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GUTE-NACHT/2918: Verschlafen (SB)


Gute Nacht Geschichten


Lauernd versteckte sich Sokrates auf dem Wohnzimmerschrank. Als Gunnar erwachte, fand er sich damit ab, daß sein Gast erstmal verschwunden war. Tagsüber würde er heute nicht zuhause sein. So mußte die Suche nach der Maus am Abend weiter vonstatten gehen. Vielleicht würde der Mäuserich aber auch während des Tages, wenn es ganz ruhig im Zimmer war, von selbst wieder in den Käfig finden. Er durfte nur nirgends etwas Freßbares herumliegen lassen.

Während Gunnar in der ganzen Wohnung nach Eßbarem suchte, das offen irgendwo auf den Tischen stand oder am Boden lag, überlegte Sokrates, wie er am besten an das Futter im Käfig gelangen konnte, ohne aber eingefangen zu werden. Als endlich die Wohnungstür ins Schloß fiel, atmete Sokrates auf. Er wartete noch einen Moment, um nicht in eine Falle gelockt zu werden. Da aber alles still blieb, kletterte der weiße Mäuserich vom Schrank herunter und in den Käfig hinein.

"Mir knurrt schon der Magen!", dachte Sokrates und fraß sich ordentlich voll. Danach konnte er kaum noch laufen, geschweige denn klettern. Also legte er sich in sein Häuschen und würde nach dem Schläfchen wieder davon schleichen. Doch dies wurde ihm zum Verhängnis. Denn Gunnar hatte seine Bücher vergessen, die er dringend in der Bücherei abgeben mußte. Sie waren bereits vorbestellt. Da Gunnar nicht einsah, Strafe zu bezahlen, fuhr er noch einmal nach Hause zurück.

Kurz vor der Wohnungstür fiel ihm noch rechtzeitig Sokrates ein. Er durfte auf keinen Fall die Tür so unvorsichtig öffnen, daß die Maus Gelegenheit erhielte, durch diese aus der Wohnung zu entkommen. Da Gunnar bereits vorsichtig zu Werke ging, kostete es ihn auch keine weitere Mühe, genauso leise sich zum Käfig zu schleichen.

Darin fand er glücklicherweise die weiße Maus in ihrem Haus vor. Gunnar dankte - wem auch immer - und verriegelte die Käfigtür. Dann schnappte er sich die Bücher und verschwand wieder. Er hatte sowieso schon viel zu viel Zeit verloren.

Beim Zuschlagen der Wohnungstür erwachte Sokrates vom Beben der Tür, das sich über die Wände und den Boden zum Tisch hin übertrug und dort den Mäuserich aufrüttelte. Zuerst wußte er nicht mehr, wo er eigentlich war. Dann kam aber bald wieder die Erinnerung. Schnell schaute er nach, ob er sich jetzt wieder davonschleichen konnte. Doch leider war er erneut in dem Käfig gefangen, was ihn fürchterlich ärgerte. Er hatte seine große Chance, frei zu sein, einfach verschlafen. Wann würde wieder eine solche Gelegenheit kommen?

27. April 2009

Gute Nacht