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GUTE-NACHT/3200: Vor dem Kamin - Die erste Begegnung (SB)


Gute Nacht Geschichten

In der großen Stube vor dem brennenden Kamin liegt auf einer Decke ganz ruhig Semira und blickt in die Flammen. Neben ihr in einem Körbchen hat sich der kleine Neuankömmling zusammengerollt und schläft. Eine lange Fahrt hat er hinter sich. Semira erinnert sich an ihren ersten Tag hier in der Familie.


*


In einem großen Stall tummelten sich zwölf erst wenige Wochen alte kleine Hunde. Vater und Mutter waren nicht mehr bei ihnen. Sie sollten von nun an alleine klar kommen. Denn im Haus, wo die Hundeeltern lebten, war es viel zu eng geworden. Drei- oder viermal am Tag kam die Hundebesitzerin, ließ die kleinen Welpen auf den Hof zum Spielen, ihr Geschäft verrichten und Rennen. Manchmal kamen auch Leute zu Besuch. Es war seltsam. Denn wenn die Leute wieder verschwanden, fehlte irgendetwas in der Gruppe.

Irgendwann stellte Semira fest, daß es die Geschwister waren, die fehlten. Sie verschwanden einfach. An Semiras letztem Tag im Stall war irgendetwas anders als sonst. Semira merkte sofort als sie erwachte, daß eine Überraschung auf sie wartete. Mittlerweile waren von den zwölf Welpen nur noch vier übrig geblieben. Wie jeden Tag gab es den Gang auf den Hof. Anschließend wurde Futter gereicht. Danach legte sich Semira auf ihren Lieblingsplatz, einem Haufen Stroh, von wo aus sie aus dem Fenster blicken konnte. Gleich nach dem Fressen hatte sie sich auch heute dort niedergelegt, blickte eine Weile hinaus und schlief alsbald ein.

Semira mußte so lange geschlafen haben, bis die Frau die Kleinen erneut zum Draußengang rief. Noch verschlafen rieb sich Semira mit ihren Pfoten die Nase und lief dann hinter den anderen ins Freie. Es war ein schöner Tag, warm und sonnig.

Wieder einmal waren Fremde erschienen. Doch seltsamerweise gefielen sie Semira. Sie rochen so gut. Semira konnte es gar nicht lassen, um deren Beine herum zu wuseln und an ihnen hoch zu steigen. Das war wohl der Grund dafür, daß die Fremden Interesse für Semira bekundeten. Die Fremden waren zu fünft gekommen. Einer von ihnen stand die ganze Zeit abseits. Eine beschäftigte sich mit dem vorwitzigen Geschwisterkind, während die anderen drei nur Augen für Semira hatten. Bald wurde Semira auf den Arm genommen und von einem zum anderen reihum gereicht. Semira ließ es sich gefallen.

Da rief die Hausmutter die Kleinen wieder in den Stall zurück. Sie sollten Futter erhalten. Nur Semira bekam nichts ab. Aber Semira war im Moment viel mehr damit beschäftigt, sich in die Arme von einem der Fremden hinein zu kuscheln. Fast wäre sie eingeschlafen.

Plötzlich befand sich Semira weg vom Stall und wieder vor dem Eingang zum Haus. Dort hörte sie bekanntes Hundegebell. Das waren doch Vater und Mutter. Semira wollte jetzt vom Arm herunter und lief zu den beiden großen Hunden hin. Die aber hatten keine Augen für den kleinen Welpen. Mutter Taja lief von einem Fremden zum anderen und beschnüffelte sie genau. Vater Tarock stand still vor dem Hauseingang und hätte sicher niemanden ins Haus hinein gelassen. Die Hausmutter verschwand kurz und ließ die Hunde und die Fremden bei ihrem Mann auf dem Hof zurück. Bald kam sie wieder und hatte Papiere und einen Beutel mit Futter in der Hand. Sie sprach nun noch mit den Fremden und dann wurde Semira offiziell im Austausch gegen Geld übergeben.

Semira wurde zu dem kleinen Wagen getragen und konnte sich auf dem Rücksitz auf drei Beinpaaren ausstrecken. Still lag sie da und war gar kein bißchen ängstlich, eher aufgeregt, wo die Fahrt denn hingehen würde ...


12. Mai 2010

Gute Nacht