündigung, einen Partito socialista dei Lavoratori italiani (PSLI - Sozialistische Arbeiterpartei) zu gründen, flankiert. Den Rücktritt Saragats aus der Regierung nahm De Gasperi am 20. Januar zum Anlass seiner Dimission. Angesichts der Proteste der ISP- und IKP-Basis und Widerstandes selbst im linken DC-Flügel wagte er noch nicht, die Koalition mit den Arbeiterparteien zu beenden. ISP-Chef Nenni, bis dahin Außenminister, war im neuen, am 2. Februar vorgestellten Kabinett, jedoch nicht mehr vertreten, die IKP verlor das bis dahin besetzte Finanzministerium. Beide Schlüsselressorts gingen an die DC. Zwar hielten IKP und ISP zusammen wie die DC sechs Ministerposten, aber zwei weitere Ressorts besetzten "unabhängige" Politiker, die der Linie der DC folgten. Insgesamt stellte die neue Regierung eine deutliche Verschiebung nach rechts dar. Der Ausschluss der Kommunisten und Sozialisten war nur aufgeschoben. Im Mai 1947 folgte De Gasperi der Order aus Washington und bildete mit der sozialdemokratischen Partei Saragats eine Regierung ohne IKP und ISP. Es war das Ende der im April 1944 im Kampf gegen die Besatzungsherrschaft Hitlerdeutschlands gebildeten antifaschistischen Einheitsregierung.

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Quelle:
© 2017 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Januar 2017

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