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KALENDERGESCHICHTEN/112: 04-2020   Spuk und Tränen - und dass man Rumtrum sehen kann ... (SB)


Der riesige Troll steht vor einem Gebirge und hebt die Faust zu einem Schlag an - Bunzstiftzeichnung © 2020 by Schattenblick

Rumtrum wurde auf seltsame Weise durch einen bösen Sturm übers Meer in ein unbekanntes Land gewirbelt. Dort wurde er von einem riesigen, übellaunigen Troll gefangen und saß in dessen Faust fest, aus der er sich nicht befreien konnte. Als ein winziger Flatterling ihm helfen wollte, wurde es von dem Troll fortgeweht und damit Rumtrums Hoffnung auf Befreiung.

Rumtrum sah dem herumwirbelnden Flatterling hinterher und hockte sich traurig in die enge Höhle der Faust. Wie sollte er sich nur aus dieser schrecklichen Lage befreien?

Der Troll hörte plötzlich auf zu Lachen und schwang auch seine Faust nicht weiter hin und her, sondern ließ sie schnurstracks auf den Erdboden sausten, wo sie mit einem heftigen Ruck aufschlug. Rumtrum bebte und zitterte, wusste er doch nicht was nun geschehen würde. Muxmäuschenstill kauerte er in der Mitte der Faust, die zu seinem großen Erstaunen nun geöffnet wurde. Sofort ergriff Rumtrum die Gelegenheit und floh aus seinem Gefängnis. Doch kam er nicht weit, denn der Troll fing ihn wieder ein, diesmal allerdings etwas vorsichtiger. Zwischen zwei Fingern transportierte er den kleinen Geist und setzte ihn auf einer Bergspitze ab, so dass er sich ungefähr in Augenhöhe mit ihm befand. "Wen haben wir denn da?", grinste der Troll, "hast dich wohl verirrt?"

"Nein, nein, oder doch, vielleicht. Ich weiß gar nicht, wo ich bin", verhaspelte sich Rumtrum und bemühte sich sofort um Fassung, die ihm ein würdevolles Aussehen verleihen sollte. Der Troll sollte schließlich erkennen, dass er es mit einem respektablen Geist zu tun hat.

"Sag' mir doch, was treibt dich auf die Trollinsel? Hier bei uns lässt sich sonst niemand blicken", argwöhnte der große Troll. "Warum denn nicht?" - "Zuerst beantwortest du mir gefälligst meine Frage, dann sehen wir weiter!"

Erschrocken erklärte Rumtrum, dass er unterwegs sei, um böse, wirklich böse Geister aufzusuchen, um bei ihnen zu lernen. Der Troll legte seinen Kopf schief, erst zur einen Seite, dann zur anderen und lächelte, sah dabei aber keineswegs freundlich aus. "So, so, das ist ja interessant und wie nennt man dich, wie ist dein Name?"

"Ich heiße Rumtrum und lebte bisher in einem alten Haus als Hausgeist", stellte der kleine Geist sich mit fester Stimme vor. "Nun gut, Hausgeist also, hmmm, hmmm, tja, nun denn, man nennt mich hier einfach nur Trovje oder Trovje den Garstigen. Also, da bist du bei mir an der richtigen Adresse. Man sagt, ich sei der böseste und scheußlichste Troll im ganzen Land."

"Das ist ja toll, ich kann `s kaum glauben. Lehrst du mich das Bösesein?", jauchzte der kleine Geist vor Freude. "Immer langsam, immer langsam. So einfach ist das nicht. Ich kenne dich ja gar nicht und weiß nicht, ob du überhaupt zu irgendetwas taugst. Ich werde dich prüfen - und ich verspreche dir gleich, dass es nicht leicht sein wird. Viele haben es schon versucht, hunderte oder noch mehr, aber niemand hat es geschafft", warnte Trovje der Garstige. "Das ist mir egal, ich bestehe eben als erster deine schwere Prüfung", tönte Rumtrum mutig.

"Nun gut, doch zunächst einmal muss du eine Gestalt annehmen, ich will schließlich nicht die ganze Zeit meinen Geisterblick anwenden, um dich zu erkennen. Für einen Troll ist das nämlich ganz schön anstrengend", rief der riesige Troll, der sich schon zwei Schritte weit von Rumtrum entfernt hatte - und zwei Trollschritte sind gewaltig lang.

"Warte, warte, wo rennst du hin? Du wolltest mir doch eine Gestalt geben!", empörte sich der kleine Geist. Trovje blieb stehen und zog eine böse Grimasse. Sein Mund wurde breiter und breiter und als er ihn zu einem lauten Lachen öffnete, blitzten seine spitzen, weißen Zähne auf. "Was wollte ich, dir helfen, dir eine Gestalt geben? Tja, da irrst du dich gehörig. Das ist dein Problem."

Rumtrum wäre vor Wut fast geplatzt. "Dieser unverschämte, gemeine Fiesling!", ärgerte er sich und brüllte dem Troll aus Leibeskräften hinterher: "Ich weiß nicht was ich tun soll, verdammt!" Aber da war Trovje der Garstige schon längst verschwunden, doch Rumtrum hörte noch deutlich, wie er ihn nachäffte: "Ich bestehe eben als erster deine schwere Prüfung!"

Niedergeschlagen hockte er sich auf einen Stein und grübelte. Es hatte keinen Sinn, sich über diesen ungehobelten Kerl weiter zu ärgern. Er musste eine passende Gestalt annehmen, damit er bei Trovje lernen konnte. Doch wie zum Teufel sollte er das anstellen. Als Geist war er noch nie vor ein derartiges Problem gestellt worden. Hier kannte er niemanden. Wen könnte er um Rat fragen?

Er ließ seinen Blick über die weite Landschaft schweifen und entdeckte in der Ferne doch nur die merkwürdigen Häuser, bei denen man nicht wissen konnte, ob es sich nicht vielleicht doch um Trolle handeln würde. Plötzlich ziepte es in seinem Nacken, erschrocken drehte er sich um. Vor ihm schwebte der winzige Flatterling und grinste ihn an. "Na, du siehst ja nicht gerade glücklich aus", amüsierte es sich. Rumtrum war froh das kleine Geschöpf wiederzusehen, auch wenn er sich ärgerte, dass es seine missliche Lage lustig fand. Er bemühte sich höflich zu bleiben.

"Ja, in der Tat befasse ich mich gerade mit einem schwierigen Problem, für das ich keine Lösung weiß und das stimmt mich nicht gerade fröhlich."

"Ja, ja, ich weiß, du brauchst eine Gestalt. Als wenn das ein Problem wäre, also wirklich, ihr Hausgeister wisst nicht viel, habt keine Ahnung von den einfachsten Dingen und seit doch so hochnäsig - warum nur", lachte der Flatterling. Jetzt reichte es Rumtrum und er polterte los: "Wenn das verdammt noch mal so einfach ist, warum hilfst du mir dann nicht, du, du Ungetümchen?"

"Nein, nein, man nennt mich Karl, Karl Zappel und nicht Ungetümchen, das zum einen und zum anderen habe ich nicht behauptet, dir nicht zur Seite zu stehen, aber alles zu seiner Zeit. Erst einmal ...",

Schon wieder wurde der Flatterling urplötzlich fortgeweht. Rumtrum konnte niemanden ausfindig machen, der so kräftig gepustet hatte. Dieser Windstoß schien aus dem Nichts zu kommen. Allmählich glaubte er, dass ihm irgendjemand absichtlich Steine in den Weg legte und versuchte ihn am Bösesein-Lernen zu hindern.

Weitere Abenteuer mit Rumtrum folgen ...


zum 1. April 2020


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