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GUTE-NACHT/2438: Von der Neun, die sich verwandeln kann (SB)


Neun

Am nächsten Tag in der Schule bei den Erstklässlern wurden die gemalten Zahlenbilder aufgehängt. So bekamen die kahlen Wände gleich einen besonderen Schmuck. Die zwanzig Kinder hatten auch zwanzig Zahlenbilder dabei. Zahlen von null bis zehn - eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn - und sogar eine Elf und eine Siebzehn waren dabei. Die Lehrerin ließ die Bilder auf die Tische legen. Alle Schüler konnten sie sich erst einmal anschauen. Nach dieser kleinen Bewegungsrunde setzten sich die Schüler wieder hin und konnten nun der Reihe nach erzählen, warum sie gerade ihre Zahl ausgewählt hatten.

Die Fünf und die Zehn waren mehrmals gemalt worden. Die Zahl Fünf wurde durch eine Hand mit den fünf Fingern dargestellt, entsprechend die Zahl Zehn durch zwei Hände mit insgesamt zehn Fingern. Dann gab es eine braune Sechs. Diese war braun wie Holz und saß in einem fetten braunen Kreis drin. Die Lehrerin wollte gern wissen, wie das Mädchen auf diese Idee gekommen war. "Meine Zahl sieht aus wie unsere Hausnummer!" gab das Mädchen zur Antwort. "Aha, ihr wohnt also in Hausnummer sechs", kommentierte die Lehrerin und das Mädchen lachte und antwortete dann: "Das denkt der Postbote auch immer. Aber wirklich wohnen wir in Hausnummer neun. Die Zahl hängt nur an einem Nagel und da können wir sie drehen. Mal ist die Sechs eine Neun und dann wieder verwandelt sich die Neun in eine Sechs. "Hat noch jemand seine Hausnummer gemalt?" war nun die nächste Frage. Ein Junge und ein Mädchen meldeten sich. Das Mädchen wohnte in Nummer Zehn, der Junge in Nummer Elf. Was steckte aber hinter der Nummer Siebzehn? "Das ist mein Geburtstag", sagte die kleine Künstlerin, "und Siebzehn ist deshalb die schönste Zahl der Welt." Da widersprachen doch einige Kinder, denn auch sie waren der Meinung, daß die Zahl ihres Geburtstages die schönste wäre.

Um auf die Zahlen zurück zu kommen, fragte die Lehrerin, warum ein Junge drei gleiche Zweien gemalt hatte. "Das ist die Zahl auf Papas Autoschild", sagte er. Diese Erklärung führte die Lehrerin zum eigentlichen Thema des Tages, und sie fragte: "Wo finden wir denn noch überall Zahlen?" Jetzt kamen die unterschiedlichsten Antworten, teils durcheinander in die Klasse gerufen, meist aber, wenn die Lehrerin die einzelnen Schüler aufrief. Die Kinder wußten, daß Zahlen auf der Fernbedienung des Fernsehers, auf der Tastatur von Papas Computer, auf den Briefen, die mit der Post kommen und ebenfalls auf dem Telefon oder auf dem Handy zu finden sind. Auch auf der Fernsehzeitung gibt es Zahlen, auf dem Kalender an der Wand und sogar auf den Verpackungen der Lebensmittel.

Nun stockte die Aufzählung. Da fragte die Lehrerin: "Findet ihr denn auch Zahlen hier in eurem Klassenzimmer?" Die Kinder lachten, denn schließlich hatte jeder ja eine eigene gemalte Zahl mitgebracht. Da schmunzelte die Lehrerin: "Unsere Ausstellung einmal ausgenommen. Seht ihr darüber hinaus noch weitere Zahlen?" Um dieser Frage nachgehen zu können, durften die Kinder wieder aufstehen und in der Klasse herumlaufen. Ein Junge fand sogleich die Adreßaufhänger an den Schulranzen und zeigte zum einen auf die Postleitzahl des Wohnortes und zum anderen auf die Zahl für die Hausnummer. Nun lief er an jeden Ranzen und wurde wieder fündig. Ein Mädchen entdeckte Zahlen, die auf die Tische gekritzelt waren und auch durch die besten Putzmittel wohl nicht wieder weggewischt werden konnten. Von diesen ewig bleibenden Zahlen gab es jede Menge auf den Schulbänken. Ein Junge war es, der die Zahlen auf der Wanduhr benannte und ein Mädchen entdeckte die Schulbücher auf dem Regal, in denen auch jede Menge Zahlen steckten. Die Schulglocke bimmelte, noch bevor alle Zahlen, die sich hier im Raum versteckten, entdeckt worden waren.

Doch nun war Pause angesagt. Zuvor aber erhielten die Kinder die Hausaufgabe, einmal herauszufinden, ob es irgendeinen Raum bei ihnen zuhause gab und sei es auch nur der kleinste, in dem keine Zahl zu finden sei.

27. September 2007

Gute Nacht