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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/361: Iran-Report Nr. 3 - März 2016


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 3 - März 2016
Eine Zusammenfassung aktueller Ereignisse im Iran

von Bahman Nirumand


Iran steht an einem Scheideweg. Nach dem Abschluss des Atomabkommens und der Aufhebung der Sanktionen erwartet das Volk einen wirtschaftlichen Aufschwung, die Öffnung nach außen und vor allem auch eine Liberalisierung der theokratischen Staatsordnung. Doch über den neuen Kurs, auch über die Rolle Irans in der Region, ist sich die Staatsführung nicht einig. Wie der Machtkampf, der schon seit geraumer Zeit zwischen Konservativen und Reformern tobt, ausgehen wird, ist ungewiss.

Der Iran-Report wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus. Auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen, sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter.


INNENPOLITIK

• Die Wahlen
• Vor den Wahlen
• Rohani fordert Frauen zu mehr Engagement auf
• Rafsandschani: Ich habe Rohani 2013 zum Sieg verholfen
• Chatami: "Nicht jede Revolution ist positiv"
• Bis zu 6.000 Tote jährlich durch Umweltverschmutzung
• Drogensucht bei Frauen nimmt zu
• Akte von Resaian ist nicht abgeschlossen


DIE WAHLEN

Bei den Parlamentswahlen im Iran haben die Gemäßigten um Präsident Hassan Rohani im Verbund mit moderaten Konservativen einen großen Erfolg erzielt. In der Provinz Teheran gelang es ihnen, sämtliche der 30 zu vergebenen Sitze zu erobern. Hier konnten auch die Reformer einen wichtigen Sieg erringen. Ihr Spitzenkandidat, Mohammad Resa Aref, bekam die meisten Stimmen und wurde damit zum ersten Abgeordneten der Hauptstadt gewählt. Aref hatte 2013 für das Amt des Präsidenten kandidiert, hatte aber kurz vor der Wahl zugunsten von Rohani auf seine Bewerbung verzichtet. Überraschend war, dass der Spitzenkandidat der Konservativen, der bisherige Abgeordnete Haddad Adel, nur auf Rang 31 landete. Damit wird er dem künftigen Parlament nicht mehr angehören.

Ein wichtiger Grund für den Erfolg der Gemäßigten war die hohe Wahlbeteiligung. 33 der 55 Millionen Wahlberechtigten, das sind rund 60 Prozent, nahmen an der Wahl teil. Der Andrang an den Wahllokalen war so groß, dass die Öffnungszeiten der Wahllokale bis kurz vor Mitternacht verlängert werden mussten.

In den übrigen Provinzen des Landes ist das Kräfteverhältnis zwischen den Gemäßigten, den Konservativen und den Reformern noch unklar. Die Vorauswahl der Kandidaten durch den Wächterrat, der über die Eignung der Kandidaten entscheidet, hatte die Chancen der Reformer und auch die der Gemäßigten bereits im Vorfeld erheblich eingeschränkt. So zeigt die Tendenz bei den bisherigen Auszählungen einen Vorsprung der Konservativen. Allerdings ist in zahlreichen Wahlbezirken aufgrund des nicht erfüllten Quorums an Stimmen eine Stichwahl nötig. Zudem gibt es unter den Gewählten eine ganze Reihe von Abgeordneten, die keiner Wahlliste angehören und bei denen es noch nicht klar ist, wie sie sich in Zukunft positionieren werden. Das ist auch der Grund dafür, dass sowohl die Konservativen als auch das Lager der Gemäßigten und Reformer den Sieg für sich beanspruchen.

Laut Angaben des Innenministeriums ist bei dieser Wahl die Entscheidung über 230 der 290 Parlamentssitze gefallen, über die restlichen 60 Sitze werden Stichwahlen entscheiden. Bislang fielen 22,4 Prozent der Stimmen auf die Liste "Koalition der Prinzipalisten" (Rechte Konservative plus Ultras), 21,86 Prozent auf die Liste Omid (Hoffnung), bestehend aus Reformern, Gemäßigten und moderaten Konservativen, 31,69 Prozent auf Einzelpersonen, 22,95 Prozent müssen noch per Stichwahl entschieden werden und 1,09 Prozent der gewählten Kandidaten stehen auf beiden Listen. Diese Zahlen spiegeln jedoch lediglich eine grobe Einteilung wider. Eine klare Aussage über das tatsächliche Kräfteverhältnis ist kaum möglich, weil beide Listen auch aus Personen bestehen, die dem jeweils anderen Lager angehören.

Gleichzeitig mit den Wahlen des Parlaments wurde auch der Expertenrat neu gewählt. Das Gremium besteht aus 88 Geistlichen und ist für die Wahl beziehungsweise Abwahl des Revolutionsführers sowie für die Kontrolle seiner Aktivitäten zuständig. Auch hier haben die Gemäßigten einen wichtigen Erfolg erzielt. Die meisten Stimmen erhielt Ex-Staatspräsident Haschemi Rafsandschani, gefolgt von Präsident Rohani. Der bisherige Vorsitzende, Mohammad Yasdi, sowie auch Mohammad Taghi Mesbah Yasdi, beide führende Ultrakonservative, wurden hingegen nicht erneut in den Rat gewählt. Der erzkonservative Vorsitzende des Wächterrats, Ahmad Dschannati, landete auf Rang 16 und ist damit der letzte Kandidat aus der Hauptstadt, der einen Sitz im neuen Expertenrat erhält. Dennoch hatte die erfolgte Filterung der Kandidaten durch den Wächterrat von vornherein dafür gesorgt, dass unabhängig von dem Votum der Wähler eine absolute Mehrheit der Konservativen im Expertenrat von vornherein gesichert war.

Ein wichtiger Aspekt der Wahl war die offen ausgetragene Rivalität zwischen Rafsandschani und Revolutionsführer Ali Chamenei. Hier ging Rafsandschani als Sieger hervor, was aus der Sicht der Wähler eher gegen Chamenei als für Rafsandschani gedeutet werden kann. Der politische Streit sei nun beendet, sagte Rohani nach der Wahl. "Nun ist die Zeit gekommen, einen neuen Weg zu beschreiten, indem wir uns den nationalen und internationalen Aufgaben widmen und ein neues Kapitel aufschlagen für wirtschaftliches Wachstum und Wohlstand."


VOR DEN WAHLEN

"Diese Wahlen sind schicksalsbestimmend", hatte Präsident Hassan Rohani erklärt. In der Tat ging es bei diesen Wahlen um den politischen Kurs der nächsten Jahre, um die Frage, ob die Islamische Republik einen Wandel in Richtung Liberalisierung akzeptieren würde oder alles so bleibt, wie es ist.

Eigentlich sind Wahlen in der Islamischen Republik eine Farce. Denn bevor die Wähler zu den Urnen schreiten, trifft der zwölf Mitglieder zählende Wächterrat, der fast ausschließlich aus Ultrakonservativen besteht, eine Vorauswahl. Er bestimmt, wer unter den Bewerbern als Kandidat geeignet ist. Auch bei diesen Wahlen hatte der Wächterrat von seinem umstrittenen Recht gründlich Gebrauch gemacht. Von den mehr als 12.000 Bewerbern für das Parlament wurden 6.333 zugelassen, darunter 586 Frauen. Die meisten Abgelehnten gehörten der Fraktion der Reformer an. Nach ihren Angaben wurden von den 3.000 ihrer Kandidaten lediglich 30 zugelassen. Kurz vor den Wahlen haben zudem 1.480 zugelassene Bewerber auf ihre Kandidatur verzichtet. Damit reduzierte sich die Zahl der Kandidaten auf 4.853.

Rohani warnte am 2. Februar vor Wahlmanipulationen. "Bei den Menschen soll nicht der Eindruck erweckt werden, dass der Wahlausgang im Voraus organisiert und orchestriert ist", sagte er im staatlichen Fernsehen.

Zur Wahl des aus 88 Geistlichen bestehenden Expertenrats durften von den 800 Bewerbern lediglich 161 antreten. Der Rat wird alle acht Jahre gewählt. Dem Rat kommt in der neuen Wahlperiode eine wichtige Rolle zu, weil der inzwischen 77-jährige Revolutionsführer Ali Chamenei aufgrund seines angeblich schlechten gesundheitlichen Zustands vermutlich die nächsten acht Jahre nicht überleben wird.

Die Vorauswahl, die der Wächterrat getroffen hatte, erübrigte jede Spekulation über die Zusammensetzung des neuen Expertenrats. Es stand schon fest, dass die Erzkonservativen die absolute Mehrheit erringen würden. Denn in zahlreichen Wahlbezirken wurde nur ein Kandidat zugelassen, der den Rechten angehörte. In anderen Bezirken durften die Wähler zwischen zwei oder drei Kandidaten entscheiden, die zumeist ebenfalls zu den Radikalen oder Konservativen zählten. Im Grunde hatten die Wähler lediglich über dreißig Prozent der Kandidaten zu entscheiden. Selbst Hassan Chomeini, der Enkel des Gründers der Islamischen Republik, wurde abgelehnt, weil er die Reformer unterstützt. Er hatte gegen seine Ablehnung protestiert und eine Überprüfung gefordert. "Ich bin ja wahrlich kein Unbekannter in Iran", hatte er gesagt. Doch der Wächterrat ließ sich nicht umstimmen und erteilte ihm am 10. Februar eine endgültige Absage. Einzige Ausnahme unter den Wahlbezirken bildete die Hauptstadt Teheran, wo neben Ultrakonservativen auch drei Kandidaten, die als "gemäßigt" gelten antreten durften, nämlich Präsident Hassan Rohani, Ex-Präsident Haschemi Rafsandschani und der frühere Informationsminister Mahmud Alawi.

Heftige Proteste unter den Erzkonservativen hatte ein Vorschlag Rafsandschanis ausgelöst. Er hatte vorgeschlagen, die Führung der Revolution nach dem Ableben Chameneis nicht einer Person, sondern einem Rat zu übertragen. Dieser Vorschlag stimme mit den strategischen Plänen der ausländischen Feinde der Islamischen Republik überein, erwiderte General Gholamresa Dschalali, Leiter der Organisation für nichtmilitärische Verteidigung. Zu deren strategischen Plänen gehöre nämlich die Schwächung des Revolutionsführers und des Wächterrats. Rafsandschani gehörte in allen bisherigen Wahlperioden dem Expertenrat an. Eine Zeit lang hatte er den Vorsitz des Gremiums inne.

Auch der Beauftragte des Revolutionsführers bei den Revolutionsgarden, der Geistliche Ali Saidi, sprach von einer neuen "Verschwörung gegen die Islamische Republik". "Wir müssen auf der Hut sein", sagte er zum Vorschlag von Rafsandschani. Es gebe eine Gruppe, die sich als "unabhängig und überparteilich" bezeichne, aber in Wirklichkeit eine "Umwertung der Werte" anstrebe. Die Bezeichnung "überparteilich" sei "eine große Lüge". Ziel dieser Gruppe sei die Fortsetzung der Verschwörung von 2009 (gemeint sind die Proteste gegen die umstrittene Wiederwahl von Präsident Ahmadinedschad). "Wir erwarten von den Wählern, dass sie nicht jenen ihre Stimme geben, die vom Westen fasziniert sind und ein Parlament bilden wollen, das westlich orientiert ist", so Saidi.

Ziel Rafsandschanis und der Gemäßigten ist es, dafür zu sorgen, dass der Expertenrat seine in der Verfassung vorgesehene Aufgabe wahrnimmt und über die Aktivitäten des Revolutionsführers tatsächlich Aufsicht führt. Bisher wurde diese Aufgabe vom Rat nie in der Praxis wahrgenommen. Somit steht der Revolutionsführer über allem und muss sich niemandem gegenüber verantwortlich fühlen. Es wird sich zeigen, ob die Minderheit im Expertenrat mit diesem Vorhaben Erfolg haben wird.

Anders als die Zusammensetzung des Expertenrats, die von vornherein feststand, war die des Parlaments bis zum Schluss ungewiss, obwohl auch hier die Reformer und Gemäßigten bei der Vorauswahl gründlich ausgesiebt wurden. Hinzu kam eine Monate lang andauernde Kampagne gegen die Reformer in den Medien. Selbst Revolutionsführer Ali Chamenei wurde nicht müde, vor der Einflussnahme "ausländischer Feinde" zu warnen. Diese seien bemüht, ihre einheimischen Agenten ins Parlament einzuschleusen, sagte er. Mit den Agenten sind jene gemeint, die Reformen und Öffnung nach innen und außen fordern. Chamenei appellierte an die Wähler, wachsam zu sein und "dem Ziel der Feinde entgegen" zu steuern. Er nahm den Wächterrat, der wegen der massiven Disqualifizierungen von Bewerber kritisieret worden war, in Schutz. "Der Wächterrat gehört zu den Instanzen, die von den USA abgelehnt wurden, und jetzt werden seine Entscheidungen infrage gestellt", sagte Chamenei am 17. Februar. "All jene, die in Übereinstimmung mit den Feinden den Wächterrat angreifen, wissen nicht, was sie tun. Ich möchte niemanden als Verräter bezichtigen. Es geht dabei nicht nur um Angriffe gegen den Wächterrat, sondern auch um Angriffe gegen die Wahlen und gegen eine vierjährige Legislaturperiode." Chamenei hatte bereits einem Monat zuvor gewarnt, "sollte ein Eingeschleuster ins Parlament oder in den Expertenrat kommen, wird er wie ein Wurm von innen her an den Säulen der Islamischen Republik nagen." Und er fügte hinzu: "Sollte das Parlament vor dem Westen und den USA kapitulieren und eine Herrschaft der Reichen anstreben, wird es das Land ins Unglück stürzen."

Am selben Tag hatte Chamenei eine Fatwa, eine religiöse Vorschrift, erlassen, die die Teilnahme an den Wahlen zur religiösen Pflicht gegenüber Gott erklärte. Er war sogar so weit gegangen, dass er auch jene, die die islamische Staatsordnung nicht akzeptierten, aufforderte, zur Wahl zu gehen, um das Ansehen des Staates zu wahren.

Über Monate wurden Wahlveranstaltungen der Reformer massiv gestört. Einige Kandidaten beklagten sich, dass ihre Plakate und Transparente eingesammelt und Mitarbeiter ihres Wahlteams festgenommen worden seien. Laut der Agentur Ilna vom 24. Februar wurde der Reformer Assad Namasi, der für den Wahlkreis Schabestar kandidierte, von Hardlinern bedroht. Sein Auto wurde in Brand gesteckt und seine Schwägerin mit Messern bedroht. Die Botschaft lautete: "Komme nie wieder auf den Gedanken, mit uns zu konkurrieren."

Am 9. Februar veröffentlichte die Webseite Kalameh, die den Reformern nahesteht, einen von 296 Professoren und Akademiker unterzeichneten offenen Brief an Präsident Rohani, in dem die Unterzeichner die massive Ablehnung von Bewerbern durch den Wächterrat kritisierten und den Präsidenten aufforderten, Bedingungen zu schaffen, unter denen eine "freie, faire und gerechte" Wahl möglich sei. Sie warnten davor, dass eine Wahl unter den gegebenen Umständen dem Ansehen der Islamischen Republik großen Schaden zufügen würde. "Besser keine Wahl, als solche Wahlen", betonten sie.

Die Popularität der Regierung Rohani ist in den letzten monaten, insbesondere nach dem Atomabkommen und der Öffnung nach außen, innerhalb der Bevölkerung allerdings enorm gestiegen. Wären die Wahlen frei gewesen, hätten die Reformer und Gemäßigten auf eine absolute Mehrheit im Parlament hoffen können. Wenige Tage vor der Wahl gab ein Ereignis den Reformern und Gemäßigten die Hoffnung, trotz aller manipulativen Maßnahmen als Sieger aus den Wahlen hervorgehen zu können: Konservative, die seit drei Wahlperioden unter der Bezeichnung "Prinzipientreue" die stärkste Fraktion bildeten, spalteten sich. Die "Moderaten" unter ihnen, die zwar eine Öffnung nach innen ablehnen, aber die Wirtschafts- und Außenpolitik der Regierung unterstützen, erklärten, für Rohani und seine Anhänger stimmen zu wollen. Einflussreiche Politiker wie Parlamentspräsident Ali Laridschani gehören dieser Gruppe an. Zuvor hatten die rechten Konservativen eine Liste von dreißig Kandidaten für die Hauptstadt Teheran veröffentlicht. Ihr Spitzenkandidat Haddad Adel gab am 7. Februar laut der Agentur Tasnim die Einigung der "Koalition der Prinzipientreuen" auf die dreißig Kandidaten bekannt. In dieser Liste fehlten allerdings die Namen von Laridschani und Ali Akbar Welayati, der einige Jahre lang als Außenminister tätig war und gegenwärtig außenpolitischer Berater Chameneis ist.

Haddad Adel warnte Rohani vor der "politischen Heuchelei" der Reformer. Diese seien Abweichler und Abtrünnige, die sich hinter einer Reformmaske versteckten, sagte er am 21. Februar. Zudem sagte er, die Behauptung der Regierung, nach dem Atomabkommen werde ein wirtschaftlicher Aufschwung eintreten, habe sich als falsch erwiesen.

Das ungeschriebene Bündnis zwischen den moderaten Konservativen, den Gemäßigten und den Reformern ist ein Novum in der Geschichte der Islamischen Republik. Ihnen standen der rechte Flügel der Prinzipientreuen, die Anhänger des früheren Präsidenten Ahmadinedschads und andere Gegner der Regierung gegenüber, die ebenfalls eine gemeinsame Front bildeten.

Am 11. Februar appellierte Rohani an die Wähler, für Hoffnung und Vernunft zu stimmen. Die bevorstehende Wahl sei eine "Wahl für Hoffnung, Vernunft, Recht und Sicherung der Rechte" des Landes. "Revolutionär" bedeute nach heutigem Verständnis Partizipation und Toleranz. "Wahre Konservative, wahre Reformer und wahre Gemäßigte sind alle revolutionär."

Der Spitzenkandidat der Reformer, Mohammad Resa Aref, zeigte sich besorgt über die Zukunft der Regierung Rohani. "Falls die Konkurrenz gewinnen sollte, wäre es auch unklar, was mit der Regierung (Rohani) passiert", sagte er 14. Februar der Tageszeitung Etemad. Der Plan der Rechten sei es, die Wiederwahl Rohanis 2017 zu verhindern. Die Rechnung könne aufgehen, wenn die Wahlbeteiligung gering ausfalle. Gerichtet an die Wähler sagte er: "Wir tun, was ihr wollt. Von euch wollen wir nur, dass ihr bitte, bitte kommt." Auch Vizepräsidentin Massumeh Ebtekar äußerte die Befürchtung, eine niedrige Wahlbeteiligung könne den Hardlinern zum Sieg verhelfen. "Nicht zu wählen, bedeutet Hardliner wählen", sagte sie der Nachrichtenagentur ISNA am 21. Februar. Jede Stimme sei wichtig, um die Freiheit langfristig zu sichern.


ROHANI FORDERT FRAUEN ZU MEHR ENGAGEMENT AUF

Präsident Hassan Rohani hat die Frauen im Land aufgefordert, ihre Rolle in der Gesellschaft wahrzunehmen. Er kritisierte alle Versuche, die Rolle der Frauen in Politik und Wirtschaft einzuschränken. "Wir lehnen feministische Ansichten ab, aber auch den Konservatismus", sagte er vor einer Versammlung von reformorientierten Frauen am 7. Februar in Teheran. Man müsse jene, die behaupten, Frauen sollten ihre mütterlichen Pflichten erfüllen, fragen, welches dann die väterlichen Pflichten seien. "Ich weiß nicht, auf welcher (islamischen) Basis behauptet wird, dass Frauen zu Hause bleiben müssen. Diese Leute, die so etwas behaupten, würden vermutlich die hohe und würdevolle Stellung von Fatemeh Sahra (Tochter des Propheten Mohammed und Frau des Prophetennachfolgers Ali) nicht akzeptieren."

Die Kritik Rohanis richtete sich gegen die Erzkonservativen, die immer wieder die zunehmende Rolle der Frauen in der Gesellschaft beanstanden und an die mütterlichen Pflichten der Frauen erinnern. Auch Revolutionsführer Ali Chamenei hat mehrmals Frauen aufgefordert, ihre mütterlichen Pflichten wahrzunehmen.

"Es ist nicht akzeptabel, dass Frauen Schulter an Schulter neben den Männern ausgebildet werden, aber in der Politik und Wirtschaft weit weniger als Männer präsent sind. Wie soll man in unserem Land von Entwicklung und Fortschritt reden, dabei aber den fünfzigprozentigen Anteil der Frauen in der Bevölkerung ignorieren? Daran müssen wir noch arbeiten", sagte Rohani.

In der Islamischen Republik werden Frauen in vieler Hinsicht benachteiligt, z.B. beim Erbrecht, beim Scheidungsrecht, beim Sorgerecht und dergleichen mehr. Immer noch können Frauen ohne Erlaubnis ihrer Männer nicht ins Ausland reisen. Es gibt ungleich mehr Männer in Leitungspositionen als Frauen. Erstaunlich ist, dass es an den Universitäten jedoch mehr Studentinnen gibt als Studenten. Das Verhältnis ist 60 zu 40. Dieser Umstand führte sogar dazu, dass einige Abgeordnete im Parlament eine Männerquote forderten.


RAFSANDSCHANI: ICH HABE ROHANI 2013 ZUM SIEG VERHOLFEN

Ex-Staatspräsident Haschemi Rafsandschani, der derzeitige Vorsitzende des Schlichtungsrats, sagte bei einer Rede vor Mitgliedern seiner Wahlkampftruppe, die Unterstützung, die er 2013 dem Präsidentschaftskandidaten Rohani gewährt habe, sei für dessen Sieg ausschlaggebend gewesen. "Bekannte Persönlichkeiten, deren Kandidatur (vom Wächterrat) abgelehnt worden ist, müssen unbekannte Politiker bekannt machen, so wie ich bei den Präsidentschaftswahlen (2013) Rohani unterstützt habe, nachdem meine Kandidatur abgelehnt wurde." Innerhalb einer Woche sei damals die Zustimmung für Rohani von drei bis vier Prozent auf über fünfzig Prozent gestiegen, sagte Rafsandschani.

Zwar hatte Rafsandschani bei einer anderen Rede auch andere Faktoren genannt, die zum Erfolg Rohanis geführt hatten, zum Beispiel den Verzicht des Reformers Mohammad Resa Aref auf seine Kandidatur zugunsten Rohanis oder den Aufruf des Ex-Staatspräsidenten Mohammad Chatami an die Wähler, Rohani zu wählen. Auch die Fernsehduelle, bei denen Rohani seinen Konkurrenten haushoch überlegen schien, spielten bei seinem Erfolg sicherlich eine wichtige Rolle.


CHATAMI: "NICHT JEDE REVOLUTION IST POSITIV"

Ex-Staatspräsident Mohammad Chatami hat zum Jahrestag der Revolution vor einer Versammlung von Hinterbliebenen der Opfer der Revolution und des iranisch-irakischen Krieges (1980-1988) erklärt, nicht jede Revolution sei unbedingt positiv und nicht jeder Revolutionär sei immer wertvoll. Das eigentliche Ziel der Revolution sei die "Zerstörung dessen, was schädlich ist", sagte Chatami am 11. Februar. "Manche Revolutionen bleiben in der Phase der Zerstörung stecken. Doch eine echte Revolution beginnt nach der Zerstörung den Aufbau. Sie hält sich nicht in der Vergangenheit und Gegenwart auf, sondern schaut in die Zukunft und versucht, ein neues Leben zu beginnen." Die iranische Revolution sei von dieser Art.

Es habe Revolutionen gegeben, die die Gesellschaft in die Vergangenheit geführt, eine ungerechte durch eine noch ungerechtere Herrschaft ersetzt und den Menschen noch mehr Leid zugefügt hätten, sagte Chatami. Eine positive Revolution bringe einen Wandel, tausche das Schlechte gegen das Gute, den Rückstand gegen die Entwicklung, die Diktatur gegen die Freiheit, die Unmoral gegen die Moral, die Ungerechtigkeit gegen die Gerechtigkeit und die Ungleichheit gegen die Gleichheit aus. Sie akzeptiere die Würde des Menschen.

Chatami fuhr fort, wenn die Ungerechtigkeit sich überall in der Welt verbreite, wenn der Ruf der Unterdrückten nicht gehört werde, wenn die Großmächte korrupte und rückständige Machthaber unterstützten, um ihre eigenen Interesse durchzusetzen, und wenn die Kämpfer für Freiheit als Extremisten und Zerstörer bezeichnet und Zivilisten, Frauen und Kinder getötet würden, folgerten einige daraus, dass man Gewalt mit Gewalt beantworten müsse.

Chatami hob die "positiven Ergebnisse der iranischen Revolution" hervor und sagte, es müsse verhindert werden, dass Unzulänglichkeiten und Fehler zu Enttäuschungen bei Jugendlichen führten. Daher seien Reformen notwendig. Er bezeichnete die Verfassung der Islamischen Republik als eine große Errungenschaft und betonte, auf der Basis dieser Verfassung sei die Macht der Staatsführung beschränkt und nicht unbegrenzt und der Staat sei seinen Bürgern gegenüber rechenschaftspflichtig.


BIS ZU 6.000 TOTE JÄHRLICH DURCH UMWELTVERSCHMUTZUNG

Den Angaben des iranischen Gesundheitsministeriums zufolge sterben in Iran jährlich fünf- bis sechstausend Menschen wegen der verseuchten Umwelt. Wahid Hosseini, Leiter des Amtes für die Kontrolle der Luftqualität, sagte am 14. Februar vor der Presse: "80 Prozent der Luftverschmutzung in der Hauptstadt Teheran wird durch Autoabgase verursacht. Wir haben in Teheran rund eine Million Motorräder, die jeweils mehr Abgase als drei bis vier Personenwagen produzieren." Es gebe auch mehr als 100.000 Diesel-Fahrzeuge im Teheraner Verkehr, die überhaupt keine Abgasfiltereinrichtungen hätten. Zudem kämen rund 170.000 alte Fahrzeuge hinzu, die an der Verschmutzung der Luft einen wichtigen Anteil hätten.

In diesem Winter mussten bereits mehrmals die Schulen und teilweise auch die Ämter in Teheran und einigen anderen Großstädten wegen zu hoher Luftverschmutzung für mehrere Tage geschlossen werden.


DROGENSUCHT BEI FRAUEN NIMMT ZU

Ali Moayed, Leiter der Abteilung für den Kampf gegen Drogen bei der iranischen Polizei, bezeichnete die zunehmende Drogensucht bei Frauen in Iran als eine "ernste Gefahr". "Wir beobachten täglich, dass immer jüngere Frauen Drogen konsumieren, vor allem am Rande der Großstädte und in abgelegenen Gegenden." Dies sei nicht nur für die betroffenen Frauen eine Gefahr, sondern auch für die Familien, die dadurch zerstört würden. Es sei höchste Zeit, dass dagegen etwas unternommen werde.

Offiziellen Statistiken zufolge werden in Iran jährlich mehr als 500 Tonnen Drogen konsumiert. Das durchschnittliche Einstiegsalter für den Drogenkonsum liegt bei 15 Jahren. Der Anteil der Frauen an den Konsumenten ist schwankend. In den vergangenen drei Jahren ist er von 5,2 Prozent auf rund zehn Prozent angestiegen.

Im vergangenen Jahr gab das Innenministerium bekannt, dass Glass die am meisten konsumierte Droge sei. Der Konsum dieser Droge ist in den letzten drei Jahren von 6,3 Prozent auf 22 Prozent angestiegen.


AKTE VON RESAIAN IST NICHT ABGESCHLOSSEN

Justizsprecher Gholamhossein Mohsseni Ejehi sagte laut iranischen Medien am 7. Februar, die Freilassung des iranisch-amerikanischen Reporters der Washington Post, Jason Resaian, bedeute keineswegs, dass seine Akte nun geschlossen sei. "Es ist wichtig, dass wir wissen, was er getan hat." Es gebe in Iran andere Gefangene mit doppelter Staatsbürgerschaft, die wegen ähnlicher Delikte verurteilt worden seien. Um welche Personen es sich dabei handelte, sagte Ejehi nicht.

Mitte Januar haben Iran und die USA einen Gefangenenaustausch vereinbart. Demnach wurden vier amerikanisch-iranische Staatsbürger, die in iranischer Haft waren, gegen sieben iranische Gefangene in den USA ausgetauscht.

Dazu sagte Ejehi: "Es waren drei Gefangene mit doppelter Staatsbürgerschaft, deren Urteil feststand und die ihre Strafe verbüßten und Jason Resaian, der wegen Spionage in Haft saß, aber dessen Urteil noch nicht endgültig feststand. Ihre Freilassung stand nicht im Zusammenhang mit dem Atomabkommen. Es gab noch einen fünften Gefangenen, der mit den anderen nichts zu tun hatte und auf normalem Wege freigelassen wurde. Für die vier haben wir mehr Iraner aus amerikanischer Gefangenschaft freibekommen. Den Austausch hatte der Nationale Sicherheitsrat beschlossen. Allerdings hatten wir bestimmte Bedingung gestellt, die erfüllt wurden. Darüber kann ich aber leider nicht reden."

Ein ungenannter US-Politiker erklärte gegenüber der AP, dass über den Gefangenenaustausch vierzehn Monate lang verhandelt worden sei. Dabei habe die Schweiz, die die Interessen der USA in Iran vertritt, eine wichtige Rolle gespielt.

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KULTUR

• Protest gegen Holocaust-Karikaturenwettbewerb
• Kritik an Behandlung von Journalisten in Gefangenschaft
• Verbrannter Körper eines iranischen Lyrikers in Schweden entdeckt
• Haftstrafe für Karimi reduziert


PROTEST GEGEN HOLOCAUST-KARIKATURENWETTBEWERB

Ein in Teheran geplanter Wettbewerb für Holocaust-Karikaturen wurde von Bundestagspräsident Norbert Lammert laut einer Meldung der dpa vom 16. Februar scharf kritisiert. "Es ist offensichtlich, dass der Karikaturenwettbewerb in Ihrem Land, für den zynischerweise auch noch das bislang höchste Preisgeld ausgelobt wurde, den Mord an Millionen europäischer Juden der Lächerlichkeit preisgeben will und letztlich auch dazu dienen soll, antijüdische Ressentiments zu verstärken", schrieb Lammert in einem Brief an den iranischen Botschafter in Deutschland, Ali Majedi. Das Preisgeld soll nach Angaben der Organisatoren umgerechnet 50.000 US-Dollar betragen.

"Ich hoffe sehr, dass die für diese Aktion Verantwortlichen ihr Vorhaben überdenken und der Wettbewerb nicht stattfinden wird", schrieb Lammert.


KRITIK AN BEHANDLUNG VON JOURNALISTEN IN GEFANGENSCHAFT

Die Organisation Reporter ohne Grenzen hat in einem Protestbrief "den unverantwortlichen Umgang" der iranischen Behörden mit dem Journalisten und politischen Aktivisten Isa Saharkhis scharf verurteilt. Unter keinen Umständen dürfe das Leben des Journalisten gefährdet werden, hieß es in dem Schreiben vom 15. Februar. Die Organisation forderte die iranischen Behörden auf, das Wohlbefinden von Saharkhis zu garantieren.

Die Familie Saharkhis teilte mit, dass er aus Protest gegen den Versuch, ihn zu "Geständnissen" zu zwingen, in einen trockenen Hungerstreik getreten sei. Saharkhis befindet sich seit Oktober im Gefängnis. Sein Sohn Mehdi Saharkhis teilte mit, dass dem Vater die Brille weggenommen wurde und dass auf ihn schwerer Druck ausgeübt wurde, um etwas einzugestehen, was er nie getan habe.

Saharkhis war bereits im Zusammenhang mit den Protesten von 2009 festgenommen und zu vier Jahren Haft verurteilt worden.


VERBRANNTER KÖRPER EINES IRANISCHEN LYRIKERS IN SCHWEDEN ENTDECKT

Einem Bericht der schwedischen Zeitung vom 12. Februar zufolge wurde die verbrannte Leiche des iranischen Lyrikers und Übersetzers Sohrab Rahimi in einem Auto aufgefunden. Das Auto stand auf einer Landstraße in der Umgebung der Stadt Malmö. Die schwedische Polizei ermittelt in dem Fall auf Mordverdacht.

Wie die Zeitung schreibt, wurde das brennende Auto von Passanten gesichtet, die die Polizei informierten. Weder die Zeitung noch die Polizei haben den Namen des Opfers veröffentlicht. Erst Rahimis Frau, Asita Ghahreman, die selbst Lyrikerin und Übersetzerin ist, machte dies öffentlich. Sie schrieb auf Facebook: "Wir stehen unter Schock und können es nicht glauben."

Rahimi hat seine Gedichte in persischer und schwedischer Sprache veröffentlicht und einige Werke aus dem Persischen ins Schwedische übersetzt. Bekannt sind auch seine Literaturkritiken. "Ein Dichter hat nicht die Aufgabe, die Gesellschaft zu versöhnen", schrieb Rahimi vor drei Jahren. "Wir sollen auch nicht bewaffnete Soldaten für gesellschaftliche Freiheiten sein. Wir können im besten Fall besorgt um und trunken von Freiheit sein."


HAFTSTRAFE FÜR KARIMI REDUZIERT

Einem Bericht der AP vom 22. Februar zufolge wurde die Haftstrafe für den iranischen Filmregisseur Keywan Karimi von einem Berufungsgericht von sechs Jahren auf ein Jahr reduziert. Unverändert blieb jedoch die Strafe von 223 Peitschenhieben, die die erste Instanz beschlossen hatte. Das Urteil sei nun endgültig, sagte Karimi laut AP. Er wolle die Strafe absitzen und seine Heimat nicht verlassen.

International bekannt wurde Karimi durch seinen Schwarz-Weiß-Film "The Adventure of the Married Couple" (Das Abenteuer der Eheleute), für den er in Spanien und Kolumbien ausgezeichnet wurde.

Der 30-jährige Karimi, der zu den preisgekrönten iranischen Filmemachern gehört, wurde im Oktober vergangenen Jahres von einem Revolutionsgericht wegen "Beleidigung islamischer Heiligtümer" verurteilt. Grund für die Verurteilung war ein Videoclip und ein Film mit dem Titel "Writing on the City". Darin wurden politische Graffiti von der Zeit der Revolution bis zu den Protesten gegen die umstrittene Wiederwahl von Präsident Ahmadinedschad 2009 behandelt.

Die Agentur Reuters berichtete unter Berufung auf Justizkreise, dass mindestens zwölf Filmemacher, Fotografen und Schriftsteller in diesem Monat verurteilt worden seien. Ihnen sei gedroht worden, nicht öffentlich über die Urteile zu sprechen.

Das Urteil gegen Karimi wurde gleichzeitig mit dem Urteil gegen die Lyrikerin Fatemeh Ekhtesari und den Lyriker Mehdi Mussavi ausgesprochen. Ekhtesari wurde mit elfeinhalb Jahren Gefängnis und 99 Peitschenhieben und Mussavi mit neun Jahren Gefängnis und 99 Peitschenhieben verurteilt.

Die harten Urteile gegen Kulturschaffende in Iran haben im In- und Ausland Proteste hervorgerufen. Kürzlich haben 137 Filmemacher in einem offenen Brief an die Justiz die Freilassung Karimis gefordert. Der Verband iranischer Schriftsteller bezeichnete die Urteile "als sehr hart und ungerecht" und forderte die Rücknahme aller Urteile gegen Künstler und Schriftsteller, darunter auch das Urteil gegen Atena Farghdani. Sie war im vergangenen Jahr unter den Vorwürfen, Teilnahme an Versammlungen gegen die nationale Sicherheit, Propaganda gegen die islamische Staatsordnung und Beleidigung des Präsidenten und der Parlamentsabgeordneten, zu zwölf Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt worden. Die Künstlerin hatte lediglich Karikaturen von Parlamentsabgeordneten gezeichnet.

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WIRTSCHAFT

• Iran steigert seinen Ölexport
• Iranische Atomtechniker sollen in Ungarn ausgebildet werden
• USA protestieren gegen Verkauf von russischen Kampfjets an Iran
• Pakistan hebt Sanktionen gegen Iran auf
• Rohani verteidigt den Kauf von Airbus-Maschinen


IRAN STEIGERT SEINEN ÖLEXPORT

Iran ist bestrebt, seinen Ölexport kurz- bis mittelfristig auf den Stand von 2011 zu erhöhen. Damals, bevor das Land im Rahmen des Streits um sein Atomprogramm seitens der EU mit einem Ölboykott belegt wurde, lag der Export bei mehr als drei Millionen Barrel pro Tag. Mit den Sanktionen sank der Export auf etwas mehr als eine Million Barrel pro Tag. Allerdings will Iran den Export mit Rücksicht auf Preisschwankungen schrittweise erhöhen und damit seine ursprünglichen Marktanteile zurückgewinnen.

Nun will Iran in einem ersten Schritt seinen Ölexport um 500.000 Barrel pro Tag steigern, obwohl der Ölpreis auf dem internationalen Markt in den letzten Monaten drastisch gefallen ist und sich weiterhin auf Talfahrt befindet. Medienberichten vom 7. Februar zufolge hat Iran seinen Ölexport nach Europa bereits auf mehr als 300.000 Barrel pro Tag erhöht. Abnehmer des iranischen Öls sind unter anderem der französische Ölkonzern Total und das italienische Unternehmen Eni.

Am 11. Februar berichtete die Agentur Reuters unter Berufung auf Insider, Iran habe sein Öl in Konkurrenz mit Saudi-Arabien unter dem aktuellen Marktpreis verkauft. Der durchschnittliche Preis für die Sorte Iranian Heavy zur Lieferung im März habe um 6,40 Dollar unter dem durchschnittlichen Wert für Brent-Öl gelegen. Für Saudi-Arabien, das ohnehin wegen des Preisverfalls starke Einbußen hinnehmen muss, kommt die Rückkehr Irans auf den Markt höchst ungelegen.

Iran hat nun zwar genug Ölreserven, um seinen Export rasch zu erhöhen, doch die Nachwirkungen der Sanktionen sind noch spürbar, vor allem in Bezug auf den Transport und Versicherungen.

Indes einigten sich Russland, Saudi-Arabien, Katar und Venezuela darauf, die Ölfördermengen auf dem Niveau von Januar einzufrieren, um einen weiteren Verfall des Ölpreises zu verhindern. Der Preis ist seit Mitte 2014 um bis zu 70 Prozent eingebrochen. Die Vereinbarung ist jedoch nur durchführbar, wenn alle Förderstaaten ihr zustimmen.

Irans Ölminister Bijan Namdar Sangeneh äußerte sich am 16. Februar zurückhaltend. "Bisher sehen wir Bedarf im Ölmarkt und wären daher nicht bereit, auf unseren Anteil zu verzichten", zitierte ihn dpa. Am 17. Februar sagte Sangeneh nach einem Treffen mit den Ölministern aus dem Irak, Venezuela und Katar in Teheran, Iran unterstütze die Vereinbarung zwischen Saudi-Arabien und Russland. Er sagte jedoch nicht, dass Iran sich daran gebunden fühle.

"Die Vereinbarung sei ein erster Schritt, dem weitere Schritte folgen müssten", sagte Sangeneh. Er begrüßte den Beginn der Zusammenarbeit zwischen OPEC-Mitgliedsländer und Ländern, die der Organisation nicht angehörten (Russland ist kein OPEC-Mitglied). "Wir werden alles versuchen, um eine Stabilisierung des Ölmarkts und eine Verbesserung der Preise zu erreichen", sagte der Minister. Die anderen Öl-Minister äußerten sich nicht über das Treffen mit Sangeneh.

Vor dem Treffen in Teheran hatte die Tageszeitung Schargh berichtet, Irans Gesandter bei der OPEC, Mehdi Assali, habe gesagt, "die Forderung an Iran, die Fördermengen zu deckeln, ist unlogisch. Als Irans Öl boykottiert wurde, haben andere Länder ihre Produktion gesteigert und dadurch den Ölpreis gesenkt. Wie kann man nun von uns erwarten, dass wir kooperieren und den Verlust in Kauf nehmen?"

Indes berichteten iranische Medien über einen neuen Rekord beim Ölexport. Pirus Mussavi, Geschäftsführer der Ölabladehäfen, sagte der Agentur "Mehr" am 17. Februar, Iran habe innerhalb von 48 Stunden mehr als sieben Millionen Barrel Öl exportiert, davon vier Millionen Barrel nach Europa. Bereits am 13. Februar hatte der Geschäftsführer der Nationalen Iranischen Ölgesellschaft, Bahman Rokneddin Dschawadi, davon gesprochen, dass vier Millionen Barrel Rohöl für europäische Raffinerien zum Transport mit drei Öltankern bereitgestellt worden seien. Dies sei die erste Lieferung nach Europa nach der Aufhebung der Sanktionen. Zwei Millionen Barrel gingen an den französischen Ölkonzern Total und zwei Millionen seien für eine spanische und eine russische Firma bestimmt gewesen.


IRANISCHE ATOMTECHNIKER SOLLEN IN UNGARN AUSGEBILDET WERDEN

Einem Bericht der dpa vom 19. Februar zufolge haben der Chef der iranischen Atomenergiebehörde Ali Akbar Salehi und der ungarische Außenminister Peter Szijjarto bei einem Treffen in Budapest vereinbart, dass Ungarn künftig iranische Nukleartechniker ausbildet. "Wir streben den Ausbau einer Forschungs- und Wissenschaftszusammenarbeit zur friedlichen Nutzung der Atomenergie an", sagte der ungarische Außenminister.


USA PROTESTIEREN GEGEN VERKAUF VON RUSSISCHEN KAMPFJETS AN IRAN

Washington hat den geplanten Verkauf von russischen Kampfjets "Souchoi 30" an Iran als Bruch der Sanktionsbeschlüsse des UN-Sicherheitsrats gegen Iran bezeichnet und dagegen protestiert. Der Sprecher des Außenministeriums, Marc Toner, erklärte am 18. Februar, der Verkauf von "Souchoi 30", die den amerikanischen Kampfjets F-15 A entsprechen, an Iran bedürfe einer Sondergenehmigung des UN-Sicherheitsrats. Die US-Regierung werde diesbezüglich Gespräche mit Moskau führen, sagte er und fügte hinzu, alle sechs Staaten, die mit Iran das Atomabkommen vereinbart hätten, müssten die vorgesehenen Einschränkungen berücksichtigen. Dennoch richte sich der Verkauf laut AP, die sich auf Regierungskreisen beruft, nicht gegen das Atomabkommen.

Iran hatte kürzlich sein Vorhaben bekannt gegeben, mit Russland einen Vertrag über den Verkauf von Souchoi 30 Kampfjets abzuschließen. Eine offizielle Stellungnahme Russlands dazu lag bislang nicht vor. Lediglich die Agentur Ria Novosti hatte am 18. Februar unter Berufung auf einen hochrangigen Beamten des russischen Verteidigungsministeriums gemeldet, der Vertrag über den Verkauf der Kampfjets an Iran werde bis Ende des laufenden Jahres unterzeichnet werden.

Michael Olianov, Leiter der Abteilung für Nichtverbreitung und Kontrolle von Waffen im russischen Außenministerium, erklärte zu den Verkaufsplänen: "Wir sind davon überzeugt, dass niemand im UN-Sicherheitsrat den Verkauf von Waffen an Iran zu verhindern versuchen wird."

Bereits in all den Jahren, in denen Iran unter Sanktionen zu leiden hatte, wurden die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Teheran und Moskau ausgebaut. Auch politisch näherten sich die beiden Staaten immer mehr an. Allerdings sah sich Moskau, nicht zuletzt angesichts des Drucks der USA und Israels gezwungen, die Wünsche Irans, vor allem die nach Abwehrraketen, abzulehnen. Nach dem Atomabkommen sind nun alle erzwungenen Einschränkungen beseitigt, was zu einer weiteren Annäherung zwischen Moskau und Teheran geführt hat.

Am 1. Februar traf der ehemalige iranische Außenminister Ali Akbar Welayati, der zurzeit als außenpolitischer Berater des Revolutionsführers Ali Chamenei tätig ist, zu Konsultationen mit der russischen Führung in Moskau ein. Der Besuch fand in den Tagen statt, in denen Vertreter der syrischen Regierung und der Opposition in Genf über einen Waffenstillstand verhandelten. Vor seinem Abflug sagte Welayati in Teheran: "Die bilateralen Beziehungen zwischen Iran und Russland sind in der Geschichte einmalig, vielseitig und strategisch. Sie haben sich soweit entwickelt, dass wir beim Bau des Atomreaktors in Bushehr und bei der Modernisierung unseres Verteidigungssystems eng miteinander kooperieren."

Iran und Russland unterstützen in Syrien das Regime von Baschar Al-Assad, beide Staaten sind in dem Land militärisch aktiv, obwohl Iran behauptet, dort nur beratend tätig zu sein.

Ungeachtet der Kritik aus dem Westen will Iran nach Angaben von Verteidigungsminister Hossein Dehghan sein Raketenarsenal modernisieren. Dazu gehöre der Bau der nächsten Generation ballistischer Geschosse vom Typ Emad im nächsten Jahr, das nach dem persischen Kalender am 21. März beginnt. Eine Massenproduktion solle bald folgen, sagte der Minister. Hinzu kämen die russischen Abwehrraketen des Typs S-300, deren Lieferung in zwei Monaten erfolgen solle. Bei dieser Lieferung handelt es sich um einen 2007 abgeschlossenen Vertrag im Wert von 740 Millionen Euro, den Russland jedoch aufgrund der gegen Iran verhängten Sanktionen nicht erfüllen wollte. Erst im vergangenen Sommer, nach der Einigung im Streit um das iranische Atomprogramm, hatte Präsident Wladimir Putin den Lieferstopp aufgehoben.

Dehghan lehnte den Vorwurf ab, der Bau der Emad-Rakete verstoße gegen die noch bestehenden UN-Sanktionen, da Iran die Raketen nicht mit Atomsprengköpfen ausrüsten können werde. Die USA sind jedoch vom Gegenteil überzeugt. Daher wurden im Januar, nachdem Iran die modernisierte Form der Rakete getestet hatte, neue Strafmaßnahmen gegen Einzelpersonen und Unternehmen beschlossen.

Am 15. Februar bestätigte Moskau die Vereinbarung mit Iran, das Raketenabwehrsystem S-300 in Kürze an Teheran zu liefern. Wie das russische Verteidigungsministerium mitteilte, habe Iran auch Interesse am weiterentwickelten S-400 angemeldet.

Am 16. Februar traf Dehghan zu einem Treffen mit seinem Amtskollegen Sergei Kuschugetowitsch Schoigu in Moskau ein. Er wurde auch von Präsident Putin zu einem Gespräch empfangen. Sein Land sei bestrebt, die militärischen, technischen und technologischen Beziehungen zu Russland auszubauen, sagte Dehghan in einem Interview mit dem russischen Fernsehen. Auch Schoigu erklärte laut AFP: "Ich bin davon überzeugt, dass unser Treffen die freundschaftlichen Beziehungen zwischen den russischen und iranischen Streitkräften vertiefen wird." In der Erklärung, die am 16. Februar veröffentlicht wurde, heißt es weiter, bei dem Besuch des iranischen Verteidigungsministers sei über Maßnahmen gesprochen worden, um die militärische Zusammenarbeit, die im Januar zwischen Teheran und Moskau vereinbart worden sei, umzusetzen.

Schoigu erwähnte die "zunehmende Krise im Nahen Osten" und fügte hinzu, die beiden Staaten Russland und Iran seien dabei, ihre Aktivitäten im Bezug auf zahlreiche Probleme in der Region und in der Welt miteinander zu koordinieren. "Unsere beiden Staaten sind in der Region mit ähnlichen Konflikten und Bedrohungen konfrontiert, die wir nur mit gegenseitiger Unterstützung bewältigen können."

Am 16. Februar meldete die russische Staatsagentur Ria Nowosti, dass Russland am 17. Februar das moderne Flugabwehrsystem vom Typ S-300 an Iran übergeben werde. Am 20. Februar traf Schoigu, ohne vorherige Ankündigung, zu Gesprächen mit Präsident Rohani und Verteidigungsminister Dehghan in Teheran ein. Über den Inhalt der Gespräche gab es keine offiziellen Angaben. Laut einer Meldung der dpa vom 21. Februar sei die Krise in Syrien das Hauptthema der Gespräche gewesen. Schoigu habe der iranischen Führung demnach eine Botschaft von Präsident Putin überbracht.


PAKISTAN HEBT SANKTIONEN GEGEN IRAN AUF

Die Regierung in Pakistan ordnete am 19. Februar die Aufhebung der Sanktionen gegen Iran an. Damit können die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Iran und Pakistan wieder voll aufgenommen werden. Die beiden Staaten haben eine 909 Kilometer lange gemeinsame Grenze. Sie arbeiten in verschiedenen Gebieten zusammen, wie zum Beispiel in den Bereichen Energie, Technologie und Handel.

Das wichtigste gemeinsame Projekt ist der Bau der Gas-Pipeline, die den Namen "Pipeline des Friedens" trägt. Die Pipeline läuft von Iran über Pakistan nach Indien. Das Projekt, das bislang nur teilweise realisiert worden ist, zieht sich bereits über Jahre hin. Ein wichtiger Grund für die Verzögerung ist die problembeladene Beziehung zwischen Indien und Pakistan.

Zwischen Iran und Pakistan gibt es immer wieder Probleme wegen Terroranschlägen, die zumeist von belutschischen Gruppen im Grenzgebiet auf iranischer Seit verübt werden.


ROHANI VERTEIDIGT DEN KAUF VON AIRBUS-MASCHINEN

Nach der Rückkehr Rohanis von seiner Europa-Reise, auf der er unter anderem in Frankreich 118 Airbus-Maschinen für einen Preis von 25 Milliarden Dollar bestellt hatte, meldeten sich Kritiker zu Wort, die ihm vorwarfen, das Volkseigentum verschleudert zu haben.

"Unser Volk hat es verdient, nicht mehr alte Verkehrsmittel in der Luft, auf der Straße und auf der Schiene zu benutzen", sagte Rohani an die Kritiker gerichtet. Die harten Sanktionen hätten die Entwicklung des Landes um fast 50 bis 60 Jahren zurückgeworfen. Viele hätten das Land unter dem Vorwand, die Sanktionen zu umgehen, beraubt und eine Menge verdient. Doch für die Mehrheit seien es harte Zeiten gewesen. Die Sanktionen betrafen die Schifffahrt, das Versicherungswesen, die Banken, die Wechselstuben, den Handel mit Edelmetallen bis hin zu der chemischen Industrie und dem Fahrzeugbau. "Alle Lebensadern der iranischen Wirtschaft waren davon betroffen. Ich weiß nicht, wie man Leute verstehen soll, die sich nicht über die Aufhebung der Sanktionen freuen. Es ist doch nicht möglich, dass ein Iraner, der seine Heimat liebt, sich nicht über das Ende der Sanktionen freut. Allerdings gab es einige, die von den Sanktionen profitiert haben."

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AUSSENPOLITIK

• Merkel: Anerkennung Israels ist Voraussetzung für normale Beziehungen zu Iran
• Steinmeier in Teheran
• USA fordern Freilassung von Mussavi, Rahnaward und Karrubi
• Iran warnt Türkei vor Annäherung an Saudi-Arabien
• Iran und die Konflikte in der Region
• Bahrain beschließt Maßnahmen gegen Irans Einmischung
• Rohani: "Wir wollen keine regionale Großmacht sein"
• Drei US-Kongressmitglieder wollen Iran besuchen
• Dschasajeri forderte Reaktion auf britische Einmischung
• Gebürtige Iranerin zur Botschafterin der USA in Schweden ernannt
• Sarif antwortet im EU-Parlament auf Kritik an Menschenrechtsverletzungen
• Iran kündigt neues Hilfsprogramm für Palästinenser an


MERKEL: ANERKENNUNG ISRAELS IST VORAUSSETZUNG FÜR NORMALE BEZIEHUNGEN ZU IRAN

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat nach einem Treffen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in Berlin am 16. Februar erklärt, ohne die Anerkennung Israels könne es keine normale Beziehungen zwischen Deutschland und Iran geben. Zugleich wies sie die Kritik Netanjahus an dem Atomabkommen mit Iran zurück. Das Abkommen schränke die Gefahren einer nuklearen Bewaffnung Irans stark ein, sagte sie. Bei dem Abkommen sei die "Entscheidung gefallen, dass wir mehr Überblick, mehr Einfluss, mehr Transparenz haben, wenn wir ein solches Abkommen schließen - ohne das wir naiv sind und glauben, dass damit schon alles gelöst ist", so Merkel im Vorfeld des Gesprächs mit Netanjahu.

Es gebe natürlich Meinungsunterschiede zwischen der deutschen und der israelischen Regierung, sagte die Kanzlerin mit Blick auf das Abkommen mit Iran, obwohl beide Regierungen "keinerlei Illusionen über die Frage der iranischen Politik" hätten. Eine "völlig inakzeptable Position" Irans sei die Nichtanerkennung des Existenzrechts Israels.

Welche konkreten Konsequenzen die von Merkel gestellte Bedingung für die Beziehungen zwischen Teheran und Berlin haben wird, sagte die Bundeskanzlerin nicht. Jedenfalls scheint sie damit nicht die wirtschaftlichen Beziehungen gemeint zu haben. Denn bereits vor der Aufhebung der Sanktionen gegen Iran haben zahlreiche deutsche Unternehmen sich bemüht, mit Iran Geschäfte zu machen. Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel war der erste hochrangige Politiker aus der EU, der Iran besuchte. Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier reiste innerhalb weniger Monate zweimal zu Gesprächen nach Teheran, was darauf hindeutet, dass Deutschland auch an einer politischen Zusammenarbeit mit Iran interessiert ist. Steinmeier hat Präsident Rohani bei seinem letzten Besuch zu einem Gegenbesuch nach Deutschland eingeladen. Merkel hatte gesagt, alle ihre Kabinettsmitglieder würden bei den Gesprächen mit der iranischen Führung betonen, dass eine normale freundschaftliche Beziehung zu Deutschland die Anerkennung des Existenzrechts Israels voraussetze. Rohani hatte im vergangenen Monat auf seiner ersten offiziellen Europareise Italien und Frankreich besucht, nicht aber Deutschland.

Indes hat Israels Verteidigungsminister Mosche Jaalon betont, dass Israel seine bisherige harte Linie gegen Iran fortsetzen werde. Die Lockerung der internationalen Sanktionen gegen Iran ermögliche dem Land nun "Waffen für 20 Milliarden Dollar" zu kaufen" und damit "noch mehr Waffen an seine Stellvertreter in der Region" zu liefern, sagte Jaalon auf der Münchener Sicherheitskonferenz am 14. Februar.

Der Minister warf Iran laut AFP vor, Elemente, die bereit seien, Israel zu bekämpfen, zu finanzieren. Als Beispiel nannte er die libanesische Hisbollah. Iran missachte die UN-Resolutionen und unterstütze Terrororganisationen. "Das ist das iranische Regime nach dem Abkommen", sagte Jaalon.


STEINMEIER IN TEHERAN

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier traf am 2. Februar zu Gesprächen mit der iranischen Führung in Teheran ein. Ziel seiner Reise war es, im Konflikt zwischen Iran und Saudi-Arabien zu vermitteln. Vor seiner Reise sagte der Minister in einem Interview mit der Zeitung "Welt am Sonntag": "Selbst aus Eigeninteresse müssen wir alles unternehmen, um die Krise nicht ausufern zu lassen." Alle Möglichkeiten müssten genutzt werden, um eine Vertrauensbasis zwischen Teheran und Riad herzustellen. Die blutigen Auseinandersetzungen im Nahen Osten stünden in direkter Verbindung mit der tiefen Spaltung zwischen Schiiten und Sunniten und mit der Rivalität zwischen dem sunnitischen Saudi-Arabien und dem schiitischen Iran um die Vorherrschaft in der Region.

Die Krise in Syrien lasse sich nicht bewältigen ohne einen gemeinsamen Druck von außen und ohne die Zusammenarbeit der Regionalmächte, sagte Steinmeier. In Jemen seien die Vermittlungsbemühungen der UNO bislang vergeblich gewesen, während die bewaffneten Auseinandersetzungen zugenommen hätten. Steinmeier sagte, er wolle bei den Gesprächen mit der iranischen und anschließend auch der saudischen Führung alle Probleme offen ansprechen. Mit Blick auf die eklatante Verletzung der Menschenrechte sowohl in Iran als auch in Saudi-Arabien sagte der Minister, es sei einfacher, mit Staaten, die eine andere Auffassung von Menschenrechten, freier Meinungsäußerung und der Rolle der Frau haben, nichts zu tun zu haben. Aber eine solche Haltung habe in der Außenpolitik nie zum Erfolg geführt.

Es war der zweite Besuch Steinmeiers in Teheran innerhalb der letzten fünf Monate. Nach einem Gespräch mit dem iranischen Außenminister Mohammad Dschawad Sarif sagte Steinmeier auf einer gemeinsamen Pressekonferenz, er habe festgestellt, dass die iranische Seite zu Gesprächen mit Saudi-Arabien und zu Lösung der Konflikte zwischen den beiden Staaten bereit sei. Dennoch, fügte er hinzu, lehne er es ab, die Rolle eines Vermittlers zwischen Teheran und Riad zu übernehmen. "Eine Vermittlung zwischen den beiden Nachbarstaaten ist nicht notwendig", sagte Steinmeier.

Sarif sagte, er habe mit Steinmeier über Syrien und Afghanistan sowie über die deutsch-iranischen Beziehungen gesprochen. Zu Saudi-Arabien sagte Sarif, Iran sei stets um gute und freundschaftliche Beziehungen zu seinen Nachbarn bemüht. Zugleich warf er den Saudis vor, eher an einer Eskalation interessiert zu sein.

Steinmeier wurde auch von Präsident Rohani empfangen. Rohani sprach von einem neuen Kapitel in den Außenbeziehungen Irans. Die Umsetzung des Atomabkommens und die Aufhebung der Sanktionen gegen Iran böten nun äußerst günstige Möglichkeiten, die Beziehungen zwischen Deutschland und Iran auszubauen. Deutschland sei jahrelang der wichtigste Handelspartner Irans unter den europäischen Staaten gewesen. Konkret sprach Rohani von der Zusammenarbeit in den Bereichen Maschinenbau, Bergbau, Energie, Schienenbau und Tourismus.

Rohani würdigte die Rolle Deutschlands bei den Atomverhandlungen. Das Abkommen sei zum Vorteil aller Beteiligten und biete nun eine gute Grundlage zu einer vielfältigen Zusammenarbeit. Deutschland und Iran könnten über den Ausbau ihrer bilateralen Beziehungen hinaus bei der Lösung internationaler und regionaler Probleme miteinander kooperieren, vor allem beim Kampf gegen den Terrorismus und bei den Bemühungen um die Herstellung von Frieden im Nahen Osten, sagte der Präsident. Der Terrorismus stelle eine ernste Gefahr dar, man müsse alle Verbindungen der Terroristen zu Finanzquellen und Waffen unterbinden.

Auch Steinmeier sprach vom von einem neuen Kapitel in den Beziehungen zwischen Iran und der EU. Berlin sei entschlossen, die Beziehungen zu Iran in allen Bereichen der Politik, Wirtschaft, Kultur und den Wissenschaften zu intensivieren. Dies zeige auch sein zweimaliger Besuch innerhalb weniger Monate. Auch große deutsche Unternehmen seien an der Zusammenarbeit mit iranischen Partnern und Investitionen in Iran stark interessiert. In den vergangenen Monaten hätten zehn große Delegationen von Vertretern aus Politik und Wirtschaft Iran besucht. Acht weitere Delegationen stünden in der Warteschlange. Steinmeier sprach auch über den Terrorismus und der Notwendigkeit, ihn zu bekämpfen. Man müsse den Boden für die Verbreitung des Terrorismus austrocknen, sagte er. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung sei der Kampf gegen den Extremismus.

Steinmeier legte Rohani einen Staatsbesuch in Deutschland nahe. Rohani möchte bei seinem nächsten Europabesuch auch Deutschland "mit in den Blick nehmen", sagte Steinmeier nach dem Gespräch mit dem iranischen Präsidenten. Eine offizielle Einladung war das jedoch nicht. Soweit bekannt, wird Rohani im Sommer Österreich und Belgien besuchen. Dass der Präsident auch auf seiner zweiten Reise keinen Besuch in Deutschland geplant hat, gibt Anlass zu Spekulationen.

Steinmeier reiste nach seiner Visite in Teheran weiter nach Riad, wo er genauso wie in Teheran, um Unterstützung bei den internationalen Bemühungen zur Beilegung des Konflikts in Syrien warb. "Alle, die wir hier im Mittleren Osten in den letzten Tagen getroffen haben, wissen, dass es nicht nur eine politische Pflicht, sondern auch eine moralische Pflicht ist, das Töten und Morden nach fünf Jahren in Syrien zu beenden", sagte der Minister. "Wir wissen, wie schwer der Weg dahin ist, aber wir müssen jede Anstrengung dafür unternehmen."


USA FORDERN FREILASSUNG VON MUSSAVI, RAHNAWARD UND KARRUBI

Das US-Außenministerium hat Iran aufgefordert, den Hausarrest der Oppositionspolitiker Mir Hossein Mussavi, dessen Frau Sahra Rahnaward und Mehdi Karrubi zu beenden. "Wir verurteilen gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft den Hausarrest der drei Oppositionspolitiker und die Repressionen gegen ihre Angehörigen und fordern ihre rasche Freilassung", sagte der Sprecher des Außenministeriums Marc Toner am 14. Februar in Washington.

Anlass der Erklärung war der fünfte Jahrestag der Inhaftierung der drei Politiker. Mussavi und Karrubi hatten bei den Präsidentschaftswahlen 2009 gegen den damals amtierenden Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad kandidiert. Sie verloren die Wahl, weil diese ihrer Darstellung nach massiv manipuliert worden war, was zu monatelangen Massenprotesten führte, die blutig niedergeschlagen wurden.

Toner betonte, dass der Hausarrest gegen Rahnaward, Moussavi und Karrubi ohne Anklage erfolgt sei. Er forderte die Verantwortlichen auf, ihre eingegangenen internationalen Verpflichtungen einzuhalten, ein Mindestmaß an Rechtsstaatlichkeit zu berücksichtigen und willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen von Staatsbürgern zu unterlassen. Weiterhin forderte das Außenministerium alle Personen freizulassen, die sich aus religiösen oder politischen Gründen in Haft befinden.

Etwa drei Wochen zuvor hatte der iranische Regierungssprecher Mohammad Bagher Nobacht erklärt, die Regierung habe sich "über die eigenen Kräfte hinaus" bemüht, den Hausarrest zu beenden, doch "die endgültige Entscheidung liegt nicht bei der Regierung." Nach Meinung des ehemaligen Kommandanten der Ordnungskräfte, Esmail Ahmadi Moghaddam, liegt der Hausarrest in der Verantwortung des Revolutionsführers Ali Chamenei.

In einer ersten Reaktion wies das Teheraner Außenministerium jede Einmischung des Auslands in die inneren Angelegenheiten Irans zurück. Der Hausarrest der genannten Personen sei eine interne Angelegenheit Irans, sagte der Sprecher des Außenministeriums Hossein Dschaberi Ansari auf einer Pressekonferenz am 15. Februar in Teheran.


IRAN WARNT TÜRKEI VOR ANNÄHERUNG AN SAUDI-ARABIEN

Vizeaußenminister Ebrahim Rahimpur, der sich zu einem Besuch in der Türkei aufhielt, kritisierte am 11. Februar in einem Interview mit der türkischen Zeitung Hürriyet die Annäherung der Türkei an Saudi-Arabien.

Das Verhältnis zwischen Teheran und Ankara ist zurzeit vor allem wegen unterschiedlicher Positionen im Syrienkrieg belastet. "Passt auf, dass ihr nicht auf den Verlierer setzt", warnte Rahimpur. Zugleich betonte er, dass Teheran nicht wegen einer Annäherung der Türkei an die Staaten am Persischen Golf besorgt sei. Denn es sei nicht klar, ob die Zusammenarbeit zwischen Ankara und Riad ernst gemeint und von Dauer oder nur "Propaganda" sei.

Der Konflikt zwischen der Türkei und Russland, der sich auszuweiten droht, wirft seinen Schatten auch auf die türkisch-iranischen Beziehungen. Während Iran und Russland in Syrien zur Unterstützung des Regimes von Assad eng miteinander kooperieren, unterstützt die Türkei die Gegner des syrischen Regimes. Damit kämpfen Iran und die Türkei an zwei unterschiedlichen Fronten. Iranische Medien werfen der Türkei vor, in Syrien den sogenannten Islamischen Staat sowie andere terroristische Gruppen zu unterstützen.

Der türkische Präsident Tayipp Erdogan hat des Öfteren die Politik Irans in der Region kritisiert und der iranische Staatsführung vorgeworfen, Zwietracht in der Region zu verbreiten.

Dennoch meinte Rahimpur, die beiden Nachbarstaaten seien bemüht, trotz der bestehenden Konflikte, die Verbindung aufrechtzuerhalten. Denn Iran mache einen großen Unterschied zwischen der türkischen und der saudischen Position in Syrien, sagte Rahimpur.

Rahimpur äußerte sich auch zu der Ankündigung der irakischen Kurden, eine Volksbefragung über die Gründung eines kurdischen Staats im Irak durchzuführen. Er lehne einen solchen Plan entschieden ab, sagte Rahimpur. "Unsere Region ist nicht stark genug, um weitere Krisen bewältigen zu können. Wir hoffen, dass die Kurden in den Staaten der Region, so wie in Iran, ihre vollen Bürgerrechte bekommen. Wenn wir die nationale Einheit in der Türkei und in Iran verteidigen, tun wir dies auch im Bezug auf Syrien und den Irak."

Rahimpur wollte offenbar nicht erwähnen, dass die iranischen Kurden seit Jahrzehnten vergeblich für ihre Autonomie kämpfen, und dass sie wie auch andere nationale Minderheiten weiterhin benachteiligt werden.

Indes hat Teheran den Bombenanschlag vom 17. Februar in Ankara verurteilt. "Dieser Anschlag hat erneut bewiesen, wie wichtig und notwendig der gemeinsame Kampf gegen die Terroristen ist", sagte der Sprecher des Außenministeriums Dschaber Ansari


IRAN UND DIE KONFLIKTE IN DER REGION

Der Krieg in Syrien, an dem auch Iran direkt beteiligt ist, überschattet das Verhältnis Teherans zu den Staaten der Region. Während die meisten dieser Staaten, allen voran Saudi-Arabien, die Gegner des syrischen Regimes unterstützen, steht Iran nach wie vor an der Seite des syrischen Diktators Baschar Al-Assad. Während Saudi-Arabien und die mit ihm verbündeten Staaten Iran durch Maßnahmen wie dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen herausfordern, betonen iranische Diplomaten immer wieder ihren Willen zur Versöhnung, nicht jedoch die iranischen Militärs. "Spannungen nutzen niemand", sagte Außenminister Dschawad Sarif am 3. Februar bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier. Iran sei an konstruktiven Beziehungen zu allen Nachbarstaaten interessiert, sagte der Minister. Zu den Friedensverhandlungen für Syrien in Genf sagte er: "Sie sind noch nicht so weit gediehen, wie wir es uns wünschen würden. Aber es ist ein guter Start."

Am 4. Februar kam ein positives Signal aus Riad. Der saudische Außenminister Adel al-Dschubeir sagte, sein Land werde Iraner nicht an der Pilgerfahrt nach Mekka hindern. "Die politische Krise zwischen Saudi-Arabien und Iran hat gar nichts mit der Hadsch (Pilgerreise) zu tun. Er warf der iranischen Regierung eine "aggressive Politik" vor. Solange Iran diese Politik fortsetze und keinen gründlichen Kurswechsel vornehme, könne es keine diplomatischen Beziehungen zwischen Teheran und Riad geben, erklärte der Minister.

Am 6. Februar erklärte der Oberbefehlshaber der iranischen Revolutionsgarden, General Mohammad Ali Dschafari: "Unsere Politik ist es nicht, zusätzliche Kräfte nach Syrien zu schicken." Aber in den Reihen der Revolutionsgarden sei der Wunsch stark, sich in Syrien zu engagieren. Der Kampf in Syrien sei wichtig, auch um Drohung gegen das eigene Land abzuwehren, sagte der General weiter.

Bislang hat Iran immer bestritten, am Krieg in Syrien aktiv teilzunehmen. Iranische Soldaten und Offiziere in Syrien hätten nur eine beratende Funktion, verlautet es immer wieder aus Teheran. Dschafari ist der erste ranghohe Offizier, der vom aktiven Kampf iranischer Militärs in Syrien spricht.

Am 7. Februar erklärte Hossein Salami, Stellvertreter des Oberbefehlshabers der Revolutionsgarden, im staatlichen Fernsehen, Saudi-Arabien gehöre zu den Verlierern des Kriegs in Syrien. Die Saudis seien militärisch nicht in der Lage, den Krieg zu ihren Gunsten zu führen. Zu der angekündigten Bereitschaft Saudi-Arabiens, auch Bodentruppen nach Syrien zu schicken sagte Salami: "Was können die Saudis mit der symbolischen Entsendung von ein paar Bataillonen ausrichten? Sie sind doch selbst die Verursacher des Kriegs." Die Gegner des syrischen Regimes würden von Saudi-Arabien "finanziell, militärisch und politisch" unterstützt, Gruppen, die gemeinsam von Saudis und dem Westen ins Leben gerufen worden seien.

Zu der Kooperation zwischen Iran und Russland in Syrien sagte Salami: "Unsere Position gegenüber Syrien ist nicht allein national orientiert." Es gehe darüber hinaus um die Sicherheit der Region, um strategische Ziele und um die Rolle der Islamischen Republik als eine regionale Großmacht.

Am 12. Februar erklärte Außenminister Sarif wieder einmal Irans Bereitschaft zur Kooperation mit Saudi-Arabien. Es gebe "nichts in unserer Region, das eine Kooperation Irans und Saudi-Arabiens zum Ziel einer besseren Zukunft für uns alle ausschließt", sagte Sarif auf der Münchener Sicherheitskonferenz. Der Außenminister sprach über mögliche gemeinsame Ziele wie z.B. den gemeinsamen Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat oder gegen die Al-Nusra-Front. "Extremisten sind für unsere Brüder in Saudi-Arabien eine ebensolche Bedrohung wie für die übrige Region." Auch ein "stabiles Syrien ohne Terroristen, ein multiethnisches und multireligiöses Syrien" sei im Interesse beider Staaten.

Der Konflikt zwischen Iran und Saudi-Arabien hat sogar den Export von Äpfeln und Kiwis in Mitleidenschaft gezogen. Resa Nurai, Vorsitzender des Verbands iranischer Obstproduzenten, sagte laut der Agentur ILNA vom 13. Februar, bedauerlicherweise habe der Konflikt zwischen Saudi-Arabien, Bahrain und Iran dazu geführt, dass ein Großteil des für den Export produzierten Obstes verdorben sei, was große Verluste für die Obstwirtschaft nach sich gezogen habe.

Am 14. Februar erklärte General Farsad Esmaili, Kommandant der iranischen Luftwaffe, Iran sei bereit, sofern Syrien dies wünsche, die Lufthoheit Syriens zu schützen. In einem Gespräch mit der Agentur Tasnim betonte er mit Blick auf die von der Türkei und Saudi-Arabien angekündigten Entsendung von Bodentruppen nach Syrien, jede militärische Präsenz in Syrien, die ohne Kooperation mit der syrischen Regierung stattfinde, sei zur Niederlage verurteilt.

Indes gaben Riad und Teheran bekannt, dass nach dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Staaten nun die Schweiz die Interessenvertretung beider Staaten im jeweils anderen Land übernehmen werde. Wie der Sprecher des Teheraner Außenministeriums, Hossein Dschaberi, sagte, habe die Schweiz diesen den Wunsch beider Staaten akzeptiert. Auch der saudische Außenminister bestätigte die Vereinbarung. Aus Bern hieß es, die Schweiz wolle mit der Übernahme der Interessenvertretung einen Beitrag zur Stabilität in der Region leisten.

Am 15. Februar kritisierte Sarif in Brüssel die Ankündigung der Türkei und Saudi-Arabiens, Bodentruppen nach Syrien zu schicken. "Die Kapazitäten der Staaten und ihre Möglichkeiten sind bekannt. Man kann bluffen, aber damit erreicht man nichts. Doch solche Ankündigungen schüren die Konflikte und erhöhen die Gefahren", zitierte ihn die Nachrichtenagentur ISNA. Bei einem Gespräch mit Federica Mogherini plädierte Sarif für eine dauerhafte Waffenruhe in Syrien. Die internationale Gemeinschaft habe sich nicht auf eine Feuerpause geeinigt, sondern auf ein Ende der Feindseligkeiten. "Es muss eine generelle Anerkennung aller Beteiligten geben, dass es keine militärische Lösung geben kann. Ich glaube nicht, dass diese Erkenntnis schon richtig angekommen ist", sagte er laut einem Bericht der dpa vom 15. Februar.

Am 22. Februar berichteten saudische Medien von einem Prozess gegen 32 Personen, denen vorgeworfen wird, für Iran spioniert zu haben. 30 der Angeklagten gehörten der schiitischen Minderheit an. Auch ein Iraner und ein Afghane seien unter ihnen. Die Gruppe war bereits 2013 festgenommen worden.

Indes begrüßte Präsident Rohani die vereinbarte Feuerpause in Syrien. "Dieser Waffenstillstand ist der richtige Schritt und ist im Interesse der Menschen in Syrien", sagte er in einem Telefongespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am 24. Februar. Die Vereinbarung zeuge auch von der Einsicht, dass der Konflikt in Syrien nur diplomatisch gelöst werden könne, sagte Rohani. Man müsse nur darauf achten, dass die Waffenruhe nicht von Terrorgruppen wie dem Islamischen Staat missbraucht werde.

Am 25. Februar sagte US-Außenminister John Kerry laut AP im US-Kongress, Iran habe ein Großteil seiner Truppen aus Syrien abgezogen. "Im Grunde haben die

Revolutionsgarden sich aus Syrien zurückgezogen", so Kerry. Das bedeute aber nicht, dass sie (die iranischen Truppen) keine Rolle mehr spielten und sie bei den Waffenlieferung über Syrien nach Libanon nicht mehr aktiv seien. "Das macht uns Sorgen und die Sorgen dauern an."

Kerry nannte nicht die Quelle seiner Informationen. Seit dem Beginn der Kampfhandlungen in Syrien sind mehr als 150 iranische Militärs getötet worden. Allein Anfang Februar starben mehr als 20 Iraner. Revolutionsführer Ali Chamenei sagte bei einem Empfang der Hinterbliebenen der Opfer in Syrien und Irak, wenn es den Kampf dieser Leute nicht gegeben hätte, wäre die Feinde jetzt "in unserem Land" und "wir hätten den Kampf in Hamedan, Kermanschah und anderen Provinzen Irans führen müssen".


BAHRAIN BESCHLIEßT MAßNAHMEN GEGEN IRANS EINMISCHUNG

Laut einem Bericht der bahrainischen Agentur BNA vom 22. Februar erklärte der Innenminister des Landes, Scheich Raschid Kalifa, bei einem Treffen mit Geistlichen Würdenträgern, Parlamentariern und Pressevertretern, die Regierung habe gegen die "Gefahren einer iranischen Einmischung in die inneren Angelegenheiten Bahrains" einige Maßnahme beschlossen. Dazu gehörten Einschränkungen der Finanztransaktionen und Einschränkungen von Auslandsreisen, insbesondere für Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren in "unsichere Länder". Um welche Länder es sich handelt, sagte der Minister allerdings nicht.

Zuvor hatte Bahrain behauptet, "Terroristenzellen" entdeckt und aufgelöst zu haben, deren Mitglieder durch iranische Revolutionsgarden und die libanesische Hisbollah ausgebildet worden seien. Iran hat stets bestritten, sich in die inneren Angelegenheiten Bahrains eingemischt zu haben.

Raschid sagte weiter, die Regierung verbiete jeden Versuch der Politisierung des Glaubens. Die Regierung habe Vorkehrungen getroffen, um den religiösen Dialog vor weiterer Politisierung zu schützen und ein Abgleiten in Extremismus zu verhindern.

In Bahrain bilden die Schiiten die Mehrheit der Bevölkerung. Seit 2011 gibt es unter den Schiiten eine wachsende Protestbewegung, die religiöse Anlässe nutzt, um politische Forderungen zu artikulieren. Die Schiiten fordern Gleichbehandlung mit den Sunniten. Ferner werben sie für einen Wandel des politischen Systems hin zu einer konstitutionellen Monarchie. Bahrain wirft Iran vor, die Schiiten bei ihrem Kampf gegen die Zentralmacht zu unterstützen. Manama hat im Zuge des Konflikts zwischen Iran und Saudi-Arabien die diplomatischen Beziehungen zu Teheran abgebrochen.

Der Konflikt zwischen Iran und Bahrain begann vor fünf Jahren, als die Proteste der Schiiten mit militärischer Hilfe aus Saudi-Arabien blutig niedergeschlagen wurden.

Im vergangenen November gab Bahrain bekannt, eine "Terrorgruppe", die mit Teheran in Verbindung gestanden habe, entdeckt und deren Mitglieder verhaftet zu haben.

Wie Reuters berichtet, haben Bahrain und Saudi-Arabien inzwischen allen Schiffen und Booten mit iranischer Flagge verboten, in ihren Gewässern zu fahren.


ROHANI: "WIR WOLLEN KEINE REGIONALE GROßMACHT SEIN"

Präsident Hassan Rohani sagte bei einem Interview mit dem staatlichen Fernsehen über die iranische Außenpolitik: "Wir wollen keine regionale Großmacht sein, was wir wollen, ist eine machtvolle Region." Iran sei bestrebt, nach dem Atomabkommen und der Aufhebung der Sanktionen alle Vorteile der Beziehungen zu anderen Staaten in Anspruch zu nehmen.

"Unter den Sanktionen waren unsere Möglichkeiten begrenzt. Wir konnten nur mit wenigen Staaten Handel treiben. Aber die Einschränkungen sind nun aufgehoben. Wir wollen keineswegs unsere Blicke auf den Westen richten, aber wir sind bestrebt, unsere Beziehungen vielfältig zu gestalten", sagte der Präsident. Neben dem Westen sei Iran insbesondere an Beziehungen zu den Nachbarstaaten, zu Russland, China und Japan interessiert. Auch afrikanische Staaten seien für Iran interessant.

Rohani betonte, Iran begrüße Investitionen von US-Unternehmen, wenn diese daran interessiert seien in Iran zu investieren. Er kritisierte "einige Nachbarstaaten, die in ihrer Beziehung zu Iran unreif gehandelt haben". Sollte sich dieses falsche Verhalten fortsetzen, könnte eine "entschiedene Reaktion und eine Bestrafung" erforderlich werden, sagte Rohani weiter. Aber Iran sei jeder Zeit zu nachbarschaftlichen Beziehungen bereit, falls diese Staaten es wünschten. Rohani nannte keine Namen, aber es war offensichtlich, dass er bei dieser Äußerung insbesondere Saudi-Arabien im Blick hatte. "Wir wollen eine starke Region", betonte Rohani noch einmal.


DREI US-KONGRESSMITGLIEDER WOLLEN IRAN BESUCHEN

Drei republikanische US-Kongressmitglieder haben bei der iranischen Interessenvertretung in Washington offiziell am 4. Februar ein Einreisevisum nach Iran beantragt. Den eigenen Angaben zufolge planen sie eine Besichtigung der Atomzentren, die Beobachtung der Wahlen und Gespräche mit politischen Gefangenen. Gleichzeitig schrieben sie einen Brief an Revolutionsführer Ali Chamenei und dem Kommandanten der Revolutionsgarden, Ali Dschafari, in dem sie ihnen ihre Reiseabsichten mitteilten. "Unser Hauptanliegen bei unserer Reise ist die Beobachtung der Wahlen am 26. Februar in Iran. Das ist eine historische Wahl. Wir möchten aus nächster Nähe die Entwicklung Irans zur Demokratie beobachten. Es wäre bedauerlich, wenn auch dieses Mal kein Amerikaner die Gelegenheit erhalten würde, die freien und gerechten Wahlen in Iran zu bestätigen", hieß es in dem Brief der drei Kongress-Mitglieder, die als besonders rechts-orientiert gelten.

Über etwaige Reaktionen auf den Brief oder den Antrag ist bislang nichts bekannt.


DSCHASAJERI FORDERTE REAKTION AUF BRITISCHE EINMISCHUNG

Der Stellvertreter des Oberbefehlshabers der iranischen Streitkräfte, General Masud Dschasajeri, kritisierte "das merkwürdige Schweigen des Außenministeriums" gegenüber der "Einmischung Großbritanniens in innere Angelegenheiten Irans", berichtete die Agentur ISNA am 22. Februar. "Seit langem schon mischen sich die Briten unter dem Vorwand der Parlamentswahlen und der Wahl des Expertenrats in die inneren Angelegenheiten Irans ein", sagte der General und forderte das Außenministerium auf, dagegen vorzugehen.

Die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Iran und Großbritannien setze das Ende "der beschämenden Einmischungen Londons" voraus. Als Beispiel nannte er die Einmischung der britischen Medien in den iranischen Wahlkampf und meinte damit, ohne es zu nennen, das persischsprachige Programm der BBC. Dagegen müsse sich das Außenministerium zur Wehr setzten und "Verschwörungen der listigen Briten" unterbinden.

Ähnlich wie Dschasajeri äußerten sich auch andere Konservative im Vorfeld der Wahlen, allen voran Revolutionsführer Ali Chamenei. Alle warnten vor der Einflussnahme der Feinde in der Islamischen Republik.


GEBÜRTIGE IRANERIN ZUR BOTSCHAFTERIN DER USA IN SCHWEDEN ERNANNT

Die gebürtige Iranerin, Asita Radschi, wurde zur Botschafterin der Vereinigten Staaten in Schweden ernannt. Der US-Senat stimmte nach fast 500 Tagen der Nominierung zu, die von Präsident Barack Obama vorgenommen worden war. Radschi ist damit die erste Botschafterin der USA, die aus Iran stammt.

Radschi verbrachte ihre Kindheit in Iran. Nach der iranischen Revolution von 1979 verließ sie gemeinsam mit ihren Eltern mit 17 Jahren das Land und begann in den USA im Bereich der Wirtschaft zu arbeiten. Ihre ersten Erfahrungen sammelte sie bei verschiedenen Banken und Finanzeinrichtungen.

Die Ernennung von Botschaftern in den USA erfolgt aufgrund des Vorschlags des Präsidenten, der dann vom Senat genehmigt werden muss. Die Ernennung von Radschi verzögerte sich, weil der republikanische Senator Ted Cruz gegen die Ernennung gestimmt hatte. Er hatte zunächst erklärt, der Ernennung zustimmen zu wollen, wenn die US-Regierung die Zustimmung des UN-Sicherheitsrats zum Atomabkommen mit Iran verhindern würde - eine Bedingung, die die US-Regierung selbstverständlich nicht akzeptieren konnte. Später forderte er die Umbenennung der Straße, in der sich die chinesische Botschaft befindet, in Liu Xiabo-Straße. Liu Xiabo ist ein kritischer chinesischer Schriftsteller und Menschrechtsaktivist, der sich in Haft befindet. Die Forderung wurde vom Senat akzeptiert. Danach erfolgte die Zustimmung zu der Ernennung von Radschi.


SARIF ANTWORTET IM EU-PARLAMENT AUF KRITIK AN MENSCHENRECHTSVERLETZUNGEN

Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif reagierte nach seiner Rede im Europaparlament am 16. Februar auf die Kritik der Abgeordneten an der mangelhaften Gewährleistung der Menschenrechte in Iran. Die meisten Todesurteile würden in Iran aufgrund von Drogendelikten gefällt, sagte der Minister. Er kritisierte seinerseits die EU, die Iran trotz zahlreicher iranischer Opfer und hohen finanziellen Lasten nicht bei dem Kampf gegen den Drogenschmuggel unterstützt habe, obgleich dieser Kampf sich auch gegen den Drogenschmuggel nach Europa richte. Im Gegenteil, die EU habe "unter dem Vorwand der Verletzung der Menschenrechte" Sanktionen gegen Iran verhängt und dabei sogar den Export von Geräten, die der Spurensuche dienten, verboten.

Menschrechtsaktivisten befürchten, dass mit der Aufhebung der Sanktionen gegen Iran und infolge der Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen Iran und den EU-Staaten die Frage der Menschenrechte in den Hintergrund gedrängt werden könnte. Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen, zuletzt Amnesty International, haben auf die Zunahme der Hinrichtungen in Iran hingewiesen.

In Iran wird zurzeit über eine Reform des Strafgesetzes in Bezug auf Drogenhandel beziehungsweise Drogenkonsum diskutiert. Bei einer Änderung der Gesetze, die die Abschaffung der Todesstrafe für Drogendelikte zum Ziel hätte, würde die Zahl der Hinrichtung voraussichtlich merklich sinken.

Nach offizieller Darstellung liegt das Volumen des regionalen Drogenhandels bei jährlich drei Milliarden Dollar. Ein Großteil der in Afghanistan produzierten Drogen wird nach Iran geschmuggelt, wovon wiederum ein Teil weiter nach Europa geht. In Iran ist der Drogenkonsum, insbesondere bei Jugendlichen, weit verbreitet. Im Kampf gegen den Drogenschmuggel, der hauptsächlich in den Grenzregionen zu Afghanistan und Pakistan geführt wird, sind in den letzten Jahren zahlreiche Soldaten, Polizisten und Grenzbeamte getötet worden.


IRAN KÜNDIGT NEUES HILFSPROGRAMM FÜR PALÄSTINENSER AN

Wie Irans Botschafter im Libanon, Mohammad Fathali, am 25. Februar bekannt gab, will Iran palästinensischen Familien, deren Angehörige von Israel getötet oder deren Häuser zerstört wurden, mit jeweils 7.000 beziehungsweise 30.000 Dollar unterstützen. Iran bezeichnet die jüngsten Protestaktionen der Palästinenser gegen die anhaltende Besatzung als neue Intifada. Israel reagiert auf die Angriffe unter anderem mit der Zerstörung der Häuser von den Familien der Täter. Die vorgesehenen Summen kämen zusätzlich zu den Unterstützungsleistungen, die eine iranische Stiftung bereits seit 1987 an palästinensische Familien zahlt, deren Angehörige im Kampf gegen Israel getötet worden sind.

Seit Oktober 2015 wurden bei den neuen Unruhen 176 Palästinenser und 28 Israelis getötet. Israel hat gegen die Ankündigung der neuen Unterstützungsleistungen Irans protestiert. "Dies ist ein neuer Beleg für die Tatsache, dass Iran nach dem Atomabkommen weiter und verstärkt den Terrorismus fördert", sagte Emmanuel Nachschon, Sprecher des israelischen Außenministeriums am 25. Februar. Auch Israels Botschafter bei der UNO, Danny Danon, forderte laut dem israelischen Rundfunk in einem Schreiben an den UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, Irans Hilfsaktion an die Palästinenser zu verurteilen.

Indes bezichtigte Israels Verteidigungsminister Mosche Jaloon Iran, ein internationales Terrornetzwerk zu gründen, bestehend aus "Schläferzellen", die Waffen horteten und Informationen sammelten, um für Anschläge unter anderem in Europa und den USA vorbereitet zu sein. Iran habe die Absicht, den Nahen Osten und andere Teile der Welt zu destabilisieren, und durch Schulungen, finanzielle Hilfsleistungen und Bewaffnungen seine Revolution zu exportieren. Jaloon nannte laut AP keine konkreten Beispiele für die erwähnten "Schläferzellen". Er verwies jedoch auf die Aussagen eines Mitglieds der libanesischen Hisbollah, das im vergangenen Juni verhaftetet worden war. Hierbei seien neun Tonnen Chemikalien beschlagnahmt worden, die in Sprengstoff hätten verwandelt werden können. Der Mann, der in Zypern verhaftet wurde, besitzt die kanadische und die libanesische Staatsbürgerschaft. Er wurde zu sechs Jahren Haft verurteilt. Laut Angaben des Staatsanwalts hatte der Mann gestanden, Anschläge gegen die Interessen Israels in Zypern geplant zu haben.

Indes hat die palästinensische Autonomiebehörde das Angebot Irans abgelehnt. Die geplante Hilfe an Palästinensern unter Umgehung der Autonomiebehörde käme einer Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Palästinenser gleich, sagte Präsidentensprecher Nabil Abu am 28. Februar.

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Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Bauke Baumann
V.i.S.d.P.: Annette Maennel
15. Jahrgang

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Quelle:
Iran-Report Nr. 3/2016 - März 2016 / 15. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. März 2016

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