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GUTE-NACHT/2546: Maulwurf Hans bleibt noch eine Nacht (SB)


Der Maulwurf, der sich verirrte (7)

Früh am Morgen erwachte Gerlinde in der Maulwurfserdhöhle. Schnell packte sie ein paar Regenwurmkuchen und die Brille für Maulwurf Hans ein. Dann kroch sie aus dem Maulwurfshügel heraus und begab sich auf die Suche nach ihrem Mann. Sie wollte zuerst über der Erde nach Hans suchen. Schließlich hatte sie ihn zuletzt über der Erde gesehen. Gerlinde vertraute ihrer Nase. Es hatte gestern nicht geregnet, und Gerlinde folgte einer Spur. Immer ihrer Nase nach, kam sie an einer langen Steinwand vorbei, und ihre kleinen Füße tapsten über Kopfsteinpflaster. Na, hoffentlich kam hier kein großer Vogel vom Himmel herabgestürzt. Hier konnte sie nicht in der Erde verschwinden. Die Steine lagen zu dicht nebeneinander. Gerlinde ging einer Witterung nach. Plötzlich konnte sie nichts mehr riechen, was sie mit Hans in Verbindung bringen konnte. Hoffentlich war Hans keinem großen Tier zum Opfer gefallen.

Hans erwachte sehr früh mit knurrendem Magen. Ach, was gäbe er jetzt für einen der tollen Regenwurmkuchen, die Gerlinde immer für ihn backte. Was sie wohl ohne ihn tat? Heute wollte Hans irgendwie einen Fluchtweg finden. Es mußte doch einen Weg in die Freiheit geben.

So früh waren Barbara, Horst und Evi noch nie zur Schule gekommen. Nicht einmal beim letzten Klassenausflug. Evi hatte eine kleine Grabeschaufel mitgebracht. Horst nahm den Spaten der Schule und grub nach Würmern in der Erde. Barbara sammelte die Würmer in eine Blechdose. Sie hatte sich extra Gartenhandschuhe mitgebracht. Mit bloßen Händen wollte sie die Regenwürmer nicht anfassen. Wenn es nichts zum Einsammeln gab, hob Barbara ein paar Steine hoch und hoffte auch dort etwas Eßbares für den Maulwurf in seinem Aquarium zu finden.
An diesem Morgen waren alle Schüler pünktlich da, sogar der sonst so verschlafene Klaus. Fräulein Janzik ließ die Kinder zuerst einmal den Maulwurf füttern. In der letzten Nacht hatte der Maulwurf viele Gänge gegraben. Das konnten die Kinder deutlich durch die Glasscheiben des Aquariums erkennen. In der Dunkelheit der Nacht hatte der Maulwurf direkt hinter den Scheiben Gänge freigelegt.

"Was kommt denn da hereingepurzelt?" dachte Maulwurf Hans, "mhm, lecker!" Bei ihm zuhause hatte sich auch schon so manches Mal ein Regenwurm verlaufen und war durch das Loch im Maulwurfshaufen genau auf den Küchentisch gefallen. Doch so viele leckere Sachen waren noch nie auf einmal in seiner Erdhöhle zusammengekommen.

Barbaras Klasse beschäftigte sich auch an diesem Tag wieder mit dem Thema "Maulwurf". Dann wurde neu eingeteilt, wer an diesem Tag die Würmer suchte. Mit dem Hausmeister der Schule wurden die Zeiten festgelegt, wann die Kinder zum Füttern kommen konnten. Als die Kinder mittags nach Hause gingen, hatten nur die Schüler Hausaufgaben auf, die nicht zum Würmersuchen eingeteilt waren. Doch die Schüler, die Hausaufgaben machen sollten, waren darum nicht böse. Ihre Hausaufgaben bestanden darin, entweder einen Maulwurf zu malen oder aufzuschreiben was Maulwürfe fressen und wie sie leben. Morgen wollten die Kinder eine kleine Ausstellung zum Thema "Maulwurf" aufhängen. Jeder konnte seine Geschwister mitbringen. Danach sollte der kleine Maulwurf wieder freigelassen werden. Ein paar Kinder wollten heute schon einmal überlegen, wo sie ihren Maulwurf freilassen konnten. Den Maulwurf nannten die Kinder übrigens "Grabing". So hieß auch der Hausmeister, der fast den ganzen Tag im Garten grub oder mit irgend einer anderen Gartenarbeit beschäftigt war.

Schade, daß Maulwurf Hans nicht ahnt,
daß er morgen wieder freigelassen werden soll -
es hätte ihn sicher sehr erleichtert.
Ob er dann auch Gerlinde wiederfindet?


Erstveröffentlichung am 11. August 1998

5. Februar 2008

Gute Nacht