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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/313: Iran-Report Nr. 3 - März 2014


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 3 - März 2014
Eine Zusammenfassung aktueller Ereignisse im Iran

von Bahman Nirumand



Der Konflikt um das iranische Atomprogramm, die Wahlfälschung vom Juni 2009, die Verfolgung der Opposition und die Verletzung der Menschenrechte sind einige der wiederkehrenden Themen des Iran-Reports. Er wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus, auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter. Der Iran-Report wird einem breiten Interessentenkreis aus Politik, Wissenschaft und Medien zur Verfügung gestellt.


INNENPOLITIK

• Chameneis scharfe Attacken gegen die USA
• Komitee für Rückkehr der Auslandsiraner
• Öffentliche Hinrichtungen
• Karrubi, Mussavi und Rahnaward seit drei Jahren im Hausarrest
• USA fordern Freilassung von Mussavi, Karrubi und Rahnaward
• Kundgebungen am Jahrestag der Revolution
• Iranische Kriegsschiffe im Atlantik
• Bereit zur "entscheidenden Schlacht"


CHAMENEIS SCHARFE ATTACKEN GEGEN DIE USA

Einen Tag vor Beginn der Gespräche zwischen Iran und der 5+1-Gruppe (UN-Vetomächte plus Deutschland) richtete Revolutionsführer Ali Chamenei laut IRNA bei einer Rede in der nordwestlichen Provinz Aserbaidschan am 17. Februar scharfe Attacken gegen die USA.

Chamenei bezeichnete die USA als Symbol eines Unterdrückungsstaates, vor dem man niemals kapitulieren dürfe. Er kritisierte "manche Leute", die bemüht seien, "das hässliche Gesicht der USA zu schminken und sie als eine menschenfreundliche Macht darzustellen". "Die Mühe ist vergeblich", sagte Chamenei. Die USA zeichneten sich durch eine "schwarze Vergangenheit" aus. Das Land habe in den vergangenen achtzig Jahren "Kriege angezettelt, das Blut unzähliger Menschen vergossen, Diktaturen in allen Teilen der Welt protegiert, den internationalen Terrorismus unterstützt, gegen den Irak Krieg geführt und dabei mindestens zehntausend Menschen getötet." Dasselbe gelte für Afghanistan. Ferner hätten die USA "Massenvernichtungsorganisationen gegründet, Foltermethoden wie Waterboarding eingeführt und radikale Gruppen unterstützt".

Chamenei verwies auch auf die Feindschaften der USA gegen Iran. "Das iranische Volk war seit dem Putsch im Jahre 1953 (CIA-Putsch gegen den damaligen Ministerpräsidenten Mossadegh) bis zu der islamischen Revolution und von 1979 bis zur Gegenwart stets mit der Feindschaft der USA, mit ihren Verschwörungen und Sanktionen konfrontiert. Zuletzt besaß der US-Präsident Barack Obama die Unverschämtheit, seine Solidarität mit den Verschwörern von 2009 zu erklären." (Offiziell werden die Proteste gegen die manipulierte Wiederwahl Ahmadinedschads 2009 als vom Ausland gelenkte Verschwörung bezeichnet. Der amtierende US-Präsident hatte kürzlich die Freilassung der führenden Politiker Mir Hossein Mussavi und Mehdi Karrubi aus dem Hausarrest gefordert.)

Chamenei erinnerte an seine Äußerungen im März vergangenen Jahres und sagte: "Manche Mitglieder der ehemaligen und auch der gegenwärtigen Regierung unterliegen dem Irrglauben, dass die Probleme sich durch Atom-Verhandlungen mit den USA lösen ließen. Und ich habe, weil ich dazu gedrängt worden bin, den Atomverhandlungen zugestimmt, habe aber schon damals betont, dass ich nicht optimistisch bin. Die Gründe für meine Skepsis werden allmählich in den zynischen und beleidigenden Äußerungen amerikanischer Senatoren und Politiker gegen das iranische Volk sichtbar."

Das iranische Volk habe auf den Massenkundgebungen zum Jahrestag der Revolution am 11. Februar den Feinden die richtige Antwort erteilt, sagte Chamenei. Das iranische Volk stehe einheitlich hinter dem Regime. Mit dieser Kraft im Rücken sollten die iranischen Verhandlungsführer den Feinden gegenüber keine Schwäche zeigen.

Chamenei erklärte abermals, dass der Atomkonflikt nur ein Vorwand sei, und dass es den USA und dem Westen insgesamt eigentlich um einen Regimewechsel im Iran gehe. "Selbst wenn - das Unmögliche angenommen - der Atomstreit nach Wunsch der USA beigelegt werden würde, würden die Amerikaner andere Streitpunkte ins Feld führen. Bereits jetzt sprechen amerikanische Regierungsmitglieder von Menschenrechten und der iranischen Raketentechnik. Schämen sich die Amerikaner nicht, dass sie von Menschenrechten sprechen? Jeder andere Staat könnte vielleicht die Menschenrechte für sich beanspruchen, nicht aber die USA, die so viel Unheil angerichtet haben. Sie sollten das Wort Menschenrechte nicht in den Mund nehmen." Chamenei verwies auf Guantanamo, Abu Ghraib, auf die "Unterstützung weltbekannter Terroristen, auf Vertragsbrüche und Lügen" der USA.

Chamenei sagte, was das iranische Außenministerium und andere Regierungsverantwortliche in Bezug auf die Atomverhandlungen unternommen hätten, werde weitergehen. Iran werde sich an die Vereinbarungen halten. Zugleich sollten jedoch alle wissen, dass "die Feindschaft der USA sich gegen den Islam und gegen die islamische Revolution in Iran richtet. Diese Feindschaft wird mit den Atomverhandlungen nicht aufhören".

Der einzige Weg gegen diese Feindschaft sei, sich auf die eigene Kraft, auf das eigene Volk zu stützen und sie zu stärken, sagte Chamenei. "Wir brauchen eine Wirtschaft des Widerstands." Iran sei reich an Bodenschätzen und Menschenkraft, habe große Gas - und Ölreserven, die Welt brauche Iran. "Ihr habt gesehen, dass nur ein Lächeln von unserer Seite genügte, um einen Ansturm der Investoren hervorzurufen."

"Solange wir auf die Hände anderer schauen und unsere Hoffnungen an Reduzierung der Sanktionen oder Äußerungen der Amerikaner knüpfen, werden wir nichts erreichen", sagte Chamenei. "Ich bestehe darauf, dass sich die Verantwortlichen unseres Landes auf die eigene Kraft stützen und dem eigenen Volk trauen, damit diese reiche Quelle sprudelt. Wenn wir so handeln, werden sich alle geschlossenen Türen öffnen."


KOMITEE FÜR RÜCKKEHR DER AUSLANDSIRANER

Der für die iranischen Konsulate im Ausland zuständige Vizeaußenminister Hassan Ghaschghawi sagte, das Büro des Komitees für die Rückkehr der Auslandsiraner sei beim Informationsministerium angesiedelt. In einem Gespräch mit dem Nachrichtendienst Tadbir, sagte er am 28. Januar, das Komitee tage regelmäßig und sei zu guten Ergebnissen gekommen, die bald der der Öffentlichkeit mitgeteilt werden würden.

Präsident Hassan Rohani hatte zu Beginn seiner Amtsübernahme das Außen- und das Informationsministerium aufgefordert, ein Komitee zu bilden, das sich um Erleichterung der Rückkehr der Iraner bemüht, die sich im Ausland aufhalten. Nach der Gründung des Komitees sagte der Informationsminister Mahmud Alawi, er versichere allen, die keine Straftat begangen hätten, dass sie bei der Rückkehr in die Heimat keinerlei Probleme haben würden. Mit Blick auf die Proteste gegen die Wiederwahl des ehemaligen Präsidenten Ahmadinedschad 2009 sagte Alawi: "Wir werden das Problem jener Personen lösen, die 2009 keine Straftat begangen haben, aber sich unbegründet vor Sanktionen fürchten."

Auch Ghaschghawi erklärte im selben Zusammenhang im Vormonat, mit Ausnahme von Personen, die von der Justiz verfolgt werden, könnten alle Iraner, die im Ausland leben, ohne Probleme aus- und einreisen. Personen, die Bedenken hätten, könnten sich an die Konsularabteilung des Außenministeriums wenden. Ghaschghawi dementierte Gerüchte, wonach das Komitee in seiner Arbeit behindert worden sein soll und sagte, das Komitee sei entschlossen, den Auftrag des Präsidenten Rohani zu erfüllen.

Nach den Unruhen von 2009 wurden zahlreiche Teilnehmer an den Protesten verhaftet. Viele andere ergriffen die Flucht ins Ausland.


ÖFFENTLICHE HINRICHTUNGEN

Erneut fand in Iran eine öffentliche Hinrichtung statt. Medienberichten zufolge wurden am 13. Februar in der im Süden gelegenen Stadt Schiras zwei Personen öffentlich hingerichtet. Einer der Hingerichteten wurde im September vergangenen Jahres wegen "Menschenraub, Vergewaltigung und Mord an einem achtjährigen Mädchen zum Tode verurteilt. Der zweite erhielt sein Todesurteil im vergangenen Dezember ebenfalls wegen Diebstahl, Menschenraub und Vergewaltigung mehrerer Frauen in Schiras. Iranische Medien berichteten, dass der zweite Verurteilte, als Offizier gekleidet, gezielt an Haustüren klopfte und Frauen entführte. Dabei stahl er auch Schmuck und andere Wertgegenstände.

Zahlreiche Schaulustige hatten sich auf dem Hinrichtungsplatz versammelt. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International beklagte jüngst in einem Bericht die Zunahme öffentlicher Hinrichtungen in Iran. Demnach wurden 2013 nach offiziellen Angaben 402 Personen hingerichtet, 53 von ihnen öffentlich. Der Menschrechtsbeauftragte der Justiz, Sadegh Laridschani, reagierte auf eine UN-Resolution über die Missachtung der Menschenrechte in Iran mit den Worten: "Öffentliche Hinrichtungen finden auf der Basis des islamischen Rechts, der bestehenden Strafgesetze und des Urteils der Richter statt."

Doch in Iran werden Stimmen immer lauter, die öffentliche Hinrichtungen ablehnen. Selbst innerhalb der Justiz gibt es Verantwortliche, die sich gegen den öffentlichen Vollzug der Todesstrafe aussprechen. Zum Beispiel sagte Dschamal Ansari, Chef der Justiz in der Provinz Ghaswin, öffentliche Hinrichtungen seien nicht zu empfehlen.


KARRUBI, MUSSAVI UND RAHNAWARD SEIT DREI JAHREN IM HAUSARREST

Die bei den Protesten von 2009 gegen die manipulierte Wiederwahl des damaligen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad führenden Politiker Mehdi Karrubi und Mir Hossein Mussavi sowie dessen Ehefrau, die Menschenrechtlerin Sahra Rahnaward, befinden sich nun seit drei Jahren im Hausarrest. Dafür gibt bis zum heutigen Tag keine offizielle Begründung. Es gab auch keinen Prozess und kein Urteil gegen sie.

Am 1. Februar meldete die den Reformern nahestehende Webseite "Saham News", dass Karrubi in sein eigenes Haus gebracht worden sei, aber auch dort dürfe er weiterhin das Haus nicht verlassen. Seine Verbindung zur Außenwelt stehe unter strenger Kontrolle der Sicherheitsdienste. Dies bestätigten auch Karrubis Söhne in einem Interview mit der BBC am 1. Februar.

Viele hofften, dass mit der Regierungsübernahme von Hassan Rohani die beiden Politiker und Rahnaward endlich freigelassen werden würden, zumal Rohani selbst sowohl im Wahlkampf als auch bei seiner ersten Pressekonferenz nach seinem Wahlsieg sich entsprechend geäußert hatte. Allerdings sagte er schon damals, dass in solchen Fällen die Entscheidung nicht allein bei der Regierung liege.

Nun erklärte Justizminister Mostafa Purmohammadi auf einer Pressekonferenz am 4. Februar: "Wenn Mussavi und Karrubi erklären würden, dass sie sich an Recht und Gesetz halten und sich für Ruhe und Sicherheit einsetzen, können sie begnadigt werden." Auf die Frage, warum die Politiker nicht vor Gericht gestellt werden, sagte Purmohammadi, der Staat habe das Für und Wider abgewogen und sei bemüht, neue Verschwörungen zu verhindern. "Unsere Staatsordnung lehnt aggressives Vorgehen ab, aber die nationalen Interessen haben Priorität."

Laut ISNA sagte Justizsprecher Gholamhossein Ejehii am 11. Februar vor einer Versammlung von Geistlichen in der Stadt Hamedan: Mussavi und Karrubi seien nicht bereit, ein Reuebekenntnis abzulegen. Manche seien vergeblich bemüht, die Aufhebung des Hausarrests zu erreichen. Sie werden keinen Erfolg haben. Die Führer der Verschwörung haben im ganzen Land Unruhe gestiftet, Eigentümer zerstört, Menschen in den Tod geschickt. Sie wollen nicht einmal Reue üben. Darüber brauchen sie nicht stolz zu sein. Wenn jemand eine Straftat begangen hat, ist es nicht ehrenhaft, wenn er es nicht bereut, es ist vielmehr beschämend."

Auch Parlamentspräsident Ali Laridschani nahm in einem Interview mit der französischen Zeitung Figaro, dessen persische Übersetzung am 22. Februar vom Parlament veröffentlicht wurde, zu dem Thema Stellung. Für den Hausarrest von Mussavi und Karrubi sei nicht die Justiz zuständig, sagte Laridschani. Der Fall müsse auf andere Wege gelöst werden. Mussavi und Karrubi "müssen ihre Einstellung ändern". "Sie haben große Fehler gemacht." Auf die Frage, ob sie vor Gericht gestellt werden, sagte Laridschani, nein, "der Fall muss auf demselben Weg gelöst werden, der sie in den Hausarrest geführt hat". Vermutlich meint Laridschani, dass nicht die Justiz, sondern der Revolutionsführer für das Schicksal der beiden verantwortlich sei. Polizei und Sicherheitsdienste, auch einige Politiker, haben immer wieder erklärt, dass der Hausarrest seinerzeit vom Chamenei angeordnet worden sei.


USA FORDERN FREILASSUNG VON MUSSAVI, KARRUBI UND RAHNAWARD

Das US-Außenministerium forderte in einer Erklärung zum dritten Jahrestag der Inhaftierung der führenden Reformpolitiker Mir Hossein Mussavi, Mehdi Karrubi und Sahra Rahnaward am 14. Februar deren Freilassung aus dem Hausarrest. "Vor drei Jahren wurden an einem Tag wie diesem die beiden Präsidentschaftskandidaten Mehdi Karrubi und Mir Hossein Mussavi und seine Frau, die Menschenrechtlerin Sahra Rahnaward, ohne offizielle Nennung einer Straftat festgenommen. Wir verurteilen in Übereinstimmung mit der internationalen Staatengemeinschaft diese Maßnahme ebenso wie die Sanktion gegen ihre Verwandten und fordern Freilassung der Inhaftierten", hieß es in der Erklärung.

Die Sprecherin des iranischen Außenministeriums, Marsieh Afkham, reagierte laut der Agentur "Mehr" am 16. Februar auf die Forderung mit dem Vorwurf, die Erklärung sei eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Irans und richte sich gegen die von den USA unterzeichnete Vereinbarung von Algier. Es sei ohnehin fraglich, wie weit die USA die Legitimität besäßen, um über Menschenrechte zu urteilen. "Die Unterstützung, die die USA dem menschenfeindlichen zionistischen Regime bei der Unterdrückung des palästinensischen Volkes gewähren, der Einsatz von Drohnen gegen wehrlose Menschen in Pakistan, die enge Zusammenarbeit mit Staaten, die die Menschenrechte verletzen und die Instrumentalisierung moralischer Werte, sind Fakten, für die die USA verantwortlich sind", sagte Afkham.


KUNDGEBUNGEN AM JAHRESTAG DER REVOLUTION

Mehrere zehntausend Männer und Frauen nahmen am 11. Februar an den landesweiten Kundgebungen zum Jahrestag der Revolution teil. Hauptredner in der Hauptstadt Teheran war Präsident Hassan Rohani, der bei seiner Rede vor allem die außenpolitischen Erfolge seiner Regierung hervorhob. Das Ergebnis der Atomverhandlungen bezeichnete er als einen großen Sieg. Er äußerte die Zuversicht, dass es in absehbarer Zeit zu einem endgültigen Vertrag kommen werde. Doch während er über die Öffnung des Landes nach außen und innen und die Versöhnung mit der Staatengemeinschaft sprach, skandierten die Kritiker Parolen gegen den "großen Satan und kleinen Satan" (USA und Israel) und verbrannten deren Fahnen. Auch die gesamte Stimmung sowie die Schlussresolution sollte die Macht der rechten und radikalen Kräfte demonstrieren.


IRANISCHE KRIEGSSCHIFFE IM ATLANTIK

Bereits im Januar hatte Teheran, ohne das Ziel anzugeben, bekannt gegeben, dass ein Hubschrauberträger und ein Zerstörer auf eine Testfahrt geschickt worden sei. Laut Medienberichten befinden sich nun die beiden Kriegsschiffe an der US-Seegrenze im Atlantik. Am 8. Februar zitierte die Agentur Fars den Oberkommandierenden der nördlichen Marine-Flotte, Admiral Afschin Resai Haddad, die Präsens dieser beiden Kriegsschiffe im Atlantik sei eine Antwort auf die Präsens der US-Kriegsschiffe im Persischen Golf.

Einem Bericht der Agentur Reuters vom 8. Februar zufolge sagte ein Beamter des Pentagon, es sei kaum anzunehmen, dass diese Schiffe sich der Seegrenze der USA nähern würden. Er betonte, dass Kriegsschiffe das Recht hätten, sich auf internationalen Gewässern aufzuhalten. Demgegenüber sagte Resai Haddad, die Präsenz iranischer Schiffe "sei eine klare Botschaft an die USA".

In den vergangenen Jahren wurden des Öfteren iranischen iranische Kriegsschiffe im Indischen Ozean beobachtet, die iranische Transportschiffe vor Piraten schützten. Im Atlantik wurden sie bislang noch nicht gesichtet.

Iran protestiert immer wieder gegen die Präsenz amerikanischer Kriegsschiffe im Persischen Golf. Washington begründet dies mit dem Schutz internationaler Transportwege, vor allem dem Schutz der Straße von Hormus, durch die rund 40 Prozent des weltweit zu exportierenden Öls transportiert wird. Allein in dem US-Stützpunkt in Bahrain stehen 50 Tausend Marinesoldaten unter Befehl.


BEREIT ZUR "ENTSCHEIDENDEN SCHLACHT"

Der Oberkommandierende der iranischen Streitkräfte, Hassan Firuzabadi, erklärte laut der Agentur Fars am 12. Februar, Iran sei zum "entscheidenden Schlacht gegen die USA und Israel" bereit.

"Wir bereiten uns schon seit Jahren auf diese Schlacht vor, haben Tests und Manöver durchgeführt. Nun sind unsere Kräfte bereit", sagte Firuzabadi. "Sollte es zu einem Krieg kommen, wird es für unsere Gegner sehr eng werden. Das wissen die auch."

Die von der amerikanischen Regierung immer wieder betonte Drohung gegen Iran, auch die militärische Option liege weiterhin auf dem Tisch, erzeugte in Iran scharfe Proteste. Auch Firuzabadis Worte sind als Reaktion darauf zu verstehen. Beim Jahrestag der Revolution am 11. Februar wurden Plakate getragen mit der Aufschrift: "Wir begrüßen die Optionen, die auf dem Tisch liegen."

"In den vergangenen zehn Jahren haben sie (die Amerikaner) die Möglichkeiten eines militärischen Angriffs erwogen, ihre Kräfte mobilisiert, sind aber zu dem Ergebnis gekommen, dass sie nichts ausrichten können und sind wieder abgehauen. Auch jetzt ist ihr Gerede nur Bluff", sagte der General. Wenn wir, aus welchem Land heraus auch immer, angegriffen werden, werden wir eine Gegenoffensive starten." Selbstverständlich hege Iran keine Feindschaft gegen die Nachbarstaaten. "Wir werden aber, falls wir von einem US-Stützpunkt in der Region angegriffen werden, das betreffende Land angreifen."

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KULTUR

• Filmemacher Panahi kritisiert Rohani

• Dichterin und Dichter gegen Kaution freigelassen

• Herausgeber von Bochara für schuldig erklärt

• Der Roman "Der Colonel" doch nicht freigegeben

• Verbot der liberalen Zeitung Aseman


FILMEMACHER PANAHI KRITISIERT ROHANI

Rohani sollte, anstatt Parolen zu wiederholen, versprechen, dass er nur Einhundertstel seiner im Wahlkampf erklärten Absichten umsetzen und keine neue Zensur einführen werde, schrieb der international bekannte Filmemacher Dschafar Panahi in einem Offenen Brief an Präsident Hassan Rohani. Damit reagierte er auf eine Botschaft Rohanis bei der Eröffnung der 32. Fadschr-Filmfestspiele in Teheran.

"Zu meinem Leidwesen habe ich mich bei der Lektüre Ihrer Botschaft an die Worte (des Journalisten) Sibakalam erinnert, der meinte, dass Anzeichen von Populismus des früheren Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad auch bei Rohani vorzufinden seien." Doch Rohanis Populismus sei "weitaus gefährlicher", weil Ahmadinedschad durch seine oberflächliche Sichtweise zu den Parolen gelangt sei, während Rohani klug und bewusst vorgehe, um unterschwellig neue Zensurmaßnahmen durchzusetzen, meint Sibakalam.

Rohani hatte in seiner Botschaft erklärt, die wichtigste Aufgabe der Verantwortlichen für den iranischen Film sei es, die Zuschauer, die den Kinos den Rücken gekehrt haben, wieder zurückzuholen. Kino ohne Zuschauer machte keinen Sinn und ein Filmfestival gewinne nur an Bedeutung, wenn man die Gewissheit habe, dass die Menschen mit einheimischen Filmen zufrieden seien und sie mögen.

Panahi schreibt in seinem offenen Brief: "Herr Rohani weiß sehr wohl, dass 95 Prozent der Filme, die im Iran produziert werden, die Verhältnisse rosig darstellen. Lediglich fünf Prozent oder noch weniger sind bestrebt nicht zu lügen und die Dinge so darzustellen, wie sie sind. Aber neunzig Prozent dieser Filme erhalten niemals die Erlaubnis, vorgeführt zu werden."

Panahi fährt fort: "Warum gelten die Vorschriften nur für die fünf Prozent? Warum werden die anderen 95 Prozent nicht darauf hingewiesen, neben den bestellten Themen, sich auch einmal um die wahren Verhältnisse des Landes zu kümmern? Wenn Herr Rohani tatsächlich möchte, dass die Menschen sich mit dem iranischen Film versöhnen, muss er sich dafür einsetzen, dass die Filmemacher selbst entscheiden, welche Filme sie produzieren."

Panahi, der zu den bekanntesten Filmemachern Irans gehört, wurde im Zuge der Proteste gegen die manipulierte Wiederwahl Ahmadinedschads in Haft genommen. Er wurde zu sechs Jahren Haft und zwanzig Jahren Berufsverbot verurteilt. Zudem erhielt er Ausreiseverbot und durfte weder ausländischen noch inländischen Medien Interviews geben. Im Gefängnis trat er in einen Hungerstreik. Zahlreiche Regisseure und Schauspieler forderten weltweit seine sofortige Freilassung. 2012 wurde er neben der Anwältin Nassrin Sotoudeh mit dem Sacharow-Preis des Europäischen Parlaments ausgezeichnet. Die beiden konnten jedoch den Preis nicht entgegennehmen. Erst eine Delegation des EU-Parlaments konnte diesen bei einem Besuch in Teheran in der griechischen Botschaft überreichen, was zu politischen Kontroversen im Iran geführt hat.


DICHTERIN UND DICHTER GEGEN KAUTION FREIGELASSEN

Die Dichterin Fatemeh Ekhtesari und der Dichter Mehdi Mussavi, die Anfang Dezember bei der Ausreise an der Grenze zur Türkei in Haft genommen wurden, wurden am 15. Januar wieder frei gelassen, berichtete die Webseite Kalameh. Bislang wurde offiziell noch kein Grund für die Festnahme der beiden genannt. Eine Person, die den beiden nahe steht, sagte dem Auslandsender "Radio Farda", Ekhtesari und Mussavi seien vom Geheimdienst der Pasdaran (Revolutionsgarden) festgenommen und in Einzelhaft gesteckt worden.

Zahlreiche literarische Institutionen im In- und Ausland haben gegen die Festnahme protestiert. Am 13. Januar gab es eine Protestkundgebung vor der iranischen Botschaft in Stockholm. Beteiligt an der Kundgebung waren der schwedischen PEN-Club, das internationale Literaturfestival von Gutenberg, der schwedische Literaturverband und einige namhafte schwedische und iranische Schriftsteller. Auch der Internationale PEN-Club schickte am 14. Januar ein Protestschreiben an die iranische Justiz.

Seit der Gründung der Islamischen Republik werden Schriftsteller, Künstler, Filmemacher und Journalisten immer wieder unter diversen Vorwänden in Haft genommen. Nicht wenige von ihnen wurden zu langjährigen Strafen verurteilt.


HERAUSGEBER VON BOCHARA FÜR SCHULDIG ERKLÄRT

Das Pressegericht hat am 2. Februar den Herausgeber der Zeitschrift "Bochara", Ali Dehbaschi, für schuldig erklärt. Ihm wurde vorgeworfen, Schleier tragende Frauen beleidigt zu haben.

Im Mai letzten Jahres hatte ein Gedicht von Masur Owdji, das Bochara veröffentlicht hatte, bei Konservativen viel Unmut ausgelöst. Das Gedicht fängt mit der Zeile an: "Mir wird beim Anblick der Frauen das Herz schwer" und endet mit: "Alle schwarz, schwarz wie Raben." Die Kläger warfen dem Dichter vor, Schleier tragende Frauen beleidigt zu haben.

Dehbaschi äußerte sein "tiefstes Bedauern" über den "unbeabsichtigten Fehler und erklärte, er habe seit seiner Jugend große Achtung vor islamischen Werten gehabt und habe später auch als Herausgeber der Zeitschrift stets darauf geachtet, diesen Werten die nötige Achtung zu erweisen. Er entschuldigte sich bei den "ehrwürdigen Damen, die an die islamischen Werte glauben." Er hoffe, dass die Leser von Bochara ihn auch in Zukunft auf mögliche Fehler aufmerksam machen.

Auch Owdji erläuterte in einem Brief sein Gedicht und schrieb, aus islamischer Sicht seien nicht nur Frauen, sondern auch Männer zur Einhaltung der Kleidungsvorschriften verpflichtet. Allerdings sei bei diesen keine bestimmte Farbe vorgeschrieben. "Die Farbe kann schwarz sein, weiß oder irgendeine andere Farbe", schrieb er. Die Klage im Gedicht richtet sich gegen die schwarze Farbe, nicht gegen Kleidungsvorschriften.


DER ROMAN "DER COLONEL" DOCH NICHT FREIGEGEBEN

Einem Bericht der Tageszeitung Schargh vom 17. Februar zufolge, wurde der Roman von Mahmud Doulatabadi "Der Colonel" von der Zensur freigegeben. Die Zeitung beruft sich auf eine Äußerung des Vizekulturministers Abbas Salehi, der gesagt habe, "Der Colonel" habe die Erlaubnis zur Veröffentlichung erhalten. Der Roman wurde in den Jahren 1983 bis 1985 geschrieben und im Laufe von zwei Jahrzehnten immer wieder überarbeitet. Seit zehn Jahren liegt er nun bei der Zensurbehörde. Die Zensoren werfen dem Autor unter anderem eine falsche Sichtweise auf die Geschichte vor.

Der Roman handelt vom Schicksal eines Offiziers der Schah-Armee. An Hand seines Schicksals und des Schicksals seiner fünf Kinder setzt sich der Autor kritisch mit der Zeit des Schahregimes, der islamischen Revolution und der Islamischen Republik auseinander. Es ist eine tiefgehende Betrachtung der iranischen Geschichte und Kultur der letzten hundert Jahre.

"Der Colonel" erschien zunächst in deutscher Sprache, danach auf Englisch und Französisch. Er wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet. Doulatabadi weigerte sich, das Original im Ausland zu veröffentlichen. "Meine Philosophie und meine Vorgehensweise sind nicht Kampfansage gegen die Verantwortlichen. Ich will weiter schreiben können und ein Schriftsteller sein, der in seiner Heimat lebt und schreibt ..."

Doulatabadi äußerte sich auf eine Anfrage von Schargh erfreut über die Nachricht. "Ich habe die Nachricht gehört und hoffe, dass sie auch wirklich stimmt. Doch solange "Der Colonel" nicht erschienen ist, werde ich mich auf solche Nachrichten nicht verl assen. Also werde ich vorerst auch nichts dazu sagen."

Offenbar hatte der Autor mit seiner Skepsis Recht. Am 20. Februar erklärte das Ministerium für Kultur und Islamische Führung, dem die Zensurbehörde untersteht, es sei noch keine Erlaubnis zur Veröffentlichung von Colonel erteilt worden. "Einige Medien haben in den letzten Tagen über die Freigabe der Werke von Sadegh Hedayat und "Colonel" von Mahmud Doulatabadi berichtet. Wir dementieren diese Berichte. Bisher ist für die Veröffentlichung der genannten Werke keine Erlaubnis erteilt worden", hieß es in der Erklärung des Ministeriums.


VERBOT DER LIBERALEN ZEITUNG ASEMAN

Einem Bericht der Agentur ISNA vom 20. Februar zufolge wurde die Zeitung Aseman wegen "Beleidigung des islamischen Glaubens" am 19. Februar verboten und der verantwortliche Herausgeber Abbas Bosorgmehr, der zur Berichterstattung zum "Kultur-und Mediengericht" einbestellt worden war, in Haft genommen.

Die Teheraner Staatsanwaltschaft erklärte, die Zeitung habe in ihrer Ausgabe vom 18. Februar die Meinung vertreten, dass das "Vergeltungsgesetz" (Auge um Auge, Zahn um Zahn) unmenschlich sei. Daraufhin habe der Vorsitzende des Kultur- und Mediengerichts gegen die Zeitung geklagt und das Verbot der Zeitung gefordert. Das Verbot sei dem Ministerium für Kultur und Islamische Führung mitgeteilt worden. Auch der Herausgeber der Zeitung sei zur Verantwortung gezogen worden.

Mohammad Ghutschani, Chefredakteur von Aseman, reichte beim Staatsanwalt eine Entschuldigung ein. Herausgeber Bosorgmehr sagte vor seiner Verhaftung der Agentur Tasnim, dieser Teil des Artikels sei zunächst gestrichen, sei aber später "aufgrund von technischen Problemen" doch gedruckt worden.

Der umstrittene Artikel, der unter dem Titel "Politische Wissenschaft in schweren Zeiten" erschien, wurde von dem bekannten Professor Dawud Hermidas Bawand geschrieben. Darin heißt es, das Vergeltungsgesetz widerspreche den Menschenrechten und sei "unmenschlich", was bei rechten Medien zu scharfen Reaktionen führte.

Die ultrakonservative Agentur Tasnim zitierte am 18. Februar den Parlamentsabgeordneten Nasser Mussavi Larijani mit den Worten: "Wenn jemand eindeutige Aussagen des Koran wie das Vergeltungsgesetz leugnet, ist er ohne Zweifel ein Abtrünniger." (Abtrünnige können mit dem Tod bestraft werden.)

Die Agentur Fars, die ebenfalls zum rechtskonservativen Lager zählt, schrieb, der Artikel ziele bewusst darauf, islamische Heiligtümer zu verunglimpfen, zu schwächen und zu beleidigen.

Der Prediger beim Freitagsgebet, Ahmad Chatami, sagte am 21. Februar bei einer Versammlung in der Stadt Kerman, die Zeitung habe islamische Grundsätze in Frage gestellt. "Leute die so etwas tun, stehen ohne Zweifel auf Seiten Amerikas."

Demgegenüber sagte der konservative Abgeordnete Ali Mottahar: "Die Art, wie die Staatsanwaltschaft reagiert, die Zeitung sofort verboten und den Herausgeber verhaftet hat, passt zu Kriegszeiten, nicht zu Zeiten des Friedens." Der Zweifel an islamische Grundsätze verstoße zwar gegen das Gesetz, aber die Vernunft empfehle, zunächst den Fall von der Presseaufsicht untersuchen zu lassen, erst danach könne nötigenfalls die Staatsanwaltschaft eingeschaltet werden.

Maschallah Schams al Vaizeen, Chefredakteur der verbotenen Zeitung Neschat, forderte in einem offenen Brief den Chef der Justiz zu einem Streitgespräch auf. In einem Interview mit der BBC sagte er: "Jedes Mal wenn die Reformer oder Quasireformer die Regierung übernehmen, werden die Reaktionen der Justiz härter." Die Mitarbeiter der Zeitung Aseman seien äußerst vorsichtig vorgegangen, um weiter existieren zu können. Dennoch suchte die Justiz nach einem Vorwand, um die unliebsame Zeitung zu verbieten, sagte Schams al Vaizeen. Er hätte sich als Chefredakteur von Aseman nicht entschuldigt, da der Grund für das Verbot nicht das Infragestellen des Vergeltungsgesetzes gewesen sei. "Der eigentliche Grund ist die Unterdrückung der unabhängigen oder halbunabhängigen Stimmen in unserem Land."

Justizminister Ali Dschannati sagte laut Medien in einer Stellungnahme: "Für Zeitungsverbote sind wir nicht verantwortlich, und daher kann ich zu dem Verbot nicht Stellung nehmen."

Am 23. Februar wurde Bosorgmehr gegen eine Kaution in Höhe von 300 Millionen Tuman (rund 10.000 Euro) vorläufig freigelassen.

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WIRTSCHAFT

• Atomkonflikt
• Araghtschi über Sanktionen
• Das Genfer Atomabkommen im Iran umstritten
• Ansturm französischer Unternehmen auf iranische Wirtschaft
• Die USA warnen die Unternehmen vor Geschäften mit Iran
• Iranische Volksbank verlangt von London Entschädigung
• Neue ballistische Raketen getestet


ATOMKONFLIKT

Nach Meinung des israelischen Ministerpräsidenten, Benjamin Netanjahu, wird das Atomabkommen mit Iran das iranische Atomprogramm lediglich um sechs Wochen verzögern. Iran werde die Zeit nutzen, um das nötige Know-how zum Bau der Atombombe zu beschaffen, sagte Netanjahu laut BBC am 29. Januar auf einer Sicherheitskonferenz in Tel Aviv. Beim Besuch der Bundeskanzlerin Angela Merkel warnte er am 25. Februar laut AFP abermals vor dem iranischen Atomprogramm. Es sei ein Fehler, Iran weiterhin die Anreicherung von Uran zu erlauben. Merkel verteidigte das Abkommen mit Iran. Eine abgesicherte "Anreicherung auf niedriger Schwelle" wäre "besser als der Zustand heute", sagte die Kanzlerin.

Die iranische Regierung betont immer wieder ihre friedlichen Absichten und ihr Bestreben, sich nach außen zu öffnen und ihre Beziehungen auch zum Westen neu zu gestalten. Dies sei auch der eigentliche Grund zur Teilnahme an neuen Verhandlungen und zur Bereitschaft zu Konzessionen gewesen. Es seien nicht die Sanktionen gewesen, die Iran zum neuen Kurs motiviert hätten, sagte Außenamtssprecherin Marsieh Afkham am 30. Januar in Teheran. Solche Behauptungen rückten "das Interesse Teherans an einer neuen Art der Beziehungen mit den westlichen Staaten" ins falsche Licht.

Indes erklärte der Generaldirektor der Internationalen Atombehörde (IAEA), Yukia Amano, gegenüber der AFP, nun gehe es bei den Verhandlungen mit Iran um "schwierigere Fragen". "wir fangen mit Maßnahmen an, die praktisch und leichter umzusetzen sind und wenden uns dann schwierigeren Dingen zu." Dabei werde es vor allem um "mögliche militärische Dimensionen" des iranischen Atomprogramms gehen. Noch seien die Vorwürfe gegen Iran nicht vom Tisch.

Am 2. Februar trafen sich die beiden Außenminister Irans und der USA, Mohammad Dschwad Sarif und John Kerry, am Rande der Münchener Sicherheitskonferenz. Die beiden Minister sprachen ausschließlich über das iranische Atomprogramm. Dabei erklärte Kerry, dass die einseitigen Sanktionen der USA gegen Iran weiterhin bestehen bleiben.

In den USA bröckelt die Front jener Senatoren und Abgeordneten, die für schärfere Sanktionen gegen Iran eintreten. Auch die ehemalige Außenministerin, Hillary Clinton trat am 3. Februar entschieden gegen mögliche Beschlüsse des Senats in dieser Angelegenheit ein. Zusätzliche Sanktionen würden die Fortsetzung der Verhandlungen in Gefahr bringen und der amerikanischen Diplomatie großen Schaden zufügen, erklärte sie. Am 4. Februar haben sich mehr als siebzig Senatoren in einem Offenen Brief gegen weitere Sanktionen ausgesprochen. Selbst die größte israelische Lobby-Organisation AIPAC stimmte in einer Erklärung vom 7. Februar zu, dass das Thema neue Sanktionen gegen Iran vertagt werde.

Am 9. Februar einigten sich die Vertreter der IAEA am Ende ihrer zweitägigen Gespräche mit der iranischen Regierung in Teheran über den weiteren Ablauf der Verhandlungen und Inspektionen, hieß es auf iranischer Seite. Hingegen erklärte der IAEA-Chefinspektor Tero Varjoranta am 10. Februar in Wien, bei den Gesprächen seien zwar Fortschritte erzielt worden, aber viele Punkte seien noch offen. Nun gehe es um sieben konkrete Maßnahmen, die innerhalb der nächsten drei Monate umgesetzt werden müssten. Umstritten blieben weiterhin die Inspektion der Militäranlage Parchin sowie die Befragung der iranischen Atomwissenschaftler.

Am 12. Februar teilten 104 amerikanische Kongressabgeordnete in einem Brief an Präsident Barack Obama mit, dass sie voll und ganz hinter der diplomatischen Initiative der US-Regierung stehen und weitere Sanktionen gegen Iran ablehnen.

Am Vortag der Fortsetzung der Atomverhandlungen mit der 5+1 Gruppe in Wien betonte das US-Außenministerium abermals, dass die Verhandlungen kompliziert, schwer und langwierig sein würden. Wie die Agentur Reuters berichtete, sagte Wendy Sherman die Staatssekretärin im US-Außenministerium am 17. Februar in Wien: "Um wichtige Details zu klären, reichen ein Tag, eine Woche und sogar ein Monat nicht aus." Demgegenüber sagte Irans Außenminister Sarif, der die iranische Delegation führte: "Wir sind davon überzeugt, dass wir zu einer Vereinbarung kommen werden. Mit diesem politischen Willen sind wir nach Wien gekommen", zitierte ihn IRNA.

Am 18. Februar begannen die Verhandlungen zu einer endgültigen Vereinbarung. Zu den wichtigsten Themen gehören die Zahl und Typen der Zentrifugen, die für die Urananreicherung eingesetzt werden. Es scheint, dass der Westen das ursprüngliche Ziel, einen gänzlichen Verzicht Irans auf Urananreicherung zu erreichen, aufgegeben hat. Allerdings soll die Anreicherung soweit eingeschränkt werden, dass die Möglichkeit zur Herstellung von Nuklearwaffen ausgeschlossen wird.

Zudem geht es um die unterirdische Atomanlage Fordo, die der Westen gern gänzlich schließen möchte sowie um den Schwerwasserreaktor in Arak, der ebenfalls still gelegt werden soll. Dazu scheint Iran nicht bereit zu sein. Ein weiterer strittiger Punkt ist die Gültigkeitsdauer des Vertrags. Während der Westen eine Dauer von 25 Jahren anstrebt, möchte Iran die Zeit auf fünf Jahre beschränken, um danach wie ein normales Mitglied des Atomwaffensperrvertrags sein Programm fortsetzen zu können. Die USA drängen auch darauf, dass das iranische Raketenprogramm ebenfalls in die Verhandlungen aufgenommen wird. Iran lehnt mit der Begründung ab, dieses Programm habe mit dem Atomprogramm nichts zu tun. Der wichtigste Punkt für Iran ist die Aufhebung der Sanktionen. Iran fordert, dass mit dem Abschluss eines endgültigen Vertrags sämtliche Sanktionen aufgehoben werden. Demgegenüber wollen die USA und die EU Sanktionen, die die wegen Verletzung der Menschenrechte und Unterstützung terroristischer Gruppen verhängt wurden, fortsetzen.

Bei den dreitägigen Gesprächen in Wien haben alle Beteiligten gutes Vorankommen bescheinigt. EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton sagte: "Es gibt noch viel zu tun und es wird nicht leicht, aber wir haben einen guten Start hingelegt." Nach den "drei produktiven Tagen" habe man das nächste Treffen und die Rahmenbedingungen festgelegt. Auch die US-Außenamtssprecherin, Marie Harf, bezeichnete die Gespräche als "konstruktiv und nützlich". Sarif teilte in Facebook mit, die Gespräche seien sogar besser verlaufen als erwartet.

Die nächste Runde der Verhandlungen soll vom 17. bis 20. März in Wien stattfinden.


ARAGHTSCHI ÜBER SANKTIONEN

Der iranische Vizeaußenminister und Verhandlungsführer bei den Atomgesprächen sagte am 28. Januar der Agentur IRNA zufolge, gemäß dem Genfer Abkommen bedürfe der Handel mit den EU-Staaten bis zu einer Million Euro keiner Zustimmung der Behörden. Ein wichtiges Ergebnis des Abkommens sei, dass die "psychische Belastung der Sanktionen auf Iran allmählich aufgehoben" werde. Zudem habe das Sanktionsregime bereits tiefe Risse bekommen. Zugleich betonte er, dass gemäß der Vereinbarung die USA und EU einen "Kanal für Bankgeschäfte" nennen werden, durch den der Kauf von Nahrungsmitteln, Medikamenten und medizinische Instrumente reibungslos abgewickelt werden könne.

Die Sanktionen der USA und der EU gegen Bankgeschäfte und den Export und Import von Waren haben die iranische Wirtschaft mit zahlreichen Problemen konfrontiert. Den Angaben des Ministeriums für Industrie, Bergbau und Handel zufolge entspräche der Import von medizinischen Geräten, Medikamenten und Nahrungsmitteln einem Wert von rund 18 Milliarden US-Dollar, der nun, nach Meinung von Araghtschi, durch das Genfer Abkommen auf die Hälfte werde. Es seien Banken in Südkorea, Japan und der Schweiz zur Bildung des Finanzkanals im Gespräch, sagte Araghtschi. Als nächster Schritt sei die Aufhebung der Sanktionen über Banken und Finanzen vorgesehen, was nach Araghtschi für die iranische Wirtschaft "von großer Bedeutung" sein wird.


DAS GENFER ATOMABKOMMEN IM IRAN UMSTRITTEN

Das vorläufige Atomabkommen zwischen Iran und der Gruppe-5+1 (UN-Vetomächte plus Deutschland) hat im Iran zur Frontenbildung geführt. Radikale und Teile der Konservativen werfen der Regierung vor, iranische Interessen zu wenig durchgesetzt, der Gegenseite jedoch weitreichende Zugeständnisse gemacht zu haben. Während Präsident Rohani und sein Außenminister Sarif vom größten außenpolitischen Erfolg der Islamischen Republik seit Jahrzehnten sprechen, werfen ihnen die Gegner vor, sich dem Diktat der Gegenseite gebeugt zu haben.

Umstritten ist das Abkommen nicht zuletzt deshalb, weil die Regierung bislang der Veröffentlichung des persischen Textes nicht zugestimmt hat. Nicht einmal die Abgeordneten des Parlaments haben Kenntnis von den Details der Genfer Vereinbarung erhalten. Sie sind auf die Lektüre der Auszüge angewiesen, die in ausländischen Zeitungen erschienen sind sowie auf Kommentare der Politiker in den USA und in Europa.

Eine der konservativen Zeitungen titelte die erste Seite am 29. Januar mit den Worten: "Wir Iraner sind Fremde, USA und Israel Vertraute." 160 Abgeordnete forderten Parlamentspräsident Ali Laridschani auf, Außenminister Sarif zur detaillierten Berichterstattung einzubestellen. Der Abgeordnete Ghassen Dschafari sagte am 28. Januar der Agentur IRNA: "Wir wollen wissen, warum die iranische Seite die Dokumente und Details des Genfer Abkommens nicht veröffentlicht. Die Gegenseite hat Dokumente veröffentlicht, die unsere Verhandlungsdelegation als unkorrekt bezeichnet. Wir sagen, wenn die Dokumente der Gegenseite falsch sind, ist es nicht nachvollziehbar, warum ihr nicht die richtigen Dokumente veröffentlicht."

Die Sprecherin des Außenministeriums Marsieh Afkham, sagte am 29. Januar laut der Zeitung Schargh, die unzufriedenen Abgeordneten hätten keinen weiten Weg, um die Details der Verhandlungen zu erfahren. "Sie brauchen nur an die Tür des Parlamentspräsidenten Ali Laridschani zu klopfen." Er sei im Besitz aller Informationen und könne sie, falls er dies für angebracht halte, den Abgeordneten zur Verfügung stellen. Zudem habe das Außenministerium den Wortlaut des Abkommens nach der Unterzeichnung auf der Webseite des Außenministeriums veröffentlicht. Die Details des Abkommens seien in Form von "Non Paper" mündlich gewesen. Dazu gebe es kein schriftliches Dokument.

Auch Außenminister Sarif versuchte durch eine Notiz in Facebook die Abgeordneten zu beruhigen: "Seien Sie sicher, dass wir mit der Veröffentlichung des Abkommens kein Problem haben." Selbst der Versuch des konservativen Abgeordneten Ahmad Twakoli, die protestierenden Kollegen zu beschwichtigen, blieb ohne Erfolg. Tawakoli sagte, die Vorgehensweise der Regierung sei vernünftig. Man könne nicht den Wortlaut geheimer diplomatischer Verhandlungen "auf der Straße hinaus posaunen".

Am 17. Februar meldete sich Sarif noch einmal in dieser Angelegenheit zu Wort. Die Unterlagen der Atomverhandlungen in Genf seien als geheim eingestuft, sagte er und fragte: "Wo auf der Welt werden geheime Dokumente veröffentlicht?" Den protestierenden Abgeordneten warf er Populismus vor. "Wollen die Kritiker etwa, dass die Einstufung der Dokumente aufgehoben wird?", sagte Sarif. Beide Seiten hätten in Genf vereinbart, die Dokumente geheim zu halten und sie bis zu einem endgültigen Vertrag nicht zu veröffentlichen.

Auf die Frage, ob Iran bei den Verhandlungen bessere Ergebnisse hätte erzielen können, sagte Sarif, er könne sich schwer vorstellen, dass unter den gegebenen Umständen noch mehr hätte erreicht werden können.

Demgegenüber hatte Laridschani drei Tage zuvor erklärt, die Ergebnisse seien zwar in dem von der Islamischen Republik gesetzten Rahmen, aber sie hätten besser sein können.

Am 19. Februar meldete sich auch der Oberkommandierende der Revolutionsgarden, General Mohammad Ali Dschafari zu Wort. "Um in dieser sensiblen Zeit, in der die Atomverhandlungen vorankommen müssen, niemandem einen Vorwand zu liefern, werden wir vorerst mit einem Groll im Hals schweigen", sagte der General laut der Tageszeitung Schargh vom 20. Februar. Ziel der Verhandlungen sei die Aufhebung der für die Bevölkerung bedrückenden Lasten. Aber die Verantwortlichen der Regierung müssten den Feinden der Islamischen Republik gegenüber "entschiedener Position beziehen, "damit unser Nationalstolz nicht in Frage gestellt wird".

Dschafari hatte bereits einen Tag zuvor die USA vor einem militärischen Angriff gegen Iran gewarnt hatte. "Sollte Iran angegriffen werden, werden wir die Gegner innerhalb ihres Landes angreifen", sagte der General.

Zu den Verhandlungen sagte Dschafari, er wisse nicht, wie sie ausgehen werden. "Wir können den Amerikanern nicht trauen. Ich will es nicht hoffen, aber wie es scheint, werden wir Probleme bekommen." Die Verhandlungen könne man nur dann als erfolgreich bezeichnen, wenn die von Iran gesetzten "roten Linien" nicht überschritten würden. Eine Überschreitung werde der Revolutionsführer niemals zulassen.


ANSTURM FRANZÖSISCHER UNTERNEHMEN AUF IRANISCHE WIRTSCHAFT

140 Vertreter von 114 französischen Unternehmen sind am 3. Februar in Teheran eingetroffen, um mit iranischen Politikern und Unternehmern über ihre möglichen wirtschaftlichen Aktivitäten in Iran zu verhandeln. Dieser Ansturm der Investoren - der größte seit Jahrzehnten - zeigte, wie sehr der iranische Markt begehrt ist. Zu den Eingereisten zählten Vertreter großer Konzerne wie Total, Renault oder der Telekom. Auch Vertreter der französischen Regierung zählten zu den Besuchern.

Pierre Moscovici, Frankreichs Finanzminister, sagte dem Fernsehsender LCI am Tag vor dem Abflug der Delegation: "Die Botschaft dieser Reise ist, dass Frankreich - sollten die Sanktionen gegen Iran abgebaut werden - bedeutende Geschäfte mit Iran tätigen kann." Allerdings sei es wichtig, dass Iran seine Zusagen und die akzeptierten Einschränkungen seines Atomprogramms tatsächlich einhalte.

Die Atomverhandlungen zwischen Iran und der 5+1-Gruppe haben zu einem vorläufigen Abkommen und damit auch zu einem vorerst leichten Abbau der Sanktionen gegen Iran geführt. Nun hoffen die Unternehmen, sowohl in Europa als auch in den USA, dass die weiteren Verhandlungen zu einem endgültigen Abkommen und folglich zum vollständigen Abbau der Sanktionen führen werden. Dann wäre der Zugang zu dem sehr lukrativen iranischen Markt offen. Schon jetzt reiben sich die Investoren die Hände. Frankreich scheint hier eine Vorreiterrolle spielen zu wollen, obwohl das Land unter den EU-Ländern politisch am härtesten Iran gegenüber auftrat.

Die Unternehmen betonten, dass sie auf dieser Reise keine Verträge abschließen werden. Es gehe zunächst um die bloße Kontaktaufnahme. Einige Kommentatoren in Iran meinten, dass dieser Ansturm auf die iranische Wirtschaft "Das Tabu der Sanktionen gebrochen" habe.

Auch Unternehmen aus anderen europäischen Staaten wie Deutschland oder den Niederlanden wollen Iran bald besuchen. Unbestätigten Medienberichten zufolge haben auch amerikanische Firmen über ihre Filialen in anderen Ländern zu iranischen Unternehmen Kontakt aufgenommen. Ein Wirtschaftsfachmann schrieb in der Financial Times, "wenn sich europäische Delegationen nach Verhandlung mit Iranern verabschieden, sehen sie Vertreter amerikanischer Unternehmen, die auf dem Weg zu Verhandlungen sind." Am 3. Februar reiste der schwedischen Außenminister nach Teheran. Der polnische Außenminister hatte seinen Besuch für Ende Februar angekündigt.

Die Besucher aus Frankreich sind in verschiedenen Branchen tätig, wie zum Beispiel in der Öl- und Gas-Industrie, der petrochemischen Industrie, in den Sektoren Wasser, Strom Verkehr, Luftfahrt, Schienenverkehr, Schiffbau, Autoindustrie, Bauindustrie, Eisen und Stahl, Kommunikation, Pharmaindustrie, Hightech, Touristik und im Bankwesen.

Mohammad Nahawandian, Kanzleichef des Staatspräsidenten Rohani, sagte laut der Zeitung Schargh vom 4. Februar: "Wenn Europa Bedarf an Energie hat, ist Iran der beste Handelspartner." Der neue politische Kurs in Iran stärkt "ein Win-Win-Verhältnis und hat dem iranischen Markt bereits Sicherheit gebracht. Iran biete mit seinen reichen Bodenschätzen, Öl- und Gasvorkommen, für die nächsten 50 Jahre die besten Voraussetzungen zur Energieversorgung und zum Handel. Es sei gerade für die europäischen Staaten, die sich mehr auf Dienstleistungen stützen und daher in eine Finanzkrise geraten seien, sehr klug, mit einer Wirtschaft zu kooperieren, die mächtige natürliche Ressourcen besitzt. Iran sei gerne bereit, den Investoren günstige Konditionen anzubieten.

Die iranische Autoindustrie ist weitgehend von den beiden französischen Autokonzernen Renault und Peugeot abhängig. Daher wurde sie in den vergangenen zwei Jahren von den

Sanktionen besonders schwer getroffen. Die Firma Renault, die vor den Sanktionen jährlich 100. 000 Fahrzeuge in Iran verkaufte, hat Anfang Februar die Lieferung an Ersatzteilen an Iran wieder aufgenommen. Auch Peugeot beherrschte vor den Sanktionen rund ein Drittel des iranischen Automarkts und verkaufte fast eine halbe Million Fahrzeuge pro Jahr. Damit bildete Iran für Peugeot nach Frankreich den größten Absatzmarkt. Im vergangenen Jahr verbuchte der Konzern im Iran-Geschäft einen Verlust in Höhe von 120 Millionen Euro. Nun will er seine Aktivitäten in Iran so rasch wie möglich wieder aufnehmen.

Ali Ahani, iranischer Botschafter in Frankreich, sagte BBC zufolge am 3. Februar, Frankreichs Handel mit Iran lag vor den Sanktionen bei 4,5 Milliarden Euro. 2013 sank die Summe auf 400.000 Euro.

Zu den Ländern, die am stärksten auf lukrative Geschäfte mit Iran hoffen, gehört auch Deutschland. Der iranische Außenminister Mohammad Dschwad Sarif machte deutschen Unternehmen bei seinem Besuch in Berlin das Iran-Geschäft schmackhaft. "Ein Drittel der iranischen Wirtschaft ist deutsch - darauf können Sie aufbauen", sagte Sarif. Produkte aus Deutschland seien nach wie vor begehrt.

Doch sowohl die Politik als auch die Wirtschaft in Deutschland verhalten sich vorsichtig. Noch bestehen die Sanktionen, noch ist das endgültige Abkommen mit Iran Zukunftsmusik. "Die ersten Entscheidungen zur Lockerung der Sanktionen vom 20. Januar haben überhaupt keine Auswirkung auf unser Alltagsgeschäft", sagte Friedrich Wagner, Außenexperte des Verbands des Deutschen Maschinen- und Anlagenbaus (VDMA) laut einer Meldung der Agentur Reuters vom 3. Februar. Doch das Interesse der deutschen Wirtschaft, wieder in Iran tätig zu werden, ist sehr groß. Das bestätigen permanente Anrufe der Unternehmer bei der Deutsch-Iranischen Handelskammer. "Wir sprechen den ganzen Tag mit Unternehmern, die an Geschäften mit Iran interessiert sind", sagte Direktor Michael Tockuss laut Reuters.

Deutschland war über Jahrzehnte einer der wichtigsten Handelspartner Irans. Doch in den letzten Jahren sank das Handelsvolumen zwischen den beiden Staaten rapide. 2012 lag laut Statistischem Bundesamt der deutsche Export nach Iran nur noch bei knapp drei Milliarden Euro. Zurzeit wird der iranische Markt vorwiegend von China und Russland beherrscht. Russland plant ein umfassendes Wirtschaftabkommen mit Iran. Wirtschaftsminister Alexei Uljukajew kündigte laut Medienberichten seinen Besuch in Teheran für Ende April an. Iranische Medien hatten zunächst den 21. März als Termin genannt. Dabei soll es auch um ein Tauschgeschäft gehen, was Iran ermöglichen würde, trotz Sanktionen seinen Ölexport zu steigern. Demnach würde Iran importierte Waren aus Russland im Werte von 18 Milliarden Dollar mit einer dem Wert entsprechenden Menge Öl bezahlen.

Einige Mitglieder des außenpolitischen Ausschusses im US-Senat zeigten sich über das mögliche Tauschgeschäft besorgt. Ein solches Abkommen würde die Sanktionen unterlaufen und erheblich schwächen, erklärten sie in einer Sitzung am 4. Februar. Die Staatssekretärin im Außenministerium, Wendy Sherman, sagte, die Regierung habe auf "höchster Ebene" versucht, das Abkommen zu verhindern. Die Vereinigten Staaten hätten beide Staaten, Iran und Russland gewarnt, sollte das Abkommen zustande kommen, würden die USA möglicherweise härtere Sanktionen gegen Iran beschließen.

Einem Bericht der Agentur Reuters vom 21. Februar zufolge drängen nun auch amerikanische Firmen auf eine Erlaubnis zu Geschäften mit Iran. Mindestens zwei große Flugzeugbauer, Boeing und General Motors, wollen die vorläufig sechsmonatige Lockerung der Sanktionen gegen Iran nutzen, um Erlaubnis für die Lieferung von Ersatzteilen zu bekommen, hieß es.

Sollte der Verkauf frei gegeben werden, wären dies die ersten Lieferungen nach 35 Jahren. Seitdem haben iranische Maschinen, die zumeist während der Schah-Zeit aus den Vereinigten Staaten importiert worden waren, Schwierigkeiten beim Beschaffen von Ersatzteilen. Dies ist der eigentliche Grund für häufige, folgenschwere Flugzeugabstürze in Iran.

Der Sprecher von General Motors, des größten Produzenten von Düsenmotoren in der Welt, sagte, sein Unternehmen bemühe sich seit 2004 um die Erlaubnis, Ersatzteile nach Iran liefern zu können. Nun hoffe das Unternehmen, die Genfer Vereinbarung werde die Genehmigung ermöglichen.


DIE USA WARNEN DIE UNTERNEHMEN VOR GESCHÄFTEN MIT IRAN

Die Staatssekretärin im Außenministerium, Wendy Sherman und der Staatssekretär für Terrorismus und Finanzierung, David Cohen, warnten vor dem Ausschuss für Außenpolitik des US-Senats vor einen Ansturm auf die iranische Wirtschaft. "Die Reise zahlreicher Unternehmer nach Teheran sende "keine gute Botschaft", sagte Sherman laut Medien am 4. Februar. "Die Besucher erwecken bei der Bevölkerung Hoffnungen auf bessere wirtschaftliche Verhältnisse, die zu Aufruhr führen könnten, wenn sie nicht erfüllt würden." Sherman gab bekannt, dass Außenminister John Kerry seinen französischen Amtskollegen Laurent Fabius in einem Telefonat vor übereilten Geschäften mit Iran gewarnt habe. Der Besuch der französischen Delegation "sei nicht hilfreich", habe er ihm gesagt.

"In den vergangenen Wochen bin ich nach Großbritannien, Deutschland, Italien, Österreich, die Türkei und die Arabischen Emirate mit folgender Botschaft gereist: ,Iran ist nicht für Geschäfte geöffnet. Jeder, der die Sanktionen der USA verletze, werde dafür bestraft", sagte Cohen laut dpa vom 4. Februar.

Auch Präsident Barack Obama warnte laut AP vom 11.Februar in Washington. Die USA würden auf solche Firmen "wie eine Tonne Ziegelsteine" herabstürzen,. Diese Warnung lehnte der französische Präsident Francois Hollande ab. Er habe nicht über die Reisen französischer Unternehmen zu entscheiden und werde dies auch nicht in Zukunft tun. Allerdings werde er den Firmen klar machen, dass die Sanktionen weiterhin in Kraft seien und vor einem endgültigen Abkommen mit Iran nicht aufgehoben würden.

Auch einige Senatoren, sowohl republikanische als auch demokratische, brachten ihre Sorge über die Verhandlungen und die Reaktionen der Wirtschaftunternehmen zum Ausdruck. Sie befürchten, dass es in den nächsten sechs Monaten nicht zu einem endgültigen Abkommen mit Iran käme, das Sanktionsregime jedoch durch die Lockerungen geschwächt werden würde.

Der demokratische Senator Robert Menendez, Vorsitzender des Ausschusses für Außenpolitik, versuchte die Kritiker zu beschwichtigen. Er sagte, das vorläufige Atomabkommen sei nicht ohne Fehler, es habe aber das iranische Atomprogramm vorerst gestoppt, einige Bereiche sogar zurückgeschraubt. "Dadurch bekommen wir Zeit, um über einen endgültigen Vertrag zu verhandeln."

Am 6. Februar haben die USA eine ganze Reihe von Unternehmen wegen Verstoß gegen die Iran-Sanktionen ihrer Schwarzen Liste hinzugefügt. Es sind unter anderem Firmen aus Liechtenstein, Georgien, und der Türkei, denen vorgeworfen wird, für Irans Atomprogramm Technologie geliefert zu haben. Unter den Firmen nannte das US-Finanzministerium auch die Deutsche Forfait (DF), berichtete AFP am 6. Februar. Auch mehrere Verdächtige, die, wie behauptet wurde, Terrorgruppen in Iran und Afghanistan unterstützen, wurden auf die Schwarze Liste gesetzt.


IRANISCHE VOLKSBANK VERLANGT VON LONDON ENTSCHÄDIGUNG

Die iranische Volksbank hat laut BBC am 16. Februar beim britischen Handelsgericht gegen das Finanzministerium des Landes geklagt und vier Milliarden US-Dollar Schadensersatz gefordert. Begründet wird die Klage mit den enormen Schäden, die der Bank bei internationalen Aktivitäten durch die gegen sie verhängten Sanktionen entstanden sind.

Die Klage erfolgte, nachdem das Oberste Gericht in Großbritannien die Sanktionen gegen die iranische Bank als illegal bezeichnet und ihre Aufhebung veranlasst hat. Es gebe keinerlei Beweise für eine Unterstützung des iranischen Atomprogramms durch die Volksbank. Zudem sei die Bank nicht staatlich, hieß es. Die iranische Regierung ist zurzeit mit 19 Prozent an der Bank beteiligt.

Auch der Europäische Gerichtshof hat sich für die Aufhebung der Sanktionen gegen einige iranische Banken ausgesprochen. Iran hofft durch eine dauerhafte Vereinbarung im Atomkonflikt auf die vollständige Aufhebung der Sanktionen.


NEUE BALLISTISCHE RAKETEN GETESTET

Am Vortag vor den Feiern zum Jahrestag der Revolution meldete Teheran, neue ballistische Raketen getestet zu haben. Laut einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA vom 10. Februar handelt es sich um zwei neue Typen. Die Rakete des Typs Bina soll nach Angaben von Verteidigungsminister Hossein Dehghan vielseitig einsetzbar, präzise und von hoher Zerstörungskraft sein. Die Steuerung erfolgt per Laserstrahlen. Präsident Rohani beglückwünschte "das iranische Volk und Revolutionsführer Ali Chamenei zu dem Erfolg".

Neben dem iranischen Atomprogramm ist auch das iranische Raketenprogramm ein Projekt, über das sich die USA und Israel besorgt zeigen. Daher drängen sie, auch das Thema Raketen in die Atomverhandlungen aufzunehmen. Iran lehnt ab, mit der Begründung, das Raketenprogramm sei ein militärisches Projekt und habe mit dem Nuklearprogramm nichts zu tun.

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AUSSENPOLITIK

• Sarif bezeichnete den Holocaust als "grausame Tragödie"
• Sarif trifft Kerry
• Annährungsversuche an Saudi-Arabien
• Teheran und London nehmen diplomatische Beziehung wieder auf
• Erdogan in Teheran
• US-Außenministerium: Sarif für Verhandlungen über Syrien nicht autorisiert
• Welayati lobt Obamas Afghanistan-Politik
• Sanktionen gegen iranische Staatssender ausgesetzt
• Spannungen zwischen Iran und Pakistan


SARIF BEZEICHNETE DEN HOLOCAUST ALS "GRAUSAME TRAGÖDIE"

Der iranische Außenminister Mohammad Dschawad Sarif nutzte seine Reise nach Deutschland zur Teilnahme an der Münchener Sicherheitskonferenz, um in Berlin nicht nur zum Atomkonflikt, sondern auch zu anderen aktuellen Fragen Stellung zu beziehen. In einem Interview mit dem Fernsehsender Phoenix bezeichnete er die Massenvernichtung der Juden im Zweiten Weltkrieg als "eine grausame Tragödie des Umbringens", die "nie wieder vorkommen" dürfe.

Es war nicht das erste Mal, dass iranische Regierungsmitglieder, vor allem Regierungschef Hassan Rohani und Außenminister Sarif, zu diesem wichtigen Thema Stellung nahmen. Offenbar hat die Regierung die Absicht, sich ohne Wenn und Aber von den Attacken des früheren Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad gegen Israel zu distanzieren. Rohani und Sarif schickten im September per Twitter Grüße an alle Juden zum Neujahrsfest.

Medienberichten zufolge spendete Rohani einem jüdischen Krankenhaus in Teheran am 6. Februar umgerechnet 126.000 Euro. Den gleichen Betrag aus staatlichen Mitteln hatte laut IRNA das Dr.-Sapir-Krankenhaus bereits im vergangenen Jahr erhalten. Die Spende wurde dem Chef des Krankenhauses vom Regierungsbeauftragten Hossein Fereydun in Anwesenheit der Ärzte und Angestellten übergeben.

Sarif hatte im Interview mit Phoenix auf die Frage, ob Iran im Falle einer Einigung zwischen Israel und Palästina Israel anerkennen würde, gesagt: "Die Entscheidung darüber werde Iran ohne Druck von außen fällen. Aber die Entscheidung werde keinerlei Wirkung auf die tatsächliche Lage im Nahen Osten haben. Sollten die Palästinenser mit der Lösung des Konflikts zufrieden sein, wird sie niemand von außen umstimmen können. "Das Problem, das seit sechzig Jahren besteht, ist, dass die Palästinenser mit ihrer Lage nicht zufrieden waren. Und sie hatten Recht unzufrieden zu sein."

Diese Äußerungen Sarifs riefen in Iran bei einigen Abgeordneten im Parlament Proteste hervor. Laut Aussage des Abgeordneten Dschawad Karimi Ghoddusi haben 42 Abgeordnete eine entsprechende Anfrage an den Minister unterzeichnet. Ghoddusi gehört der größten Fraktion der Konservativen, der Paydari Front an. In einem Interview mit der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA sagte er: "Unsere Anfrage betrifft kurz gesagt die passive Position des Ministers gegenüber dem Bastard-Regime in Israel und dem Holocaust."

Ausländische Medien hatten den Äußerungen Sarif entnommen, dass eine Anerkennung Israels durch Iran im Falle einer Einigung zwischen Israel und Palästina durchaus möglich sei.

Das Teheraner Außenministerium widersprach dieser Meinung. Vizeminister Hassan Ghaschghai erklärte laut Medien im Namen Sarifs: "Die Position Irans gegenüber Israel ist dieselbe, die die iranische Diplomatie stets vertreten habe." Mit dieser Erklärung wollten sich die protestierenden Abgeordneten jedoch nicht zufrieden geben. Ghoddusi sagte, die Entscheidung über die Lösung des Nahost-Konflikts liege bei den Palästinensern. Der Abgeordnete Ebrahim Mohammadi kritisierte ebenfalls die Äußerungen Sarifs und sagte, es sei nicht nachvollziehbar, warum der Außenminister nicht einmal über andere Themen, wie zum Beispiel über Hiroschima redet. Er wundere sich auch, warum Sarif bei Interviews mit ausländischen Medien nicht auf Persisch, sondern auf Englisch rede.

Indes hatte Parlamentspräsident Ali Laridschani bei den Feierlichkeiten zur neuen Verfassung in Tunis für Eklat gesorgt. Während seiner Rede bezeichnete er Israel als "Krebsgeschwür" und warf den USA vor, zu versuchen, die Revolutionen in den arabischen Staaten scheitern zu lassen. Daraufhin verließ die amerikanische Delegation aus Protest die Versammlung. In einer Erklärung der amerikanischen Botschaft in Tunis hieß es, die Feiern zur Würdigung der neuen Errungenschaften in Tunesien seien durch die iranische Delegation zu einer Arena gegen die USA umfunktioniert worden. Die US-Delegation habe aus Protest gegen die abwegigen Vorwürfe von Laridschani die Versammlung verlassen.

Die Äußerungen Laridschanis stehen im Widerspruch zu dem außenpolitischen Kurs der Regierung Rohani, die eine Öffnung des Landes nach außen und unter anderem auch eine Annäherung an die USA anstrebt.


SARIF TRIFFT KERRY

Außenminister Sarif und sein amerikanischer Amtskollege John Kerry haben sich am Rande der Münchener Sicherheitskonferenz am 2. Februar getroffen. Dies gab das US-Außenministerium bekannt, ohne die Details des Gesprächs mitzuteilen. Dennoch berichtete Reuters, Kerry habe Sarif gegenüber erklärt, dass die von den USA beschlossenen einseitigen Sanktionen gegen Iran weiterhin aufrechterhalten werden. Und AFP berichtete unter Berufung auf einen nicht genannten Mitarbeiter des US-Außenministeriums, Kerry habe Sarif um Unterstützung für die Freilassung der amerikanischen Staatsbürger Robert Levinson, Amir Hekmati und Said Abedini gebeten.

Hekmati und Abedini, beide iranischer Abstammung, befinden sich in iranischer Haft. Ihnen wird Spionage und Mitarbeit bei ausländischen Geheimdiensten vorgeworfen.

Levinson, ehemaliger Mitarbeiter von FBI, ist seit seinem Besuch auf der iranischen Insel Kisch im Persischen Golf 2007 verschwunden. Sein Aufenthaltsort ist nicht bekannt. Die Suche der USA nach ihm ist bislang ohne Erfolg gewesen.

Das US-Außenministerium bestätigte zwar das Treffen von Sarif mit Kerry, dementierte jedoch alle Meldungen über den Inhalt des Gesprächs zwischen den beiden Ministern.


ANNÄHRUNGSVERSUCHE AN SAUDI-ARABIEN

Zwischen Iran und Saudi-Arabien bestehen seit Jahren Spannungen und Rivalitäten. Es ist nicht nur das iranische Atomprogramm, das die Saudis befürchten lässt, bald eine Atommacht in unmittelbarer Nachbarschaft zu haben. Zwischen den beiden Staaten gibt es eine ganze Reihe weiterer Konfliktpunkte. Saudi-Arabien wirft Iran vor, seinen Einfluss in den arabischen Staaten durch die Mobilisierung schiitischer Minderheiten ausweiten zu wollen. Im Irak, in Syrien und in Libanon stehen sich die beiden Staaten als Kriegsteilnehmer gegenüber. Die Saudis unterstützen die Sunniten, darunter auch radikal-islamistische Gruppen, während die Iraner den Schiiten beistehen.

In den vergangenen Jahren hat Saudi-Arabien als wichtigster Partner der USA und Europas seine politische Position in der Region ausbauen können, während Iran von den Kriegen in Afghanistan und im Irak stark profitiert hat. Nun zeichnet sich eine Annäherung zwischen Iran und den USA bzw. der EU ab. Offenbar hat sich im Iran die Einsicht durchgesetzt, dass das Land von einer Öffnung nach außen, insbesondere in Richtung Westen weit mehr profitieren könnte als von einer radikalen Politik und dem Verharren in der Isolation. Auch die USA und die EU scheinen erkannt zu haben, dass die Lösung der akuten Probleme im Nahen und Mittleren Osten ohne eine Kooperation der Islamischen Republik kaum möglich wäre. Zudem würde eine Versöhnung mit dem Land westlichen Unternehmen wieder Zugang zu dem lukrativen iranischen Markt verschaffen. Nun befürchtet Saudi-Arabien, durch diese Annährung seine bisherige Rolle als wichtigster Partner des Westens zu verlieren.

So gesehen befindet sich Iran zurzeit in einer besseren Position und kann sich daher leisten, die Konflikte mit Saudi-Arabien herunterzuspielen. Hochrangige Politiker Irans sind zurzeit bemüht, die Beziehungen zu Saudi-Arabien zu normalisieren. Außenminister Mohammad Dschawad Sarif sagte laut Reuters am 3. Februar während seines Aufenthalts in Deutschland vor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in Berlin, Iran und Saudi-Arabien sollten trotz der Konkurrenz in der Golfregion zusammenarbeiten und bei der Lösung der Konflikte im Nahen Osten mit einander kooperieren. "Die Interessen von Saudi-Arabien und Iran sind dieselben - beide können keine Stärkung des Extremismus in der Region wollen."

Zum Syrien-Konflikt sagte Sarif: "Syrien ist kein Schlachthaus für Extremisten, Syrien ist vielmehr ein Nährboden für Extremisten - genau wie Afghanistan." Die Meinungsunterschiede zwischen Teheran und Riad seien in Bezug auf den Syrien-Konflikt nicht größer als die zwischen Teheran und Ankara. Da gebe es jedoch eine Annäherung der Standpunkte und Versuche der Kooperation.

Sarif forderte den Rückzug ausländischer Kämpfer aus Syrien. In diesem Fall wäre Iran bereit, "auf den syrischen Präsidenten einzuwirken, um einen Waff enstillstand zu erreichen". Die Fehleinschätzung, das syrische Regime durch Bewaffnung der Opposition stürzen zu können, habe bereits 150.000 Menschenopfer gekostet. Die Vorstellung, den syrischen Konflikt militärisch lösen zu könne sei "eine Illusion".

Zu Irans Atomprogramm sagte Sarif, Iran brauche keine Atomwaffen. Iran sei mit konventionellen Waffen die stärkste Militärmacht in der Region. "Würden wir wirklich nach Atombomben streben, würden sich andere Länder sofort die Unterstützung anderer Mächte außerhalb der Region suchen - das würde uns schwächen."


TEHERAN UND LONDON NEHMEN DIPLOMATISCHE BEZIEHUNG WIEDER AUF

Das britische Außenministerium erklärte am 20. Februar: "Mit dem heutigen Tag werden die Beziehungen zwischen Großbritannien und Iran auf der Ebene nicht ortsansässiger Geschäftsträger wieder aufgenommen." Damit werde es die Vertretung durch Drittstaaten nicht mehr geben. Auf iranischer Seite gab der für Europa und die USA verantwortliche Staatssekretär im Außenministerium, Madjid Tachtrawantschi, die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Staaten bekannt. "Ab heute sind die Landesflaggen über dem jeweiligen Botschaftsgebäude gehisst worden", sagte er.

Die Botschaftsgeschäfte übernehmen für Großbritannien Ajdi Scharma und für Iran Mohammad Hassan Habibollahsadeh.

Die diplomatischen Beziehungen zwischen Teheran und London wurden, nachdem im November 2011 Demonstranten die britische Botschaft gestürmt hatten, auf Eis gelegt. Danach wurden die Interessen Großbritanniens durch die schwedische Botschaft und die Irans durch die Botschaft Omans vertreten.

Nun fehlt noch ein letzter Schritt zu vollen diplomatischen Beziehungen, die dann bestehen würden, wenn beide Länder offiziell Botschafter in das jeweilige Land entsenden.

Die Wiederannäherung zwischen Teheran und London erfolgte nach der Wahl Hassan Rohanis. London begrüßte die Wahl Rohanis zum Präsidenten und schickte Glückwünsche nach Teheran. Im September vergangenen Jahres nahmen die Außenminister, Mohammad Dschwad Sarif und William Hague telefonischen Kontakt auf und vereinbarten die Wiederaufnahme der Beziehungen.


ERDOGAN IN TEHERAN

Ende Januar besuchte der türkische Ministerpräsident Tayip Erdogan Iran. Alles deutet darauf hin, dass die beiden Nachbarstaaten Iran und die Türkei um den Ausbau ihrer Beziehungen und die Beilegung ihrer Differenzen bemüht sind. Selbst die Differenzen über die Krise in Syrien, die die Atmosphäre zwischen Teheran und Ankara über längere Zeit trübten, verlieren durch eine allmähliche Annäherung der Positionen an Bedeutung. So bezeichnete Revolutionsführer Ali Chamenei beim Empfang Erdogans, während seines eintägigen Besuchs in Teheran am 29. Januar "die Brüderschaft und Liebe zur Freundschaft" zwischen beiden Staaten als "einzigartig". Er sagte laut IRNA: "Die großen Kapazitäten auf beiden Seiten, bilden eine gute Basis für weitere Vertiefungen der Beziehungen", was für beide Staaten eine größere Stabilität und raschere Entwicklung bringen werde.

Erdogan erwiderte; "Ich betrachte Iran als meine zweite Heimat." Das Gespräch mit Präsident Rohani und anderen Verantwortlichen sei sehr positiv gewesen. Er verwies auf einige Abkommen, die er während des Besuchs unterzeichnet habe und sagte: "Ich hoffe, dass die Intensivierung der Beziehungen zwischen den beiden Staaten zum "Vorbild in der Region und in der ganzen Welt" werde. Das Abkommen über den "Hohen Rat der Zusammenarbeit zwischen Iran und der Türkei" sei sehr wichtig. "Wir werden unsere Beziehung soweit ausbauen, dass die Minister beider Staaten das Gefühl haben, einer gemeinsamen Regierung anzugehören."

Gastgeber der türkischen Delegation, der neben Erdogan auch die Außen-, Wirtschafts-, Kultur und Energieminister der Türkei umfasste, war der erste Vizepräsident Eshagh Dschahangiri. Er und Erdogan unterzeichneten vier Abkommen. In der gemeinsamen Pressekonferenz sagte Dschahangiri, in Bezug auf den Gasexport sei weitgehend Einigkeit erzielt worden, er hoffe, dass es bald zu einem Vertrag komme. Beide Seiten seien bestrebt, bis 2015 das Handelsvolumen zwischen beiden Ländern auf 30 Milliarden Dollar steigern zu können. 2012 lag es bei knapp 22 Milliarden, fiel jedoch 2013 auf 13 Milliarden herab.

Dschahangiri meinte, mit der Genfer Atomvereinbarung sei nun auch der Weg für den Ausbau der Beziehungen zwischen Iran und der Türkei offen. Erdogan bezeichnete die rasche Ausweitung der Wirtschaftsbeziehungen beider Länder als erstrebenswert und notwendig. Die Türkei sei infolge seiner raschen Industrialisierung auf Energie, vor allem auf Erdgas aus Iran angewiesen.

Auch politisch scheinen sich die beiden Staaten näher zu kommen. Erdogan, der bereits vor seiner Reise betont hatte, dass sich die Türkei gemeinsam mit Iran um die Lösung der Krise in Syrien bemühen wolle, betonte nun: "Iran und die Türkei vertreten in Bezug auf den Terrorismus dieselbe Position und können auch in diesem Bereich konstruktiv zusammenarbeiten.

Bei den vier Abkommen handelt es sich um ein Abkommen über einen "Gemeinsamen Rat zur Zusammenarbeit", ein "Gemeinsames Komitee für den Handel", den "Austausch von Informationen zwischen den beiden staatlichen Agenturen IRNA und Anadolu Aja nsi" und die "Sonderregelung der Zolltarife". Weiter sollte ein Kulturabkommen zwischen Teheran und Ankara unterzeichnet werden, was jedoch nicht erfolgte. Der iranische Kultusminister, Ali Dschannati sagte: "Wir haben einige Vorschläge zum Kulturaustausch gehabt, über die noch nicht diskutiert worden ist." Es sei vereinbart worden, das Abkommen beim Besuch Rohanis in der Türkei zu unterzeichnen. Auch ein Abkommen über die Zusammenarbeit bei der Produktion von Filmen, sei bis zum Türkeibesuch Rohanis vertagt worden.

Beim Gespräch mit Präsident Rohani betonten beide Politiker die Absicht, die Zusammenarbeit der Privatwirtschaft beider Staaten zu stärken. "Die Türkei und Iran können ihre Beziehungen in allen Bereichen der Wirtschaft wie zum Beispiel beim Bau von Kraftwerken und Raffinerien ausbauen und in der Gas- und Ölindustrie gemeinsame Projekte durchführen." Ferner sollte man die überaus günstigen Möglichkeiten beider Staaten für Tourismus nutzen. Erdogan sagte: "Ein Ziel, das wir anstreben, ist der freie Handel zwischen den beiden Staaten."

Rohani kam auch auf die Krise in Syrien zu sprechen. Die beiden Staaten Türkei und Iran seien mächtig genug, um den Terrorismus zu neutralisieren, sagte Rohani. Auch die humanitäre Hilfe für die syrische Bevölkerung gehöre zum wichtigen Anliegen beider Staaten. Diese Hilfe könne, besonders in der Winterzeit, zumindest einen Teil der Probleme des syrischen Volkes lösen. Auch Fragen der Sicherheit in der Region gehörten zu gemeinsamen Aufgaben, die in Kooperation mit anderen Regionalmächten geleistet werden müssten. Dazu sagte Erdogan: "Iran und die Türkei reagieren sensibel auf den Terrorismus. Es gibt Gruppen, die im Namen des Islam aktiv sind, aber in Wahrheit mit dem Islam nichts gemein haben. Wir werden, Schulter an Schulter mit Iran den Kampf gegen den Terrorismus ausweiten."


US-AUßENMINISTERIUM: SARIF FÜR VERHANDLUNGEN ÜBER SYRIEN NICHT AUTORISIERT

Das US-Außenministerium erklärte, das Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif nicht autorisiert sei, um mit den USA über Syrien zu verhandeln. Jen Psaki, Sprecherin des State Department, sagte am 4. Februar, Sarif habe bei seinem Treffen am Rande der Münchener Sicherheitskonferenz am 2. Februar seinem Amtskollegen John Kerry gegenüber erklärt, dass er zu Verhandlungen über Syrien nicht autorisiert sei. Die beiden Politiker sprachen über die Verhandlungen zum iranischen Atomkonflikt.

Kerry habe sich besorgt bei der Begegnung mit Sarif auch über den langsamen Ablauf der Abschaffung von Chemiewaffen aus Syrien und die humanitäre Lage des Landes geäußert und die Notwendigkeit eines raschen Machtwechsels betont, sagte Psaki. Sarif habe erwidert, er sei nicht autorisiert, über dieses Thema zu verhandeln. Daher hätten die beiden Minister nur über den Atomkonflikt gesprochen, hieß es.

Einige westliche Beobachter sind der Meinung, dass der Kurs der iranischen Außenpolitik in Bezug auf Syrien von den Pasdaran (Revolutionsgarden) bestimmt werde. Das Außenministerium habe darüber keine Macht.

Während die USA Iran bei der Lösung der Syrienkrise nur unter der Bedingung einbeziehen wollen, dass Iran die Resolution der ersten Genfer Syrienkonferenz unterzeichnet und damit einem Machtwechsel in Damaskus zustimmt, was Iran ablehnt, stimmen die meisten Staaten, darunter auch einige Staaten der EU für eine Einbeziehung Irans.

Am 30. Januar traf eine vierköpfige internationale Delegation, der so genannten "Elders", unter der Leitung des ehemaligen UN-Generalsekretärs Kofi Annan zu einem dreitägigen Besuch in Teheran ein, um Iran zur Unterstützung bei der Lösung der Syrien-Krise aufzufordern. Am Ende des Besuchs sagte Annan, die Delegation habe offene und ehrliche Gespräche in Teheran geführt. "Wir haben uns davon überzeugt, dass Iran aufgrund seiner historischen Rolle und seiner Möglichkeit der Einflussnahme in der Lage sei, eine wichtige Rolle bei der Herstellung von Sicherheit und Stabilität in der Region zu spielen. Iran bildet einen Teil der Lösung der Krise in Syrien."

Begleitet wurde Annan vom ehemaligen Präsidenten Finnlands, Martti Ahtisaari, dem ehemaligen anglikanischen Erzbischof und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu und von Ernesto Zedillo, dem früheren Präsidenten Mexikos. Die vier einflussreichen Politiker wurden 2007 von dem damaligen Präsidenten Südafrikas, Nelson Mandela, eingeladen, um sich gemeinsam für eine weltweite Durchsetzung von Frieden und Menschenrechten einzusetzen. Zu der Gruppe, die in London ihren Sitz hat, gehören unter anderem auch der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter und der gegenwärtige Syrienbeauftragte der UNO, Lakhdar Brahimi.

Die Delegation führte Gespräche mit Präsident Rohani, Außenminister Sarif und Akbar Haschemi Rafsandschani, Vorsitzender des Schlichtungsrats und ehemaliger Staatspräsident.


WELAYATI LOBT OBAMAS AFGHANISTAN-POLITIK

Der frühere iranische Außenminister und gegenwärtige außenpolitische Berater des Revolutionsführers Ali Chamenei hat die Politik des US-Präsidenten Barack Obama in Afghanistan gelobt und sie als "vernünftig" bezeichnet.

Es ist sehr ungewöhnlich, dass sich ein hochgestellter iranischer Politiker, der zudem dem Revolutionsführer nahe steht, lobend über die amerikanische Politik in Afghanistan äußert. Bei einem Treffen mit einem ehemaligen Ministerpräsidenten Irlands am 2. Februar erwähnte Welayati laut IRNA die Terroranschläge vom 11. September in New York und Washington und den darauf folgenden Einmarsch der USA und ihrer Verbündeten in Afghanistan. Der damalige Präsident George W. Bush habe Soldaten nach Afghanistan geschickt, während Obama nun dabei sei, sie zurückzuholen, sagte Welayati. Zurzeit hätten die USA nur noch sieben Stützpunkte in Afghanistan. Der von Obama beorderte Rückzug sei "klug und vernünftig". Welayati betonte, dass Iran und andere Nachbarstaaten Afghanistans eine Präsenz der US-Streitkräfte in dem Land ablehnen.


SANKTIONEN GEGEN IRANISCHE STAATSSENDER AUSGESETZT

Einer Meldung der AP vom 7. Februar zufolge, hat ein ranghoher Vertreter der US-Regierung mitgeteilt, dass die USA vorübergehend die Sanktionen gegen die iranischen Staatssender ausgesetzt hätten. Zudem habe das Weiße Haus festgestellt, das Teheran keine Gefahr mehr für "schändliche Satellitenstörungen" darstelle.

Die Blockadeversuche der Medienanstalt gegen ausländische Kanäle hatten die USA im vergangenen Jahr dazu veranlasst, die iranischen Sender mit Sanktionen zu bestrafen. Die Maßnahme wurde auch damit begründet, dass Menschenrechtsorganisationen von der Verbreitung falscher Informationen durch die Sender berichtet hätten, sagte der Regierungsvertreter, dessen Namen die Agentur nicht nennt. Im Falle von erneuten Blockadeversuchen würden die Sanktionen wieder eingesetzt.

Mit der Aufhebung der Sanktionen können nun ausländische Unternehmen, ohne Furcht, bestraft zu werden, den iranischen Staatssendern Satellitendienste anbieten.


SPANNUNGEN ZWISCHEN IRAN UND PAKISTAN

Die häufigen Terroranschläge an der iranisch-pakistanischen Grenze durch militante Gruppen und zuletzt die Geiselnahme von fünf iranischen Grenzsoldaten haben zu Spannungen zwischen den Nachbarstaaten Iran und Pakistan geführt.

Am 7. Februar wurden fünf Grenzsoldaten in der Provinz Siatan-Belutschistan im Osten Irans verschleppt. Die Verantwortung übernahm eine Gruppe mit dem Namen Dscheisch al Adl. Am 9. Februar bestellte das Außenministerium in Teheran den pakistanischen Botschafter ein und protestierte gegen ungenügende Grenzkontrollen, berichtete ISNA. Dabei wurde auf die Ereignisse der letzten Monate an der pakistanisch-iranischen Grenze verwiesen und auf den Umstand, dass Terroristen die durchlässigere Grenze nutzten, um immer wieder aus Pakistan heraus Terroranschläge im Iran durchzuführen. Das Ministerium verlangte Nachweise für das Leben der Geiseln, größte Anstrengungen zu ihrer Befreiung sowie die Festnahme und Bestrafung der Täter.

Der pakistanische Botschafter habe sein Bedauern über den Vorfall bekundet und versprochen, entsprechende Untersuchungen einzuleiten, um die Täter festzunehmen, berichtet die Agentur. Iran hatte mit der Entsendung eigener Truppen zur Befreiung der Geiseln gedroht. Pakistan warnte im Gegenzug vor einem Eindringen iranischer Streitkräfte auf das pakistanische Staatsgebiet. "Iranische Truppen haben keine Befugnis, unsere Grenzen zu überschreiten", hieß es in einer Stellungnahme des pakistanischen Außenministeriums vom 18. Februar. Es sei keinesfalls bewiesen, dass sich die Geiseln auf pakistanischem Territorium aufhielten.

Die Gruppe Dscheisch al Adl, die sich als Verteidigerin der islamischen Sunniten in der Region bezeichnet, hatte bereits zuvor die Verantwortung für einige Terroranschläge übernommen. Im Oktober vergangenen Jahres erklärte sie sich für den Mord an vierzehn iranischen Grenzbeamten und mehrere Verletzten verantwortlich. Im Gegenzug wurden von iranischer Seite 16 Gefangene hingerichtet, die beschuldigt worden waren, an Terroranschlägen beteiligt gewesen zu sein, was im In- und Ausland Proteste hervor gerufen hatte.

Am 16. Februar veröffentlichte die Gruppe Dscheisch al Adl eine Videoaufnahme von den fünf verschleppten iranischen Grenzsoldaten durch den Sender Al Arabia. Darin bittet einer der Soldaten, die Forderungen der Kidnapper zu akzeptieren, damit er und seine Kameraden freigelassen werden. Die Gruppe fordert die Freilassung von 200sunnitischen Männern und 50 sunnitischen Frauen, die angeblich in Syrien von iranischen Pasdaran (Revolutionsgarden) gefangen gehalten werden.

Iran lehnt Verhandlungen mit der Gruppe ab, die sie als terroristisch bezeichnet. Die Verschleppung der Soldaten hat heftige Reaktionen in Iran ausgelöst. Zahlreiche Iraner verurteilten die Terrorgruppe, sie erklärten ihre Solidarität mit den Geiseln und forderten deren Freilassung.

Am 23. Februar erklärte Irans Innenminister Abdolreza Rahmani Fazli, die Ermittlungen gegen die Gruppe Dscheisch al Adl würden fortgesetzt und die pakistanische Regierung habe volle Unterstützung versprochen. "Pakistan ist ein befreundeter Staat und unser Nachbarstaat. Wir kooperieren miteinander und werden versuchen, in Ruhe die Probleme zu lösen", sagte der Minister vor Journalisten. Eine Delegation aus Teheran befinde sich bereits in Pakistan. "Wir werden den Verantwortlichen die Unterlagen vorlegen und erwarten ernsthafte Ermittlungen."

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Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Bernd Asbach
V.i.S.d.P.: Annette Maennel
13. Jahrgang

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Quelle:
Iran-Report Nr. 03/2014 - März 2014 / 13. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. März 2014