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GUTE-NACHT/3232: Der kleine Nachtwächter im Regen (SB)


Gute Nacht Geschichten

Den Umhang fester um sich gelegt zieht der kleine Nachtwächter seine Runde durch die Stadt. In den Straßen ist außer dem kleinen Nachtwächter keine Menschenseele unterwegs. Auch die Tiere haben sich an diesem Abend zurückgezogen. Nur die Tauben lassen ihren Unmut über das Wetter hören und gurren laut aus den Bäumen herab.

Die Fenster und ihre Läden sind allesamt geschlossen. "Hier brauche ich wohl nicht weiter nachzusehen. Alles ist in Ordnung. Daß sich niemand zeigt, liegt sicher an dem herannahenden Gewitter. Der Himmel hat sich bereits dicht mit Wolken zugezogen und der frische Wind kündigt ebenfalls von Regen oder gar von Sturm", stellt der kleine Nachtwächter fest.

Er begibt sich die Stufen zur Stadtmauer hinauf, um auch dort eine Runde zu drehen und nach dem Rechten zu sehen. Da fallen die ersten Tropfen direkt auf seine Nasenspitze. So zieht er die Kapuze des Umhangs hoch, um den Kopf und sein dunkles Haar zu bedecken.

"An diesem Abend droht von außerhalb der Stadt sicher keine Gefahr. Die einzige Gefahr geht eher von dem Unwetter aus, daß auf uns zukommt", denkt sich der kleine Nachtwächter, "aber vielleicht wird es ja nicht so schlimm. Hauptsache kein Blitz schlägt irgendwo ein."

Im Hintergrund hört der kleine Nachtwächter das erste Donnergrollen. Die Regentropfen werden stärker. "Holla, du kleiner Tropfen, einfach so auf meiner Stirn zu landen." - "Ist das nicht toll!", lacht der Tropfen, "da kann ich deine Nase als Rutschbahn benutzen!" Und schon winkt er und ist auf und davon. "Ich glaube, es ist an der Zeit, daß auch ich mir einen Unterschlupf suche", mahnt sich der kleine Nachtwächter und geht zielstrebig auf den nächsten Turm der Stadtmauer zu.

Fast schon den Griff der Tür in der Hand, hört der kleine Nachtwächter ein Maunzen. "Wo steckt denn hier eine Katze?", fragt sich der kleine Nachtwächter und schaut sich um. Nicht lang, da findet er ein kleines zusammengerolltes Kätzchen hinter der Tonne neben der Turmtür. Vor Angst rollt es sich noch weiter zusammen. Der kleine Nachtwächter spricht ruhig auf das Kätzchen ein und streckt ihm seine Hand entgegen. Das kleine Kätzchen läßt sich hochnehmen.

"Gleich sind wir in Sicherheit. Da drinnen im Turm kann uns das Unwetter nichts anhaben", beruhigt der kleine Nachtwächter nicht nur das Kätzchen. Schnell sind die beiden im Turm verschwunden. Doch sogleich geht die Tür erneut auf und eine Hand streckt sich heraus, um nach der abgestellten Laterne zu greifen und auch sie ins Trockene zu holen.


12. Juli 2010

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