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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/384: Iran-Report Nr. 5 - Mai 2017


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 5 - Mai 2017
Eine Zusammenfassung aktueller Ereignisse im Iran

von Bahman Nirumand


Iran steht an einem Scheideweg. Nach dem Abschluss des Atomabkommens und der Aufhebung der Sanktionen erwartet das Volk einen wirtschaftlichen Aufschwung, die Öffnung nach außen und vor allem auch eine Liberalisierung der theokratischen Staatsordnung. Doch über den neuen Kurs, auch über die Rolle Irans in der Region, ist sich die Staatsführung nicht einig. Wie der Machtkampf, der schon seit geraumer Zeit zwischen Konservativen und Reformern tobt, ausgehen wird, ist ungewiss.

Der Iran-Report wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus. Auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen, sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter.

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INNENPOLITIK

• Präsidentschaftswahlen in Iran
• Portraits der sechs bestätigten Präsidentschaftskandidaten
• Protest gegen Ablehnung von weiblichen Präsidentschaftskandidatinnen
• Die Ereignisse von 2009 sollen sich nicht wiederholen
• Streit um Kommunalwahl-Kandidaten aus religiösen Minderheiten
• Erste Fernsehdebatte der Präsidentschaftskandidaten
• Rolle des Revolutionsführers bei der Wahl
• Erster Marathon in Teheran
• Das Heer soll auf "Angriff" umorganisiert werden
• Mindestens neun Grenzbeamte im Osten getötet


PRÄSIDENTSCHAFTSWAHLEN IN IRAN

Am 19. Mai finden in Iran Präsidentschafts- und Kommunalwahlen statt. Bei der Registrierung der Kandidaten, deren Frist am 15. April endete, gab es einige Überraschungen, allen voran die Bewerbung des ehemaligen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad. Damit hatte niemand gerechnet. Denn Ahmadinedschad hatte bereits im September vergangenen Jahres erklärt, er werde sich nicht um das Amt des Präsidenten bewerben, nachdem ihm Revolutionsführer Ali Chamenei davon abgeraten hatte. Chamenei hatte damals öffentlich erklärt, er sei gegen eine Kandidatur Ahmadinedschads, weil dies die Gesellschaft spalten könnte.

Mit seiner Bewerbung hat Ahmadinedschad nicht nur gegen das eigene Wort gehandelt, sondern auch den Revolutionsführer persönlich provoziert. Über den Grund dieser Provokation wurde in Iran, und auch im Ausland, viel spekuliert, zumal es so gut wie sicher war, dass seine Bewerbung vom Wächterrat abgelehnt werden würde. Ahmadinedschad selbst sagte, was der Revolutionsführer gesagt habe, sei "nur ein Ratschlag" gewesen. Er habe sich beworben, um die Kandidatur seines ehemaligen Vizepräsidenten Hamid Baghai zu unterstützen. Zu vermuten ist, dass er durch seine Bewerbung aus der Isolation, in die er nach seinem Abgang als Präsident geraten war, herauskommen und seine früheren Anhänger, vor allem jene in der Provinz, mobilisieren wollte. Möglich ist auch, dass er sich rächen und den Revolutionsführer sowie den Wächterrat in eine schwierige Lage bringen wollte. Denn hätte der Wächterrat seine Bewerbung akzeptiert, wäre dies eine Entscheidung gegen den Willen Chameneis gewesen. Andererseits wäre eine Ablehnung für die Glaubwürdigkeit der Islamischen Republik abträglich, da Ahmadinedschad ja bereits zweimal vom Wächterrat als geeignet eingestuft wurde und zu seiner Amtszeit von Chamenei als ein ihm politisch nahestehender Präsidenten bezeichnet wurde. Warum sich dies nun geändert hat, ist für die Bevölkerung und auch für die Außenwelt kaum nachvollziehbar. Letztendlich hat der Wächterrat diesen Schaden aber in Kauf genommen und die Bewerbung Ahmadinedschad ebenso wie die Baghais abgelehnt.

Überraschend war auch die Kandidatur des Bruders von Ex-Präsident Akbar Haschemi Rafsandschani. Der 75-jährige Mohammad Haschemi Rafsandschani war bis 1994 zehn Jahre lang Leiter des staatlichen Rundfunks IRIB gewesen. Zudem war er Mitglied des Schlichtungsrats. Auch seine Bewerbung wurde jedoch vom Wächterrat abgelehnt.

Insgesamt hatten sich 1.636 Bewerber registrieren lassen, unter ihnen 137 Frauen. Zugelassen wurden nur folgende sechs Männer: der amtierende Präsident Hassan Rohani, sein erster Stellvertreter Eshagh Dschahangiri, der erzkonservative Geistlich Ebrahim Raisi, der konservative Teheraner Bürgermeister Mohammad Bagher Ghalibaf, der erzkonservative Mostafa Mirsalim, Mitglied der konservativen Motalefeh-Partei, und schließlich der im Land kaum bekannte Mostafa Haschemitaba, sportlicher Berater des Ministers für Sport und Jugend.


PORTRAITS DER SECHS BESTÄTIGTEN PRÄSIDENTSCHAFTSKANDIDATEN

Hassan Rohani, achter Präsident der Islamischen Republik, wird politisch als gemäßigt bezeichnet. Er steht zwischen den Konservativen und den Reformern. Er hatte in den vergangenen Jahrzehnten, bevor er Präsident wurde, bereits wichtige Ämter inne. Bereits in das erste Parlament wurde er als Abgeordneter der Stadt Semnan gewählt. Zugleich war er Mitglied der Trios für die Leitung des staatlichen Rundfunks und Fernsehens. Vor der Revolution war er ein Weggefährte des kürzlich verstorbenen Haschemi Rafsandschanis, einem der mächtigsten Politiker der Islamischen Republik. Als Rafsandschani 1989 Präsident wurde, wurde Rohani Generalsekretär des Nationalen Sicherheitsrats und ein Jahr später Direktor des höchst einflussreichen Instituts für strategische Forschung.

Während des Iran-Irak-Kriegs (1980-1988) war Rohani Stellvertreter des Oberkommandierenden der Streitkräfte. Zwei Jahre lang leitete er das iranische Team, das die Verhandlungen über den Atomkonflikt führte. Rohani hat in Teheran Jura studiert und in Großbritannien promoviert. 2011 veröffentlichte er ein Buch mit dem Titel "Nationale Sicherheit und Nukleardiplomatie", das inzwischen als Standardwerk zum Atomkonflikt gilt.

Rohani hatte bereits vor der Regierungsübernahme vor vier Jahren die Lösung des Atomkonflikts und die Aufhebung der Sanktionen als oberstes Ziel seiner Regierung bezeichnet. Er kündigte damals an, er werde das Land nach außen und nach innen öffnen, die politischen Gefangenen freilassen und die Gleichberechtigung der Geschlechter, der Ethnien und religiösen Minderheiten herstellen. Er wollte schließlich die Beziehung Irans zum Westen, einschließlich zu den USA, normalisieren und vor allem zu den Nachbarstaaten freundschaftliche Beziehungen pflegen. Das einzige, was er davon nach vier Jahren vorweisen kann, ist das erfolgreich abgeschlossene Atomabkommen, das zurzeit jedoch auf wackligen Füßen steht, sowie die teilweise Aufhebung der Sanktionen. Alle anderen Versprechen sind nicht eingelöst worden, sei es weil er die Fähigkeiten seiner Regierung und die vorhandenen Kapazitäten überschätzt hat, oder weil seine mächtigen Gegner, die Konservativen und die Ultras, ihn daran gehindert haben.

Diese Gegner haben jetzt genug Angriffsmöglichkeiten. Sie werden vor allem auf das Ausbleiben bzw. die geringe Geschwindigkeit des wirtschaftlichen Aufschwungs hinweisen. Zwar hat die Regierung einige Erfolge in der Wirtschaftspolitik erzielt, dies ist für die Masse der Bevölkerung aber kaum spürbar. Für Rohani spricht seine weiterhin große Popularität und der Umstand, dass seine Gegner sich nicht einig sind. Gleichwohl bleibt Rohanis Wiederwahl ungewiss.

Ebrahim Raisi ist der aussichtsreichste Herausforderer Rohanis unter den fünf Mitbewerbern. Obwohl der Geistliche Raisi Jahrzehnte lang wichtige Posten in der Justiz innehatte, war er bis vor einem Jahr in der Öffentlichkeit wenig bekannt. Erst als Revolutionsführer Chamenei ihn zum Verwalter der ökonomisch, politisch und kulturell höchst einflussreichen religiösen Stiftungen in der Pilgerstadt Maschad ernannte, wurde er mit einem Schlag berühmt. Viele Beobachter sahen in der Ernennung ein Zeichen, das auf Raisis Nominierung zum Nachfolger von Chamenei hindeute.

Der 1960 geborene Raisi studierte Theologie, wurde bereits mit 21 Jahren zum Staatsanwalt der beiden Städte Karadsch und Hamedan ernannt, danach wurde er Staatsanwalt der Hauptstadt Teheran, dann Oberstaatsanwalt Irans und schließlich Staatsanwalt des Sondergerichts für Geistliche, bevor er zum Verwalter der Stiftungen ernannt wurde.

Raisi gehört zu den drei Personen, die 1988 von Ayatollah Chomeini ernannt wurden, um über das Schicksal von Tausenden von politischen Gefangenen zu entscheiden. Damit ist Raisi mitverantwortlich für die Hinrichtung von mehreren Tausend Menschen, die aufgrund ihrer politischen Ansichten durch Schnellgerichte, die nur wenige Minuten jeden einzelnen Fall behandelten, zum Tode verurteilt wurden. Raisi war auch für die Niederschlagung der Protestbewegung von 2009 gegen die umstrittene Wiederwahl von Präsident Ahmadinedschad mitverantwortlich. Daher wird Raisi von Oppositionellen "Ayatollah Mörder" genannt. Würde Raisi die Wahl verlieren, käme er nicht mehr als Nachfolger Chameneis in Frage. Daher befürchten manche Beobachter, dass die Rechte versuchen könnte, ihm durch Wahlmanipulationen zum Sieg zu verhelfen.

Eshagh Dschahangiri kommt aus Rohanis Lager und soll während des Wahlkampfs vermutlich Rohani unterstützen und kurz vor der Wahl zu seinen Gunsten auf seine Kandidatur verzichten. Für diese Rolle standen zunächst mehrere Weggefährten Rohanis zur Wahl. Der Vorteil Dschahangiris ist, dass dieser, sollten aus irgendwelchen Gründen Rohanis Chancen sinken, in der Lage sein könnte, den Gegnern Paroli zu bieten und die Wahl ggf. sogar zu gewinnen. Denn er verfügt sowohl bei den Reformern als auch bei den Gemäßigten und einem großen Teil der Konservativen über eine breite Basis. Bei der ersten Fernsehdebatte, bei der ihn viele Kommentatoren als Sieger einstuften, sagte er, er vertrete die Reformer, was den Verdacht erweckte, er könne doch nicht als Unterstützer, sondern als ernstzunehmender Rivale Rohanis in den Wahlkampf ziehen.

Dschahangiri gilt auch als Vermittler zwischen Rohani und Chatami. Der jetzt Sechzigjährige war zunächst in der Regierungszeit von Präsident Rafsandschani Provinzgouverneur, wurde unter Präsident Chatami Industrieminister und ist seit vier Jahren erster Stellvertreter von Präsident Rohani. Er hat an der Universität in Kerman Physik studiert und in Teheran im Fach Industriemanagement promoviert.

Mostafa Mirsalim ist der einzige unter den sechs Kandidaten, der von einer Partei nominiert wurde. Der Siebzigjährige ist Mitglied der erzkonservativen Partei Motalefeh, einer Partei, die bereits zu Schahs Zeiten bestand und auch Terroranschläge verübt hat. Nach der Revolution wurde Mirsalim von dem ersten Staatspräsidenten der Islamischen Republik, Abolhassan Banisadr, für das Amt des Ministerpräsidenten vorgeschlagen, der Vorschlag wurde aber später zurückgenommen. Unter Präsident Rafsandschani war Mirsalim Vizeinnenminister. Nach eigenen Angaben spielte er beim Aufbau der Revolutionsgarden eine wichtige Rolle. Später wurde er zum Minister für Kultur und islamische Führung ernannt (1993-97). Die Zeit, in der Mirsalim das Ministerium führte, gehört wegen der strengen Zensur und den der Kulturwelt auferlegten Einschränkungen, zu den schwärzesten Zeiten, die Künstler, Schriftsteller und Kulturschaffende in der Islamischen Republik erlebt haben. Mirsalim war der Ansicht, dass Künstler und Schriftsteller sich nicht in politische Angelegenheiten einmischen sollten. Er war es auch, der das Verbot der Nutzung von Satellitenantennen einführte.

Mohammad Bagher Ghalibaf ist der dienstälteste Bürgermeister von Teheran. Seit 12 Jahren hat er das Amt inne. Er bewirbt sich zum dritten Mal um das Amt des Staatspräsidenten. Bei den letzten Wahlen gehörte er neben anderen zu den Rivalen von Präsident Rohani. Als Bürgermeister steht er wegen der Vergabe von Grundstücken zu Spottpreisen an Mitglieder des Stadtrats in der Kritik. Zudem liegt der Schatten des Brands des Teheraner Einkaufszentrums "Plasko" über ihn. Bei dem Brand gab es einige Tote, unter ihnen auch Feuerwehleute.

Der 56-jährige Ghalibaf war noch keine zwanzig Jahre alt als er Mitglied der Revolutionsgarden wurde, er nahm am Krieg gegen den Irak teil, mit 25 Jahren leitete er zunächst eine Brigade, später eine Division. Danach wurde er zum Befehlshaber der Luftwaffe der Garden ernannt. Als einer der jüngsten Offiziere wurde er zum General ernannt. Bevor er zum Bürgermeister gewählt wurde, war er Leiter des Stabs gegen Drogenschmuggel.

Ghalibaf studierte politische Geographie und promovierte im gleichen Fach. Er gehört neben Raisi zu den fünf Kandidaten, die ein Zusammenschluss verschiedener konservativer Organisationen für die Präsidentschaftswahl aufgestellt hat. Sein Ziel ist nach eigenen Angaben ein Regierungswechsel, was er als eine "dringende und für das Land existentiell wichtige Aufgabe" betrachtet. Er werde "keinen Versuch unterlassen, um dieses Ziel zu erreichen", sagte er.

Mostafa Haschemitaba ist zwar einmal unter Mir Hossein Mussavi Industrieminister gewesen, aber sein Name wird vor allem mit seiner Funktion als Leiter der "Organisation für Leibeserziehung" während der Präsidentschaft von Rafsandschani und Chatami in Verbindung gebracht. Zudem war er zweimal Leiter des Nationalen Olympischen Komitees. Er ist mit 71 Jahren der älteste unter den sechs zugelassenen Kandidaten. Seinem Einsatz ist es zu verdanken, dass Frauen in Iran mehr Zugang zum Sport gefunden haben. In einem Interview mit Khabar Online sagte er, die Öffnung des Sports für Frauen sei ohne die Unterstützung Rafsandschanis nicht möglich gewesen. Die Tochter Rafsandschanis wurde Leiterin des Frauensports.

Haschemitaba war der erste Iraner, der Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees wurde. Er übte diese Funktion von 2000 bis 2004 aus.

2001 hatte er den Eindruck, dass Präsident Chatami im Falle seiner Wiederwahl die Zusammenarbeit mit ihm nicht fortsetzen wolle. Daher kandidierte er bei der Präsidentschaftswahl 2001. Er selbst sagte dazu, er fühle sich verpflichtet, einzuschreiten, weil das Land politisch in die Sackgasse geraten sei. Damals gehörte er zu den Gründern der Partei Kargosaran, die Chatamis Wiederwahl unterstützte. Dennoch trat er als Rivale Chatamis auf, was zu seinem Ausschluss aus der Partei führte. Bei der Präsidentschaftswahl 2009 unterstützte er Mir Hossein Mussavi gegen den amtierenden Präsidenten Ahmadinedschad, bei den Wahlen 2013 stand er Rohani zur Seite. Zu seinem Programm als Bewerber auf das Amt des Präsidenten sagte er, er wolle die Landwirtschaft reformieren, Invalide und Kranke unterstützen, Privilegien für Reiche abschaffen, die Arbeitslosigkeit bekämpfen und die Industrie durch Investitionen weiterentwickeln. Er betonte, dass er nicht vorhabe, seine Kandidatur vor der Wahl zurückzuziehen. "Ich habe mit den anderen Kandidaten nichts zu tun und werde nicht zugunsten von Rohani oder Dschahangiri meine Kandidatur zurückziehen", sagte er.


PROTEST GEGEN ABLEHNUNG VON WEIBLICHEN PRÄSIDENTSCHAFTSKANDIDATINNEN

Laut der Nachrichtenagentur ISNA vom 19. April protestierte die 72-jährige Aasam Taleghani gegen die Ausgrenzung von Frauen bei den Präsidentschaftswahlen. "Seit 40 Jahren gibt es diese Diskriminierung. Sie sollte endlich aufhören", sagte sie. Taleghani hatte sich ebenfalls beworben, wurde aber abgelehnt.

Gemäß der Verfassung der Islamischen Republik können sich alle Staatsbürger des Landes unabhängig von ihrem Geschlecht um das Amt des Präsidenten bewerben. Bei allen bisherigen Wahlen haben einige Frauen dieses Recht in Anspruch genommen. Doch noch nie hat der Wächterrat einer Frau die Eignung für das Amt bestätigt. Für die Ablehnung der Kandidatinnen und Kandidaten legt der Wächterrat keine Begründung vor.

Taleghani hatte sich schon bei früheren Wahlen beworben und stets eine Ablehnung erhalten. "Mir sagten sie einfach nein, kein Wort mehr", sagte die Tochter von Ayatollah Taleghani, der während der Revolution eng mit Ayatollah Chomeini zusammenarbeitete. Er starb im zweiten Jahr nach der Revolution unter merkwürdigen Umständen. Die Tochter ist Vorsitzende der Partei der islamischen Frauen. Politisch steht sie auf Seiten der Reformer. Sie sagte, sie werde sich nicht einschüchtern lassen und weiterhin gemeinsam mit anderen Frauen für ihr Recht kämpfen. "Frauen bilden 50 Prozent der iranischen Bevölkerung und daher hat das Land zumindest eine Präsidentschaftskandidatin verdient."

Taleghani hat auch die antisemitische Rhetorik einiger Politiker kritisiert. "Wir sollten unterscheiden zwischen Kritik an der zionistischen Regierung und der Beleidigung von Juden", sagte sie. Die Äußerungen einiger Politiker, die als antisemitisch ausgelegt werden könnten, seien bedauerlich und für das Image des Landes schädlich. Auch die Leugnung des Holocaust sei Folge der Unkenntnis historischer Tatsachen. "Ich habe selbst das Konzentrationslager Auschwitz besucht und habe dort begriffen, was für ein Verbrechen und was für eine unmenschliche Tragödie damals passiert ist", sagte Taleghani.


DIE EREIGNISSE VON 2009 SOLLEN SICH NICHT WIEDERHOLEN

Im Vorfeld der Präsidentschafts- und Kommunalwahlen sagte Irans Oberstaatsanwalt Abbas Dschafari Dolatabadi: "Wir werden unter keinen Umständen erlauben, dass sich die Ereignisse von 2009 wiederholen." 2009 hatten Millionen Menschen gegen die Wiederwahl von Präsident Ahmadinedschad protestiert, weil sie sich durch Wahlmanipulationen betrogen fühlten. Sie verlangten, dass ihnen ihre Stimme zurückgegeben wird.

"Wir werden auf jede Versammlung, jeden illegalen Aufruf und auf alle unerlaubten Aktivitäten der Kandidaten und Medien sofort und mit aller Härte reagieren", warnte der Staatsanwalt.

Auch der Stellvertreter des Gouverneurs der Teheraner Provinz, Hossein Solfaghari, warnte vor "illegalen Versammlungen". Er hat dabei ausdrücklich auch die Anhänger des früheren Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad erwähnt. Ahmadinedschads Bewerbung wurde vom Wächterrat abgelehnt. Solfaghari gab bekannt, dass 260.000 Polizisten und Sicherheitsbedienstete bei der Wahl für Ordnung sorgen werden. Jede illegale Handlung werde mit aller Härte geahndet, sagte er. Etwaige Proteste dürften nur auf legalem Wege stattfinden. Auch Kandidaten, die den Rahmen der Gesetze überschritten, würden zur Verantwortung gezogen.


STREIT UM KOMMUNALWAHL-KANDIDATEN AUS RELIGIÖSEN MINDERHEITEN

Zwischen dem Parlament und dem Wächterrat ist ein heftiger Streit ausgebrochen um die Frage, ob Angehörige religiöser Minderheiten bei den Kommunalwahlen kandidieren und gewählt werden können oder nicht. Anlass zu dem Streit lieferte der Vorsitzende des Wächterrats, Ahmad Dschannati, der in einer Anweisung an die zuständigen Behörden und an das Parlament mit einem Hinweis auf eine Äußerung des Gründers der Islamischen Republik, Ayatollah Chomeini, erklärte, in Kommunen, in denen Muslime die Mehrheit der Bevölkerung bilden, dürften Nichtmuslime nicht in die Stadträte gewählt werden. Die Äußerung Chomeinis stammt aus dem Jahr 1979. In Bezug auf die Kommunalwahlen sagte er damals, "die Kandidaten müssen für die Islamische Republik und islamisch sein".

Erst siebzehn Jahre später wurde das Gesetz zur Bildung von Kommunalräten vom Parlament verabschiedet. Danach stimmte auch der Wächterrat, dessen Vorsitzender derselbe war wie heute, dem Gesetz zu. In diesem Gesetz wird ausdrücklich betont, dass Angehörige anerkannter religiöser Minderheiten bei Kommunalwahlen kandidieren und gewählt werden dürfen.

Es ist erstaunlich, dass Dschannati nach dieser langen Zeit und nach bereits viermalig erfolgter Wahl der Stadträte mit einem Hinweis auf eine Äußerung von Ayatollah Chomeini ein Gesetz ändern will, dem er zuvor selbst zugestimmt hat. Zudem ist der Wächterrat formal gar nicht für die Kommunalwahlen zuständig, sondern lediglich für die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen sowie für die Wahl des Expertenrats. Dem Gesetz nach stehen die Kommunalwahlen unter der Führung des Parlaments und des Innenministeriums.

Laut Aussagen der beiden Parlamentsabgeordneten Esfandiari Echtiari und Ghassem Mirsai hat Parlamentspräsident Ali Laridschani die Anweisung Dschannatis abgelehnt und die zuständigen Gremien angewiesen, nach dem bestehenden Gesetz zu handeln.

Esfandiari, der der zoroastrischen Religion angehört, sagte in einem Interview mit der Agentur ISNA am 19. April, er habe sowohl mit Laridschani als auch mit den Abgeordneten, die für die Kommunalwahlen zuständig seien, gesprochen. Alle seien einverstanden, das bisherige Gesetz anzuwenden.

Für die Intervention Dschannatis gibt es keine logische Erklärung. Denn es ist nicht nachvollziehbar, wieso Angehörigen religiöser Minderheiten, die selbst ins Parlament gewählt werden können, der Zugang zu den Gemeinderäten verwehrt werden sollte.


ERSTE FERNSEHDEBATTE DER PRÄSIDENTSCHAFTSKANDIDATEN

Die erste Runde der Fernsehdebatte der Kandidaten für die Präsidentschaftswahl im Iran fand am 28. April statt. Zunächst hatte das für die Wahlwerbung zuständige Gremium entschieden, die geplanten Debatten aufzuzeichnen und erst danach zu senden. Damit würden "Beschimpfungen, gegenseitige Beschuldigungen und Verletzungen moralischer Normen" vermieden. Diese Entscheidung stieß jedoch auf heftigen Protest der Kandidaten und wurde am 22. April schließlich zurückgenommen.

Die Debatte fing friedlich und sachlich an, eskalierte aber in der letzten Phase in einen Schlagabtausch zwischen Rohani und Dschahangiri einerseits und Ghalibaf andererseits. Thema in dieser ersten Runde waren vor allem soziale Probleme. Konkret ging es um die Lage der Slumbewohner, die am Rande der Großstädte ihr Dasein fristen, um soziale Gerechtigkeit, Klassenunterschiede, Wohnungsnot und Arbeitslosigkeit.

Mirsalim warf der Regierung vor, die Slumbewohner ignoriert zu haben. Hätte man die Probleme der Landwirtschaft, also Wassermangel, schlechte Infrastruktur, mangelnde Schulausbildung und ungleiche Entwicklung der Provinzen, gelöst, gäbe es keine Massenlandflucht. Es gebe heute rund zehn Millionen Analphabeten in Iran, sagte Mirsalim. Die medizinische Versorgung der Landbevölkerung sei mangelhaft. Die Landbewohner seien resigniert, verließen ihre Dörfer, fänden aber in den Städten keine Arbeit.

Es gebe sechzehn Millionen Slumbewohner, fügte Raisi hinzu. Es müsse dringend etwas getan werden. In einem ersten dringenden Schritt müsse für Obdach gesorgt werden. Dann müssten der Staat und die Privatwirtschaft in den unterentwickelten Provinzen investieren, Arbeitsplätze schaffen und sich um medizinische Versorgung und Schulausbildung kümmern.

Raisi zeigte sich auch besorgt über die Kluft zwischen Arm und Reich, die immer größer werde. Sollte es so weitergehen, werde es früher oder später zu sozialen Unruhen kommen, warnte er. "Welche Pläne hat die Regierung, um diese Gefahren abzuwenden", fragte er. Die unteren Schichten müssten finanziell unterstützt werden, und auch der Mittelstand müsse durch eine Steuerreform entlastet werden.

Hier brachte Dschahangiri ein wenig Schärfe in die Debatte. Soziale Gerechtigkeit setze politische Gerechtigkeit und Gleichheit vor dem Gesetz voraus, sagte er. Es gebe Leute, die durch Korruption und Vetternwirtschaft zu enormem Reichtum gelangt seien. Demgegenüber fühlten sich die meisten Menschen ungerecht behandelt. Er griff die Justiz an, die sich in der Hand der Konservativen befindet. Vor allem Jugendliche fühlten sich durch Einschränkungen, die ihnen auferlegt würden, stark benachteiligt, sagte er.

Ghalibaf sprach von der großen Wohnungsnot, die im Land existiere, obwohl es mehr als drei Millionen leerstehende Wohnungen gebe. Diese seien Eigentum von vier Prozent der Bevölkerung. Die Reichen könnten sich alles leisten, was sie wünschten. "Sie müssen endlich zur Rechenschaft gezogen werden", forderte er.

Rohani erläuterte die Pläne, die seine Regierung gegen Wohnungsnot, Arbeitslosigkeit und für Bildung und Ausbildung umgesetzt habe. Seiner Regierung sei es gelungen, vor allem den Jugendlichen eine Perspektive für die Zukunft zu bieten. Die Atmosphäre im Land habe sich positiv verändert, die Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt, auch die für den Handel hätten sich gebessert. Das Problem sei, dass die Gegenseite (die Konservativen und Ultras) der Regierung jeden Tag neue Steine in den Weg lege.

Ghalibaf legte Widerspruch ein. "Sie haben dem Volk versprochen, vier Millionen neue Arbeitsplätze zu schaffen und die Wirtschaft anzukurbeln. Sie sprechen von neuen Hoffnungen in der Bevölkerung. Sehen Sie nicht, dass immer mehr Menschen resigniert sind?"

Rohani bestritt vier Millionen Arbeitsplätze versprochen zu haben. "Es ist eine Lüge", sagte er. Ghalibaf legte eine Kopie der Worte Rohanis von damals vor. Hier eskalierte die Debatte. Ghalibaf sagte, "Sie reden von Ehrlichkeit und Offenheit. Doch die Kandidatur Dschahangiris ist eine Täuschung des Volkes, sie ist unredlich, denn sie diene lediglich Ihrer Unterstützung während des Wahlkampfs." Tatsächlich gilt es als ausgemacht, dass Dschahangiri kurz vor der Wahl zugunsten Rohanis auf seine Kandidatur verzichten wird.


ROLLE DES REVOLUTIONSFÜHRERS BEI DER WAHL

Mehrmals erklärte Revolutionsführer Ali Chamenei öffentlich, er werde sich in die Angelegenheiten der Präsidentschaftswahl nicht einmischen und sich nicht zugunsten bestimmter Kandidaten äußern. Dennoch waren seine Seitenhiebe gegen Rohani und zugunsten des Lagers der Konservativen unüberhörbar. Zuletzt widersprach er dem Präsidenten, als dieser sagte, die Beilegung des Atomkonflikts und der Versuch, mit dem Westen Verständigung zu erzielen, habe die Gefahren eines möglichen Krieges gegen Iran gemindert. Medien zufolge sagte Chamenei am 30. April vor einer Versammlung von Werktätigen: "Manchmal hört man Leute sagen, als sie Verantwortung übernommen hätten, sei es ihnen gelungen, die Gefahren eines Krieges abzuwenden. Das ist nicht richtig." Dass die mächtigen Feinde einen Angriff auf die Islamische Republik unterlassen hätten, habe mit der Präsenz des Volkes zu tun. "Sie haben im wahrsten Sinne des Wortes Angst vor unserem Volk." Diese Präsenz in allen Bereichen sei entscheidend für die Sicherheit des Landes.

Rohani hatte vor einer erneuten Isolierung der Islamischen Republik gewarnt. "Diese (seine) Regierung hat die geschlossenen Türen zur Welt geöffnet", sagte er. Jetzt liege es an den Bürgern, mit der Abgabe ihrer Stimme dafür zu sorgen, dass dieser Weg fortgesetzt werde. Sonst drohe eine erneute Isolation. Zudem widersprach Rohani den Konservativen, insbesondere den "Besorgten", die ihm vorwerfen, den Islam zu unterwandern und die Gesellschaft säkularisieren zu wollen. "Diese Leute wollen zu alten Zeiten zurückkehren. Ohne Freiheit kann man auch keinen Fortschritt erzielen", sagte er. Er versprach, Einschränkungen der Bürgerrechte und Bürgerfreiheiten nicht zu dulden, solange er Präsident bleibe. "Jeden Tag gibt es neue Einschränkungen, sogar Drohungen, die nicht einmal etwas mit den hiesigen Gesetzen zu tun haben", sagte er bei der ersten Fernsehdebatte am 28. April.


ERSTER MARATHON IN TEHERAN

Am 7. April wurde in Teheran zum ersten Mal ein Marathon veranstaltet, an dem auch Läufer aus Saudi-Arabien und den USA teilnehmen sollten. Zunächst hieß es, dass auch Frauen erlaubt worden sei, an dem Wettkampf teilzunehmen, unter der Voraussetzung, dass sie die islamischen Kleidungsvorschriften einhalten würden, das heißt Kopftuch, langes Trikot und Trainingshose tragen. Doch zwei Tage vor Beginn des Marathons wurde bekannt gegeben, dass die Teilnahme von Frauen doch nicht gestattet sei. Sportminister Masud Soltanifar erklärte, es sei niemals von der Teilnahme von Frauen die Rede gewesen.

Eine Gruppe von Frauen protestierte gegen die Entscheidung und organisierte spontan einen eigenen Wettlauf. Auch die 28 Amerikaner, die sich zu dem Marathon angemeldet hatten, konnten nicht teilnehmen, weil ihnen die Einreise verwehrt wurde.

Das Rennen, das über die klassische Marathon-Strecke von 42,195 km stattfinden sollte, wurde in drei Kategorien ausgetragen. Das Preisgeld lag zwischen 470 und 2.300 Euro. Tatsächlich wurde die Strecke, die vom Asadi-Stadion im Westen Teherans bis zur Stadtmitte gehen sollte, auf Anordnung der Polizei, die ein Verkehrschaos befürchtete, geändert. Bei der Bevölkerung löste der Wettlauf keine große Begeisterung aus. Mit Ausnahme des bekannten iranischen Läufers Mohammad Dschafar Moradi, waren nur Freizeitläufer an dem Wettbewerb beteiligt.

Die ganze Veranstaltung war schlecht organisiert. "Das war unsere erste Erfahrung und daher gab es auch einige Schwachstellen", zitierte dpa den Leichtathletik-Verbandspräsidenten Madscid Keyhani.


DAS HEER SOLL AUF "ANGRIFF" UMORGANISIERT WERDEN

General Kiumars Heydari, Oberbefehlshaber des Heeres, erklärte in einem Interview mit der Agentur Fars, durch einen "Strukturwechsel" soll das Heer auf "Angriff" umorganisiert werden. "Wir haben niemals an Verteidigung gedacht, denn der Angriff ist die beste Verteidigung." Das Heer sei, dem Revolutionsführer folgend, bestrebt, die Fähigkeit zu haben, den sich annähernden Feind zu bezwingen. Zu diesem Zweck seien fünf Arbeitsgruppen für folgende Bereiche gebildet worden: "Struktur und Organisation, Personal, Kampffähigkeit, Logistik und Erneuerung." Alle Gruppen würden sich nach den Anweisungen des Revolutionsführers richten.

"Ein Teil der unzähligen Brigaden des Heeres soll durch einen professionellen, modernen Strukturwandel, ausgerüstet mit modernsten Waffen, die erforderliche Angriffsfähigkeit und Mobilität erhalten", sagte der General. In welchem Zeitraum der Wandel vollzogen werden soll, sagte er nicht.


MINDESTENS NEUN GRENZBEAMTE IM OSTEN GETÖTET

Einem Bericht des staatlichen Fernsehens zufolge wurden am 26. April bei einem Gefecht mit Terroristen an der Grenze zu Pakistan neun Grenzbeamte getötet. Drei von ihnen waren Polizisten und sechs Soldaten. Die Agentur Misan, die der Justiz angehört, berichtete, die Grenzbeamten seien während einer Grenzpatrouille von "Terroristen", die sich jenseits der Grenze auf pakistanischem Gebiet aufhielten, angeschossen und getötet worden. Für den Vorfall sei Pakistan verantwortlich.

Die Provinz Sistan-Belutschistan, die an Pakistan und Afghanistan grenzt, gehört zu den am meisten unterentwickelten Gebieten Irans. Die Mehrheit der Bewohner sind Sunniten. Die Grenzregion ist oft Schauplatz bewaffneter Auseinandersetzungen zwischen Grenzsoldaten und Banden von Drogenschmugglern. Es gibt aber auch bewaffnete Separatisten, die ein autonomes Belutschistan anstreben. Sie werden von Außenmächten unterstützt.

Iran forderte Pakistan auf, dem Treiben der Terroristen Einhalt zu gebieten. Mit einem Hinweis auf den jüngsten Vorfall an der Grenze schickte Präsident Rohani ein Schreiben an den pakistanischen Ministerpräsidenten Nawas Scharif, in dem es hieß, Iran habe bei der Beziehung zu dem befreundeten Nachbarland stets die "Sicherheit, Stabilität, Entwicklung und Entfaltung Pakistans" als wichtig und notwendig erachtet, bedauere allerdings sehr, dass es von Terroristen aus dem pakistanischen Territorium heraus angegriffen werde. Die Grenzen zwischen den beiden Staaten seien schon immer sicher gewesen und die Bewohner der Grenzgebiete, die zum Teil miteinander verwandt seien, lebten in Frieden nebeneinander. Leider seien nicht die notwendigen Maßnahmen getroffen worden, um Opfer von unschuldigen Menschen und Sachschäden zu verhindern. Trotz der wiederholten Ankündigung der Verantwortlichen in Pakistan, Grenzgebiete besser zu kontrollieren und für deren Sicherheit zu sorgen, kämen solche bitteren Ereignisse wie das vom 26. April immer wieder vor.

Rohani führte den Vorfall auf die Feindseligkeiten in der Region zurück. "Einige Staaten versuchen durch Stellvertreterkriege die islamische Welt zu spalten und durch die Unterstützung terroristischer Aktivitäten Unsicherheit, Armut und Rückständigkeit zu verbreiten." Rohani forderte die pakistanische Regierung auf, die Täter zu verfolgen und zu bestrafen.

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KULTUR

• Ausstellung der historischen Kulturschätze Irans in Bonn
• Anruf-Funktion von Telegram-Messenger blockiert
• Iranerin darf in Deutschland nicht studieren


AUSSTELLUNG DER HISTORISCHEN KULTURSCHÄTZE IRANS IN BONN

Unter dem Titel "Iran. Frühe Kulturen zwischen Wasser und Wüste" wurde eine Ausstellung mit Kulturschätzen aus der 8.000-jährigen Geschichte des alten Iran am 12. April in der Bonner Bundeskunsthalle eröffnet. Die Ausstellung ist bis zum 20. August zu sehen.

"In Deutschland kennt man den Iran nicht gut, weder die Geografie noch die Geschichte", sagte Kuratorin und Iran-Kennerin Barbara Helwing. Die Ausstellung solle diesem Mangel entgegenwirken. Ausgestellt sind unter anderem Schmuck und Keramiken, die zum ersten Mal im Ausland gezeigt werden. Im Gegensatz zu der Gemäldeausstellung, die für November vergangenen Jahres angekündigt wurden und aus verschiedenen Gründen bis heute nicht zustande gekommen ist, lief diese Ausstellung laut Angaben der Verantwortlichen reibungslos. Die 400 Exponate sind Zeugnisse der alten iranischen Kultur in der Zeit vom siebten Jahrtausend vor Christus bis zum ersten Jahrtausend vor Christus.

Zum besseren Verständnis der Exponate dienen Dutzende Filme, Fotos, Dokument, 3-D-Animationen und Wandschriften über das Gebiet des alten Irans. Zu sehen sind hohe Berggipfel, subtropische Küstenregionen und Wüstenlandschaften wie die Wüste Lut mit dem heißesten Punkt der Erde. Die Bewohner dieser Region hatten damals allerhand Mühe, die Natur zu zähmen und ihr Leben vor den drohenden Gefahren zu schützen.

Vier große, verschiedenfarbige Säle präsentieren die Exponate, die zum Teil in Vitrinen stehen. Die Ausstellung zeigt, wie die Bewohner durch ein System von unterirdischen Wasserleitungen trockene Gebiete urbar machten. Ein nachgebauter persischer Garten mit Wasserbassin und Fontänen vermittelt einen Eindruck von der damaligen Zeit.

Zu den interessantesten Exponaten gehören Schmückstücke von zwei elamischen Prinzessinnen, die in der Nähe von Ramhormoz gefunden wurden. Archäologen hatten 2007 in der Nähe der Ortschaft Dschubedschi ein Grab aus dem sechsten Jahrtausend vor Christus gefunden, in dem zwei Särge mit den Prinzessinnen samt dem wertvollen Schmuck lagen.

Im letzten Jahrtausend vor Christus erfolgte der langsame Untergang der elamischen Kultur. Die Volksstämme, die in den Bergabhängen von Pars lebten und in einer indogermanischen Sprache kommunizierten, kündigten die Entstehung einer neuen Kulturepoche an. Den Mädern gelang die Vereinigung der Volksstämme und die Übernahme des elamischen Erbes. Damit wurde das Imperium der Achämeniden eingeleitet.


ANRUF-FUNKTION VON TELEGRAM-MESSENGER BLOCKIERT

Laut Angaben des Ministers für Kommunikation und Technologie, Mahmud Waesi, wurde die Anruf-Funktion des Messenger-Dienstes Telegram auf Anordnung der Justiz blockiert. Sein Ministerium hätte die Freischaltung mit Telegram vereinbart, doch wenig später habe die Justiz die Blockade angeordnet, sagte der Minister am 19. April der Zeitung Schargh. "Ich habe keine Informationen über Details und Gründe der Maßnahme. Um diese zu bekommen, müssen Sie sich an die Justiz wenden", sagte der Minister der Zeitung.

Auch der Sprecher der Regierung, Mohammad Bagher Nobacht, erklärte, die Blockade sei von Instanzen außerhalb der Regierung beschlossen worden. "Die Verantwortung liegt bei den Kollegen, die die Entscheidung getroffen haben."

Pawel Durow, Leiter von Telegram, sagte auf Anfrage: "Wir haben die Nutzung der Anruf-Funktion für iranische Nutzer ermöglicht, doch iranische Operateure haben die Anrufe blockiert. Ich denke, Sie sollten sich an die Verantwortlichen in Iran wenden. Jedenfalls steht die Anruf-Funktion für die 40 Millionen iranischen Nutzer nicht zur Verfügung."

Telegram spielt in Anbetracht des offiziellen Verbots von anderen sozialen Netzen wie Facebook, YouTube oder Twitter eine wichtige Rolle in Iran. Einige Telegram-Konten werden von mehr als einer Million Menschen benutzt. Schätzungsweise gibt es mehr als 20 Millionen Telegram-Abonnenten.

Wenige Wochen zuvor waren mehr als ein Dutzend Nutzer von Telegram unter dem Vorwurf, die nationale Sicherheit gefährdet und obszöne und unmoralische Inhalte verbreitet zu haben, festgenommen worden.

Die Maßnahme der Justiz rief heftige Proteste der Nutzer hervor. Auch die Mitglieder der Regierung kritisierten die Entscheidung der Justiz. Präsident Hassan Rohani äußerte sein Unverständnis. Selbst der konservative Vizepräsident des Parlaments, Ali Mottahari, forderte die Justiz auf, die Maßnahme zu begründen. Er warf der Justiz vor, sich in einer Angelegenheit, für die sie nicht zuständig sei, eingemischt zu haben. "Über die Filterung und Blockierung von Sozialdiensten in Internet hat einzig und allein die 'Gruppe zur Feststellung von Straftaten im Internet' zu entscheiden", sagte er.

Auch der erste Vizepräsident des Parlaments, Masud Peseschkian, machte die Justiz für die Maßnahme verantwortlich. Er kritisiert zugleich die Festnahme einiger Nutzer von Telegram und kündigte an, dass das Parlament demnächst über die Festnahmen debattieren werde. "Es ist nicht hinnehmbar, ohne Vorwarnung zwölf Kanäle zu schließen, die Nutzer festzunehmen, ihnen Besuchsverbot aufzuerlegen und nicht klarzustellen, weshalb sie festgenommen worden sind und wie und wer über sie richten wird."

Zu den Kritikern gehörte auch der Informationsminister Mahmud Alawi. Seiner Meinung nach gäbe es keinerlei Rechtfertigung für die Festnahme der Nutzer, denn sie hätten keine Straftat begangen, sagte er.

Dazu sagte der Sprecher der Justiz, Mohseni Ejehi, der Informationsminister sei in diesem Fall selbst betroffen. Daher sollte er sich nicht dazu äußern. Was Ejehi mit dieser Bemerkung konkret meinte, blieb unklar. Die Festnahmen begründete er mit dem "Verstoß gegen die nationale Sicherheit" und der "Verbreitung von unmoralischen und obszönen Inhalten".

Alawi reagierte auf die Äußerung Ejehis mit den Worten, die Festgenommenen hätten keine Straftat begangen, also könne er auch nicht daran beteiligt gewesen sein. "Vielleicht meint der Staatsanwalt, die Gefangenen seien an meinen Straftaten beteiligt gewesen."


IRANERIN DARF IN DEUTSCHLAND NICHT STUDIEREN

Laut Medienberichten vom 4. April hat der Europäische Gerichtshof die Entscheidung der Bundesrepublik Deutschland bestätigt, einer iranischen Studentin der Teheraner Universität Scharif nicht zu erlauben, ihr Studium in Deutschland fortzusetzen. Demnach haben die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union das Recht, mit Hinweis auf Gefahren für die Sicherheit, ausländischen Studierenden das Studium in ihren Ländern zu untersagen. Eine solche Maßnahme richte sich weder gegen bestehende Gesetze noch gegen die Grundsätze der Menschenrechte.

Das Urteil des EUGH basiert auf dem Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts, das der deutschen Botschaft in Teheran Recht gegeben hatte, den Visum-Antrag der Studentin Sahar Fahimian abzulehnen. Die Ablehnung wurde damit begründet, dass die Universität, an der die Studentin Informationstechnologie studiert, wegen ihres Engagements im militärischen Bereich von der EU mit Sanktionen belegt worden ist.

Fahimian hatte 2012 die Zusage der Technischen Universität in Darmstadt für ein Stipendium bekommen, um über Sicherheit mobiler Systeme promovieren zu können. Doch die deutsche Botschaft hatte sich geweigert, ihr ein Visum auszustellen, mit der Begründung, die erworbenen Kenntnisse könnten "missbräuchlich" verwendet werden.

Fahimian klagte beim Berliner Verwaltungsgericht gegen diese Maßnahme. Das Gericht in Berlin wandte sich an den Europäischen Gerichthof, mit der Bitte, die Richtlinie "über die Bedingung für Zulassung von Drittstaatsangehörigen zur Absolvierung eines Studiums auszulegen".

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WIRTSCHAFT

• EU verlängert Sanktionen wegen Menschenrechtsverletzungen
• Keine Benzinimporte mehr
• Absichtserklärung über Kauf von 30 Boeing-Maschinen unterzeichnet
• Förderkürzung der OPEC-Länder soll verlängert werden
• Umbau des Schwerwasserreaktors in Arak
• Der Preis für Fleisch ist um 19 Prozent gestiegen


EU VERLÄNGERT SANKTIONEN WEGEN MENSCHENRECHTSVERLETZUNGEN

Die Europäische Union (EU) hat am 11. April die Sanktionen, die vor sechs Jahren wegen Verletzung der Menschenrechte gegen Iran verhängt wurden, für ein weiteres Jahr verlängert. Einem Bericht der AFP zufolge geht es dabei um Einreiseverbote und das Einfrieren von Vermögen von insgesamt 82 Iranern. Auch eine Organisation ist von den Sanktionen betroffen. Zudem wurde der Export von Gütern, die zur Repressionen und Kontrolle der Bevölkerung eingesetzt werden können, verboten.

In der Erklärung des EU-Rats heißt es, der Rat habe als Reaktion auf die "ernsthafte Verletzung der Menschenrechte durch Iran" die Verlängerung der Sanktionen beschlossen. Die Sanktionen, die 2011 beschlossen wurden, haben mit dem Konflikt um das iranische Atomprogramm nichts zu tun. Damals wurden die Sanktionen gegen 32 Personen verhängt. Ihnen wurde die Einreise in die Mitgliedstaaten der EU verboten sowie ihr Guthaben eingefroren. Unter ihnen waren 13 Personen, die für die willkürlichen Verhaftungen und Folterungen von Demonstranten, die 2009 gegen die umstrittene Wiederwahl von Präsident Ahmadinedschad protestiert hatten, verantwortlich waren. Ferner gehörten 15 Richter und Justizbeamte, die für erzwungene Geständnisse und unbegründete Urteile verantwortlich waren, zu den Betroffenen. Schließlich gehörten zu den von Sanktionen Betroffenen noch Geheimdienstler und andere an Folter Beteiligte.

Im Sommer 2016 haben die EU und Iran einen Dialog über Menschenrechte aufgenommen. Doch wie es aussieht, hat der Meinungsaustausch noch keine Wirkung gezeigt. Die Islamische Republik lehnt den Vorwurf ab, die Menschenrechte zu missachten. Die Kritik aus dem Westen wird von den Verantwortlichen in Iran als propagandistisch und politisch motiviert bezeichnet.


KEINE BENZINIMPORTE MEHR

Laut Angaben von Präsident Rohani ist Iran nun in der Lage, seinen Bedarf an Benzin selbst zu decken. Mit der Inbetriebnahme einer neuen Raffinerie sei ein Benzinimport aus dem Ausland nicht mehr nötig, sagte er bei der Eröffnung der Raffinerie, die pro Tag zwölf Millionen Liter Benzin herstellen kann. Etwa dieselbe Menge musste Iran importieren, weil die eigenen Raffinerien marode waren. Die Anlage hätte nie zu Ende gebaut werden können, wenn es das Atomabkommen nicht gegeben hätte, sagte Rohani.

"Die Eigenständigkeit in der Benzinproduktion ist eine große Ehre für das iranische Volk", zitierte AFP Rohani in einer Meldung vom 30. April. Die derzeitige Benzinproduktion Irans liegt bei 64 Millionen Litern täglich. Es ist vorgesehen, in der neuen Raffinerie die Produktion schrittweise zu steigern, um innerhalb eines Jahres auf 36 Millionen Liter Benzin und 14 Millionen Liter Diesel pro Tag zu kommen. General Ebadollah Abdollahi, Leiter des Chatam al Anbia Industriekonglomerats, meinte, Iran könne sogar zum Benzin-Exporteur werden. Der Bau der neuen Raffinerie, mit dem vor zehn Jahren begonnen wurde, hatte sich aufgrund der gegen Iran verhängten Sanktionen stark verzögert.


ABSICHTSERKLÄRUNG ÜBER KAUF VON 30 BOEING-MASCHINEN UNTERZEICHNET

Der Flugzeugbauer Boeing hat laut Medien am 4. April bekannt gegeben, dass das Unternehmen gemeinsam mit der iranischen Fluggesellschaft Aseman eine Absichterklärung über den Verkauf von 30 Mittelstreckenjets unterzeichnet habe. Zuvor hatten iranische Medien über den beabsichtigten Kauf von 60 Flugzeugen gesprochen, doch einem Bericht der Agentur Reuters zufolge sei es bei den Verhandlungen über den sicheren Kauf von 30 Flugzeugen und um den möglichen Kauf weiterer 30 Flugzeuge gegangen.

Die Unterzeichnung der Absichtserklärung erfolgte nach zähen Verhandlungen, die länger als ein Jahr gedauert haben, in Teheran. Der Vereinbarung entsprechend, wird die Fluggesellschaft Aseman 30 Jets in der modernisierten Neuauflage von 737 MAX für den Preis von 3 Milliarden US-Dollar erhalten. Es handelt sich um zweimotorige Flugzeuge mit 220 Sitzen und einer Flugdauer von bis zu 9.000 Kilometern. Die Flugzeuge gehören zu den neuesten Produktionen von Boeing, der Kerosin-Verbrauch ist relativ niedrig ebenso wie der Lärm der Motoren.

Die Vereinbarung bedarf noch der Genehmigung des US-Finanzministeriums, die nach dem Atomabkommen und der Aufhebung eines Teils der Sanktionen so gut wie sicher erteilt werden dürfte. Die Lieferung soll gemäß der Vereinbarung ab 2022 erfolgen. Iranische Medien berichteten jedoch, dass die Lieferung der ersten fünf bis zehn Maschinen bereits 2019 erfolgen werde.

Die Aseman Airlines ist nach Iran Air die zweitgrößte Fluggesellschaft Irans. Die Vereinbarung über den Kauf von Flugzeugen ist die dritte, die nach dem Atomabkommen geschlossen wurde. Diese Verträge signalisieren das Ende der vierzigjährigen US-Sanktionen im Bereich des Flugzeugbaus, die gegen die Islamische Republik verhängt worden waren. Zuvor hatte Iran einen Vertrag mit dem Flugzeugbauer Airbus über die Lieferung von hundert Maschinen und mit Boeing über die Lieferung von achtzig Maschinen abgeschlossen. Bis jetzt sind drei Airbus-Maschinen an Iran geliefert worden.

Mit den genannten Kaufverträgen wird Iran in den nächsten Jahren über 210 neue Maschinen verfügen, die um weitere 30 Maschinen aufgestockt werden könnten. Zudem gibt es Berichte über Verhandlungen mit Russland über die Lieferung von russischen Suchoi Superjets 100.

Der Boykott iranischer Fluggesellschaften durch die USA erfolgte im Jahr 1979 nach der Geiselnahme amerikanischer Botschaftsangehöriger in Teheran. Die Folge war, dass die iranische Luftflotte nicht modernisiert werden konnte. So gehörte die Aufhebung des Boykotts bei den Atomverhandlungen zu den wichtigsten Anliegen der iranischen Delegation. Die Verhandlungspartner gaben an, aus humanitären Gründen dem Wunsch Irans zugestimmt zu haben.


FÖRDERKÜRZUNG DER OPEC-LÄNDER SOLL VERLÄNGERT WERDEN

Einem Bericht der Agentur Reuters zufolge unterstützen laut Angaben des iranischen Ölministers Bijan Sangeneh die meisten Mitgliedsländer der OPEC eine Verlängerung der Ende vergangenen Jahres beschlossenen Fördereinschränkungen. Grund der Maßnahme waren die anhaltend niedrigen Preise des Öls auf dem Weltmarkt. Die Maßnahme läuft im Juni ab. Die OPEC tagt am 25. Mai wie immer in Wien. Dabei soll über die Verlängerung der Drosselung der Fördermengen entschieden werden.


UMBAU DES SCHWERWASSERREAKTORS IN ARAK

Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums gab am 20. April bekannt, dass China einen gemeinsamen Umbau des Schwerwasserreaktors in Arak, südlich von Teheran, mit Iran vereinbart habe. Die Vereinbarung wurde am 23. April in Wien von Vertretern beider Staaten unterzeichnet. Der Umbau ist ein Teil des Atomabkommens, das Iran mit der 5+1-Gruppe (ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats plus Deutschland) im Jahr 2015 geschlossen hat. Einzelheiten des Vertrags mit China seien nach langen Verhandlungen in Peking festgelegt worden, sagte der Sprecher.

Bei den Atomverhandlungen mit der 5+1-Gruppe gehörte der Schwerwasserreaktor in Arak zu den schwersten Themen. Es ging darum, den Reaktor dergestalt umzubauen, dass er kein Plutonium mehr produzieren kann. Plutonium kann zum Bau von Atombomben verwendet werden.

Der Sprecher des Pekinger Außenamts sagte, China und die USA seien gemeinsam als Beobachter für den Umbau des Reaktors zuständig. Beide Staaten seien mit den bisher von Iran unternommenen Maßnahmen zufrieden.

Iran betonte immer wieder, dass die Produktion des radioaktiven Materials einzig medizinischen Zwecken diene und jeder Verdacht, das Material könne für Waffen verwendet werden, grundlos und abwegig sei. Dennoch stimme Teheran einem Umbau des Reaktors zu.

Für den Umbau sei Iran zuständig, sagte der Chef der iranischen Atombehörde Ali Akbar Salehi. Doch am Ende müssten laut dem Atomabkommen China und die USA dem Umbau zustimmen. Er sagte weiter, der Vertrag zwischen Iran und China umfasse 200 Seiten, doch konkrete Angaben über die Rolle Chinas machte er nicht.


DER PREIS FÜR FLEISCH IST UM 19 PROZENT GESTIEGEN

Laut Angaben des iranischen Amts für Statistik ist der Preis für Fleisch und Hühnerfleisch im Vergleich zum Vorjahr um 19 Prozent gestiegen. Einen noch größeren Anstieg verzeichnete der Preis für Gemüse, der sich um 22 Prozent erhöhte. Insgesamt sind die Lebensmittelpreise durchschnittlich um 16 Prozent gestiegen. Der Anstieg der Preise für Wasser, Strom und Brennstoff liegt bei 18 Prozent.

Obwohl die Inflationsrate im Vergleich zu den letzten zwei Monaten des vergangenen Jahres (das persische Jahr beginnt am 21. März) um 0,1 Prozent zugenommen hat, liegt sie immer noch unter sieben Prozent. Sie lag im Sommer vergangenen Jahres zum ersten Mal nach 22 Jahren unter zehn Prozent. Das war ein erklärtes Ziel der Regierung Rohani. Als Rohani vor vier Jahren die Regierung übernahm, lag die Inflationsrate bei 22 Prozent. Das Sinken der Inflationsrate verlangsamt jedoch nur den Anstieg der Preise, führt aber nicht zum Sinken der Preise.

Kritiker der Regierung sind der Meinung, dass die Reduzierung der Staatsausgaben, die ein Sinken der Inflationsrate bewirkt habe, nicht unbedingt förderlich für die Gesamtwirtschaft sei. Denn weniger Ausgaben des Staates bedeuteten eine größere Arbeitslosigkeit und eine geringere Produktivität.

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AUSSENPOLITIK

• Auseinandersetzung zwischen Iran und USA gewinnt an Schärfe
• Soleimani-Bruder mit Sanktionen belegt
• Neuer Zwischenfall am Persischen Golf
• Iran kritisiert US-Angriffe auf Syrien scharf
• Israel bombardiert Waffenlager bei Damaskus
• Iran und Saudi-Arabien
• Pakistan versichert, keine Schritte gegen Iran zu unternehmen
• Berliner Kammergericht verurteilt iranischen Spion
• Iran verurteilt Terroranschlag in Schweden
• Zurückhaltende Reaktionen auf Verfassungsreferendum in der Türkei


AUSEINANDERSETZUNG ZWISCHEN IRAN UND USA GEWINNT AN SCHÄRFE

Bahram Ghassemi, Sprecher des Teheraner Außenministeriums, reagierte am 1. April auf die Äußerungen des US-Verteidigungsministers James Mattis, der Iran bei einem Besuch am Vortag in London als "größten Exporteur des Terrorismus" bezeichnet hatte. Mattis hatte auf die Frage eines Journalisten, ob er immer noch zu seiner Äußerung von 2012 über Iran stehe, geantwortet, das Verhalten Irans habe sich seitdem nicht geändert. Damals hatte Mattis erklärt, es gebe drei Gefahren, die die Interessen der USA bedrohten: "Iran, Iran, Iran."

Statt Iran ohne Grund zu beschuldigen, sollte der US-Verteidigungsminister seine Vorwürfe lieber gegen jene mit den USA befreundeten Staaten richten, die den Terrorismus finanziell, ideologisch und militärisch unterstützten, sagte Ghassemi. Ein wichtiger Grund für die Misserfolge im internationalen Kampf gegen den Terrorismus bestehe darin, dass die Vorwürfe sich an falsche Adressaten richteten, anstatt auf jene Quellen hinzuweisen, aus denen die finanzielle, militärische und ideologische Unterstützung des Terrorismus stammten.

Indes gab US-Außenminister Rex Tillerson bekannt, dass er den Kongress über die Überprüfung des Atomabkommens mit Iran unterrichtet habe. Die Überprüfung solle feststellen, ob das Abkommen und die Aufhebung der Sanktionen die Sicherheitsinteressen der Vereinigten Staaten beeinträchtigten oder nicht. Er schrieb, Präsident Trump habe den Nationalen Sicherheitsrat angewiesen, die Leitung und Verantwortung für die Gruppen zu übernehmen, die mit der Überprüfung beschäftigt seien. "Ein Iran, das nicht gezähmt ist, hat das Potential, den Weg Nordkoreas zu beschreiten und die ganze Welt in Mitleidenschaft zu ziehen", sagte Tillerson auf einer Pressekonferenz am 19. April. Die USA wollten es vermeiden, wieder einmal zu bestätigen, dass die Strategie des Abwartens eine Niederlage sei. Das Atomabkommen mit Iran sei ein weiteres Beispiel für Zugeständnisse an eine Macht, die nukleare Ambitionen habe. Mit solchen Zugeständnissen könne man für eine gewisse Zeit Zufriedenheit herstellen. Danach käme aber die Last der Probleme, die andere auf den Schultern tragen müssten, sagte Tillerson mit Blick auf die Politik der Vorgängerregierung. "Wir haben nicht die Absicht, die nächste Regierung zu belasten. Wir glauben nicht, dass ein behutsamer Umgang mit Iran, angesichts der destabilisierenden Aktivitäten dieses Landes, die richtige Taktik ist."

Der Minister beschuldigte Iran, Jemen und Syrien destabilisiert, Cyberangriffe und terroristische Aktivitäten auf der ganzen Welt organisiert und amerikanische Staatsbürger willkürlich verhaftet zu haben. "Das Zeugnis Irans über den Umgang mit Menschenrechten ist das schlechteste in der Welt", sagte Tillerson und warnte, das Bestreben des Landes nach der Atombombe stelle eine ernste Gefahr für Sicherheit und Frieden in der Welt dar. Das Atomabkommen habe lediglich die Zeit verlängert, in der Iran in den Besitz der Atombombe gelangen könnte. Zudem lasse das Abkommen andere Aktivitäten Irans außer Acht. Diese provokativen Aktivitäten bedrohten die "USA, die Region und die ganze Welt". "Wir sind der Meinung, dass alle bedrohenden Aktivitäten Irans in Betracht gezogen werden müssen. Das Atomabkommen ist nur ein Faktor."

Auch Regierungssprecher Sean Spicer nahm auf einer Pressekonferenz in Washington am 19. April zum Atomabkommen Stellung. Auf die Frage eines Journalisten, ob Präsident Trump das Abkommen kündigen wolle, sagte er, die Überprüfung, die im Gange sei, werde innerhalb von neunzig Tagen abgeschlossen sein. Danach werde sich der Präsident entscheiden. Gefragt, ob das Weiße Haus befürchte, neue Sanktionen gegen Iran könnten zur Auflösung des Abkommens führen, antwortete Spicer: "Uns sind die potentiell negativen Folgen solcher Maßnahmen durchaus bewusst." Trump habe die Überprüfung angeordnet, weil er die "List" der Iraner kenne. "Sonst würde er alles so laufen lassen wie es ist." Ein Teil der Überprüfung habe das Ziel, festzustellen, ob Iran seine Pflichten erfüllt habe. In einem zweiten Teil sollen Vorschläge für die nächsten Schritte vorgelegt werden.

Trotz dieser Stellungnahmen schickte Tillerson laut Medien ein Schreiben an den Vorsitzenden des Repräsentantenhauses Paul Ryan, in dem es heißt, Iran habe bisher alle im Atomabkommen vorgesehenen Pflichten erfüllt, bleibe aber ein führender staatlicher Förderer des Terrorismus.

Am 20. April meldete sich Trump selbst zu Wort. "Iran handelt nicht im Geist des Atomabkommens", sagte er auf einer Pressekonferenz mit dem italienischen Ministerpräsidenten Paolo Gentiloni. Das Abkommen sei "schrecklich" und dilettantisch verhandelt. "Es hätte nicht unterzeichnet werden dürfen. Wir werden alles sehr, sehr genau prüfen."

Noch schärfer als Trump hat die US-Botschafterin Nikki Haley am gleichen Tag im UN-Sicherheitsrat gegen Iran Stellung bezogen. Sie bezeichnete Iran als Hauptschuldigen für die Auseinandersetzungen im Nahen Osten. Iran unterstütze das syrische Regime von Bashar al-Assad, die Rebellen in Jemen, paramilitärische Organisationen im Irak und die Hisbollah im Libanon. Die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten würden dafür sorgen, dass Iran seine internationalen Pflichten einhält. Nicht Israel, sondern Iran müsse im Fokus der US-Strategie für den Nahen Osten stehen, sagte Haley laut dpa vom 20.April.

Einen Tag später sagte US-Verteidigungsminister James Mattis bei einem Besuch in Tel Aviv: "Iran bedroht Israel und seine Nachbarstaaten mit Raketen. Wir sehen die Notwendigkeit, den destabilisierenden Aktivitäten Irans entgegenzutreten." Teheran bedrohe auch die ganze Region durch Cyberaktivitäten und durch die Unterstützung der Hisbollah.

"Iran ist eindeutig der größte Sponsor des Terrorismus in der Welt", stimmte sein israelischer Amtskollege Mattis zu. "Deswegen ist es entscheidend, mehr Druck auf das iranische Regime auszuüben und mehr Sanktionen zu verhängen."

Teheran hat die Vorwürfe der USA entschieden zurückgewiesen. Solche Vorwürfe seien "verbraucht" und könnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass Iran seinen Pflichten nachgekommen sei, schrieb Außenminister Mohammad Dschawad Sarif auf Twitter am 20. April. Auch Vizeaußenminister Abbas Araghtschi erklärte zu den Vorwürfen, die USA suchten nach Vorwänden, um das Abkommen zu unterlaufen. "Unter welchem Vorwand auch immer, wir werden es jedenfalls nicht zulassen." Iran werde bei dem Atomtreffen in Wien den "Konfrontationskurs" der USA zur Sprache bringen. Das tat er dann auch tatsächlich bei dem regulären Treffen mit den am Abkommen beteiligten Staaten am 25. April in Wien. "Die USA irritieren die Welt und erzeugen zusätzliche Spannungen, durch das, was sie tun und wie sie das Nuklearabkommen in Frage stellen."

Am 26. April wies Präsident Trump laut Wall Street Journal das Außenministerium an, das Schreiben an den Kongress über das Verhalten Irans in Bezug auf das Atomabkommen schärfer zu verfassen. Demnach wurde der vom Außenministerium vorbereitete Entwurf des Schreibens Trump persönlich vorgelegt, der zudem den Außenminister anwies, zu verkünden, dass die USA dabei seien, ihre Iran-Politik neu zu gestalten.

Das Wall Street Journal äußerte die Vermutung, dass die USA die Sanktionen gegen Iran aufstocken und um weitere Unternehmen oder Personen, die mit den Revolutionsgarden in Verbindung stehen, erweitern wollten. Zudem solle um weitere Verbündete geworben werden, die bereit seien, gegen die Waffenlieferungen Irans an Organisationen in Syrien, Irak und Libanon vorzugehen.

Auch das US-Verteidigungsministerium plane, das militärische Potential im Persischen Golf aggressiver auszurichten und Iran stärker herauszufordern, da Iran aus US-Sicht eine Bedrohung der Handelswege darstelle, so das Wall Street Journal weiter.

Irans Außenminister Sarif sagte laut ISNA am 26. April, man solle die Worte des US-Präsidenten "nicht so ernst nehmen". "Auch bei diesem Thema (Atomabkommen) sollte man ihm keine große Aufmerksamkeit schenken."


SOLEIMANI-BRUDER MIT SANKTIONEN BELEGT

US-Regierungssprecher Sean Spicer gab am 13. April auf einer Pressekonferenz bekannt, dass die USA den Bruder des legendären iranischen Generals Ghassen Soleimani, Sohrab Soleimani, wegen "Verletzung der Menschenrechte" mit Sanktionen belegt hätten. Ghassem Soleimani ist der Befehlshaber der Al-Kuds Brigade, einer Abteilung der Revolutionsgarden, die für Auslandseinsätze zuständig ist. Der General ist nicht nur in Iran, sondern vor allem auch in Syrien und im Irak berühmt und beliebt. Sein Bruder Sohrab war fünfzehn Jahre lang Direktor der Gefängnisse in Teheran. Seit einem Jahr ist er stellvertretender Leiter der gesamten Haftanstalten Irans.

Nach Ansicht des US-Finanzministeriums stellt die Maßnahme gegen Soleimani keinen Verstoß gegen das Atomabkommen dar. Das Ministerium erklärte, Sanktionen, die unabhängig vom iranischen Nuklearprogramm gegen das Land verhängt werden, seien notwendig, um Iran wegen seines ballistischen Raketenprogramms, der Unterstützung terroristischer Organisationen, der Destabilisierung der Region und der Verletzung der Menschenrechte zu bestrafen. Die neuen Sanktionen wegen Verletzung der Menschenrechte begründen die USA mit erzwungenen Geständnissen, physischen und psychischen Folterungen und unerträglichen Verhören. Auch die EU hat ihre Sanktionen gegen Iran wegen Verletzung der Menschenrechte verlängert.

Iran behauptet, der Westen habe eine "zwiespältige Auffassung" von Menschenrechten und beklagt, dass die Vorwürfe gegen die Islamische Republik politisch motiviert seien.


NEUER ZWISCHENFALL AM PERSISCHEN GOLF

Wie die dpa unter Hinweis auf einen Bericht des US-Senders Fox meldete, wäre es zwischen der US-Marine und den iranischen Revolutionswächtern fast zu einem Zwischenfall gekommen. Demnach habe sich ein Schiff der Garden bis auf 1.000 Meter der "USS Mahan" angenähert. Daraufhin habe die Mahan ohne Warnschüsse abzugeben ihren Kurs geändert. Demgegenüber berichtete afp unter Berufung auf Marine-Sprecher Rick Chernitzer, die Mahan habe nach Abgabe von zwei Warnhinweisen doch eine Leuchtrakete auf das iranische Schiff abgefeuert und es zur Kursänderung gezwungen.

Es war nicht das erste Mal, dass sich ein Zwischenfall im Persischen Golf zwischen Iran und den USA ereignete. Zuletzt hatten sich im Januar vier Schnellboote der Revolutionswächter der "Mahan" genähert und waren nach Warnschüssen zurückgekehrt.

Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif kritisierte die Anwesenheit amerikanischer Kriegsschiffe im Persischen Golf. "Unsere Marine ist im Persischen Golf aktiv und nicht im Golf von Mexiko. Die Frage ist, was die US-Marine in einem Gebiet 7.500 Meilen entfernt von der eigenen Heimat zu schaffen hat", twitterte der Minister am 26. April.


IRAN KRITISIERT US-ANGRIFFE AUF SYRIEN SCHARF

Die USA haben nach dem schweren Giftgasangriff in Syrien Russland und Iran aufgefordert, ihren Einfluss auf das syrische Regime geltend zu machen, um dergleichen Aktionen zu verhindern. "Es ist klar, wie Assad operiert: mit brutaler, unverfrorener Barbarei", zitierte die dpa den amerikanischen Außenminister Rex Tillerson in einem Bericht am 4. April. Präsident Assad, der gegen das eigene Volk chemische Waffen einsetze müsse zur Verantwortung gezogen werden. "Wir rufen Russland und Iran auf, ihren Einfluss auf das syrische Regime auszuüben und auszuschließen, dass sich eine solche schreckliche Attacke wiederholt", sagte Tillerson. "Als die selbsternannten Garanten des Waffenstillstandsabkommens von Astana tragen Russland und Iran große moralische Verantwortung für diese Toten."

Noch wenige Tage zuvor hatten die USA erklärt, über das Schicksal Syriens müsse das syrische Volk entscheiden. Daraus ließ sich entnehmen, dass sie offenbar nicht mehr unbedingt den Sturz des Assad-Regimes fordern wollten. Doch nach dem Giftgasangriff änderte sich die US-Position. Am 7. April feuerten die USA von zwei Kampfschiffen aus 59 Marschflugkörper vom Typ Tomahawk auf den syrischen Luftstützpunkt Al-Schairat in der Provinz Homs ab. Der Angriff kam überraschend.

Irans Präsident Hassan Rohani übte heftige Kritik an dem Angriff und an Präsident Trump, allerdings ohne dessen Namen zu nennen. "Dieser Herr", der in den USA regiere, habe behauptet, er wolle den Terrorismus bekämpfen. Doch alle Terroristen hätten den Angriff begrüßt und ihn bejubelt. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die syrische Armee, die gegen Terroristen kämpfe, angegriffen werde, sagte Rohani in einer vom Staatsfernsehen übertragenen Rede am 8. April. Er schlug vor, eine "unabhängige Untersuchungskommission" einzusetzen, die den Chemiewaffenangriff untersuchen solle, denn laut UNO besitze Syrien keine Chemiewaffen mehr.

Rohani bezeichnete den US-Präsidenten als gefährlich und unberechenbar. "Keiner weiß, was für Pläne der Präsident und seine Leute demnächst für unsere Region schmieden werden." Man müsse "wachsam und behutsam auf alle Eventualitäten vorbereitet sein".

Am 9. April erklärte die US-Botschafterin bei der UNO, Nikki Haley, in einem Interview mit dem US-Fernsehsender CNN, ihr Land halte eine politische Lösung des Syrienkonflikts mit dem amtierenden Präsidenten Baschar al-Assad für ausgeschlossen. Eine Regierung, die Stabilität und Frieden sichern könne, sei mit Assad nicht denkbar. "Wir denken, dass der Regierungswechsel kommen wird", sagte sie.

Haley machte ebenso wie Präsident Donald Trump das syrische Regime für den Giftgasangriff verantwortlich. Sie betonte zugleich, dass die USA den Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) verstärkt fortsetzen werden und sie würden ebenso alles daransetzen, den Einfluss Irans in Syrien zu beenden. Auch Außenminister Tillerson sagte in einem Interview mit dem TV-Sender CBS, der Kampf gegen den IS habe für die USA oberste Priorität. Erst wenn die Gefahr, die vom IS ausgehe, abgewendet sei, könne Washington sich "direkt" dem syrischen Problem widmen.

Russland und Iran übten einem Bericht der dpa vom 10. April zufolge scharfe Kritik an dem Angriff der USA und bezeichneten ihn als Verstoß gegen das Völkerrecht. Solche "aggressiven Handlungen" seien gerade für den Terrorismus förderlich, meinten die beiden Außenminister Sergej Lawrow und Mohammad Dschawad Sarif bei einem Telefongespräch.

Demgegenüber begrüßte Saudi-Arabien am 7. April den US-Angriff, den es als eine "mutige Entscheidung" von Präsident Donald Trump bezeichnete. Saudi-Arabien gehört zu den Mächten, die den Kampf gegen das syrische Regime massiv unterstützen. Demgegenüber steht Iran an der Seite des Assad-Regimes. Iran steht auf dem Standpunkt, dass nur das syrische Volk über das Schicksal des Regimes entscheiden solle. Demnach sollen nach einem Waffenstillstand freie Wahlen stattfinden und schließlich eine neue Verfassung erarbeitet werden. Nach Ansicht von Präsident Rohani können Reformen in Syrien erst nach freien Wahlen durchgeführt werden. "Natürlich braucht Syrien auch Reformen, aber die sind nur nach dem Ende des Terrorismus und nach freien Wahlen machbar", sagte Rohani auf einer Pressekonferenz am 10. April. Auch Präsident Assad solle ermöglicht werden, an den Wahlen teilzunehmen.

Am aller wichtigsten sei aktuell ein Sieg über den IS und die Ausrottung des Terrorismus, sagte Rohani. Seiner Ansicht nach habe der Angriff der USA auf Syrien den Friedensprozess schwer belastet und zugleich dem IS den Rücken gestärkt.

Am 14. April trafen sich auf Einladung Moskaus die Außenminister Irans, Syriens und Russlands zur Lagebesprechung nach dem neuen Angriff der USA. Sie warnten die USA vor neuen militärischen Interventionen in Syrien. Jeder Versuch in diese Richtung werde "ernste Konsequenzen nicht nur für die regionale, sondern auch die globale Sicherheit" haben, sagte Russlands Außenminister Lawrow. Der syrische Außenminister Walid al-Muallim versicherte, die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) bei der Aufklärung des Giftgasangriffs in Syrien zu unterstützen. "Wir werden alles fördern, was zum Erfolg führt, einen objektiven Bericht zu ermöglichen", sagte er.


ISRAEL BOMBARDIERT WAFFENLAGER BEI DAMASKUS

In den frühen Morgenstunden des 27. April gab es in der Nähe des Flughafens von Damaskus eine schwere Detonation, die den Agenturberichten zufolge durch einen Luftangriff Israels gegen ein Waffenlager verursacht wurde. Wenige Augenblicke nach der Detonation berichtete der Fernsehsender der libanesischen Hisbollah Al-Namar, es habe sich um einen Angriff israelischer Kampfflugzeuge und Raketen gehandelt, die einen Tankwagen und ein Ausrüstungslager getroffen hätten. Menschenopfer habe es nicht gegeben, es seien nur Sachschäden entstanden.

Die iranische Agentur Tasnim berichtete von einem Angriff des "zionistischen Regimes" auf den Flughafen von Damaskus. Die Agentur Reuters, die sich auf Oppositionelle berief, sprach von einem Angriff gegen ein Lager von iranischen Waffen, die für die Hisbollah bestimmt gewesen seien. Reuters zitierte auch den israelischen Informationsminister mit den Worten: "Der Vorfall in Damaskus stimmt mit der Politik Israels überein, die darauf ausgerichtet ist, den Waffenschmuggel aus Iran für die Hisbollah zu unterbinden. Natürlich möchte ich zu diesem Thema keine Ausführungen mehr machen." Der Minister, der sich zu der Zeit in den USA aufhielt, sagte, Ministerpräsident Netanjahu habe die Anweisung erteilt, in solchen Fällen (Waffenschmuggel für die Hisbollah) sofort zu reagieren.


IRAN UND SAUDI-ARABIEN

Iran unternimmt offiziell immer wieder Versuche, den Willen zur Versöhnung mit Saudi-Arabien zu demonstrieren. Zuletzt nahm Präsident Hassan Rohani am 10. April die Einigung über die Wiederaufnahme der Pilgerfahrten der Iraner nach Mekka und Medina zum Anlass, um auf einer Pressekonferenz zu betonen, dass Teheran gewillt sei, die Beziehungen zu Saudi-Arabien zu verbessern. Er verwies auf Ereignisse im vergangenen Jahr, die zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Staaten geführt hatten. Damals war es nach der Hinrichtung eines schiitischen Geistlichen in Saudi-Arabien zu Protesten in Iran gekommen. Dabei hatten Demonstranten die saudische Botschaft in Teheran sowie das Konsulat des Landes in Maschad gestürmt und große Schäden verursacht.

"Wir haben die Ereignisse an der Botschaft sofort verurteilt und die Schuldigen umgehend verhaftet", sagte Rohani und erklärte die Bereitschaft Irans, die Kosten für die entstandenen Schäden zu übernehmen.

Zu den Konfliktpunkten zwischen Teheran und Riad gehört auch der Konflikt in Syrien. Während Saudi-Arabien die Gegner des Regimes unterstützt und den Sturz Präsident Assads betreibt, steht Teheran fest an der Seite des syrischen Regimes. Auch in diesem Punkt streckt Rohani die Hand nach Riad aus und schlug vor, gemeinsam an einem Friedensplan zu arbeiten. "Nur sollten die Saudis uns nicht zum Sündenbock machen, nur, weil ihre politischen Kalkulationen in Syrien und Jemen nicht aufgegangen sind", zitierte dpa den Präsidenten.


PAKISTAN VERSICHERT, KEINE SCHRITTE GEGEN IRAN ZU UNTERNEHMEN

Einen Tag nachdem ein pakistanischer Offizier zum Kommandanten der von Saudi-Arabien gegründeten "Islamischen Koalition gegen den Terrorismus" ernannte wurde, erklärte das pakistanische Außenministerium, die Koalition richte sich gegen keinen anderen Staat und Pakistan werde "keinen Schritt gegen die Islamische Republik" unternehmen.

Vizeaußenministerin Tahmineh Junjueh erklärte, ihr Land fühle sich nach wie vor dem Grundsatz verpflichtet, sich nicht in Konflikte zwischen islamischen Staaten einzumischen. Im Außenpolitischen Ausschuss des Parlaments sagte sie, Pakistan habe gute Beziehungen zu Iran. "Zwischen unseren Ländern gibt es keinerlei Grenzkonflikte." Zu der Ernennung des Generals Rahil Scharif zum Kommandanten der "Koalition" sagte die Vizeaußenministerin, jeder Offizier sei nach seiner Pensionierung frei, eine von ihm gewählte Tätigkeit auszuüben. Sie verwies auf die Bemühungen Pakistans, im Konflikt zwischen Iran und Saudi-Arabien zu vermitteln und fügte hinzu, für Pakistan sei es nicht leicht, eine ausgeglichene Politik in den Beziehungen zu Iran und Saudi-Arabien zu verfolgen. "Aber wir werden keinen Schritt gegen die Interessen Irans unternehmen."

Zuvor hatte Mehdi Honardust, Irans Botschafter in Pakistan, erklärt, er sei, bevor dem General die Erlaubnis für seine neue Tätigkeit erteilt wurde, über die Angelegenheit informiert worden. "Das bedeutet jedoch nicht, dass Iran die Entscheidung gutgeheißen und akzeptiert hat."

Pakistanische Medien berichteten, dass der General in den nächsten Tagen nach Teheran reisen werde, um die iranische Regierung über die "Koalition" und deren Ziele zu informieren.

Saudische Medien, die der Regierung nahestehen, bezeichneten die "Koalition" als "Islamische Nato". Saudi-Arabien habe die Absicht, den Kampf gegen den Terrorismus verstärkt zu führen und Gefahren, die die Region bedrohten, abzuwenden.

Laut Angaben der saudischen Regierung sind fast 40 Staaten der Region, nur nicht Iran, an der Koalition beteiligt. Saudi-Arabien hat vor zwei Jahren ebenfalls eine militärische Koalition gebildet, die aus zwanzig vorwiegend islamischen Ländern besteht. Ziel dieser Koalition, die von Iran scharf kritisiert wird, ist die Niederschlagung der Huthi-Rebellen in Jemen.


BERLINER KAMMERGERICHT VERURTEILT IRANISCHEN SPION

Das Berliner Kammergericht hat laut einem Bericht der dpa vom 6. April einen aus Pakistan stammenden 31-jährigen Mann zu vier Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt. Dem Mann wurde vorgeworfen, in verschiedenen Städten Deutschlands, so z.B. in Bremen und Berlin, für Iran spioniert und dabei auch den früheren Wehrbeauftragten der Bundesrepublik Reinhold Robbe ausgeforscht zu haben. Robbe war damals Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG). Das Gericht vertrat die Ansicht, dass die Spionage das Ziel hatte, jüdische Einrichtungen und deren Verantwortliche für mögliche Anschläge auszuforschen. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mann für den Nachrichtendienst der iranischen Revolutionsgarden gearbeitet habe.

Nach dem Urteil forderte Robbe die Bundesregierung auf, eine Protestnote an Iran zu schicken. "Die Bundesregierung darf diesen Fall und dieses Urteil nicht ignorieren", sagte er der Tagezeitung "Die Welt". "Es wäre inakzeptabel, setzte die Bundesregierung in ihren Beziehungen zum Iran auf business as usual". Das sei "das Mindeste" mit dem das Auswärtige Amt auf den Vorfall reagieren müsse. "Es geht hier schließlich um ein gravierendes öffentliches Verfahren samt eindeutigem Urteil."


IRAN VERURTEILT TERRORANSCHLAG IN SCHWEDEN

Die iranische Regierung hat den jüngsten Anschlag von Stockholm vom 7. April verurteilt. "Dieser Anschlag hat erneut bewiesen, dass der Terrorismus keine Grenzen kennt und daher auch nur gemeinsam bekämpft werden kann", sagte der Sprecher des Außenministeriums Bahram Ghassemi am 8. April. Voraussetzung für den gemeinsamen Kampf sei aber, dass die Spielchen, die einige Länder im Westen und im arabischen Raum betrieben, beendet werden.

Als Beispiel nannte Ghassemi die Zustimmung einiger Länder zu dem US-Angriff in Syrien, der seiner Ansicht nach den Terrorismus eher befördert habe, statt ihn zu bekämpfen.


ZURÜCKHALTENDE REAKTIONEN AUF VERFASSUNGSREFERENDUM IN DER TÜRKEI

Zu dem Ausgang der Volksbefragung im Nachbarland Türkei äußerte sich das Teheraner Außenministerium zurückhaltend. "Das ist eine interne Angelegenheit der Türkei und des türkischen Volkes und wir werden daher das Ergebnis respektieren", erklärte Außenamtssprecher Bahram Ghassemi vor Journalisten am 17. April. Für eine detaillierte Stellungnahme sei es zu früh. Iran habe jedenfalls die Hoffnung, dass die Verfassungsänderung zur Stärkung der Stabilität in der Türkei führen und der Sicherheit und dem Frieden in der Region dienen werde.


GEBURTSTAGSGESCHENK FÜR DEN FÜHRER NORDKOREAS

Die Partei Motalefeh Eslami (Partei der islamischen Koalition) schickte zum Anlass des 150. Geburtstags Kim il Sungs, des Gründers des kommunistischen Staates Nordkorea, einen wertvollen handgeknüpften Teppich nach Pjöngjang. Das Geschenk wurde dem aktuellen Führer Nordkoreas, Kim Jong-Un von Mehdi Dscholai, dem Stellvertreter des Generalsekretärs der Motalefeh, übergeben.

Die staatliche Agentur Nordkoreas veröffentlichte keinen Bericht über die freundliche Geste der radikalkonservativen Geistlichen aus der Islamischen Republik. Die Motalefeh steht am äußersten rechten Rand des politischen Spektrums in Iran, verfügt aber über großen Einfluss im Land. Mostafa Mirsalim ist der Kandidat der Partei für die kommende Präsidentschaftswahl.

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Autor: Bahman Nirumand
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16. Jahrgang

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Quelle:
Iran-Report Nr. 5/2017 - Mai 2017 / 16. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Mai 2017

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