Schattenblick → INFOPOOL → KINDERBLICK → GESCHICHTEN


KALENDERGESCHICHTEN/103: 07-2019   Der kleine Elefant - was sich da wohl tut? ... (SB)


Nico und Roland, die beiden kleinen Elefanten laufen frohen Mutes auf einem Dschungelpfad - Buntstiftzeichnung: © 2019 by Schattenblick

Der kleine Elefant hatte von Nico dem Elefanten-Baby erfahren, dass an einem unbekannten Ort eine Pflanze mit besonderen Kräften wächst, die jemanden ganz schnell groß werden lässt. Doch handelte es sich dabei um ein uraltes Elefantengeheimnis und der Ort und die Art der Verabreichung dürfen nur im Notfall bekannt gegeben werden. Einzig Mama Maja und die nächst Ältere wissen, wie eine solche Behandlung vorgenommen werden muss. Roland hegte bereits Hoffnungen, dass er vielleicht als ein solcher Notfall gelten könnte und es ihm erlaubt würde, diese besonderen Kräfte der Pflanze zu nutzen.

Während Mama Maja und die Elefantenfamilie sich zusammengefunden hatten, um sich zu beraten, ob sie Roland Zugang zu dem geheimnisvollen Gewächs gewähren sollten, näherte sich im Segelflug ein großer Vogel der Versammlung. Eine mächtige Harpyie breitete ihre Flügel aus, schwebte heran und landetet inmitten des Elefantentreffens. Mama Maja trötete böse: "Was fällt Ihnen ein? Was ist das für ein Benehmen?! Sie können hier nicht einfach so hereinplatzen", schimpfte sie den ungebetenen Gast aus. Der schien allerdings wenig beeindruckt zu sein und grinste: "Benehmen, Benehmen, was soll 's, hier geht 's nicht um Benimm und Höflichkeiten, hier geht es darum, Eindringlinge fernzuhalten!"

"Wovon sprichst du, du ungehobeltes Federtier", brüllte nun der Elefantenbulle. "Also, Leute, seid mir nicht böse, aber es handelt sich um etwas sehr Wichtiges. Ich bin hier, um euch von einem Gespräch zu berichten, das die Menschen aus dem Dorf mit zwei Fremden, einer alten Dame und einem Herrn, geführt haben. Dabei ging es um einen kleinen Elefanten, den sie Roland nannten. Die beiden sorgten sich sehr um ihn und befürchteten schon, dass ihm etwas zugestoßen sei. Aber was noch schlimmer ist, sie beratschlagten, wie sie viele kleine Tiere aus einem Land, in dem es kaum noch Platz für Tiere gibt und schon gar kein Futter mehr, hierher in unser Land holen könnten!", endete die Harpyie voller Empörung.

"Ja, und? Was ist denn so bedrohlich schlimm daran, dass du hier so einen Aufstand machst?", der Elefantenbulle war immer noch erbost über die unverschämte Harpyie. Mama Maja mischte sich ein: "Langsam, langsam, wir sollten der Sache auf den Grund gehen. Also, ich verstehe auch nicht, warum dich diese erlauschte Nachricht so beunruhigt."

"Oh je, denkt doch mal nach, viele kleine Tiere aus einem fremden Land, und alle wollen hier leben und brauchen etwas zu essen, machen Lärm und sind bestimmt böse und breiten sich überall aus, so dass es sehr eng für uns werden kann und wir dann nicht mehr wissen wohin!"

Da fing eine der Elefantenkühe laut an zu lachen, schwenkte ihren Rüssel hin und her und stampfte bei jedem neuen Lacher mit dem Fuß auf den Boden, dass es nur so bebte. Alle sahen sie verwundert an. Als sie sich wieder gefangen hatte, haspelte sie los: "Keinen Platz mehr, wir in unserem riesigen Land, keinen Platz mehr, und das sagst ausgerechnet du? Dein Nest ist hoch droben in den Wipfeln der großen Bäume, das ich nicht lache, du hast Angst davor, nicht genug Platz zu haben. Dort oben stört dich doch niemand!"

"Außerdem hast du selbst gesagt, dass es kleine Tiere sind, die hierher geholt werden sollen. Also, mach dir keine Sorgen, die sind bestimmt keine Bedrohung", meinte eine ältere Elefantendame. Wir sollten erst einmal abwarten bis sie angekommen sind und dann können wir weiter überlegen."

"Hmmm", brummte der Harpyien-Vogel, "ich weiß nicht, aber, aber, wenn es nun ganz viele kleine Tiere sind? Nun, ja, vielleicht habt ihr recht. Vielleicht mache ich mir ganz unnötig Sorgen. Ja, abwarten, bis die Kleinen hier gelandet sind, ist wohl keine schlechte Idee."

"Ja, so ist 's recht", lobte Mama Maja den nun etwas nachdenklich gestimmten Vogel. "Und solange solltest du keine üblen Reden mehr führen und dich und andere in Unruhe und Angst versetzen. Abgemacht?"

"Ja, abgemacht", stimmte die Harpyie nach einer kurzen Bedenkzeit zu. "So und nun sei so gut und lass uns allein, wir haben wichtige Elefantenangelegenheiten zu besprechen, die nur uns etwas angehen", mahnte Mama Maja. Die Harpyie hob den Kopf, schüttelte ihr Gefieder, hob ihre Flügel leicht an und verabschiedete sich: "Ich werde euch Bescheid geben, wenn ich die ersten Ankömmlinge entdeckt habe." Sie konnte sich ein leises Jammern nicht verkneifen: "Hoffentlich sind es nicht so viele." Als sie den tadelnden Blick von Mama Maja sah, verabschiedete sie sich und mit einem: "Na, denn will ich mal nicht weiter stören." Dann nahm der große Vogel Anlauf, erhob sich in die Lüfte und flog davon.

Als die Elefanten wieder unter sich waren, meldete sich der Elefantenbulle: "Wer weiß, vielleicht sind es doch ganz viele kleine Elefanten, so wie Ronny einer ist."

"Ja, dann sollten wir uns gut überlegen, was zu tun ist. Wenn Ronny den Saft von der Wunderpflanze trinkt und schnell ganz groß wird, wollen die anderen das bestimmt auch. So viel von dem geheimnisvollen Gras gibt es aber nicht und es braucht hundert Jahre, bis es nachgewachsen ist!", mischte sich die Elefantendame ein.

"Ruhe, wir wissen doch noch gar nichts. Wir sollten wirklich warten, bis diese kleinen Neuankömmlinge hier sind und dann entscheiden, wie wir vorgehen.", bestimmte Mama Maja und damit endete auch die Versammlung. Die Entscheidung ob Roland etwas von dem Wundergras bekommen konnte oder nicht, wurde erst einmal aufgeschoben.

Von all dem hatten die beiden kleinen Elefanten nichts mitbekommen, sie befanden sich bereits auf der Suche nach der geheimnisvollen Pflanze. Nico hatte Roland überredet, aufs Geratewohl loszugehen und die Augen offen zu halten. Irgendwo und irgendwann würden sie Erfolg haben und das Gras finden. Mama Majas eindringliche Warnung auf keinen Fall nach der Pflanze zu suchen, hatten die beiden nicht ernst genommen, zwar beschlich Roland das deutliche Gefühl, etwas Falsches zu tun, aber sein Wunsch, ein richtiger großer Elefant zu werden, war so stark, dass er einfach immer weiter ging. Hätten die beiden jetzt schon gewusst, in welche Gefahr sie sich begeben, wären sie sicher zu Hause geblieben.

Unterdessen hatten die Gräfin und Johann gemeinsam mit einigen Dorfbewohnern erneut eine Suche nach Roland, dem kleinen Elefanten gestartet. Gemeinsam konnten sie ein viel größeres Gebiet absuchen, und die Einheimischen kannten sich ohnehin viel besser aus und wussten, welche Wege man zuerst einschlagen sollte. Fast zärtlich rief die Gräfin nach ihrem kleinen Schützling: "Ronny, mein kleiner Schatz, komm, hier bin ich, komm zu mir, Ronny!" Einen ganzen Tag lang streiften sie durch Grasland und Dschungel, von dem kleinen Elefanten gab es jedoch keine Spur. Müde und erschöpft brachen sie die Suche fürs Erste ab und machten sich auf den Rückweg zu ihrem Lagerplatz. Am nächsten Tag würde bereits das Flugzeug mit den kleinen Tieren aus Deutschland hier landen und da hätten sie alle Hände voll zu tun, um sich um die Kleinen zu kümmern.

*

Als tags darauf schließlich das Transportflugzeug landete und die Tiere endlich wieder festen Boden unter den Füßen hatten, war die Gräfin doch überrascht. Es waren gar nicht so viele Tier-Passagiere wie sie erwartet hatte. Viele der Mini-Tiere wollten lieber bei ihren Pflegefamilien bleiben, denn sie wurden dort gut behandelt und versorgt. Auf ungewisse Abenteuer wollten sie sich nicht einlassen. Andere hatten es nicht so gut getroffen und waren froh, fortgehen zu können, und diese versammelten sich nun auf der kleinen Grasfläche neben dem Landeplatz. Es waren ein kleines Krokodil, ein Mini-Löwe, niedliche Schlangen, winzige Äffchen, ein Nilpferd so groß wie ein Hund, drei Tiger von der Größe einer Hauskatze, mehrere Elefanten, die Roland ähnelten, Giraffen, die mit ihrem langen Hals dennoch nicht höher waren als ein Reiher und noch einige mehr. Der Plan war, sie zu ihren Artgenossen zu bringen, in der Hoffnung, dass die sich um sie kümmern würden. Doch bis dahin mussten die kleinen Tiere an dem eigens eingerichteten Aufenthaltsort neben dem Flugplatz bleiben. Das war der Plan, doch sollte alles ganz anders kommen. Denn am nächsten Tag waren alle kleinen Tiere fort ...

Fortsetzung folgt


zum 1. Juli 2019


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang