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GUTE-NACHT/3663: Im Advent - Kein Erfolg (SB)



Am Heilig Abend öffnete die Reinigung bereits eine Stunde früher. Schließlich wollten die Verkäuferinnen an diesem Tag auch eher Schluß machen. Für das Weihnachtsfest hatten alle noch genug zuhause zu tun. Die Kunden nutzten die frühe Stunde, denn auch sie wollten möglichst schnell all ihre Besorgungen hinter sich bringen.

Oma war eine der ersten Kundinnen. Die Chefin bediente sie persönlich und fragte: "Wollen Sie das kleine Schaf wirklich schon mitnehmen, das macht sich doch recht gut im Fenster und hat auch schon Erfolge zu verbuchen. Ein Kunde wollte das Schaf sogar kaufen." - "Nein, daraus wird nichts", protestierte Oma, "das Schaf gehört meiner Enkelin."

"Nun, dann hole ich es mal aus dem Fenster. Leider muß ich ihnen noch etwas gestehen. Das kleine Wörtchen, das in dem linken Ohr geschrieben stand, ist leider der Reinigung zum Opfer gefallen."

"Ein Wort?", wunderte sich Oma. Mit dem Schaf kam die Chefin zurück: "Ja, sehen sie hier, es ist nur noch das M übrig." - "Okay", meinte Oma, "Hauptsache das Schaf ist heil und sauber." Oma bezahlte und verabschiedete sich mit einem herzlichen Weihnachtsgruß.

Kaum eine halbe Stunde später kam eine andere Kundin in den Laden. Sie wirkte recht nervös und deutete auf das Schaufenster. Die Verkäuferin rief lieber gleich nach ihrer Chefin, um Ärger aus dem Weg zu gehen. "Was wünschen Sie?", fragte die Chefin die neue Kundin. "Bitte, können Sie mir das Schaf zeigen, das gestern noch im Schaufenster stand?"

"Ja bzw. nein", meinte die Chefin. "Ja? Nein? Was meinen Sie?", fragte die Kundin. "Ja, das Schaf war wirklich besonders und nein, ich kann es nicht zeigen, die Kundin hat es bereits wieder abgeholt." Da platzte es aus der Frau heraus: "Welche Kundin, das Schaf gehört doch meiner Tochter. Ich suche es schon seit Tagen. Wir haben es verloren und jetzt hab ich es endlich wieder entdeckt." - "Verloren und wiederentdeckt", wiederholte die Chefin und verstand nicht recht, was sie von all dem halten sollte. "Ja, Molly gehört meiner Tochter und ich habe das Schaf auf dem Postkasten sitzen gelassen, wo ich das Schaf aber nicht mehr wieder gefunden habe, weil es fort war ..."

Bei dem Wort Molly stutzte die Chefin. "Molly fängt mit M an", dachte sie, "anscheinend ist die Geschichte wahr und die alte Frau hat das Schaf einfach mitgehen lassen, deshalb war es wohl auch so dreckig", dachte die Chefin und murmelte lauter, "na sowas, hat sich die alte Dame das Schaf unter den Nagel gerissen." - "Wer hat sich einen Nagel eingerissen?", fragte nun die Kundin und schien sich wieder etwas zu beruhigen. Da erzählte ihr die Chefin von der alten Dame, die das Schaf auch nicht länger im Schaufenster sitzen lassen wollte. "Bestimmt, damit keiner das Schaf wiedererkennt. So eine arge Geschichte."

Es war natürlich Olgas Mutter, die nach dem Schaf gefragt hatte. Sie bat die Chefin um die Adresse der alten Dame. "Vielleicht hat sie das Schaf ja nur mitgenommen, weil es sie dauerte, es war ja schließlich keine Adresse dabei." Die Chefin dachte anders: "Sie hätte das Schaf ja auch im Fundbüro abgeben können." Sagte es aber nicht laut. Normalerweise gab die Chefin keine Daten ihrer Kunden heraus. Deshalb versuchte sie die alte Dame telefonisch zu erreichen und sie zu fragen. Doch Oma war noch nicht wieder zuhause.

"Sie müssen verstehen, daß ich Kundenadressen nicht einfach herausgeben darf. Aber wenn Sie mir ihre Telefonnummer dalassen, rufe ich Sie sobald an, wie ich die Kundin erreiche." So tauschten die beiden Frauen ihre Telefonnummern aus.

Gute Nacht!

zum 24. Dezember 2018


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