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ADVENT - ERZÄHLT/008: Baumretter - Etappensieg und neue Ideen ... (SB)



Plötzlich raschelte es laut in den Bäumen, die Äste und Zweige bewegten sich heftig. Teberan und Timbo sahen nach oben, konnten zunächst aber nichts entdecken. Dann sahen sie Bara, der sich geschickt von Ast zu Ast seinen Weg nach unten bahnte. "Ah, wie ich sehe habt ihr euch schon bekannt gemacht. Das ist gut, das ist gut, sehr gut ..."

"Ja, Teberan hat mir ein Dach gebaut." Stolz zeigte er auf das Blattwerk. "Und dann hat er mir erzählt, wer die Bäume tötet!"

"Prima, gut, gut, dann haben wir das schon mal geklärt. Also, ich habe einen Vorschlag zu machen, äh, Vorschlag zu machen. Während der langen Zeit, in der ich um die Welt geflogen bin, habe ich mir schon etwas überlegt. Wir rufen alle Tiere zusammen und dann bauen wir Hindernisse, die die Maschinen aufhalten und dann werden wir die Menschen ganz fürchterlich erschrecken. Klingt doch gut, oder?"

"Ja, klingt gut, aber wir sollten uns vielleicht einmal ansehen, wie viele Menschen dort sind, wie groß die Maschinen und was sonst noch für Geräte vorzufinden sind. Wir sollten herausfinden, wie die Leute arbeiten, dann können wir am besten entscheiden, wo, wie und was wir machen wollen, um sie daran zu hindern", schlug Teberan vor.

"Das klingt nicht nur gut, das ist sehr gut, so machen wir es!" Bara überlegte kurz, "wir sollten gleich morgen früh, natürlich ganz unauffällig, eine dieser üblen Baustellen aufsuchen."

"Und heute Nacht kommst du mit zu mir", bestimmte Teberan und lächelte Timbo zu, der sich mächtig darüber freute, denn das war viel besser als ganz allein im Wald unter seinem Dach zu schlafen. Sie verabschiedeten sich von Bara und machten sich auf den Weg.

Timbo wurde von Teberans Gefährten herzlich begrüßt. Nachdem alle zusammen gegessen hatten, was Timbo sehr genoss, da sein Magen schon eine ganze Weile laut und heftig geknurrt hatte, zeigte Teberan ihm einen Platz, an dem er sich hinlegen konnte, ganz in der Nähe von seinem eigenen Schlafplatz. Die Geräusche des Waldes wollten nicht verstummen und es schien, als seien auch nachts noch viele Tiere unterwegs. Eine Weile lauschte Timbo noch, aber irgendwann schlief er ein - er war wirklich todmüde.

Am nächsten Morgen war Bara zeitig zur Stelle. "Hallo, genug geschlafen, genug geschlafen - aufwachen, es geht los!", krähte er den beiden Schlafenden zu. Timbo schüttelte sich und stieß dabei gegen den Ast, der sein Blätterdach stützte. Ratsch, platsch fiel es ihm auf den Rücken und deckte ihn einfach zu. Einen Moment lang blieb er verdutzt liegen, dann kroch er vorsichtig darunter vor und lief auf Teberan zu: "Geht 's jetzt los?" - "Ja, bist du bereit? Sei aber darauf gefasst, dass du etwas fürchterlich Trauriges zu sehen bekommst", warnte Teberan den kleinen Hund.

Dann machten die drei sich auf den Weg. Timbo bewunderte seine beiden neuen Freunde dafür, wie sie sich in diesem riesigen Wald zurechtfanden. Nach einer guten Weile erreichten sie eine Stelle zwischen riesigen, alten Bäumen. Dort machten sie Halt. "Hörst du was?", erkundigte sich Teberan bei Timbo. Der lauschte, es fiel ihm aber nichts Besonderes auf. Doch plötzlich durchbrach gewaltiger Lärm die normale Geräuschkulisse der Waldbewohner.

Ängstlich sah Timbo in die Richtung, aus der der Krach zu hören war. Vorsichtig schob Teberan ein paar Zweige zur Seite, so dass sie jetzt einen freien Blick auf die Holzfäller hatten. Auf riesigen Bulldozern fuhren sie mit Schaufeln und Stangen gegen die Bäume, um sie umzuschubsen, während andere Männer mit Motorsägen zugange waren oder mit ihren Äxten kleinere Äste und Zweige von am Boden liegenden Baumriesen abschlugen. Timbo hätte am liebsten laut aufgeheult, aber er wollte sich und seine Freunde auf keinen Fall verraten. Also winselte er nur ganz leise vor sich hin, bis sich Teberan neben ihn hinkniete und sanft streichelte. "Nur Mut, Timbo, wir werden uns schon etwas einfallen lassen, damit das hier aufhört, ganz sicher", sagte er ganz leise, aber mit zorniger Stimme, und als jetzt auch Bara von seinem Ausguck zu ihnen heruntergeflattert kam, nickten sich die drei wie richtige Verschwörer zu und machten sich auf den Heimweg.

Teberan und Timbo liegen auf einem kleinen wild bewachsenen Hügel und schauen hinab auf einen Bulldozer und abgeschlagene Bäume - Buntstiftzeichnung: © 2015 by Schattenblick

Buntstiftzeichnung: © 2015 by Schattenblick

An Teberans Wohnplatz angekommen, saßen sie eine ganze Weile stumm beieinander und hingen ihren Gedanken nach, keiner hatte Lust zu reden. Da raschelte es plötzlich laut im Gebüsch und gleich darauf erschien Kralle Tiger. "Hier steckst du also?", wandte er sich mit grollender Stimme an Timbo. "Hatte ich dich nicht gebeten, nicht fortzugehen und auf mich zu warten? Verflucht, ich habe mir Sorgen gemacht, hab dich schon im Maul eines Löwen gesehen oder totgeschossen oder ..." - "Oh je!", erschrak Timbo, "das habe ich vor lauter Aufregung doch glatt vergessen. Sei nicht böse, Kralle, das tut mir jetzt echt schrecklich leid."

"Na ja, meine gute Tigernase und exzellenten Tigerohren halfen mir, dich zu finden. Aber wer ist denn das? Das ist ja ein Mensch!", unterbrach sich Kralle mit mißtrauischer Stimme. "Das ist Teberan, er lebt hier schon immer und will den Wald auch retten und er hat mir ein Dach gebaut!"

In dem Moment war ein lautes Geflatter zu hören und mit elegantem Schwung landete Bara direkt auf Kralles Rücken. "Hey, alter Geselle, wie geht 's, wie geht 's, lange nicht gesehen! Wo warst du denn?"

"Mir geht es gut, danke der Nachfrage. Aber jetzt ist leider nicht die Zeit für ein Pläuschchen", grüßte er den Vogel und wandte sich dann an alle, "also gut Leute, hört zu! Ich habe inzwischen Sila, die Schimpansenfrau gefunden und ihr alles erklärt. Sie ist sofort losgezogen, um so viele Tiere wie möglich zusammenzutrommeln. Wir versammeln uns genau an dem Platz, wo wir beide uns getroffen hatten", dabei sah er Timbo an, der ihm zunickte und Teberan tat es ihm gleich.

"Das ist gut, sehr gut", lobte Bara. "Übrigens sind auch schon lauter Tiere aus der ganzen Welt auf dem Weg hierher."

"Ich habe eine glänzende, total einfache Idee", brüllte plötzlich Kralle Tiger, "ich fresse alle, die Bäume absägen, ganz einfach auf!"

"O ja, toll, danach bist du bestimmt satt!", juchzte Timbo und im selben Moment schämte er sich, weil Teberan bestimmt nicht vom Menschenfressen begeistert sein würde. "Irgendwie glaube ich nicht, dass das eine so gute Idee ist", versuchte er deshalb den Tiger in seiner Begeisterung zu stoppen.

"Häh, warum nicht? Menschen schmecken lecker!", fauchte Kralle und grinste. Und da spürte er den Blick von Teberan. "Oh, Entschuldigung, ich meinte, nur, äh - ach was, ist vielleicht doch kein so guter Plan", winkte er kleinlaut ab.

"Uns muss etwas anderes einfallen, vielleicht können wir Fallen bauen und ...", überlegte der kleine Hund laut.

"... genau, und dann stürzen die großen Maschinen dort hinein und sitzen fest", führte Teberan den Satz von Timbo weiter.

"Das sag ich doch, sag ich doch die ganze Zeit!", krächzte Bara dazwischen. "Mein Plan, genau mein Plan!"

"Die Männer mit den Sägen könnten wir einfangen und festbinden. Sila, die Schimpansenfrau kann total gut mit den Lianen Knoten binden. Sie und ihre Leute könnten alle Arbeiter, die sägen und die Äxte schwingen, zusammenbinden ...", begeisterte sich Kralle.

"...und ich könnte sie dann zu ihrer Firma führen und sie dort abliefern ...", schlug Teberan zum Schluß vor.

Alle waren einverstanden. Genau das sollte ihr Plan sein! Nun galt es nur noch, ihn auch in die Tat umzusetzen. Sie machten sich sofort auf den Weg zu dem vereinbarten Treffpunkt. Und sie brauchten nicht allzu lange warten, da trafen die ersten Tiere auch schon ein. Als sie in großer Zahl versammelt waren, erklärten Timbo, Bara, Kralle und Teberan den anderen ihren Plan und verteilten die Aufgaben. War das eine Aufregung! Die Elefanten wollten die Gruben ausheben, Löwen und Tiger wollten dabei helfen, Frösche, Schlangen, Fledermäuse, Spinnen, Ameisen und Käfer würden Zweige und Blätter sammeln, um die Gruben zu verdecken, und die Affen sollten sich auf die Suche nach Lianen machen, die als Seile dienen konnten. Jeder bekam seine Aufgabe, und alle machten sich eifrig an die Arbeit.

Als sie schon ganz schön viele Fallen gebaut hatten, trafen sie sich wieder am Versammlungsort und beratschlagten, wie sie weiter vorgehen wollten. Nebenbei löschten sie ihren Durst mit frischem Wasser und aßen eine Kleinigkeit zur Stärkung.

"Wir sollten uns in der Nähe der Fallen auf die Lauer legen und sehen, ob eine der großen Maschinen dort hinein fährt. Und vielleicht sollten Sila und die anderen Schimpansen sich dort schon bereithalten, um die Arbeiter zu fangen", schlug Kralle Tiger vor. "Ja, genau, gute Idee" riefen die anderen. Sie stoben auseinander, um sich auf die vielen Fallen zu verteilen.

Irgendwann war Timbo vom 'auf-der-Lauer-liegen' so müde geworden, daß er in einen tiefen Schlummer fiel. Plötzlich drang Baras aufgeregtes Geflüster an sein Ohr: "Das musst du sehen, Timbo, das musst du sehen, die erste Maschine, die erste Maschine steuert auf eine Falle zu, schnell, das musst du dir ansehen ...!"

Im Nu sprang er auf seine vier Pfoten, gerade rechtzeitig um zu sehen, wie eine riesige Maschine mit lautem Getöse in die versteckte Grube stürzte und dort stecken blieb. Timbo war ganz aus dem Häuschen, und alle johlten und quietschten vor lauter Aufregung. Und als sie kurz darauf in einiger Entfernung ebenfalls Freudengeheul hörten, wussten sie, dass ihnen gerade noch eine Maschine in die Falle gegangen war.

Die Tiger und Löwen umzingelten die Holzfäller, die all das staunend mit offenen Mündern verfolgten und dabei ihre Sägen und Äxte ratlos in den Händen hielten. So etwas hatte keiner von ihnen je erlebt. All das laute Fauchen und Brüllen machte ihnen Angst. Und dann kam der Einsatz für Sila und ihre Schimpansen. Sie stürmten als große Horde los und banden sorgfältig, flink und geschickt die Männer zusammen, die Teberan anschließend zu der Firma brachte, für die sie arbeiteten. Begleitet wurde dieser merkwürdige Trupp von Löwen, Tigern, Elefanten, Schlangen, Affen, Vögeln und vielen anderen, die laut lärmend, kreischend und trompetend einen beeindruckenden Aufmarsch darboten.

Im Lager brach unter den Holzfällern Panik aus, denn sie wussten nicht, wie ihnen geschah und konnten sich das ganze überhaupt nicht erklären. Die Tiere umzingelten den Platz und lärmten ganz fürchterlich. Schließlich brüllte einer der Männer: "Los, Leute, lasst uns bloß abhauen und zusehen, dass wir hier so rasch wie möglich wegkommen! Das sind viel zu viele!" Die Arbeiter banden schleunigst ihre gefesselten Kollegen los und flüchteten dann hastig zu ihren Fahrzeugen, um auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden.

Timbo schaut auf die vielen Tiere die sich versammelt haben: Löwe, Zebra, Tiger, Elefanten, Giraffe, Schlange, Büffel, Schimpansen, Gepard - Buntstiftzeichnung: © 2015 by Schattenblick

Buntstiftzeichnung: © 2015 by Schattenblick

Spät abends traf sich die ganze Tierschar an ihrem Versammlungsort. War das ein Palawer und Gelärme, dass man sein eigenes Wort kaum verstand! Überglücklich waren alle, dass sie es geschafft hatten, die Eindringlinge zu vertreiben und den Wald vor ihnen zu retten. Dann aßen und tranken sie ausgiebig, machten es sich gemütlich, lachten, träumten und erholten sich von ihrem Abenteuer. Sie hatten ja schließlich noch viel vor. Einige Vögel stimmten eine Melodie an und bald sang ein jeder mit.

Timbo war glücklich. Vorsichtig schmiegte er sich an Teberan. Er dachte an seinen Lieblingsbaum und plötzlich fiel ihm etwas ein.

Der kleine Hund schaut sorgenvoll zu seinem Lieblingsbaum auf - Buntstiftzeichnung: © 2015 by Schattenblick

Buntstiftzeichnung: © 2015 by Schattenblick

Nie zuvor hatte er darüber nachgedacht, aber nun, da er wußte, was den Bäumen überall auf der Welt angetan wird, wurde er traurig. Teberan spürte es und fragte ihn, was ihn denn bekümmerte. Der kleine Hund hatte richtige Sorgenfalten auf seiner Stirn und antwortete: "In meinem Heimatland wird bald Weihnachten gefeiert, alle Kinder freuen sich riesig darauf."

"Aber das ist doch wunderbar. Ich weiß zwar nicht was Weihnachten bedeutet, aber wenn sich alle freuen, scheint mir das doch sehr merkwürdig, wenn du darüber traurig bist. Ehrlich gesagt, verstehe ich das nicht ganz."

"Also, zum Weihnachtsfest gehört es einfach dazu, dass ein Weihnachtsbaum aus dem Wald geholt wird, also er wird extra dafür abgeschlagen. Meistens sind es Tannen, deshalb heißt der Weihnachtsbaum auch Tannenbaum. Er wird dann ins Haus in die Wohnstube gestellt. Dort behängt man ihn mit buntem Schmuck und Kerzen. Aber nach Weihnachten wird er einfach weggeworfen oder er kommt in eine Fabrik, wird dort zerstückelt und zu irgendetwas anderem verarbeitet oder verbrannt. Ich weiß es nicht so genau. Sicher ist aber, dass die Bäume sterben müssen. Deshalb bin ich traurig."

"Ah, ich verstehe. Hmmm, machte Teberan nachdenklich, "was könnte man dagegen tun? Vielleicht sollte man dieses Weihnachten einfach abschaffen. Ginge das?"

"Oh, nein, das geht nicht, überhaupt nicht. Das ist total wichtig für die Menschen, für die großen und besonders für die kleinen Kinder. Sie bekommen nämlich an diesem Fest Geschenke und die werden unter den Tannenbaum gelegt. Alle Kinder freuen sich schon lange Zeit vorher darauf. Abschaffen, nein das wird nichts!", erklärte Timbo.

"Aha, nun, wie wäre es, wenn alle ihre Tannenbäume ausgraben und genügend Erde mit ins Wohnzimmer nehmen?" Timbo stutzte. Er stellte sich gerade einen Haufen Erde auf dem guten Teppich vor. Teberan bemerkte seine Zweifel und fügte hinzu:

"Ich meine natürlich Erde in Töpfen, man könnte die Tannen doch in Töpfe pflanzen und hinstellen, den Baum hübsch schmücken und nach dem Fest wieder in den Wald bringen und einpflanzen? Das müsste doch möglich sein, oder!"

Bunt geschmückte Tannenbäume stehen in Blumentöpfen - Buntstiftzeichnung: © 2015 by Schattenblick

Buntstiftzeichnung: © 2015 by Schattenblick

"Toll, prima Idee, Teberan. Ich werde Jette rufen, damit sie mich sofort nach Hause bringt. Hoffentlich ist es noch nicht zu spät, um noch viele Weihnachtsbäume zu retten."

"Ja, das wünsche ich dir. Für die Kinder ist es doch bestimmt auch viel schöner, wenn sie einen lebendigen Baum im Haus haben, den sie später auch noch wachsen sehen können." - "Das glaube ich auch."

Ende


23. Dezember 2015


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