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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/317: Iran-Report Nr. 4 - April 2014


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 4 - April 2014
Eine Zusammenfassung aktueller Ereignisse im Iran

von Bahman Nirumand



Mit der Wahl Hassan Rohanis zum iranischen Präsidenten und dessen Amtsantritt am 3. August 2013 wurde in der iranischen Politik ein bedeutender Wandel eingeleitet. Besonders augenfällig ist dies im Kurswechsel der Atompolitik. Die Öffnung der iranischen Politik nach außen und die Ankündigung innenpolitischer Reformen werden im Land von den konservativen Kräften heftig bekämpft. Der Widerstand lässt Rohani und seiner Regierung wenig Spielraum.

Der Iran-Report wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus. Auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen, sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter.


INNENPOLITIK

• Kultur ist wichtiger als Wirtschaft
• Rohani: Mit Druck und Polizeimaßnahmen lassen sich die Probleme der Kultur nicht lösen
• Parlament contra Regierung
• In Erwartung des Verborgenen Imam Mahdi
• Sieben Jahre Haft für eine Studentin
• Festnahme von Derwischen
• Internationaler Frauentag in Iran
• In Iran bahnt sich eine Umweltkatastrophe an
• Sakineh Aschtiani auf Hafturlaub


KULTUR IST WICHTIGER ALS WIRTSCHAFT

Bei einer Rede zum Beginn des neuen Jahres sagte Revolutionsführer Ali Chamenei am 21. März in der heiligen Stadt Maschad im Nordosten Irans: "Die Kultur ist wichtiger als die Wirtschaft, die Kultur gleicht der Luft, die wir einatmen. Saubere Luft hat eine eigene Wirkung und schmutzige Luft eine andere Wirkung." Chamenei sagte weiter: "Das iranische Volk muss sich stärken. Ein Volk, das schwach ist lässt sich unterdrücken, internationale Erpresser werden von ihm Tribut verlangen, es unterwerfen und beleidigen".

Chamenei wiederholte seine Forderung nach einer "Wirtschaft des Widerstands": "Lasst uns die Hände reichen und die Wirtschaft zur Blüte bringen. Wartet nicht darauf, dass die Feinde die Sanktionen aufheben."

Hintergrund dieser Aufforderung ist der Fakt, dass sich die iranische Wirtschaft seit einigen Jahren in einer bedrohlichen Krise befindet, denn die iranische Währung hat stark an Wert verloren. Eine noch nie da gewesene hohe Inflationsrate von über 40 Prozent, gepaart mit einem Negativwachstum der Wirtschaft von knapp sechs Prozent stellen die Regierung vor kaum zu bewältigende Aufgaben. Nun sollen die Abhängigkeit von der Ölindustrie soweit wie möglich reduziert und die Staatsausgaben drastisch eingeschränkt werden. Zurzeit ist die Regierung bemüht, durch Verhandlungen mit der Gruppe 5+1 die Aufhebung der Wirtschaftssanktionen zu erreichen.

Deshalb ist nach Meinung Chameneis die Kultur noch wichtiger als die Wirtschaft. "Das Erstarken eines Volkes hängt nicht allein von seiner militärischen Kraft ab. Das Volk kann nur stark werden, wenn sich Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft koordiniert entwickeln", sagte Chamenei. "Kultur bedeutet Glaube an Überzeugungen, Gewohnheiten und an alles, womit die Menschen zu tun haben."

Der Revolutionsführer ist davon überzeugt, dass die Feinde der Islamischen Republik ihre Pfeile gegen die Kultur richten. "Die Verantwortlichen müssen wachsam sein gegen die kulturelle Einflussnahme der Feinde. Die Einflussnahme ist sehr gefährlich. Daran sind nicht nur die Feinde, sondern auch wir selbst schuld", sagte Chamenei. Man könne nicht gegenüber jenen, die Zweifel über die Grundsätze der Islamischen Republik verbreiten, schweigen. "Auch die Freiheit muss Grenzen haben", erklärte das Staatsoberhaupt. "Man kann nicht von Freiheit sprechen, wenn Leute die Axt an die Wurzeln des Staates legen; genauso wenig kann man von Freiheit sprechen, wenn jemand Heroin oder andere Giftstoffe unter die Leute bringt. Daher kann man nicht untätig bleiben, wenn versucht wird, mit Hilfe der Kunst oder Literatur den Glauben und die Überzeugung der Menschen in Zweifel zu ziehen." Weiter sagte der Revolutionsführer: "Kann man schweigen und untätig bleiben, wenn jemand sich ironisch über nationale Unabhängigkeit äußert, die Abhängigkeit durch Theorien legitimiert, die moralischen und religiösen Werte beleidigt, die persische Sprache und die besondere Eigenschaften der Iraner als primitiv darstellt, die Unmoral verbreitet und den Nationalstolz unserer Jugend in Frage stellt? Kann man solche verderblichen Machenschaft dulden?" Und er antwortet selbst: "Nein, das ist keine Freiheit, man muss gegen solche Leute vorgehen."

Auch im Westen gäbe es "rote Linien", sagte Chamenei. Niemand wage es in Europa, sich frei über den Holocaust zu äußern. "Dabei ist es nicht klar, ob es sich um Tatsac hen handelt und wenn ja, dann ist es immer noch nicht klar, wie es sich zugetragen hat. Eine Meinungsäußerung über den Holocaust zählt zu den größten Straftaten." "Wie können sie (die westlichen Regierungen) von uns erwarten, dass wir unsere roten Linien nicht ernst nehmen?"

Chamenei warnte die Verantwortlichen für Kultur, sich nicht von dem "Lärm der ausländischen Medien und Medien im Inland, die in dasselbe Horn blasen", einschüchtern zu lassen.


ROHANI: MIT DRUCK UND POLIZEIMAßNAHMEN LASSEN SICH DIE PROBLEME DER KULTUR NICHT LÖSEN

Bei einer Rede auf dem Fest der Presse und Agenturen am 8. März in Teheran verteidigte Rohani laut iranischen Medien die Freiheit der Meinungsäußerung und betonte, dass er seine im Wahlkampf abgegebenen Versprechen zum Schutz der Pressefreiheit einlösen werde.

"Kritiker und Gegner der Regierung sind frei und werden weiterhin frei sein, aber es muss auch erlaubt sein, dass auch die Befürworter der Regierung dieselbe Freiheit und Sicherheit genießen", sagte Rohani. Er nannte keine Namen, aber offensichtlich meinte er die Einschränkungen und Verbote, die liberalen und unabhängigen Zeitung und Online-Diensten auferlegt werden, während die rechte Presse uneingeschränkt, auch oft unsachlich und emotional die Regierung angreift und sich auch nicht vor Verbreitung von Unwahrheiten scheut. "Wie kommt es, dass manche Zeitungen, die sich als Sprachrohr des Volkes wähnen, mit einem Panzer geschützt sind, den weder die Regierung noch die Justiz durchbrechen dürfen?", fragte Rohani. "Alle Zeitungen sollten dieselben Rechte genießen. Aus der Sicht der Regierung sind sie alle gleich, selbst dann, wenn manche sich besser als die anderen vorkommen sollten."

Wieso sei es in den vergangenen 35 Jahren nicht gelungen, die Kultur in unserem Land zufriedenstellend zu entwickeln, fragte Rohani. "Wenn eine Entwicklung mit Druck und polizeistaatlichen Maßnahme möglich gewesen wäre, müssten wir heute nicht um die Kultur besorgt sein." Das Problem der Drogensucht, die Zunahme der Scheidungsraten, gesellschaftliche Auseinandersetzungen und Spaltungen die Missachtung politischer Regelungen sowie soziale und moralische Probleme seien in erster Linie auf die Schwäche der Kultur zurückzuführen.

Die wichtigste Kraft, die gegen das Verderben eingesetzt werden könne, sei die Presse, sagte Rohani. "Die Namen der Korrupten dürfen nicht 'in der Tasche des Regierungschefs versteckt' bleiben." Die Presse habe die Aufgabe, die Namen zu veröffentlichen und die Betreffenden zu entlarven. Dies war eine Anspielung auf eine wiederholte Äußerung Ahmadinedschads, der behauptete, eine Liste der Namen von 'Korrupten in der Tasche zu haben' und drohte, sie zu veröffentlichen, was er allerdings nie tat.

Rohani beklagte sich auch darüber, dass die Regierung zur Förderung der Kultur nicht genügend Möglichkeiten habe. Der größte Teil der Gelder, die im Staatshaushalt für die Kultur vorgesehen sei, stehe nicht der Regierung zur Verfügung, sondern Instanzen, über die die Regierung keine Kontrolle habe. "Dieses und andere Probleme zwingen die Regierung, die angekündigten Reformen in kleinen Schritten zu realisieren", sagte Rohani.

In seiner Neujahrsbotschaft stellte Rohani das Ende der Sanktionen in Aussicht. "Wir haben große Schritte gemacht und werden das auch weiter tun", sagte er am 20 März. Er kündigte an, dass der Atomstreik noch in diesem Jahr beendet werde. Der Vorgängerregierung von Ahmadinedschad warf er vor, wie eine Lokomotive ohne Bremse gefahren zu sein und damit dem Land geschadet und es in die Isolation getrieben zu haben. "Diese Lokomotive haben wir jetzt angehalten", sagte der Präsident.


PARLAMENT CONTRA REGIERUNG

Der Agentur IRNA zufolge gab der Vizevorsitzende des Aufsichtsrats des Parlaments, Hossein Mosaffar, am 9. März bekannt, dass Abgeordnete in den letzten drei Monaten insgesamt 1213 Anfragen an die Regierung gestellt haben. Bereits für das vergangene Vierteljahr hatte Mosaffar die Zahl von 1429 Anfragen registriert. Das bedeutet, dass die Regierung innerhalb von einem halben Jahr mit 2642 Anfragen konfrontiert wurde. Dies sei fünfmal höher als die Zahl der Anfragen, die an die Vorgängerregierung von Mahmud Ahmadinedschad gerichtet wurden, sagte Mosaffar.

Die meisten Anfragen kamen von den Mitgliedern der Fraktion "Paydari Front". Diese Fraktion hatte bei den letzten Präsidentschaftswahlen für den ultrakonservativen Kandidaten Said Dschalali, den früheren iranischen Atomverhandlungsführer, gestimmt.

Präsident Rohani beklagte sich vor einigen Wochen über die Häufigkeit der Anfragen und Einbestellungen. "Abgeordnete haben das Recht, Anfragen zu stellen. Aber die Häufigkeit steht in keinem Verhältnis zu der Arbeit, die die Kabinettsmitglieder zu bewältigen haben", sagte er. "Oft stehen auch die Anfragen nicht im Einklang mit den Gesetzen und Bestimmungen. Daher dürfen die Minister, die auf solche Anfragen nicht reagieren, nicht dafür gescholten werden." Oft nähmen die Sitzungen, in denen die Anfragen beantwortet werden, bis zur vier Stunden Zeit in Anspruch, fügte Rohani hinzu.


IN ERWARTUNG DES VERBORGENEN IMAM MAHDI

Der Vorsitzende des Wächterrats, Ahmad Dschannati, kündigte laut der Agentur ISNA die baldige Rückkehr des Verborgenen Imam Mahdi an. Mahdi war der letzte Nachfolger des Propheten Mohammed, der nach schiitischem Glauben verschwunden war und eines Tages zurückkehren wird, um überall auf Erden Gerechtigkeit walten zu lassen.

Vor einer Versammlung in der südlichen Provinz Fars sagte der einflussreiche Geistliche Dannati, der auch als Freitagsprediger in der Hauptstadt auftritt, die Vorbereitungen zu der Rückkehr seien getroffen. Man könne jetzt auf die baldige Ankunft hoffen. "Der Imam Mahdi wird seine Freunde und Weggefährten nicht im Stich lassen. "Wir müssen uns vorbereiten, um seine Befehle auszuführen."

Auch andere Geistliche, die dem Revolutionsführer Ali Chamenei nahe stehen, hatten bereits zuvor von der baldigen Rückkehr Mahdis gesprochen. So sagte vor kurzem der Geistliche Ali Saidi, Beauftragter Chameneis bei den Revolutionsgarden, dass national, regional und international die Vorbereitungen für die Rückkehr des Imam Mahdi getroffen werden müssten: "Die Rückkehr naht."

Dschannati zeigte sich besorgt über die Umbesetzungen in der Regierung und Verwaltung und sagte, es müsse genau geprüft werden "wer die neuen Leute sind, welche Fähigkeiten sie haben und was sie für die Zukunft des Landes planen". Er verwies auf eine Nachricht, wonach seit der Regierungsübernahme Rohanis 30.000 Stellen umbesetzt worden seien. Sollte sich die Nachricht bestätigen, müsse man sie sehr ernst nehmen, sagte Dschannati.

Zugleich äußerte Dschannati seine Freude darüber, dass der Revolutionsführer "alle Vorgänge im Land unter seine Kontrolle" gebracht habe. "Es kommt oft vor, dass wir ihn über ein Ereignis informieren wollen, aber dann feststellen, dass er längst darüber Bescheid weiß."

Dschannati ist einer der prominentesten Vertreter der Ultrarechten in der Islamischen Republik. Die Ansichten die er vertritt, stehen im krassen Gegensatz zu den Positionen seines Sohnes Ali Dschannati, dem Minister für Kultur und Islamische Führung.


SIEBEN JAHRE HAFT FÜR EINE STUDENTIN

Die Studentin Marjam Schafii, die sich bei den Präsidentschaftswahlen 2009 für den Kandidaten Mehdi Karrubi engagiert hatte, wurde laut dem Internetdienst "Kalameh" am 3. März zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt. Ihr wurden Propaganda, Versammlung und Organisationsbildung gegen die Islamische Republik, Unterzeichnung von oppositionellen Erklärungen und Zusammenarbeit mit verbotenen Internetseiten vorgeworfen. Laut Kalameh sagte ein Verwandter Schafiis, sie sei in der Untersuchungshaft schwer gefoltert worden - was auch in ihrer Gerichtsakte vermerkt worden sei. Dennoch habe man sie nicht zu den erwünschten Geständnissen zwingen können. Es gäbe keinerlei Beweise für ihre Schuld.

Kalameh zitierte eine informierte Person, die berichtet habe, dass in der Akte von Schafii die Aussage eines Untersuchungsbeamten stehe, in der der Betreffende erklärt, er habe unwillkürlich gegen das Stuhlbein treten wollen, habe aber den Rücken und die Rippen der Gefangenen erwischt. Auch Schafii selbst habe bei Besuchen ihren Eltern von Folterungen berichtet, berichtet Kalameh. Die Eltern hätten diese Äußerungen jedoch nicht öffentlich gemacht, um die Lage ihrer Tochter nicht zu verschlimmern.

Die Studentin wurde am 27. Juli vergangenen Jahres festgenommen. Die ersten zwei Monate verbrachte sie in einer Einzelzelle im Eviner Gefängnis, danach wurde sie ins Frauengefängnis gebracht. Vor ihrer Haft war sie als Studentin der Agrarwissenschaften an der Internationalen Universität in der Stadt Ghaswin exmatrikuliert worden. Sie ist die erste Studentin, die seit der Regierungsübernahme von Hassan Rohani zu einer langjährigen Gefängnisstrafe verurteilt wurde.


FESTNAHME VON DERWISCHEN

Der Webseite "Madschzubane-Nur" vom 8. März zufolge, haben Sicherheitskräfte streikende Derwische angegriffen und zahlreiche von ihnen festgenommen. Wie die Webseite berichtet, hatten sich rund zweitausend Derwische vor der Staatsanwaltschaft in Teheran versammelt, um ihre Solidarität mit den gefangenen Derwischen zu bekunden. Augenzeugen schätzten die Zahl der festgenommenen Derwische und deren Unterstützer auf 500.

Bereits am frühen Morgen hätten Sicherheitsbeamte die Zugänge zur Staatsanwaltschaft versperrt. Dennoch gelang es den Derwischen, dorthin zu gelangen. Sie hatten die Aktion bereits Tage zuvor angekündigt und erklärt, dass sie sich am 8. März versammeln werden, um gegen den Mangel an medizinischer Versorgung ihrer inhaftierten Glaubensbrüder zu protestieren. Zudem erklärten sie, dass sie aus Solidarität mit den neun Derwischen, die sich im Gefängnis im Hungerstreik befinden, in ihren eigenen Häusern einen Hungerstreik durchführen werden.

Präsidentenberater Ali Yunesi hatte kürzlich das Vorgehen radikal-religiöser Gruppen und der Sicherheitskräfte gegen die Derwische kritisiert.


INTERNATIONALER FRAUENTAG IN IRAN

In der Hauptstadt Teheran versammelten sich rund 200 Frauen zum internationalen Frauentag. Zu den Rednerinnen gehörten Azam Taleghani, Nargess Mohammadi, Nassrin Sotudeh und Schahla Lahidschi. Zu den Hauptthemen gehörten die Gesetzesvorlage zur "Bevölkerungspolitik und Familie" und Einschränkungen der Aktivitäten der Frauenrechtlerinnen. Zuvor hatten mehr als 300 Frauenrechtlerinnen in einer Erklärung vor "Frauenarmut" gewarnt. Die Politik zur Förderung des Bevölkerungswachstums und eine mögliche Privatisierung des Gesundheitssystems werden zum Nachteil von Frauen führen, hieß es.

Indes berichteten einige Webseiten über eine Verhaftung von Jugendlichen am 8. März in der Stadt Sanandasch in der Provinz Kurdistan. Ohne den konkreten Grund zu nennen, hieß es, die Verhaftungen seien im Zusammenhang mit Aktivitäten zum internationalen Frauentag erfolgt. Die Webseite Kordpa berichtete über die Festnahme von drei Frauen. Diese Berichte wurden offiziell nicht bestätigt.

Versammlungen zum Frauentag wurden bislang in Iran meist verboten oder nur unter erheblichen Einschränkungen erlaubt. Die letzte große Demonstration, an der mehrere Tausend Frauen und Männer teilnahmen, fand im ersten Jahr der Revolution von 1979 statt. Sie richtete sich gegen die Frauenpolitik der islamischen Machthaber, insbesondere gegen den Kleidungszwang.


IN IRAN BAHNT SICH EINE UMWELTKATASTROPHE AN

Seit Regierungsübernahme durch Präsident Hassan Rohani äußern sich die Verantwortlichen immer deutlicher über die katastrophale Lage der Umwelt in Iran. Am häufigsten wird dabei über Wasserprobleme gesprochen. Das Thema ist nicht neu. Doch die jüngsten Studien verdeutlichen die Krise, die auch für die Bewohner bei der Verknappung des Trinkwassers sowie in der Bewässerung der Landwirtschaft immer spürbarer werde, schreibt Hamed Beheschti im persisch sprachigen BBC-Online. Zwar ist in Iran die Lage noch nicht so schlimm, wie in manchen Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas. Aber der gegenwärtige Verbrauch des Grundwassers und das Absinken der Erdoberfläche in verschiedenen Gegenden des Landes weisen deutlich auf nahende Gefahren, die bereits zum Austrocknen des Urumieh- und Bachtegan-See geführt haben. Der frühere Landwirtschaftsminister, Issa Kalantari, wird in dem BBC-Bericht mit den Worten zitiert: "Die Wasserkatastrophe stellt Iran vor Gefahren, die weitaus größer sein könnten als ein militärischer Angriff von außen."

Die staatlichen Investitionen der letzten zwei Jahrzehnte konzentrierten sich weitgehend auf die Atomindustrie, die für die Wasser- und Stromversorgung eingesetzt werden soll. Die Diskussionen der letzten Jahre über die iranische Atomindustrie drehten sich hauptsächlich um die technischen Fähigkeiten und politischen Folgen; über die Folgen für die Umwelt wurde dagegen kaum gesprochen, schreibt Beheschti.

Nach einer Einschätzung der Weltbank von 2007 lag der Wert der Umweltzerstörung in Iran bei rund zehn Milliarden Dollar pro Jahr, was knapp neun Prozent des Bruttosozialprodukts ausmache. In den Mitgliedstaaten der OECD lag der Wert der Umweltzerstörung zu der Zeit im Durchschnitt bei einem bis zwei Prozent. Selbst in den Staaten des Nahen Ostens und Nordafrikas liegt der Wert niedriger.

Das Projekt zur Produktion von 20.000 Megawatt Atomstrom setzt den Einsatz von 3.500 Tonnen Brennstoff voraus, schreibt Beheschti. Sollte der gesamte Brennstoff im Inland aus den Uranreserven produziert werden, würde dies zu einer ernsthaften radioaktiven Verseuchung der Luft und zu einem erheblich größeren Verbrauch des Grundwassers in verschiedenen Teilen des Landes führen. Deren Folgen würden ohne Zweifel auch die gesamte Landwirtschaft in Mitleidenschaft ziehen. Zudem besitzt die Region um den Persischen Golf herum kaum noch Kapazitäten zur Lagerung des Atommülls. So betrachtet ist eine Umweltkatastrophe bereits vorprogrammiert.


SAKINEH ASCHTIANI AUF HAFTURLAUB

Der Menschenrechtsbeauftragte der iranischen Justiz, Mohammad Dschwad Laridschani, gab am 18. März bekannt, dass Sakineh Aschtiani, die Frau, die 2006 wegen außerehelicher Beziehung zum Tode durch Steinigung verurteilt worden war, wegen "guter Führung im Gefängnis" Hafturlaub bekommen habe. Die Agentur Fars hatte sogar von einer Begnadigung berichtet, was offiziell nicht bestätigt wurde. Der Fall hatte weltweite Proteste hervorgerufen.

"Sakine Aschtiani ist die Frau, die ihren Mann getötet hatte und gemäß dem Vergeltungsrecht zum Tode verurteilt worden war", sagte Laridschani. "Im Ausland wurde behauptet, sie sei wegen Ehebruch zum Tode verurteilt worden." Die Menschrechtsabteilung der Justiz habe Spenden gesammelt und so das Blutgeld bereitgestellt. Damit wurde das Urteil auf zehn Jahre Haft reduziert.

Das Vergeltungsrecht gehört zum Bestandteil der islamischen Gesetzgebung. Angehörige des Opfers können entscheiden, ob der Täter mit derselben Tat bestraft wird oder stattdessen eine Geldstrafe an die Angehörigen zahlen muss. Sie können aber auch von einer Strafe absehen und dem Täter verzeihen. Die Familie des Opfers verzichtete auf die Todesstrafe gegen Aschtiani.

Die Justiz hatte, als sie 2010 das Urteil revidierte, sich nicht mehr auf das Vergeltungsrecht berufen, sondern Aschtiani wegen Beteiligung an Tötung ihres Mannes verurteilt. Das Todesurteil durch Steinigung wurde nicht, wie Laridschani sagte, wegen Tötung, sondern wegen Ehebruchs ausgesprochen.

*

KULTUR

• Kulturminister will Internet-Einschränkungen aufheben
• Zeitung Bahar für sechs Monate verboten
• Kulturminister im Hagel der Kritik
• Neuer Preis für Filmemacher Farhadi
• Wochenzeitschrift Dey verboten


KULTURMINISTER WILL INTERNET-EINSCHRÄNKUNGEN AUFHEBEN

Kulturminister Ali Dschannati will Internet-Einschränkungen aufheben. Vier Millionen Iraner kommunizierten in Facebook und 71 Prozent der Einwohner Teherans benutzen Satellitenantennen, um ausländische Sender zu sehen, sagte Dschannati laut iranischen Medien am 2. März in Teheran. Das sei aber laut Gesetz verboten. So gesehen, befänden sich täglich Millionen Menschen außerhalb der Legalität, betonte der Minister. Seine Regierung sei daher der Meinung, dass die bestehenden Einschränkungen nicht aufrechterhalten werden könnten. "Wir können uns nicht vor der Außenwelt verschließen. Man kann nicht unter dem Vorwand, moralische Werte schützen zu wollen, alles verbieten." Der Minister bezeichnete einige Maßnahmen, die nach der Revolution durchgesetzt wurden als "lächerlich". Er betonte, seine Regierungen habe nicht die Absicht, der Bevölkerung Einschränkungen aufzuzwingen. Die Bestimmungen müssten der heutigen Zeit angepasst werden.

Die Zensur der sozialen Medien bildet einen Streitpunkt zwischen der Regierung und anderen staatlichen Instanzen. Konservative betrachten die sozialen Medien wie Facebook und Twitter als "feindliche Instrumente zu einem samtenen Krieg" gegen die Islamische Republik. Das Absurde ist, dass ein Teil der Staatsführung und nicht zuletzt Revolutionsführer Ali Chamenei diese sozialen Netzwerke benutzen.

Dschannati betonte, dass seine Regierung bei ihrem Bestreben nach Lockerung der Einschränkungen bereits Erfolge erzielt habe. In der Ära der Vorgängerregierung habe das Informationsministerium für einige Schriftsteller Schreibverbot angeordnet. Nun habe sein Ministerium mit dem Informationsministerium vereinbart, dass künftig jedes Buch nach seinem Inhalt und nicht nach seinem Autor beurteilt werde. Sollte ein Buch inhaltlich nicht problematisch sein, werde es zur Veröffentlichung freigegeben. Entscheidend sei jedenfalls der Inhalt und nicht der Autor.

Auch das Reisen von Kulturschaffenden soll nach den Worten des Ministers künftig erleichtert werden. "Wir werden dafür sorgen, dass Reisen nach Iran oder von Iran ins Ausland frei und ohne Probleme erfolgen können", sagte Dschannati.

Dschannati, der vor Mitgliedern der iranischen Handelskammer sprach, sagte, es sei bedauerlich, dass die Wirtschaft sich bislang zu wenig um Kultur gekümmert habe. So seien kulturelle Einrichtungen und Kulturschaffende hauptsächlich auf die Hilfe des Staates angewiesen. Dabei sei die Kultur ein Bereich, in dem auch die Wirtschaft aktiv werden und dabei Profite erzielen könnte.

Dschannati kam auch auf die Probleme der Filmproduktion zu sprechen. Die Branche habe mit finanziellen Problemen zu kämpfen, sagte er. Die Kinos seien marode und könnten lediglich 30 Prozent des Raumbedarfs decken. Sein Ministerium werde versuchen, diese Probleme zu beseitigen. Geplant sei der Bau von 20 bis 30 neuen Kinos. Auch das Verlagswesen habe große Probleme zu bewältigen. Die Regierung sei dabei, durch Abkommen mit persisch sprachigen Ländern für diese Branche Erleichterungen zu schaffen. Grundsätzlich sei die Regierung davon überzeugt, dass durch eine offene Atmosphäre und durch die Lockerung von Einschränkungen das Engagement sowohl bei den Kulturschaffenden als auch bei deren Unterstützern erheblich zunehmen werde. "Wir halten uns bereits an diesem Grundsatz", sagte der Minister. So hätten zum Beispiel Bücher, die seit sieben, acht Jahren in der Zensurbehörde liegen, inzwischen die Erlaubnis zur Veröffentlichung erhalten. "Die Entwicklung muss in allen Bereichen der Kultur, der Wirtschaft und auch der Politik koordiniert und gleichzeitig erfolgen. Die Kultur kann sich nur entwickeln, wenn es eine offene Atmosphäre und eine Vielfalt der Meinungen gibt ."

Die Einschränkungen, die dem populären Sänger Schadjarian auferlegt wurden, seien nicht vom Kulturministerium angeordnet worden, sagte Dschannati. Sein Ministerium bemühe sich, die Aufhebung dieser Einschränkungen durchzusetzen. "Die Politisierung des Falls Schadjarian hindert uns daran, ihn mehr als erforderlich zu engagieren."

Zu dem Fall des Filmemachers Bahram Beyzai, sagte der Minister, dass er keine größeren Probleme haben werde, wenn er in Iran Filme produzieren wolle. Ferner verwies Dschannati darauf, dass das Informationsministerium inzwischen seine Klage gegen den Verband iranischer Journalisten zurückgezogen habe. Damit habe er die Hoffnung, dass der Verband seine Arbeit bald wieder aufnehmen könne.


ZEITUNG BAHAR FÜR SECHS MONATE VERBOTEN

Einem Bericht der staatlichen Agentur IRNA vom 4. März zufolge, sagte der Herausgeber der liberalen Zeitung Bahar, Said Puasisi, die Zeitung, die bereits seit Ende Oktober ihre Erscheinung einstellen musste, sei von einem Gericht zu sechs Monaten Erscheinungsverbot verurteilt worden. Er selbst sei zu 91 Tagen Haft mit Bewährung verurteilt worden.

Die Tageszeitung Bahar hatte, nachdem ein von ihr veröffentlichter Artikel heftige Proteste ausgelöst hatte, freiwillig ihr Erscheinen eingestellt. Der umstrittene Artikel trug den Titel: "Imam, politischer Führer oder Vorbild des Glaubens". Zwei Tage später hatte das Presseaufsichtsgremium das Erscheinen der Zeitung verboten und eine Klage gegen sie eingereicht.

Autor des Artikels ist Ali Asghar Gharawi. Er schrieb, dass Imam Ali, der vierte Kalif nach Mohammed, den die Schiiten als rechtmäßigen Nachfolger des Propheten anerkennen, nie nach politischer Macht gestrebt habe. Zudem habe er das Recht seiner Vorgänger, Nachfolger des Propheten Mohammeds zu sein, nie in Frage gestellt. Diese Ansicht widerspricht der Meinung der Schiiten, die die ersten drei Kalifen nicht als rechtmäßigen Nachfolger Mohammeds anerkennen. Der Autor wurde festgenommen, nachdem die Proteste zunahmen. Bei dem Prozess gegen die Zeitung, der am 5. Januar begonnen hatte, wurde Bahar Verbreitung von Unzucht und moralisch verwerflichen Fotos, Propaganda gegen die Islamische Republik, Verbreitung von antiislamischen Ansichten, Beleidigung der islamischen Grundsätze und Verbreitung von Unwahrheiten über die Verfassung der Islamischen Republik vorgeworfen.


KULTURMINISTER IM HAGEL DER KRITIK

Der Minister für Kultur und islamische Führung, Ali Dschannati, ist neben dem Außenminister Mohammad Dschawad Sarif, das Kabinettsmitglied, das am heftigsten von den Ultras und Konservativen kritisiert wird. Die liberale Zeitung Etemad hat sich in ihrer Ausgabe vom 4. März in einem Artikel mit dieser Kritik auseinandergesetzt.

"Die Kritik und die Anfeindungen gegen den Kulturminister nehmen kein Ende, sie werden von Tag zu Tag ernster und machen in den Medien Schlagzeilen. Die jüngste Attacke ist die Einbestellung des Ministers ins Parlament", schreibt die Zeitung.

Die Aufforderung erfolgte durch "Kommission 90", eine Einrichtung des Parlaments, an die sich laut Verfassung jeder Bürger mit Klagen gegen die Justiz, Legislative und Exekutive wenden kann. Die Kommission ist verpflichtet, dieser Klage nachzugehen und falls nötig, juristische Maßnahmen zu verlangen. Nun haben einige Abgeordnete am 3. März eine Klage gegen Dschannati eingereicht und diese mit der Zunahme der Beleidigungen gegen islamische Grundsätze begründet. Zahlreiche Bürger und Instanzen hätten bei der Kommission gegen den Minister Beschwerde eingelegt, hieß es. Namen wurden nicht genannt.

Grundsätzlich geht es bei den Attacken gegen den neuen Kurs der Regierung in der Kulturpolitik. Die Regierung beruft sich dabei auf das Votum des Volkes und fordert die Kritiker auf, die Meinung der Mehrheit zu akzeptieren. Doch die Radikalen fürchten sich vor einem kulturellen Wandel und versuchen den neuen Kurs mit allen Mitteln zu verhindern.

Anlässe für Proteste gibt es genug. Die jüngsten Kritiken richten sich gegen das Verhalten des Kulturministeriums gegenüber regierungsunabhängigen Zeitungen, zum Beispiel gegenüber den Zeitungen Aseman und Bahar, die inzwischen von der Justiz verboten wurden. Dem Kulturministerium wird vorgeworfen, dass er nicht von sich aus gegen die beiden Zeitungen tätig wurde. Auch die Vorführung gesellschaftskritischer Filme wie "assabani nistam" (ich bin nicht wütend) und "Rastakhis" (Auferstehung) auf dem Teheraner Filmfestival erregten bei den Ultras viel Unmut.

All dies veranlasste den ultrarechten Prediger Ahmad Chatami zum Beispiel zu dem Vorwurf, das Ministerium versäume seine Kontrollpflichten: "Jene, die nun meinen, mit der geringen Lockerung der Zügel die Heiligtümer des Islam beleidigen zu können, irren sich", sagte Chatami. "Die Zeiten, in denen ihr den Islam beleidigen konntet und dabei auch von einigen Verantwortlichen unterstützt wurdet, sind längst vorbei. Denn die Menschen in unserem Land sind bereit, bis zum letzten Atemzug die islamischen Heiligtümer zu schützen und erlauben niemandem, sie zu verunglimpfen."

Die Attacken gegen Dschannati begannen heftig zu werden, als er im September vergangenen Jahres das 'Haus des Kinos', das seit drei Jahren geschlossen war, wieder eröffnete. Einen ersten Höhepunkt erreichten die Proteste, als Dschannati meinte, es gäbe eine ganze Reihe religiöser Instanzen, die gegen Sologesänge von Frauen nichts einzuwenden hätten. Damit nicht genug, der Minister habe sich auch noch für freien Zugang zu sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter ausgesprochen.

Die Front gegen Dschannati ist bereits aufgebaut. Es ist zu vermuten, dass es bald zu einer Kraftprobe kommen wird, deren Ausgang ungewiss ist.


NEUER PREIS FÜR FILMEMACHER FARHADI

Der international bekannte iranische Filmemacher Asghar Farhadi erhielt am 25. Februar in Paris die Auszeichnung "Officier des Arts et Lettres". Das ist ein französischer Orden, der jährlich vom französischen Kulturministerium an Personen verliehen wird, "die sich durch ihr Schaffen im künstlerischen oder literarischen Bereich oder durch ihren Beitrag zur Ausstrahlung der Künste und Literatur in Frankreich und in der Welt ausgezeichnet haben". Der französische Kulturminister Aurélie Filippetti würdigte Farhadis Werk von den ersten Filmen bis zu seinem letzten Film "Le Passé" (das Vergangene), der in Frankreich spie lt. Die Filme Farhadis hätten weltweit Popularität erreicht, weil der Filmemacher versuche, seine Charaktere objektiv darzustellen, sagte der Minister. "Wir sind stolz, dass Farhadi Paris als Schauplatz seines neuen Films ,Le Passé' gewählt hat."

Farhadi verwies in seiner kurzen Dankesrede auf große iranische Schriftsteller, die ihn in seiner Jugend durch ihre Schriften zum Schreiben ermuntert hätten. "Zwei der besten von ihnen, Sadegh Hedayat und Gholamhossein Saedi, ruhen auf einem Friedhof in Paris", sagte Farhadi. "Mit diesem Hinweis möchte ich Ihren Blick auch auf die iranische Literatur und auf iranisches Theater lenken; Künste, in denen junge Künstler trotz aller Schwierigkeiten Bedeutendes hervorgebracht haben."

Farhadi ist 1972 in der Provinz Isfahan geboren. Seinen eigenen Angaben zufolge begann er bereits mit 13 Jahren Filme auf acht- und 16 Millimetern zu drehen. In Teheran studierte er Theaterwissenschaften. Danach arbeitete er als Autor und Regisseur beim Jugendtheater in der Stadt Isfahan. Während dieser Zeit verfasste er auch Stücke für den Hörfunk und inszenierte Fernsehsendungen. Seinen ersten internationalen Preis erhielt er 2003 beim Filmfestival in Moskau für den besten Darsteller in dem Film "Tanz im Staub". Ein Jahr später wurde er beim Filmfestival in Warschau für seinen zweiten Film "Die schöne Stadt" ausgezeichnet.

2009 erhielt Farhadi für seinen Film "Alles über Elly" bei der Berlinale den Goldenen Bären. Als er mit demselben Film sich zur Teilnahme am Teheraner Fadjr Festival bewarb, wurde er nicht zugelassen, weil die bekannte Schauspielerin Golschifteh Farahani in dem Film die Hauptrolle spielte.

Farahani ist inzwischen eine international bekannte Schauspielerin. Seit 2000 spielte sie in mehrfach preisgekrönten Filmen. Im September 2008 wurde vorübergehend an der Ausreise aus Iran gehindert. Die damals 25-Jährige Schauspielerin spielte neben Leonardo DiCaprio und Russell Crowe in dem Film "Der Mann, der niemals lebte" und hatte danach ein Rollenangebot in einem weiteren Hollywoodfilm bekommen. Iranische Schauspieler brauchen eine Sondergenehmigung des Kulturministeriums, um in ausländischen Filmen mitspielen zu können. 2012 erzählte sie in einem Spiegel-online-Interview, dass sie sieben Monate lang von den iranischen Behörden unter Druck gesetzt worden war. Ihr wurde vorgeworfen, die Sicherheit Irans zu gefährden. Auch sei ihr eine Zusammenarbeit mit der CIA unterstellt worden. 2009 beschloss Farahani, Iran zu verlassen. Seitdem lebt sie in Frankreich.

Als Farhadi 2010 im Haus des Kinos in Teheran mit seinem Film "Alles über Elly" für die beste Regie den ersten Preis erhielt, sagte er: "Ich wünschte, die Lage in meinem Land wäre so, dass Golschifteh Farahani und auch Bahram Baizai wieder in die Heimat zurückkehren und Amir Naderi und Dschafar Panahi wieder in Iran Filme produzieren könnten."

Diese Äußerung rief sogleich konservative Medien auf den Plan. Die Webseite "Dschahan News forderte das Kulturministerium auf, Farhadi die Erlaubnis für den Film "Nader und Simin - eine Trennung", der gerade gedreht wurde, zu entziehen. Die Tageszeitung Kayhan warf dem Filmemacher "Zusammenarbeit mit Umstürzlern" vor. "Farhadi versuche mit der Pose eines Oppositionellen und mit verderblichen Äußerungen die Gunst ausländischer Medien und Filmproduzenten zu erkaufen", schrieb Kayhan.

Der Film "Nader und Simin" wurde dennoch produziert und bekam zahlreiche internationale Preise, unter anderem einen Oscar und Golden Globe Award für den besten fremdsprachigen Film.


WOCHENZEITSCHRIFT DEY VERBOTEN

Das Presseaufsichtsgremium hat am 18. März die Zeitschrift Dey verboten, berichtete die Agentur Fars. Ali Resa Moaf, Chefredakteur von Dey, bestätigte das Verbot und erklärte, Grund des Verbots sei die Kritik der Zeitschrift gegen die Atompolitik, Wirtschafts- und Kulturpolitik der Regierung.

Der verantwortliche Herausgeber Hamid Rasai schrieb in seinem Blog, der für die Presse zuständige Staatssekretär im Kulturministerium habe ihn angerufen und erklärt, die Zeitschrift habe mehrmals Verwarnungen ignoriert. Daher sei sie nun verboten worden.

Das Presseaufsichtsgremium beruft sich auf die Paragraphen 8 und 11 der Pressegesetze, die Beleidigungen und Denunzierungen von staatlichen Instanzen, Ämtern und Personen sowie Verbreitungen von Unwahrheiten untersagen. Das Gremium kann eine Zeitung oder Zeitschrift verbieten und muss innerhalb einer Woche der Justiz die Akte übergeben. Das Urteil der Justiz wird ungeachtet der Entscheidung des Aufsichtsgremiums gefällt.

Es kommt sehr selten vor, dass eine konservative, rechts orientierte Zeitung verboten wird, meist sind es unabhängige, liberale Zeitungen, die verboten werden. Der Geistliche Hamid Rasai ist Mitglied der Paydar-Front, die einen ultrakonservativen Kurs verfolgt, der natürlich auch von der Zeitschrift propagiert wird. Offenbar ist sie in ihrer Kritik gegen die Regierung so weit gegangen, dass sich das Aufsichtsgremium gezwungen sah einzugreifen. Den letzten Anlass bot vermutlich die scharfe Kritik gegen die vorläufige Atomvereinbarung, die die Zeitschrift mit einem Gifttrunk verglich. Dieser Begriff wurde von Ayatollah Chomeini benutzt, als er seine Zustimmung zum Waffenstillstand im Krieg zwischen Iran und Irak (1980-1988) widerwillig erteilte.

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WIRTSCHAFT

• Atomkonflikt
• Preise fast doppelt so hoch wie vor zwei Jahren
• Rekord der negativen Entwicklung des Wirtschaftswachstums
• Japanische Unternehmer zu Investitionen in Iran aufgefordert
• Bau weiterer Atomreaktoren geplant


ATOMKONFLIKT

Je länger die Atomverhandlungen dauern, desto lauter und schärfer wird die Kritik der Radikalen gegen den außenpolitischen Kurs der Regierung; inzwischen ist die Kritik so laut und scharf, dass Präsident Rohani sich genötigt sah, Politiker und Militärs zu mahnen, auf konfrontative und militante Rhetorik zu verzichten: "Wir wollen ja keinen Krieg, aber manchmal reden wir so, als wollten wir einen, und das provoziert die Gegenseite", sagte er am 1. März der Nachrichtenagentur Fars zufolge. "Wir verfolgen in der Außenpolitik Entspannung und Vertrauen mit der Welt." Die Diplomaten stünden an der vordersten Front und seien bemüht, Spannungen gar nicht erst aufkommen zu lassen, sagte der Präsident.

Am 3. März äußerte sich den Chef der Internationalen Atombehörde, Yukia Amano, zufrieden über die Erfüllung der in der vorläufigen Vereinbarung mit der 5+1-Gruppe vereinbarten Verpflichtungen, die Iran eingegangen ist. Inzwischen sei mit der Umsetzung sieben weiterer Maßnahmen begonnen worden. Iran habe bereits - wie erwünscht - die Hälfte des hoch angereicherten Urans auf ein niedriges Niveau reduziert. Alles verlaufe planmäßig, berichtete Amano dem Gouverneursrat. Daher seien, wie vereinbart, am 1. März 450 Millionen Dollar vom bis dato eingefrorenen iranischen Guthaben freigegeben worden. Zugleich betonte Amano, dass es bis zur Aufhebung aller Sorgen um das iranische Atomprogramm noch ein langer Weg sei.

Während alle an den Verhandlungen Beteiligten das Einlenken Teherans im Atomkonflikt begrüßen, äußert Israel weiterhin scharfe Kritik. Ministerpräsident Netanjahu und seine Regierungsmitglieder vertreten die Auffassung, dass Iran von seinem angeblichen Plan, Nuklearwaffen zu produzieren, nicht abgekommen sei. Die sanften Töne aus Teheran dienten nur dem Zeitgewinn, meinen die Israelis. Die USA versuchen, Israels Bedenken auszuräumen.

Am 3. März empfing Präsident Barack Obama Netanjahu im Weißen Haus und versicherte ihm, dass die USA eine nukleare Bewaffnung Irans mit aller Kraft verhindern würden. Netanjahu sagte, es gebe einig Unstimmigkeiten zwischen Tel Aviv und Washington. "Die wichtigste Unstimmigkeit betrifft ohne Zweifel das iranische Atomprogramm. Meiner Meinung nach kann Iran an einer nuklearen Bewaffnung nur dann tatsächlich gehindert werden, wenn wir die Urananreicherung gänzlich verbieten und das Land zwingen, alle Atomanlagen zu schließen."

Am 4. März sicherte Außenminister John Kerry Israel abermals die Unterstützung Washingtons zu. In einer Rede vor der pro-israelischen Lobbyorganisation AIPAC, sagte Kerry, die Verhandlungen dienten dazu, Iran zu testen. "Sie können sicher sein: Wenn Iran diesen Test nicht besteht, wird Amerika Israel nicht enttäuschen." Die USA würden Israel "jeden Tag der Woche und jeden Schritt des Weges" begleiten, zitierte dpa den Minister.

Kerry nannte drei Bedingungen, um auf Sanktionen und militärische Maßnahmen gegen Iran zu verzichten: Erstens, jede Möglichkeit zum Bau von Nuklearwaffen müsse mit Sicherheit ausgeschlossen werden; zweitens, es müsse gesichert sein, dass Iran nur friedliche Absichten verfolge und drittens, das iranische Atomprogramm müsse durch- und überschaubar sein, damit - sollte Iran einen neuen Kurs einschlagen - sofort darauf reagiert werden könne. "Sie haben mein Wort, die Vereinigten Staaten werden nur ein Abkommen unterzeichnen, das (diese) drei kritischen Fragen richtig beantwortet", sagte Kerry. "Wir werden das (eine nukleare Bewaffnung Irans) nicht zulassen - Punkt, Ende der Geschichte."

Am 4. März verteidigte Irans Präsident Hassan Rohani auf einer Pressekonferenz den außenpolitischen Kurs seiner Regierung, durch Verhandlungen den Atomkonflikt zu lösen. Dabei werde Iran sein Atomprogramm in einem "vertrauenswürdigen Rahmen" fortsetzen.

Rohani verwies auf die Genfer Vereinbarung und das darin gesicherte Recht Irans zur Urananreicherung. "Unsere Rechte sind geschützt und ich betone, dass Iran unter keinen Umständen die Überschreitung dieser roten Linie dulden wird", sagte der Präsident.

Am 10. März erklärte die iranische Atombehörde, der "Ton" bei den Verhandlungen mit der Internationalen Atombehörde (IAEA) habe sich spürbar verändert und sei zufrieden stellend. Der Sprecher der Behörde, Behruz Kamalwandi, sagte, diese Wende habe mit dem Besuch Amanos in Teheran am 8. November begonnen und zu einer gemeinsamen Erklärung zwischen Amano und dem Chef der iranischen Atombehörde Ali Akbar Salehi geführt. "Wir haben jetzt eine offene Atmosphäre", sagte Kamalwandi.

Am 12. März veröffentlichte die ultrakonservative Webseite Tasnim News (www.tasnimnews.com) Fragen der Parlamentsabgeordneten an Außenminister Sarif über Atomverhandlungen und die Beziehungen zwischen Iran und den USA. Eine Frage lautet: "Ist es nicht Zeit, dass Sie auf die Beleidigungen der USA und das undiplomatische Verhalten westlicher Politiker, unterstützt durch das revolutionäre Volk und seine Märtyrer, eine Reaktion zeigen, die dem Außenminister der Islamischen Republik würdig ist?" Die nächste Frage lautete: "Jetzt sind die Regierungen im Westen und insbesondere die Regierung in den Vereinigten Staaten bei den Verhandlungen mit Iran in eine Sackgasse geraten und versuchen daher, die Aufmerksamkeit auf Nebensächlichkeiten wie die Menschenrechte zu lenken. Auch die Sensibilität, die der Westen, vor allem die EU und ihre englische Außenbeauftragte (Ashton) beim Treffen mit einem Mitglieder des amerikanischen Vereins zur Verteidigung der Menschenrechte (gemeint ist Nargess Mohammadi, Mitglied des Vereins zur Verteidigung der Menschenrechte in Iran) zeigt, gehört zu den eingesetzten Druckmitteln gegen Iran. ... Wie lässt sich dieser Kompromiss, die Person einzuladen und ihr die Erlaubnis zu diesem undiplomatischen Treffen zu erteilen, was eine eindeutige Einmischung in innere Angelegenheiten unseres Landes bedeutet, mit den Interessen der Islamischen Republik in Einklang bringen?"

Am 16. März haben 200 Abgeordnete in einem Schreiben an die iranischen Atomverhandlungsführer diese aufgefordert, bei den Verhandlungen unter keinen Umständen eine Einschränkung oder Stilllegung des Schwerwasserreaktors in Arak zu akzeptieren. Iran halte sich strikt an dem Atomwaffensperrvertrag (NPT). Jede Abweichung von diesem Vertrag wie die Einschränkung oder Stilllegung des Schwerwasserreaktors oder Missachtung des Rechts zur Urananreicherung sei inakzeptabel, hieß es in dem Schreiben. "Die Vertreter des Volkes werden solche Abweichungen nicht akzeptieren." Sollte diesem Grundsatz zuwider gehandelt werden, werde man die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen, drohten die Unterzeichner des Schreibens.

Die USA verlangen nicht nur die Stilllegung des Schwerwasserreaktors. Sie wollen auch über das iranische Raketenarsenal verhandeln.

Am 18. März wurden die Atomverhandlungen zwischen Iran und der Gruppe 5+1 in Wien fortgesetzt. Beide Seiten bezeichneten die Gespräche am ersten Tag als zäh aber nützlich. Verhandelt wurde über die Dimension des iranischen Atomprogramms, über die Zusammenarbeit bei Atomprojekten und über die weitere Lockerung von Sanktionen, sagte der iranische Vizeaußenminister Abbas Araghtschi iranischen Medien zufolge. Verhandelt wurde auch über den Schwerwasserreaktor in Arak.

Die USA erklärten, bei den Verhandlungen, die im Juni dieses Jahres beendet werden sollen, werde es keine Teillösungen geben. Entweder werde es eine Einigung über alle Detailfragen geben oder keine Einigung. Zugleich bescheinigte Washington, dass Iran bisher alle Vereinbarungen "penibel" eingehalten habe.

Auf der abschließenden gemeinsamen Pressekonferenz nach zweitägigen Verhandlungen bezeichneten Irans Außenminister Sarif und die EU-Außenbeauftragte Ashton die Gespräche als gehaltvoll und nützlich". Sarif sagte, die Gespräche seien erfolgreich gewesen. "Aber wir haben noch nicht die bereits gelösten Fragen geordnet, um die verbleibenden Konfliktpunkte formulieren zu können. Nach seiner Rückkehr nach Teheran sagte Sarif am 20. März: "Das Ende der Sanktionen ist für uns das Nonplusultra, das ist und bleibt unser Hauptziel bei den Atomverhandlungen." Es habe zwischen den Verhandlungspartnern weit voneinander entfernt liegende Auffassungen gegeben. "Diese Entfernung haben wir inzwischen überwunden." Es stehe inzwischen fest, dass an dem gesamten Atomprogramm Irans keinerlei Abstriche gemacht werden, sagte der Minister.

Die dritte Runde der Atomgespräche ist für den 7. bis 9. April geplant. Bis dahin sollen Sachverständige die Details der nächsten Gespräche ausarbeiten.


PREISE FAST DOPPELT SO HOCH WIE VOR ZWEI JAHREN

Einer Bekanntgabe der iranischen Zentralbank vom 1. März zufolge betrug die Inflationsrate in diesem Jahr (das iranische Jahr endet am 20. März) 36,7 Prozent. Im vergangenen Herbst, als die Inflationsrate ihren höchsten Stand erreicht hatte, lag sie bei 42 Prozent. Folglich fiel der Preisanstieg in den letzten Monaten nicht mehr so stark aus.

Der Preisindex, den die Zentralbank veröffentlichte, zeigt, dass Waren und Dienstleistungen in den Städten innerhalb von zwei Jahren um knapp 85 Prozent und damit beinahe um das Zweifache gestiegen sind. Am höchsten ist der Anstieg der Preise für Medikamente und die medizinische Versorgung; gefolgt von Preiserhöhungen für Textilien und Lederwaren, in Restaurants und Hotels, für Haushaltswaren, Nahrungsmittel und Getränke.

Die iranische Wirtschaft ist schon seit Jahrzehnten inflationär. Wirtschaftswissenschaftler sehen als Hauptgründe für die Inflation der letzten Jahre sowohl das Projekt der "gezielten Subventionen" als auch die Zunahme des Imports. Aber auch die Sanktionen haben ihrer Einschätzung nach einen nicht zu unterschätzenden Anteil an der Teuerung.

Ein Bericht der iranischen Zollbehörde, der ebenfalls am 1. März veröffentlicht wurde, zeigt, dass der Gesamtimport von Waren in den vergangenen elf Monaten zwar gesunken ist, aber der Import von Fahrzeugen und Reis erheblich zugenommen hat.

Dem Bericht zufolge hatten die in diesem Zeitraum eingeführten Waren einen Wert von knapp 43 Milliarden US-Dollar. Das sind im Vergleich zum selben Zeitraum im vergangenen Jahr rund sechs Milliarden US-Dollar oder elf Prozent weniger. Demgegenüber importierte Iran in den vergangenen elf Monaten für mehr als zwei Milliarden US-Dollar Reis, was im Vergleich zum selben Zeitraum im Vorjahr fast den doppelten Wert aufweist.

Indien ist der größte Reislieferant Irans. Der Reisimport aus Indien betrug im gerade zu Ende gegangenen Jahr 1,7 Milliarden US-Dollar. Weitere Bestände wurden aus Pakistan und den Arabischen Emiraten importiert. Mit dem Anstieg des Reisimports aus Indien stieg das Land - nach China und den Arabischen Emiraten - zum größten Warenlieferanten Irans auf. Indien gehört zugleich zu den größten Abnehmern des iranischen Erdöls. Offensichtlich bezahlt Indien das aus Iran importierte Öl mit Reis, weil Iran infolge der Sanktionen seine Einnahmen aus dem Ölgeschäft nicht transferieren darf.

In den elf vergangenen Monaten importierte Iran mehr als 61.000 Fahrzeuge im Wert von rund 1,3 Milliarden US-Dollar. Im vergangenen Jahr waren es nur gut 38.000 Fahrzeuge im Wert von rund 930 Millionen US-Dollar.


REKORD DER NEGATIVEN ENTWICKLUNG DES WIRTSCHAFTSWACHSTUMS

Wirtschaftsminister Ali Tajebnia sprach von einer "noch nie da gewesenen Negativentwicklung des iranischen Wirtschaftswachstums." Ursachen dafür seien Missmanagement, Sanktionen und strukturelle Probleme der iranischen Wirtschaft. "Ohne die Hilfe aller Beteiligten werden wir die Probleme nicht bewältigen können", sagte Tajebnia am 6. März auf einer Versammlung des Expertenrates.

"In der Vorgängerregierung stand die Außenpolitik im Widerspruch zur Wirtschaftspolitik", sagte der Minister. Die Regierung habe in der Außenpolitik konfrontativ gehandelt, anstatt nach Kompromissen zu streben, was schließlich zu den Sanktionen geführt habe. Und in der Wirtschaftspolitik habe sie die Abhängigkeit der Wirtschaft von den Öleinnahmen verstärkt.

In den vergangenen Jahren der Regierung Ahmadinedschad waren die Erdöleinnahmen stark angestiegen. Insgesamt brachte der Erdölabsatz in der achtjährigen Regierungszeit Ahmadinedschads eine Summe von rund 700 Milliarden ein, die zum größten Teil vom Staat ausgegeben wurde.

Nach Meinung Tanjebnias führten die konfrontative Außenpolitik und Missmanagement zu einer "unvernünftigen und nichtnachvollziehbaren" Zunahme der Importwaren, was die Wirtschaft gegenüber Sanktionen besonders anfällig machte.

Im vergangenen Jahr zeigte die iranische Wirtschaft eine negative Entwicklung. Das Bruttosozialprodukt lag bei minus 5,8 Prozent. Bezogen auf das Wachstum der Bevölkerungszahl lässt sich folgern, dass das Pro-Kopf-Einkommen der Bevölkerung innerhalb eines Jahres um fast sieben Prozent zurückgegangen sei, sagte der Minister.

Im Juni vergangenen Jahres lag die Inflationsrate bei 42 Prozent. Eine solche Kombination von einer derart hohen Inflationsrate mit einer über fünfprozentigen Negativentwicklung der Wirtschaft habe es in der Geschichte der Islamischen Republik noch nie gegeben, sagte der Minister.

Laut einem Bericht des Wirtschaftsministeriums, der am 6. März veröffentlicht wurde, waren die Investitionen in diesem Jahr (vom März 2013 bis März 2014) im Vergleich zum Vorjahr um 22 Prozent gesunken, in der Bauwirtschaft waren es 32 und im Maschinenbau 14 Prozent. Dem Bericht zufolge ist die Lage in der Industrie schlimmer als in anderen Bereichen der Wirtschaft.

Im vergangenen Jahr konnte Iran infolge verschärfter Sanktionen halb so viel Öl verkaufen wie im Jahr davor. Auch beim Transfer der Einnahmen hatte Iran große Schwierigkeiten. Das führte zu einem drastischen Defizit im Staatshaushalt.

Eine besondere Belastung stellen die staatlichen Subventionen für den Haushalt dar. Jahrzehntelang wurden in Iran Energie und Grundnahrungsmittel vom Staat subventioniert. Um die Preise dem internationalen Markt anzugleichen, wurden vor einigen Jahren die Subventionen in zwei Phasen gestrichen. Stattdessen erhielt jeder Iraner monatlich eine Beihilfe, die insgesamt den Haushalt mit 42.000 Milliarden Tuman (rund elf Milliarden Euro) im Jahr belastete. Demgegenüber betrugen die Mehreinnahmen der Regierung durch Anstieg der Preise 28.000 Milliarden Tuman. Die Differenz musste aus der Staatskasse bezahlt werden.

Reiche und Arme erhalten bislang die gleiche Summe an Beihilfe. Die Regierung Rohani hält dies für ungerecht und will nun die Hilfe von der Höhe des Einkommens abhängig machen. Eine Volksbefragung soll nun über die Obergrenze des Einkommens entscheiden. Vizepräsident Eshagh Dschahangiri kritisierte das "ziel - und planlose" Verteilen der Staatsgelder an 77 Millionen Bürger. Es wäre weitaus klüger gewesen, die enormen Summen in produktive Bereiche zu investieren, sagte er.


JAPANISCHE UNTERNEHMER ZU INVESTITIONEN IN IRAN AUFGEFORDERT

Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif hat bei seinem Besuch in Japan am 5. März japanische Unternehmer aufgefordert, in die Öl- und Gasindustrie Irans sowie in die chemische Industrie zu investieren. Iran benötige 75 Milliarden Dollar Investitionen in diesen Branchen.

Der Minister stellte den Investoren "lukrative Geschäfte" in Aussicht. Viele ausländische Unternehmen, die in Iran tätig waren, haben im Zuge der Sanktionen das Land verlassen. Doch seit dem vorläufigen Atomabkommen zwischen Iran und der 5+1-Gruppe zeigen große Firmen wieder Interesse an Iran-Geschäften, darunter auch große Erdölkonzerne.

Irans Erdölminister erklärte vor kurzem, sein Land sei zur Zusammenarbeit mit jedem Unternehmen, auch mit Unternehmen aus den USA, bereit.

Japan hat in diesem Monat nach der Lockerung der Sanktionen 450 Millionen Dollar für den Kauf iranischen Öls auf eine ausländische Bank außerhalb Irans überwiesen. Bereits im vergangenen Monat gab Japan 550 Millionen des blockierten Guthaben Irans frei. Der Genfer Atomvereinbarung zufolge ist es Iran gestattet, gut vier Milliarden US-Dollar seiner aus dem Erdölverkauf erzielten Einnahmen in acht Monatsraten zu kassieren.


BAU WEITERER ATOMREAKTOREN GEPLANT

Ein Sprecher der iranischen Atombehörde gab am 12. März bekannt, dass Russland und Iran in einem Vorvertrag den Bau von mindestens zwei weiteren Atomreaktoren in Bushehr vereinbart hätten, berichtete Irna.

In Bushehr wurde 2010 der erste iranische Atomreaktor, der ebenfalls in Zusammenarbeit mit Russland gebaut wurde, nach langen Verzögerungen in Betrieb genommen. Seitdem hatte es immer wieder technische Probleme gegeben. Bushehr liegt in einem Erdbebengebiet. Sachverständige warnen vor möglichen Katastrophen. Dem gegenüber bieten die Natur und die klimatischen Verhältnisse in Iran die besten Voraussetzungen für alternative Energien, insbesondere durch Sonne und Wind. Auch die Kosten wären unvergleichlich geringer als die für Atomreaktoren und selbstverständlich völlig ohne Gefahr für Menschen und Umwelt.

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AUSSENPOLITIK

• Eklat beim Ashton-Besuch in Iran
• Neuer Konflikt zwischen Israel und Iran
• Konflikt Israel-USA zum Iran
• Brahimi führte Gespräche in Teheran
• Entführter iranischer Soldat in Pakistan getötet
• Neujahrgrüße aus dem Ausland
• Flugverbot für iranische Abgeordnete
• Amnesty International beklagt Zunahme von Hinrichtungen


EKLAT BEIM ASHTON-BESUCH IN IRAN

Die Außenbeauftragte der EU, Catherine Ashton, traf am 8. März zu einem offiziellen Besuch, zu dem sie Außenminister Mohammad Dschawad Sarif eingeladen hatte, in Teheran ein. Es war der erste Besuch Ashtons als EU-Außenbeauftragte in Iran. Javier Solana war der letzte EU-Außenbeauftragte, der Iran vor sechs Jahren besucht hatte. Während des dreitägigen Besuchs führte Ashton Gespräche mit Präsident Rohani, Außenminister Sarif, Parlamentspräsident Ali Laridschani und dem außenpolitischen Berater des Revolutionsführers Ali Akbar Welayati. Auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Sarif erklärte Ashton: "Iran ist entschlossen, im Atomkonflikt Einigung zu erzielen."

Sarif sagte: "Wir haben unseren politischen Willen gezeigt. Iran hat seine vereinbarten Verpflichtungen erfüllt. Die Fortsetzung der Verhandlung hängt nun davon ab, wie weit die Gegenseite ihren Pflichten nachkommt. Nur so können wir zu einem endgültigen Abkommen gelangen." Iran werde jedoch nur einem Abkommen zustimmen, das die Rechte des Landes akzeptiert.

Ashton betonte die Bedeutung des für sechs Monate vereinbarten Abkommens. "Unser Ziel ist eine endgültige Vereinbarung."

Bei dem Gespräch mit Rohani erklärte der Präsident laut ISNA, Iran sei am Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zu den europäischen Staaten und an einer Fortsetzung der Gespräche interessiert. Auch bot er eine stärkere Kooperation im Kampf gegen Terrorismus und Drogenhandel sowie zur Lösung der Probleme in Afghanistan, Syrien und Iran an. Ashton sagte, es sei das erste Mal, dass sie mit der iranischen Regierung über Themen außerhalb des Atomkonflikts Gespräche führe. Und dies sei der Beginn des Ausbaus der Zusammenarbeit zwischen Iran und der EU.

Der friedliche Besuch Ashtons wurde erst zum Eklat, als sie die Frauenrechtlerin Nargess Mohammadi und die Mutter von Sattar Beheschti, eines Bloggers, der im Gefängnis durch Folter ums Leben kam, in der österreichischen Botschaft in Teheran empfing.

In einem Gespräch mit einem Korrespondenten der BBC in Teheran sagte Ashton, ihre Position in Bezug auf Menschenrechte in Iran sei immer eindeutig gewesen. "Für mich war es sehr wichtig, am Internationalen Frauentag zu erfahren, was die Frauen zu einer möglichen Änderung der Lage der Menschenrechte in Iran vorschlagen", sagte Ashton.

In einer Erklärung, die Ashton am Ende ihrer Reise veröffentlichte, hieß es: "Niemand sollte sich darüber wundern, dass ich mich bei diesem Besuch auf das Thema Menschenrechte konzentriert und darüber mit aktiven iranischen Frauen Gespräche geführt habe, deren Aktivitäten von journalistischer Tätigkeit bis zur Hilfe für afghanische Flüchtlinge und dem Einsatz in verschiedenen Bereichen der Gesellschaft reichen."

Nargess Mohammadi, ehemalige Vorsitzende des Vereins zur Verteidigung der Menschenrechte in Iran, wurde vor drei Jahren zu elf Jahren Gefängnis verurteilt. Später wurde das Urteil auf sechs Jahre Gefängnis herabgesetzt. Doch sie wurde aufgrund ihres gesundheitlichen Zustands vor zwei Jahren gegen eine Kaution aus dem Gefängnis entlassen.

Das Außenministerium in Teheran protestierte gegen das Treffen von Ashton mit iranischen Frauen. Solche Treffen seien im offiziellen Besuchsprogramm nicht geplant gewesen, sagte Marsieh Afkham laut iranischer Medien am 10. März. Ashtons Sprecher, Michael Mann, sagte der BBC, Ashton habe bereits vor ihrer Reise in den Iran einige iranische Frauen zum Gespräch eingeladen. Die Gastgeber seien darüber informiert gewesen.

In einem Protestschreiben an die österreichische Botschaft schrieb Afkham: "Solche Handlungen verstärken das Misstrauen der Menschen in unserem Land gegen den Westen und sind für die Beziehungen zwischen Iran und der EU nicht hilfreich." Kontakte zu der iranischen Zivilgesellschaft gehörten, solange sie nicht zur Einmischung in innere Angelegenheiten führen und die Werte und Gebräuche in dem betreffenden Land nicht missachten, zum Bestandteil der Außenpolitik."

Der Abgeordnete Ali Salimi erklärte, das Treffen Ashtons mit den Frauen stelle eindeutig eine "Einmischung in innere Angelegenheiten Irans" dar. Die "Planer des Ashton-Besuchs" hätten gemeinsam mit den "Verschwörern die nationale Ehre des Landes verkauft". Vizepräsident Massud Dschasajeri sagte laut der Agentur Fars, das Treffen sei "eine Verletzung der diplomatischen Regeln und die Vorbereitung für künftige Einmischungen in unsere Angelegenheiten" gewesen. Der Abgeordnete Ebrahim Agha Mohammadi sagte laut der Agentur Fars: "Das eigentliche Ziel der EU-Delegation war das Treffen mit Verschwörern und Konterrevolutionären. Die offiziellen Gespräche sind sekundär gewesen. Das Außenministerium ist dafür verantwortlich. Ich befürchte, dass das Außenministerium solche Treffen gutheißt, sonst hätte sich der ausländische Gast nicht erlaubt, gegen das diplomatische Protokoll zu verstoßen." Ashton hätte nach dem Treffen ausgewiesen werden müssen, meinte der Abgeordnete. Der Abgeordnete Mansur Haghighatpur, Mitglied des Ausschusses für Sicherheit und Außenpolitik, sagte laut der Zeitung Schargh, sowohl die EU-Delegation als auch Ashton hätten sich bei ihrem Besuch in iranische Angelegenheiten eingemischt. "Unter solchen Umständen werden wir ihnen nicht erlauben, ein Büro in Iran einzurichten. Denn das wäre nicht in unserem Interesse. Frau Ashton sollte wissen, das hier Teheran ist und nicht die Ukraine."

Justizchef Sadegh Laridschani warnte die Regierung Rohani, dass - sollten ausländische Delegationen in Zukunft Oppositionelle treffen - werde die Justiz dagegen vorgehen. Die Folgen müsse dann das Außenministerium tragen, sagte Laridschani laut iranischer Medien am 12. März. Es sei berichtet worden, dass Ashton das Treffen mit Dissidenten zur Bedingung ihres Besuchs gemacht hätte. Parlamentspräsident Ali Laridschani, Bruder des Justizchefs, bezeichnete den Besuch Ashtons als "diebisch" und "hässlich". "Das Informationsministerium und Außenministerium müssen darauf achten, dass solche Fälle nicht mehr vorkommen", sagte Laridschani. Das Parlament bestellte den Informationsminister und Außenminister ein, berichtete IRNA am 13. März. Entweder seien die Minister über Ashtons Besuch informiert gewesen oder sie seien vollkommen naiv und unfähig, hieß es.

Mitglieder des Ausschusses für Außenpolitik und Sicherheit berichteten am 16. März laut IRNA, Informationsminister Mahmud Alawi habe dem Ausschuss gegenüber erklärt, sein Ministerium hätte zuvor das Außenministerium über das Treffen informiert und vor den Folgen gewarnt, aber es sei der Diplomatenpolizei kein Befehl erteilt worden, um das Treffen zu verhindern. Diese habe erklärt, sie sei dem Außenministerium unterstellt und befolge nur dessen Anweisungen. Zudem habe ein Verantwortlicher im Außenministerium erklärt: "Unser Staat ist stark genug, um solche Besuche dulden zu können."

Am Vorabend der Fortsetzung der Atomgespräche in Wien sagte Außenminister Sarif ein zuvor geplantes gemeinsames Abendessen mit Ashton ab, berichtete IRNA am 17. März. Am letzten Tag ihrer Reise besuchte Ashton, begleitet von Sarif, die historische Stadt Isfahan.


NEUER KONFLIKT ZWISCHEN ISRAEL UND IRAN

Kurz vor dem Besuch des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in den USA teilte die israelische Armee am 6. März mit, einen Frachter mit Raketen an Bord gekapert zu haben. Der Frachter werde am Abend des 8. März in der Hafenstadt Eilat, an der Südspitze Israels eintreffen. Er soll "eingehend nach weiteren versteckten Waffen und Munition durchsucht werden". Das Schiff "mit dutzenden Raketen der Bauart M-302, die nach Antrieb bis zu 200 Kilometer weit reichen", befinde sich nördlich von Port Sudan, zitierte AFP den israelischen Armeesprecher in einer Meldung vom 6. März. Die Raketen seien für islamistische Terrorgruppen im Gazastreifen und möglicherweise auf die Sinai-Halbinsel bestimmt gewesen. Sie stammten aus Iran.

Iran, Sudan sowie palästinensische Gruppen bestritten den Bericht. Am 6. März zitierte IRNA den Staatssekretär im Teheraner Außenministerium, Hossein Amir Abdollahian, die Behauptung, ein Frachter aus Iran mit Waffen an Bord sei von Iran aus zur Lieferung der Waffen an Palästinensergruppen geschickt worden, sei nicht wahr. "Es ist eine Lüge", die ohne Grundlage vom "zionistischen Staat" verbreitet werde. Außenminister Mohammad Dschwad Sarif notierte auf Twitter: "Ein Frachter mit Waffen für den Gazastreifen, gleichzeitig mit den sich jährlich wiederholenden Attacken der israelischen Lobby AIPAC in den USA! Ein erstaunlicher Zufall oder eine von den längst verbrauchten Lügen?"

Auch im Gazastreifen dementierte ein hochrangiges Hamas-Mitglied den israelischen Bericht und sagte, die Gewässer um den Gazastreifen seien unter der starken Kontrolle der israelischen Marine. Daher sei ein Waffentransport ohne Wissen Israels unmöglich. Die Behauptung solle den Wirtschaftsboykott über den Gazastreifen legitimieren. Auch Sudans Außenministerium bestritt laut Sudan-Tribune die behauptete Waffenlieferung. Israel versuche, geheime Operationen, deren Ziel noch nicht bekannt sei, zu legitimieren. In den vergangen Jahren gab es des Öfteren Luftangriffe auf den Sudan. 2012 hatte die Regierung in Kartum Israel beschuldigt, eine Waffenfabrik in Sudan bombardiert zu haben.

Der Sprecher des Weißen Hauses in Washington, Jay Carney, gab bekannt, dass die USA bei der Spurensuche des Frachters mit Israel kooperiert haben, obgleich das Kapern des Schiffes von Israel allein durchgeführt wurde. Die Vereinigten Staaten würden auch weiterhin ihre Verbündeten in der Region gegen Versuche Irans, die Region zu verunsichern, unterstützen, sagte Carney.

Am 7. März hat US-Verteidigungsminister Chuck Hagel bei einem Treffen mit seinem israelischen Amtskollegen Mosche Jaalon den Erfolg Israels begrüßt und betont, illegale Handlungen Irans seien inakzeptabel und stellten eine Missachtung der internationalen Verpflichtungen dar.

Sarif wies erneut den Vorwurf zurück. Bei einem Besuch in der indonesischen Hauptstadt in Jakarta sagte er am 7. März vor der Presse: "Netanjahu ist in Washington und plötzl ich als Gottesgabe fassen sie ein Schiff aus Iran mit Raketen. Nur ein Zufall?" Das sei "nicht einmal ernst zu nehmende Propaganda", sondern eine eindeutige Lüge".

Am 9. März erklärte die israelische Armee, die Inspektion des Frachters "Klos -C" beendet zu haben. Dabei seien neben 40 Raketen vom Typ M-302, 181 Mörsergranaten und 400.000 Patronen vom Kaliber 7.62 entdeckt worden, berichtete AFP. "Jede dieser Raketen ist eine Bedrohung für die Sicherheit der Bürger Israels", sagte Generalstabchef Benny Gantz. "Jede Kugel, jede Rakete, die entdeckt wurde, hatte eine israelische Adresse."

Am 10. März wurden die beschlagnahmten Waffen in Eilat im Beisein Netanjahus präsentiert. Iran habe seine "tiefen Verstrickungen in den Tourismus" nicht aufgegeben, sagte der Ministerpräsident. Er warf den Großmächten, die mit Iran Atomverhandlungen führen, "Heuchelei" vor. "Ich habe aus der internationalen Gemeinschaft nur vereinzelte laue Verurteilungen in Richtung Iran gehört", sagte er. Er kritisierte auch die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton für ihren Besuch in Teheran. "Genau in dem Moment, in dem wir hier die Container ausluden, habe ich gesehen, wie westliche Repräsentanten und iranische Führer in Teheran sich anlächeln und Hände schütteln", sagte Netanjahu.

Wenige Stunden später erklärte die Sprecherin des US-Außenministeriums, Jen Psaki, die Regierung Barack Obama sei trotz Atomverhandlungen über die Verletzung der Menschenrechte und die Unterstützung terroristischer Gruppen durch Iran besorgt. "Es ist in diesem besonderen Fall selbstverständlich, dass wir die Missachtung der Resolution 1929 des UN-Sicherheitsrats durch Iran verurteilen." Die Resolution, in der Iran der Export von Waffen untersagt wird, wurde 2010 beschlossen.

Psaki betonte zugleich, dass die Entdeckung des Frachters im Roten Meer durch die israelische Marine den gegenwärtigen Kurs der USA im Atomkonflikt mit Iran nicht beeinträchtigen werde.


KONFLIKT ISRAEL-USA ZUM IRAN

Laut israelischer Presse kritisierte Israels Verteidigungsminister, Mosche Jaalon, am 19. März in einer Rede an der Universität Tel Aviv die Politik der USA im Atomkonflikt mit Iran. "Wir dachten, die USA sollten die Führung bei militärischen Aktionen gegen Iran übernehmen", sagte Jaalon laut der Zeitung "Haaretz". Er äußerte seinen Unmut darüber, dass die USA sich auf Verhandlungen mit Iran eingelassen haben und sagte: "Leider ist es so, dass die Iraner besser waren, als es um das Feilschen auf einem persischen Basar ging." Barack Obama wolle die Lösung des Atomkonflikts der Nachfol geregierung überlassen. "Alle wissen, dass die Iraner betrügen und nur Zeit gewinnen wollen, wenn möglich bis zu einem Regierungswechsel in den USA". Anstatt durch die Sanktionen klein beizugeben, sei Iran mit einem 'offensiven Lächeln' gestärkt aus den Verhandlungen hervorgegangen. "Aber letztendlich wird eine Konfrontation unvermeidlich sein", sagte Jaalon.

"Deshalb müssen wir unser Verhalten in dieser Angelegenheit daran ausrichten, dass niemand auf uns aufpasst außer wir selbst", sagte der Minister. Er warf den USA auch in Bezug auf die Krimkrise und Konfrontation mit Russland "Schwäche vor". "Wenn Du ein klägliches Bild abgibst, hast Du in der Welt nichts zu sagen. Ich hoffe, die Vereinigten Staaten kommen zu Sinnen. Wenn nicht, wird das die Weltordnung ins Wanken bringen, und die USA sind diejenigen, die darunter leiden werden", sagte Jaalon.

Die Sprecherin des State Department, Jen Psaki, kritisierte die Äußerungen des israelischen Verteidigungsministers und bezeichnete sie als "destruktiv". Diese Äußerungen widersprächen den engen Beziehungen zwischen Washington und Tel Aviv. Psaki betonte abermals die Entschlossenheit der USA, Israels Sicherheit zu verteidigen. Diese Verpflichtung sei "uneingeschränkt", sagte sie. Sie verwies auf eine Äußerung Netanjahus, der die engen militärischen Beziehungen zwischen USA und Israel und deren enge Zusammenarbeit in Fragen der Sicherheit als "einmalig" bezeichnete. "Demnach stehen die Ansichten des israelischen Verteidigungsministers im Widerspruch zu denen des Ministerpräsidenten", sagte Psaki.

Psaki gab keine Details bekannt über ein Telefongespräch, das US-Außenminister John Karry am 19. März mit Netanjahu führte und ob er dabei eine Entschuldigung des israelischen Verteidigungsministers verlangt habe. Doch wie die BBC berichtete, soll Netanjahu laut Aussage eines hochrangigen Politikers im Verteidigungsministerium mit Jaalon über die Angelegenheit gesprochen haben. Demnach sei es vereinbart worden, dass Jaalon dazu eine öffentliche Erklärung abgibt.

Der Konflikt zwischen Washington und Tel Aviv besteht darin, dass die Obama-Regierung bestrebt ist, den Atomkonflikt auf diplomatischem Weg zu lösen, während die Regierung Netanjahus für härtere Sanktionen und letztendlich für eine militärische Intervention eintritt.


BRAHIMI FÜHRTE GESPRÄCHE IN TEHERAN

Der UN-Syriengesandte Lakhdar Brahimi traf am 16. März zu Gesprächen mit der iranischen Führung über Syrien in Teheran ein. Bislang sind alle Bemühungen, die seit rund drei Jahren andauernde Krise in Syrien zu beenden, gescheitert. Iran verfügt über großen Einfluss in dem Land, dennoch wurde Teheran zu den internationalen Gesprächen zur Lösung der Syrienkrise wegen des Widerstands der USA nicht mit einbezogen. Brahimi hingegen hat mehrmals erklärt, dass er die Einbeziehung Teherans für notwendig halte. Die letzte Syrien-Konferenz fand Mitte Februar in der Schweiz statt. Iran war zunächst eingeladen, wurde aber nach Kritik der USA und der syrischen Opposition wieder ausgeladen, was zur Verstimmung zwischen Teheran und dem UN-Generalsekretär Ban Ki-moon geführt hatte. Die Konferenz endete ohne Ergebnis.

Iran hatte sich immer bereit erklärt, an den Friedensbemühungen mitzuwirken. Doch Vorbedingungen, wie z.B. eine Verhandlungslösung ohne den syrischen Präsidenten Assad, wollte Teheran nicht akzeptieren. Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif erklärte am Tag vor dem Eintreffen Brahimis auf einer Pressekonferenz: "Die Türen Irans sind für Brahimi und dessen Friedensbemühungen in Syrien immer offen."

Wie die staatliche Nachrichtenagentur IRNA berichtete, führte Brahimi das erste Gespräch mit dem Generalsekretär des Nationalen Sicherheitsrats, Ali Schamchani. Danach traf er sich mit Außenminister Sarif. Über die Details der Gespräche wurde nicht berichtet. Sowohl Brahimi als auch die iranische Seite betonten, dass die Krise in Syrien und die damit verbundene menschliche Katastrophe dringend beendet werden müsse. Sarif sagte, Iran sei in der Syrienfrage nach wie vor zu einer "logischen und realistischen" Zusammenarbeit mit der UNO und deren Sondergesandten Brahimi bereit. Voraussetzung für den Erfolg sei allerdings, dass sich die UN in der Syrien-Krise auf eine Lösung der Krise konzentriere.


ENTFÜHRTER IRANISCHER SOLDAT IN PAKISTAN GETÖTET

Die Terrorgruppe Jaish-ul-Adl gab am 23. März bekannt, einen der fünf entführten iranischen Soldaten mit dem Namen Dschamschid Danaifar getötet zu haben. Am 24. März wurde diese Nachricht laut der Agentur Fars vom Vizepräsident der Polizei der Provinz Sistan-Belutschistan bestätigt. Doch der Sprecher des Teheraner Innenministeriums, Hossein Ali Amiri, sagte laut IRNA, die Nachricht sei noch nicht bestätigt. "Wir warten noch auf eine offizielle Bestätigung durch die pakistanische Regierung."

Die fünf Soldaten waren Anfang Februar an der iranisch-pakistanischen Grenze verschleppt worden, was zu erheblichen Spannungen zwischen den Nachbarstaaten geführt hat. Iran warf den pakistanischen Sicherheitsdiensten Untätigkeit vor und drohte, Truppen in das Land zu entsenden, um die Soldaten zu befreien. Pakistan warnte vor einem Eindringen in sein Hoheitsgebiet. Schließlich bemühten sich beide Seiten darum, die Spannungen abzubauen und gemeinsam den Fall zu lösen.

Überraschend meldete die Agentur Fars am 1. März unter Berufung auf Äußerungen des Vizechefs des iranischen Militärs, Massoud Jazayeri, die fünf Soldaten seien frei. Die Befreiung sei über diplomatische Kontakte mit Pakistan gelungen. Zwei Tage später folgte ein Dementi des Teheraner Innenministeriums.

Am 20 März sagte Parlamentspräsident Ali Laridschani in einem Interview mit Press TV: "Wir hatten zahlreiche Kontakte zu den pakistanischen Behörden." Er selbst habe sogar ein längeres Gespräch mit dem pakistanischen Senatspräsidenten über die Entführung der Soldaten geführt. Auf der anderen Seite seien Kontakte zu den terroristischen Gruppen aufgenommen worden. Laridschani sagte nicht, wer die Kontakte aufgenommen habe und mit welchen Gruppen verhandelt wurde. Er sagte lediglich, die Gespräche seien positiv gewesen.

Am 24. März erklärte der Justizchef der Provinz Sistan-Belutschistan, Ebrahim Hamidi, die Entführer hätten ihre Forderungen noch nicht offiziell bekannt gegeben. Die Forderungen, die in den Medien veröffentlicht wurden, seien "unlogisch und unrealistisch". Laut Medien verlangt die Gruppe die Freilassung einiger ihrer Mitglieder, die sich in iranischer Haft befinden, auch die Freilassung anderer Sunniten aus der Provinz sowie die Freilassung einiger Gefangener in Syrien.

Am 25. März veröffentlichte IRNA eine Erklärung der Sprecherin des Außenministeriums in Teheran, Marsieh Afkham, in der es hieß, das Außenministerium "bedauere zutiefst" den Tod eines entführten Grenzsoldaten. Für diese "unerträgliche Tat" sei Pakistan verantwortlich. Iran fordere nach wie vor die Freilassung der Geiseln und die Festnahme der Terroristen. Das Außenministerium bestellte am 26. März den pakistanischen Botschafter ein und verlangte die rasche Festnahme der Terroristen und ihre Auslieferung an Iran. Sarif sprach von der Unfähigkeit Pakistans, die Sicherheit an den eigenen Grenzen zu gewährleisten."

Präsident Rohani verlangte in einem Telefongespräch mit dem pakistanischen Ministerpräsidenten Nawas Scharif "sofortige, ernsthafte und wirksame Maßnahmen", berichtete IRNA am 26. März. Ereignisse wie die Entführung und Tötung iranischer Grenzsoldaten könnten schwere Folgen für die Beziehung zu den Nachbarländern haben, betonte der Präsident. Scharif sagte dem Bericht zufolge: "Ich versichere, dass die pakistanische Regierung keine Mühe scheuen wird, um die Freilassung der Grenzsoldaten zu erreichen."


NEUJAHRGRÜßE AUS DEM AUSLAND

US-Präsident Barack Obama schickte in einer Videobotschaft zum iranischen neuen Jahr Grüße nach Teheran und äußerte darin die Hoffnung auf Beilegung der Konflikte zwischen den beiden Staaten, insbesondere die Hoffnung auf eine Lösung des Atomkonflikts. "Es gibt Chancen, eine Einigung zu erreichen, wenn Iran bedeutende und nachprüfbare Schritte unternimmt, um die Welt zu überzeugen, dass sein Nuklearprogramm ausschließlich friedlichen Zwecken dient", hieß es in der Botschaft vom 20. März. "Echter diplomatischer Fortschritt in diesem Jahr kann dabei helfen, neue Möglichkeiten und Wohlstand für die iranische Bevölkerung auf Jahre zu eröffnen."

"Die wirtschaftlichen Härten, die so viele Iraner in den vergangenen Jahren wegen der Entscheidungen ihrer politischen Führer erlitten haben, hat ihr Land und die Welt um die außerordentlichen Fähigkeiten und Beiträge gebracht, die Ihr Land zu bieten hat. Sie haben Besseres verdient", sagte Obama an das iranische Volk gerichtet. Ein umfassendes Atomabkommen könnte den Menschen in Iran Wohlstand, Jobs und wirtschaftliches Wachstum bringen.

Nowruz, das neue Jahr, könne der Beginn einer neuen Ära für Iran sein, sagte Obama und fügte hinzu, er mache sich keine Illusionen und sei sich darüber im Klaren, dass die Lösung des Atomkonflikts nicht einfach sei. Aber er glaube an die Diplomatie, denn er sei davon überzeugt, dass nur dies ein gangbarer Weg sei.

Auch der israelische Präsident Schimon Peres gratulierte den Iranern über die persisch sprachigen Sender sowie über die sozialen Netzwerke im Internet zum neuen Jahr auf Persisch und Hebräisch. Er verwies auf die gemeinsame Geschichte zwischen Iranern und Juden. Auf der Grundlage dieser Geschichte könnten die beiden Staaten gute Beziehungen haben und ein Zusammenleben in Frieden und Verständnis suchen.

Der britische Außenminister William Hague äußerte in seinem Neujahrgruß die Hoffnung auf eine baldige Beilegung der Konflikte. Der kanadische Außenminister John Baird bekundete neben den Wünschen zum neuen Jahr seine Sorge um die Lage der Menschenrechte in Iran. Er äußerte die Hoffnung, dass der iranische Staat dem iranischen Volk die Rechte gibt, die es verdient.


FLUGVERBOT FÜR IRANISCHE ABGEORDNETE

Wie ein Sprecher des iranischen Parlaments am 2. März bekannt gab, hätten sich US-Behörden geweigert, iranischen Abgeordneten das Überfliegen über die USA zu erlauben. Die iranische Delegation, geführt vom Vorsitzenden des Ausschusses für Außenpolitik und nationale Sicherheit, Alaeddin Borudscherdi, befand sich in einer russischen Verkehrsmaschine auf dem Flug nach Kuba und Venezuela. So mussten die Abgeordneten, die die genannten Länder offiziell besuchen wollten, ihre Reisepläne aufgeben. Es würde jetzt nach alternativen Möglichkeiten gesucht, teilte das Parlament in Teheran mit.

Auch in Südafrika wurde eine iranische Parlamentarierdelegation, geführt vom Parlamentspräsident Ali Laridschani an dem Weiteflug nach Kongo gehindert. Die Delegation war zu einem dreitägigen Besuch am 4. März in Südafrika eingetroffen. Hier weigerte sich die Firma Shell, die Maschine, mit der die Delegation nach Kongo weiterfliegen wollte, aufzutanken. Laridschani musste den Besuch in Kongo absagen. Die Delegation flog nach einer Wartezeit von 24 Stunden nach Teheran zurück.

Die südafrikanische Regierung protestierte gegen die Firma. In einer Erklärung des Außenministeriums vom 12. März hieß es, die Maßnahme sei "unakzeptabel und höchst bedauerlich". Die Entscheidung der Firma Shell sei offensichtlich eine Folge der "einseitigen Sanktionen" gegen Iran, hieß es weiter. Das Außenministerium machte Shell darauf aufmerksam, dass sie bei ihren Dienstleistungen auf dem nationalen Flughafen Südafrikas alles zu unterlassen habe, was die nationalen Interessen des Landes beeinträchtige.


AMNESTY INTERNATIONAL BEKLAGT ZUNAHME VON HINRICHTUNGEN

Dem jüngsten, am 26. März von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) veröffentlichten Jahresbericht zufolge, haben die Hinrichtungen in Iran, Saudi-Arabien und Irak im vergangenen Jahr zugenommen. Die Hinrichtungen in China, deren Zahl nicht festgestellt werden könne, ausgenommen, fanden 80 Prozent der weltweiten Hinrichtung in den drei Staaten Iran, Irak und Saudi-Arabien statt. Weltweit haben die Hinrichtungen im Jahr 2013 im Vergleich zum Vorjahr um 15 Prozent zugenommen, heißt es in dem Bericht. Demnach registrierte AI im vergangenen Jahr 778 Hinrichtungen.

In Iran lag die Zahl bei 369, im Irak wurden 169 Personen hingerichtet, in Saudi-Arabien 79. In den USA waren es 39 Personen. Damit stehen die Vereinigten Staaten in der Liste an fünfter Stelle. An erster Stelle steht nach wie vor China, wo die Zahl der Hinrichtungen auf über Tausend geschätzt wird.

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Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Bernd Asbach
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13. Jahrgang

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Quelle:
Iran-Report Nr. 04/2014 - April 2014 / 13. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. April 2014