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GUTE-NACHT/2225: Mutiger Maulwurf (SB)


Genau hinter der Dachbodentür hocken die Kuscheltiere. Ihr Anliegen ist es, den Staubsauger aus der Wohnung hoch auf den Dachboden zu bekommen. Bisher hatte dazu nur der Maulwurf eine Idee, und diese versucht er jetzt umzusetzen.

Die Dachbodentür ist zu. Doch dank der Schlange Lizzy können die Tiere den Türdrücker herunterdrücken und so die Tür einen Spalt öffnen. "Wie aber sollen wir jetzt den Staubsauger hierher bekommen?" fragt Teddy, der überhaupt keine Vorstellung hat, wie das große Ding auf den Dachboden zu schaffen ist. Zwar hat so ein Staubsauger Rollen. Aber wenn die ganze Mannschaft der Kuscheltiere jetzt durch die Wohnung stapft und den Staubsauger wegschiebt, wer würde da von den Wohnungsinsassen nicht in Ohnmacht fallen?

"Das ist ganz einfach", erklärt der Maulwurf, "ich habe einen guten Orientierungssinn. Schließlich lebe ich für gewöhnlich im Dunklen in der Erde. Ich pirsche mich an die Höllenlärmmaschine heran und dort lasse ich meinem Plan Taten folgen." Mit diesen Worten flitzt der Maulwurf los, genau in die Richtung, aus der der Lärm herüberschallt. Wie sein Plan genau aussieht, hat der Maulwurf nicht erklärt. Denn das weiß er selbst noch nicht. Aber den Kuscheltieren wollte er das nicht erzählen. Als Kleinster wollte er den großen Tieren nur imponieren. "Lösungen finden sich doch immer für Probleme", denkt der Maulwurf.

Vorsichtig schleicht er sich immer näher an den Staubsauger heran. Je näher er kommt, desto lauter wird dieser. Plötzlich aber wird es still. Doch der Maulwurf hat eine gute Nase und schnuppert dem merkwürdigen Geruch, der in der Luft liegt, nach. Auf diese Weise erreicht er den Staubsauger. Den ganzen Kasten tastet der Maulwurf ab. Irgendwas muß doch an dem Ding dran sein, das ihm weiterhilft. Dabei denkt der Maulwurf an die Worte, die ihm Teddy mit auf den Weg gegeben hat: "Sei bloß vorsichtig. Mit den Maschinen der Menschen ist nicht zu spaßen. Die können sehr gefährlich werden!"

Plötzlich ein Aufschrei. Das kam allerdings nicht von dem Staubsauger. Das mußte von einem der Bewohner gekommen sein, ja von einer Bewohnerin. Sofort flitzt der Maulwurf los. Hierbleiben und sich fangen lassen, darf er auf gar keinen Fall. Er hört noch die Worte hinter sich herschreien: "Ih, eine Maus! Schon wieder eine Maus! Wie ist die nur schon wieder vom Dachboden in die Wohnung gekommen!" Der Maulwurf flitzt sofort in Richtung Dachboden zurück. Ihm folgen Schritte und weitere Rufe. Diese gelten allerdings nicht direkt ihm. Die Bewohnerin ruft nach einer anderen Person. "Hugo, so geht das nicht weiter! Wir müssen etwas unternehmen. Jedes Jahr haben wir im Winter die Mäuse auf dem Dachboden. Hugo, nun komm doch endlich!"

Inzwischen hat der Maulwurf die Dachbodentür wieder erreicht und alarmiert sofort die anderen Kuscheltiere. Einige schaffen es, sich zu verstecken. Auch der Maulwurf findet einen passenden Unterschlupf. Da kommen auch schon Hugo und seine Frau.

"Was ist denn hier los?" fragt die Frau, "so sah der Boden doch das letzte Mal nicht aus, als wir hier oben waren. Wer hat denn die Kartons umgeworfen und die Kuscheltiere ausgekippt? Die werden ja ganz staubig!" Ganz entsetzt hört sich die Frau an. Hugo scheint die Unordnung auf dem Dachboden nicht zu interessieren. Er hält Ausschau nach Mäusen und kann keine entdecken. Nicht einmal Mäuseköttel. "Hier sind keine Mäuse!" sagt Hugo. "Aber ich habe eine genau gesehen", entgegnet seine Frau. "Wo denn, du warst doch gar nicht hier oben!" - "Na unten im Wohnzimmer, direkt neben dem Staubsauger!" - "Aber Lisa, wenn die Maus im Wohnzimmer war, müssen wir sie dort suchen und nicht hier auf dem Boden. Die mag es sicher auch lieber warm!" Doch Lisa läßt sich nicht irritieren. "Und woher kommt diese ganze Unordnung hier oben?" - "Jedenfalls nicht von einer Maus", erklärt Hugo und setzt noch hinzu, "wie sollte eine Maus diese ganze Unordnung schaffen." - "Na, vielleicht mit dem Dominoeffekt oder wie das heißt. Etwas Kleines schmeißt etwas Größeres um und so weiter", versucht Lisa eine Erklärung zu finden. Hugo meint noch einmal, daß hier keine Anzeichen für Mäuse zu entdecken seien. Doch Lisa beschließt, den Staubsauger zu holen, um einmal gründlich den ganzen Staub wegzusaugen. Dabei wird sie schon Beweise für Mäuse finden. Denn sie wird die Augen nach diesen Nagern offen halten. "Mäuse sind wirklich das letzte", sagt Lisa, "die haben mich schon als Kind geärgert, haben sie doch alle meine schönen Zeichnungen zerstört." Mit diesen Worten verläßt Lisa den Dachboden, den Hugo schon vor ihr allein zurückgelassen hat.

"Lisa!" sagt Teddy leise, "das war Lisa. Sie ist ja gar kein Kind mehr!" Wie lange mußte Teddy in dem Karton auf dem Dachboden geschlafen haben, wenn Lisa jetzt ein großer Mensch geworden war und kein Kind mehr? Teddy ist ganz schön traurig. Irgendwie hatte er doch gewußt, daß er die Stimme kannte, als diese etwas sagte. Teddy hatte sich im Schrank verkrochen, in dem er jetzt noch sitzt. Doch wenn Lisa mit dem Staubsauger wiederkommt, will er sie unbedingt sehen. "Wie sieht sie wohl aus?" fragt sich Teddy und steigt schnell aus dem Schrank heraus, um sich obenauf zwischen den Netzen zu verstecken und auf Lisa zu warten. Doch an diesem Tag erscheint Lisa nicht mehr auf dem Dachboden.


Gute Nacht