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GUTE-NACHT/3274: Der kleine Nachtwächter staunt (SB)


Gute Nacht Geschichten

An diesem Abend freut sich der kleine Nachtwächter, daß es nicht regnet. Zwar weht der Wind und es ist kühl, aber auch trocken und die Mondsichel scheint. Das gefällt ihm. Mit der Laterne in der einen und der Taschenlampe in der anderen Hand geht er seiner Wege.

Plötzlich hört er aus der Ferne Kinder Lieder singen. "Was machen denn Kinder zu dieser Stunde noch auf der Straße, wo es doch bereits dunkel wird." Der kleine Nachtwächter wendet seine Schritte in die Richtung, aus der der Gesang zu hören ist. Nun biegen die ersten Kinder auch bereits um eine Hausecke und der kleine Nachtwächter sieht, daß sie wie er selber ebenfalls Laternen tragen.

"Ah, das ist ja ein Laternenumzug", stellt er fest und fragt sich dann gleich, "aber es ist doch noch gar nicht St. Martin. Und warum sind die Lieder so traurig?" Da sieht er, daß das erste Kind am Anfang des Zuges eine Schachtel trägt. Die Kinder biegen die Straße in Richtung Schrebergärten ein. Der kleine Nachtwächter folgt ihnen am Schluß des Zuges.

In den Gärten angekommen nimmt ein älterer Junge einen Spaten und gräbt unter einem Holunderbusch ein Loch. Da hinein wird die Schachtel gelegt. Jetzt singen die Kinder wieder ein Lied und dann sagt ein Mädchen leise: "Ich werde dich nie vergessen!" Ein zweites nimmt die Hand des ersten Mädchens und sagt: "Jetzt ist unser Fuchen bei allen anderen Kaninchen im Hasenhimmel. Nun sind sie alle wieder zusammen und können spielen. Dort sind auch die anderen Tiere, die hier vergraben sind. Jetzt spielen sie alle schön miteinander und keiner jagt mehr den anderen." - "Meinst du wirklich?", fragt das weinende Mädchen. "Es hat mir noch nie jemand das Gegenteil erzählt", entgegnet das andere. "Dann ist ja gut", sagt das erste und lehnt sich ein bißchen an ihre Freundin."

Mit ihren Laternen ziehen die Kinder wieder zur Stadt und kehren jedes nach Hause zurück. Der kleine Nachtwächter bleibt noch ein Weilchen im Schrebergarten. Er entdeckt winzige kleine Gräber. Diese leuchtet er mit seiner Laterne an. Hier entdeckt er kleine Schilder und liest: "Mein liebes Mohrchen." Und: "Die schnellste Maus der Welt." Etwas weiter scheint ein Frosch begraben zu sein und ein Stück weiter eine Spitzmaus. Noch einige Gräber mehr findet der kleine Nachtwächter. "Die Kinder scheinen hier einen Tierfriedhof angelegt zu haben", überlegt er. Jetzt summt er leise ein Gute-Nacht-Lied, dann verläßt er den kleinen Friedhof am Ende der Straße und denkt noch lange über diese Begebenheit nach - die ganze Nacht.


16. Oktober 2010

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