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FUNGI/011: Fliegenpilze und Bäume - Erdreichbürger des Waldes ... (SB)



Wer kennt ihn nicht, den Pilz mit dem roten Hut und den vielen weißen "Pünktchen" darauf. Leuchtend hebt der Fliegenpilz sich aus dem eher braun-gelb-grünen Herbstlaub hervor. Er ist wirklich schön anzusehen und doch verleitet er normalerweise niemanden dazu, ihn abzupflücken. Sein roter Hut ist nämlich nicht nur ein bunter Farbklecks im Wald, sondern in der Natur gilt Rot als Signalfarbe, mit der vor einer Gefahr gewarnt wird. Den meisten Menschen ist er als Giftpilz bekannt, den man auf keinen Fall sammeln und verspeisen sollte. Warum aber ist dieser Pilz gefährlich? Warum sollte man ihn keinesfalls essen? Diesen Fragen wollen wir nachgehen, aber auch die Bedeutung, die dieser Pilz für die Bäume im Wald hat, soll hier beleuchtet werden.


Ein großer Pilz mit leicht abgeflachtem Hut und zwei kleinere mit noch recht rundlichen Pilzhüten mit weißen Tupfen - Foto: © 2019 by Schattenblick

Fliegenpilze unter einer Eiche
Foto: © 2019 by Schattenblick


Der rote Hut hat es in sich

Der Fliegenpilz mit lateinischen Namen "Amanita Muscaria" ist ein in unseren Breiten heimischer Waldpilz. Anzutreffen ist er zwischen Juli und November zumeist unter Birken und Fichten, wie auch unter Eichen. Er wächst aber nicht nur hier, sondern findet in den nördlichen gemäßigten Klimazonen Verbreitung, beispielsweise in den Nadelwaldregionen Nordamerikas, Nordasiens und Nordeuropas. Sein Ruf als Giftpilz mit tödlicher Wirkung macht ihn gefährlicher als er ist. Tatsächlich enthält er viele verschiedene Toxine (Giftstoffe), von denen das bekannteste die Ibotensäure ist. Besonders viel davon befindet sich im gelben Fruchtfleisch, das sich direkt unter der roten Huthaut befindet, die sich leicht entfernen lässt. Die Ibotensäure zerfällt leicht und wandelt sich zu einem Wirkstoff mit der Bezeichnung Muscimol um und zwar dann, wenn der Pilz getrocknet wird. Dieses Muscimol kann beim Menschen Rauschzustände hervorrufen, die als Folge von leichten Vergiftungen anzusehen sind. Wie bei allen Giften kommt es darauf an, wie viel man davon zu sich nimmt, und so kann es zu Bewusstseinseintrübungen und Realitätsverlust kommen oder bei sehr großen Mengen auch zum Tod führen. Da der Wirkstoff Muscimol in den frischen Fliegenpilzen nicht vorhanden ist, besteht jedoch nicht die Gefahr nach dem Verzehr eines einzigen Fliegenpilzes zu sterben, dennoch kann es zu Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall kommen. Gerade Kinder sollten auf keinen Fall diesen Pilz essen, da sie noch viel empfindlicher reagieren und schon kleine Mengen eines bestimmtes Giftstoffes ausreichen, um unerwünschte Wirkungen zu erzeugen. Also, Achtung! Fliegenpilze bleiben giftige Pilze!


Unter einem großen Fliegenpilzhut steht ein kleiner Pilz - Foto: © 2019 by Schattenblick

Die weißen Tupfen sind Reste von der aufgerissenen Pilzhaut, die den kleinen heranwachsenden Pilz geschützt hat
Foto: © 2019 by Schattenblick


Welche Rolle spielt der Fliegenpilz im Waldleben?

Das Gift des Fliegenpilzes dient zur Abschreckung von Fraßfeinden. Der Pilz, den wir unter Bäumen stehen sehen, ist nicht der eigentliche Pilz, sondern der Fruchtkörper, in dem die Sporen ausgebildet und nach einer gewissen Zeit als Sporenstaub verbreitet werden. Auf diese Weise kann sich der Pilz, bei dem es sich um ein weitverzweigtes unterirdisch wachsendes Geflecht handelt, vermehren. Der freigesetzte Sporenstaub wird vom Wind verweht und in meist naher Umgebung fallen die Sporen nieder, durchdringen den Boden, entwickeln ein Myzel (unterirdisches Pilzgeflecht), das sich dort weiter ausbreiten kann. Im nächsten Jahr werden wieder Fruchtkörper (Fliegenpilze) ausgebildet. Mittlerweile gibt es neue wissenschaftliche Erkenntnisse über die Sporenverbreitung, doch würde die Erläuterung dieses Vorganges den Rahmen dieses Textes sprengen.


Der einst rundlich gewölbte Hut dehnt sich nun ganz flach aus, gleich einem Teller - Foto: © 2019 by Schattenblick Die Kanten des 'Tellers' haben sind nun rundherum hochgeklappt, haben die Form eines Suppentellers. Deutlich erkennbar sind die Lamellen, die zuvor unter dem Hut versteckt waren - Foto: © 2019 by Schattenblick

Links: Fliegenpilz mit flachem Hut
Rechts: Der Pilzhut hat sich ganz nach außen gestülpt

Fotos: © 2019 by Schattenblick



Stoffaustausch zwischen Pilz und Wurzel

Wie bereits erwähnt, findet man den Fliegenpilz zumeist unter Birken und Fichten und das hat einen besonderen Grund. Dieser Pilz lebt mit den Bäumen in einer Symbiose. Das heißt, diese Lebensgemeinschaft, die Mykorrhiza genannt wird, ist für beide von Vorteil. So setzen Kiefer, Lärche, Buche und Eiche auf die Hilfe der Pilze. Zwar nimmt der Baum mit seinem oft sehr feinen Wurzelwerk Wasser und Nährstoffe aus dem Boden auf und transportiert sie in Stamm, Äste und Blätter, um Photosynthese betreiben zu können. Aber es hängt auch von der Bodenbeschaffenheit ab, ob der Baum ausreichend versorgt wird und gedeihen kann. Wird aber sein Wurzelwerk durch das Pilzgeflecht (Myzel) umschlungen und durchdrungen, kommt es zu einem Stoffaustausch zwischen Pilzmyzel und Baumwurzel. Der Baum benötigt Phosphor und Stickstoff, den der Pilz über seine Hyphen (sehr feine Pilzfäden) aus der Umgebung aufnehmen und an die Baumwurzel weitergeben kann. Dem Pilz fehlt Chlorophyll und damit die Möglichkeit Kohlenhydrate zu erhalten. Die aber werden durch die Photosynthese, die in den Blättern des Baums stattfindet, freigesetzt. Sie werden vom Baum selbst verwendet und damit auch an die Wurzeln weitergeleitet. Dort nimmt der Pilz die Kohlenhydrate (Zucker) auf, die er wiederum zum Wachsen seines Pilzgeflechts benötigt.

Der Baum wird auf diese Weise optimal versorgt und kann selbst auf weniger geeigneten Böden mit Hilfe der Pilze wachsen und dem Pilz ist eine Weiterverbreitung möglich. Unterirdisch entsteht zwischen Bäumen und Pilzen ein Geflecht, das sich im Waldboden weit ausdehnen und viele Bäume miteinander verbinden und zu einem regen Stoffaustausch führen kann. Pilze spielen also eine beutende Rolle im Waldleben. Sie regen nicht nur das Pflanzenwachstum an, sondern sind auch noch in der Lage, die Baumwurzeln vor Erkrankungen durch Bakterien und anderen schädlichen Pilzen zu schützen. Zudem können sie giftige Schwermetalle in ihrem Myzel binden und somit Schaden von ihrem Symbiosepartner abwenden.

Pilze sind ein bedeutendes Lebewesen innerhalb einer Waldgemeinschaft. Ohne Pilze, also ohne die Mykorrhiza, die Lebensgemeinschaft mit den Bäumen, würde sich das gesamte System Wald nicht oder nur kümmerlich entwickeln. Eine ähnlich große Wirkung auf das Waldleben haben die Distruenten, also die Pilze, die die organischen Rückstände zersetzten und die Humusbildung im Boden fördern. Dazu im nächsten Teil mehr.

Fortsetzung folgt ...


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

https://www.biologie-seite.de/Biologie/Fliegenpilz

https://www.biologie-schule.de/fliegenpilz.php

https://www.waldwissen.net/wald/pilze_flechten/wuh_mykorrhiza/index_DE


22. Oktober 2019


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