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PFLANZEN/064: Ein Unkraut ... (SB)



Wer kennt es nicht, das Gänseblümchen? Überall auf Rasenflächen, in Parkanlagen, auf Weiden oder an Bahndämmen wächst diese kleine Blume in großer Zahl. Bis heute pflücken viele Kinder Gänseblümchensträuße oder flechten Blumenkränze aus ihnen. Auch das Orakel-Spiel "Liebt-mich-liebt-mich-nicht" dürfte weithin bekannt sein. Dieses kleine Blümchen birgt eine Reihe ungeahnter Fähigkeiten, von denen viele Menschen, ob alt oder jung, oft nur wenig wissen. Im Folgenden bemühen wir uns, das zu ändern.


Gänseblümchen lässt sich nicht unterkriegen

Dem einen oder anderen ist sicherlich schon einmal aufgefallen, dass die Gänseblümchen bereits kurz nach dem Rasenmähen die Grünfläche wieder bevölkern. Betrachten wir diese mehrjährige Pflanze etwas genauer: Unterirdisch befindet sich das Rhizom, der Wurzelteil, in dem die Nährstoffe gespeichert werden. Von ihm gehen viele feine Wurzelhaare aus, die in alle Richtungen in den Erdboden wachsen. Oberirdisch ist eine Blattrosette angelegt, deren Blätter von März bis November grünen.


Abgebildet sind eine aufgeblühte weiß-gelbe Blüte, eine Knospe, die grüne Blattrosette, das Rhizom und Wurzelfäden - Grafik: © 2022, by Schattenblick

Gänseblümchen mit Wurzel und Blüte
Grafik: © 2022, by Schattenblick


Dort werden immer wieder neue Blüten gebildet, so dass nicht eine einzelne Gänseblumenblüte aus einer Pflanze hervorgeht, sondern mehrere, und zwar in verschiedenen Wachstumsstadien. Es gibt voll aufgeblühte, noch kleine geschlossene, halbhohe Blüten oder winzige Knospen. Wenn nun der Rasenmäher darüberfährt, erwischen die Messer die dicht und flach am Boden wachsenden Blattrosetten nicht. So können die bereits angelegten Blüten rasch heranwachsen.


Dicht an dicht wachsen die Gänseblümchen, so dass kaum noch Gras Platz zum Wachsen hat - Foto: © 2022, by Schattenblick

Gänseblümchenwiese

Foto: © 2022, by Schattenblick


Auch scheint es dem Gänseblümchen kaum etwas auszumachen, wenn es von Menschen oder Vieh getreten wird. Es richtet sich einfach wieder auf. Wie das angehen kann? Eine mögliche Erklärung wäre folgende: Der kurze, dünne und behaarte Stängel hat einen besonderen Aufbau. Die Außenwände sind etwas fester, innen verlaufen lange, dünne Pflanzenfasern. Tritt nun Mensch oder Tier auf das Blümchen, so verhindert die starke Außenwand des Stängels ein vollständiges Abknicken und die langen, biegsamen Fasern im Inneren ermöglichen sein Wiederaufrichten, also ein Zurückbiegen.


Die Blüte, die eigentlich keine ist

Sprachen wir eben noch von den Gänseblümchenblüten, so müssen wir doch noch etwas genauer werden, denn die weißen Blätter mit dem gelben Zentrum bilden lediglich eine Scheinblüte. Die eigentlichen Blüten sind die winzigen, dicht gepackten gelben Röhrenblüten, ungefähr 100 an der Zahl, inmitten des weißen Kranzes aus Zungenblüten. Sie werden auf ihrer Unterseite von den grünen Hüllblättern zusammengefasst und -gehalten und sind mit dem Stängel verbunden.


Abgebildet sind die weißen Zungenblüten, die grünen Hüllblätter und die eigentlichen gelben Röhrenblüten, wie auch die Knospen, die Wurzel und die Samen - Grafik: 1796 by Johann Georg Sturm (Painter: Jacob Sturm), Public domain, via Wikimedia Commons

Grafik: 1796 by Johann Georg Sturm (Painter: Jacob Sturm),
Public domain, via Wikimedia Common


Das Gänseblümchen-Köpfchen birgt eine Reihe von Stoffen in sich, die diesem kleinen Blümchen schon sehr früh den Ruf als Heilpflanze einbrachten.


Gänseblümchen als Heilpflanze

Schon vor vielen Jahrhunderten wussten Heilkundige von den Wirkungen und Anwendungen verschiedener Kräuter und Pflanzen, so auch jene vom Gänseblümchen. Bereits 1543 wird es als Heilpflanze in dem Kräuterbuch von Leonhard Fuchs erwähnt. Es galt als Wundheilmittel. Kräuterkundige nutzten diese kleine Pflanze, um Fieber zu senken, es bei Leberentzündungen einzusetzen und es sollte überhaupt schmerzlindernd wirken. Heute beschäftigen sich viele Menschen mit alternativen Heilmethoden und da nimmt das Gänseblümchen einen bedeutenden Platz ein. Es findet vielseitige Anwendungen, denn es wirkt entzündungshemmend, schmerz- und juckreizstillend und soll den Stoffwechsel anregen. Um die möglichen Heilwirkungen wissenschaftlich zu überprüfen, wurde das Gänseblümchen auf seine Inhaltsstoffe hin untersucht. Es enthält Saponine, Gerb- und Bitterstoffe, Flavonoide und Schleimstoffe, ebenso organische Säuren und eine geringe Menge an ätherischen Ölen, sowie Vitamin C. Einige dieser Stoffe könnten für die Heilwirkungen verantwortlich sein. Zum Beispiel Saponine. In geringen Dosen wirken sie entzündungshemmend, harntreibend und auch schleimlösend. Ganz besonders gut kann das Gänseblümchen bei der Behandlung von Hauterkrankungen eingesetzt werden, beispielsweise bei Ekzemen, Akne, Milchschorf oder auch bei Insektenstichen. Durch die schleimlösenden Eigenschaften des Gänseblümchens eignet es sich besonders gut als Mittel gegen festsitzenden Husten. Für die verschiedenen Anwendungen wird Gänseblümchen-Öl oder -Honig bereitet, es werden Umschläge angefertigt, um Hautleiden zu lindern. Viele pflücken die Blümchen, trocknen sie und bereiten sich einen wohlschmeckenden Tee daraus. Doch bevor ihr selbst einen Tee, ein Öl, einen Umschlag oder ähnliches anfertigt, solltet ihr euch bei einem Kräuterkundigen, in einem Reformhaus oder in einer Apotheke informieren, wie eine bestimmte gewünschte Anwendung zubereitet wird, denn auch hier kommt es auf Sorgfalt und geeignete Mengen an.


Gänseblümchen zum Essen

Gänseblümchen kann man essen. Die Blütenköpfchen sollen nicht nur lecker schmecken, sie sind auch reich an Vitaminen, wie Vitamin A und C und sie enthalten Mineralstoffe, z.B. Eisen, Kalium, Calcium und Magnesium. Es heißt, sie unterstützen unsere Abwehr und unser Immunsystem. Die kleinen Knospen können sauer eingelegt werden und als Kapern-Ersatz benutzt werden, die jungen grünen Blättchen schmecken gut im Salat, in den auch die Blüten hineingemischt werden können. Gänseblümchensuppe oder -honig zubereiten, oder die Blüten als Dekoration auf Käse oder Gemüse hinzugeben, oder sie einfach aufs Butterbrot legen, sind nur einige Möglichkeiten des Verzehrs. Ebenso möglich ist das Aufgießen eines bekömmlichen Tees aus frischen oder getrockneten Blüten und Blättern. Das Gänseblümchen erweist sich damit als vielseitig nutzbare Pflanze, die in unseren Breitengraden reichlich wächst.


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

https://www.pflanzen-deutschland.de/Bellis_perennis.html https://www.gartennatur.com/gaensebluemchen#gaensebluemchen-wuchs https://www.youtube.com/watch?v=8KwlAXdPdo8 https://www.kraeuter-buch.de/glossar/saponine-272.html


27. Juni 2022

veröffentlicht in der Schattenblick-Druckausgabe Nr. 175 vom 2. Juli 2022


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