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PFLANZEN/068: Moore - nach dem Raubbau ... (SB)


Die Moore bedeckten vor 200 bis 300 Jahren weite Flächen unseres Landes. Doch im Laufe der Zeit wuchs die Bevölkerung und damit der Bedarf an Nahrungsmitteln und Raum für Siedlungen und Städtebau. Immer mehr Boden wurde für die Landwirtschaft gebraucht, um Getreide, Gemüse und Obst anzubauen. Auch Bau- und Brennmaterial wurde benötigt. Die Wälder, aus denen das Holz für den Schiff- und Hausbau, sowie für viele Werk- und Fahrzeuge entnommen wurde, verschwanden. Um weiterhin Holz zur Verfügung zu haben, baute man Bäume in Forsten an - dafür wurden Landflächen gebraucht. Außer Holz diente damals auch Torf als Brennmaterial. Damit gab es zwei Gründe, die Moore zu entwässern. Zum einen, um Landfläche zu gewinnen, zum anderen, um Torf abzubauen. Im Vordergrund standen die Nutzungsinteressen, über die Bedeutung der Moore für unser Klima gab es damals kaum wissenschaftliche Erkenntnisse, denn die Entwicklung zur heutigen Klimakrise nahm erst nach der Industrialisierung ihren Anfang.



Können trockengelegte Moore wiederbelebt werden?

Kann ein einstmals trockengelegtes Moorgebiet in der Weise wiederhergestellt werden, dass die gleichen Prozesse ablaufen wie zuvor in den natürlichen (ursprünglichen) Mooren? Wird dort wieder Torf entstehen? Das wäre von großer Bedeutung, denn im Torf wird der Kohlenstoff eingelagert. Aber wie lange würde dieser Vorgang dauern? Heute gibt es nur noch sehr wenige intakte Moore, in denen jene wichtigen Abläufe stattfinden, die für den Klimaschutz vonnöten sind, wie die Speicherung von Wasser und Kohlenstoff.


Für die Wiederbelebung eines ehemaligen Moores wird viel Wasser gebraucht

Um eine Wiedervernässung in Angriff zu nehmen, müssen eine Menge Dinge geprüft werden. Wurde ein ehemaliges Moorgebiet über eine lange Zeit landwirtschaftlich genutzt, so hat sich der Boden bereits verändert. Er enthält durch die stete Düngemittelzufuhr Phosphor und Nitrat. Wird ein solches Gebiet mit Wasser überflutet, werden diese Substanzen aus dem Boden gelöst und ins Wasser gespült. Deshalb wäre es ratsam, zunächst die obere Bodenschicht abzutragen, um den Düngemitteleintrag zu verhindern. Er würde einer Moorneubildung entgegenstehen, da unter Einwirkung des Düngers alle Pflanzenrückstände rasch zersetzt werden. In diesem Zersetzungsprozess wird nicht nur Kohlendioxid und Methan sondern auch Lachgas freigesetzt, das ca. 300-mal klimaschädlicher ist als Kohlendioxid. Hier würde eine neue Kohlenstoffquelle entstehen, also das genaue Gegenteil von dem, was erreicht werden sollte.

Wurde ein trockengelegtes Moor zur Wiedervernässung ausgewählt, kann mit dem Bau von Gräben begonnen werden, in denen sich Wasser sammeln kann. Auch die einstigen Entwässerungsgräben werden freigeschaufelt, damit sie sich wieder füllen können oder zusätzliches Wasser hineingeleitet werden kann. Mit Holz werden kleine Sperren gebaut, damit das Wasser gestaut wird und nicht abfließen kann. Das zugeleitete Wasser sollte möglichst nährstoffarm sein. Zum einen, damit die an Moorbedingungen gewöhnten Pflanzen, beispielsweise Torfmoose, Sonnentau, Wollgras, Torfsegge, Sumpf-Veilchen oder Moosbeeren, dort wieder wachsen können. Zum anderen, weil später das welke Pflanzenmaterial aufgrund der fehlenden Nährstoffe kaum zersetzt wird.

Auf diese Weise könnten erneut natürliche Moore entstehen, in denen sich sogar neuer Torf bilden kann. Das dauert allerdings sehr lange. Die Bildung von einem Meter Torf dauert ungefähr 1000 Jahre! Die gewünschten Vorteile eines Moorgebietes zeigen sich aber bereits früher. So puffert es beispielsweise die Folgen von Starkregen ab, mit dem wir in Deutschland immer häufiger rechnen müssen, indem es das Wasser wie ein Schwamm aufsaugt und später langsam wieder an die Umgebung abgibt. Eine wünschenswerte Folge davon wäre neben der Wasserspeicherung eine natürliche Kühlung der Luft durch die sogenannte Verdunstungskühle. Das heißt, das Gewässer wird durch die höhere Temperatur der Luft erwärmt und kann an der Oberfläche verdunsten. Die Luft verliert ihre Wärme an das Wasser und kühlt ab.


Landwirtschaft oder Moorgebiet?

All jene ehemaligen Moore, die zu reinen landwirtschaftlichen Nutzflächen trockengelegt wurden, stehen für eine Wiedervernässung gar nicht zur Wahl, da der Boden für den Anbau von Nahrungs- und Futterpflanzen unbedingt gebraucht wird. Die Bevölkerung wächst weiter und damit auch der Bedarf an Nahrung. Das bedeutet, dass ausreichend Flächen für den Anbau von Getreide, Gemüse und Obst vorhanden sein sollten. Auch müssen ausreichend Landflächen für Wälder beziehungsweise für die Aufforstung zur Verfügung stehen. Eine genaue Abwägung, wofür die Flächen genutzt werden sollten, muss für jede Region in Deutschland vorgenommen und die Eignung zur Wiedervernässung eines Moorgebietes geprüft werden. Man kann schon ahnen, dass dies keine leichten Entscheidungen sind. Bis wieder intakte Moore entstehen, würde es Jahrhunderte dauern, vielleicht sogar länger. Je früher wir mit den Bemühungen beginnen, ehemalige Moore wiederzubeleben, desto besser.


Feuchter Boden, bewachsen mit niedrigen, krautigen grünen, hellen und lilafarbigen Pflanzen - Foto: 2012 by losch, eigenes Werk, CC BY-SA 3.0 [https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0], via Wikimedia Commons

Totes Moor am Steinhuder Meer
Foto: 2012 by losch, eigenes Werk, CC BY-SA 3.0
[https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0], via Wikimedia Common



Kann in Moorgebieten eine alternative Landwirtschaft betrieben werden?

Es gibt Möglichkeiten für Landwirte, sich auf eine ganz andere Produktion von Pflanzen umzustellen. Auf den neuen Moorflächen könnten Schilf, Seggen, Rohrglanzgras, Röhrichte, Moosbeeren oder Rohrkolben angebaut werden. Torfmoose oder Kräuter wie Fieberklee oder Baldrian gedeihen dort, wie auch Weidenbäume oder Schwarzerlen. Diese Anbaumethode ist speziell auf Moorböden ausgerichtet und wird Paludikultur genannt. Was es damit auf sich hat, welche Möglichkeiten sich eröffnen oder welche Vor- und Nachteile auftreten können, werden wir im nächsten Teil ausführlich erörtern.


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

https://www.boell.de/de/mooratlas

https://www.zdf.de/gesellschaft/plan-b/plan-b-moor-for-future-100.html

https://www.thuenen.de/media/institute/ak/Tagungen/Moorschutz/Vortraege/Joosten_Leitfaden_zur_Renaturierung_von_Mooren.pdf


7. November 2023


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