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TIERE/120: Fische - eine Kugelwaffe ... (SB)



Der Kugelfisch hat eigentlich kaum Ähnlichkeit mit einer Kugel, wenn man ihn so vor sich hin schwimmen sieht. Seine Körperform ist eher spindelförmig, kann aber auch schon mal etwas rundlich sein. Einige dieser Tiere erreichen eine Körpergröße von nur 2 cm (Zwerg- oder Erbsenkugelfisch), andere werden bis zu 120 cm groß (Riesenkugelfisch).


Deutlich im Bild die großen Augen, das starre offen stehende Maul und die kräftige Schwanzflosse; der Fisch weist eine Blaufärbung auf, die mit vielen versprengten Punkten gezeichnet ist - Foto: 2005, Arpingstone [Public domain], from Wikimedia Commons

Schwarzfleckenkugelfisch
Foto: 2005, Arpingstone [Public domain], from Wikimedia Commons

Doch die Kugelform, die zu seiner Namensgebung geführt hat, nimmt er nur in bestimmten Situationen ein. Die Rücken- und Bauchflossen sind nicht besonders groß. Zum Schwimmen benutzt der Kugelfisch seine Brustflossen und da auch sie sehr klein sind, zählt er zu den langsamen Schwimmern. Seine Schwanzflosse dient der raschen Steuerung, doch reicht seine Wendigkeit nicht aus, um sich erfolgreich aus einer Gefahrensituation zu retten. Wird er angegriffen, so würde er eine Jagd verlieren, da er nicht schnell genug flüchten kann. Er muss daher eine andere Verteidigungsmöglichkeit anwenden.


Nicht fliehen, sondern zum Riesen werden

Wird ein Kugelfisch angegriffen oder in die Enge getrieben und gerät in Lebensgefahr, findet eine rasche Verwandlung dieses Tieres statt. Er bläht sich in kurzer Zeit zu einer großen Kugel auf. Was geschieht hier?


Ein zur Kugelform aufgeblasener, bräunlich gefärbter Fisch mit unzähligen kleinen weißen Punkten; auffällig sein offen stehendes Maul, die großen Augen und die Brustflossen, die hier wie Ohren erscheinen - Foto: by NPS photo - Bill Eichenlaub [Public domain], via Wikimedia Commons

Aufgeblähter Kugelfisch
Foto: by NPS photo - Bill Eichenlaub [Public domain], via Wikimedia Commons

Zunächst werfen wir einen Blick auf dieses sonderbare Unterwassertier, das mit einer ganzen Reihe von körperlichen Eigentümlichkeiten ausgestattet ist. Auffällig sind seine großen Augen und sein etwas vorstehendes Maul. Zwei Zahnleisten im oberen Kiefer und zwei im unteren bewirken eine gewisse Starre und so sieht es aus, als ob dieser Fisch stets mit offenen Maul umher schwimmt. Übrigens hat er seinen wissenschaftlichen Namen aufgrund dieser Zahnleisten erhalten: "Tetraodontidae". Der Begriff stammt aus dem Griechischen und bedeutet "Vierzähner". Zwar besitzt der Kugelfisch gar keine Zähne, denn die sind zu Zahnleisten zusammengewachsen, die aber nicht weniger kräftig sind. Kugelfische verspeisen gern Muscheln, Krebse und Krustentiere, was eine starke Abnutzung der Zahnleisten mit sich bringt; da erweist es sich als sehr praktisch, dass sie rasch nachwachsen. Mit ihrem starken Biss können sie sich jedoch nur wenig verteidigen, vielleicht Löcher in Fischernetze fetzen, um sich zu befreien. Doch Vorsicht, sollte jemand versuchen, einen Kugelfisch zu fangen, muss er damit rechnen, von ihm gebissen zu werden. Der Riesenkugelfisch beispielsweise ist durchaus fähig einem Menschen einen Finger abzubeißen oder schwere Fleischwunden zuzufügen. Aber zur Abwehr eines lebensbedrohenden Angriffs bedarf es einer anderen Vorgehensweise.


Auffällig die großen Augen, sein offenstehendes Maul und seine Färbung, die schwarz als Grundfarbe zeigt, überzogen von einem dichten grünlichen Netzmuster - Foto: 2006, by Richard Ling (Flickr) [CC BY-SA 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons

Riesenkugelfisch in seiner eigentlichen Form und Größe
Foto: 2006, by Richard Ling (Flickr) [CC BY-SA 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons

Hier kommt eine weitere körperliche Besonderheit zum Einsatz. Der Magen dieses Fisches besitzt eine dünne, sehr elastische Ausstülpung. Durch kräftige, ruckhafte Schluckbewegungen füllt er diese "Magenblase" entweder mit Wasser oder Luft. Es gibt zwei Arten der Verteidigung. Hat der Fisch Luft in sich aufgesogen, verhindert ein Muskelring an seinem Schlund ihr Entweichen, und eine Ventilklappe am Pförtner (Darmanfang) verschließt den Zugang zum Darm. So mit Luft gefüllt, schwimmen diese Fische wie kleine Bälle mit dem Bauch nach oben, an die Wasseroberfläche. Für einen Freßfeind sind sie auf diese Weise von unten her schwer zu fassen. Wenn die Gefahr vorbei ist, presst der Fisch die Luft wieder heraus, wobei ein zischendes Geräusch entsteht. Es kann eine halbe Stunde dauern, bis ein Kugelfisch sich ganz entleert und seine Ursprungsform wieder erlangt hat.

Hat der Kugelfisch seine Magenblase mit Wasser gefüllt, so dehnt sie sich ebenfalls aus, was ihn zu einer großen, nahezu runden Kugel werden lässt. Sein biegsames Rückgrat lässt sich zu einem leichten Rundbogen biegen, was diese besondere Kugelform ermöglicht. Auf diese Weise erreicht der Fisch die zwei- bis vierfache Größe seiner Ursprungsform und einem Beutegreifer wird es unmöglich, ihn einfach zu verschlucken. Außerdem hat er keine wirklichen Schuppen auf seiner Haut, sie haben sich zu einer Art Dornen oder Stacheln entwickelt, die sich, während der Fisch seine Kugelform einnimmt, spitz aufstellen und ein Gefressenwerden verhindern sollen.


Seine tödliche Waffe ist das Gift in seinem Körper

Hinzu kommt jetzt noch ein ganz besonderer Schutz: ein Gift, das sich auf der Haut des Kugelfisches und in den Organen befindet, vorwiegend in den Eierstöcken und der Leber (im Muskelfleisch soll es angeblich nicht vorkommen), wirkt lähmend und führt zum Tod. Dieses Nervengift ist eines der stärksten bekannten, nicht proteinartigen Gifte. Nur etwa 10 Mikrogramm pro 1 kg Körpergewicht wirken tödlich (1 Mikrogramm = 0,001 Milligramm!). Es handelt sich um ein besonders fieses Gift mit dem Namen "Tetrodotoxin", abgekürzt TTX, denn es wirkt auf die Nerven, nicht aber auf das Gehirn. Das bedeutet, dass nach und nach im ganzen Körper Lähmungen auftreten, bis schließlich auch die Atmung so stark eingeengt ist, dass der Erstickungstod unabwendbar ist, den man bei vollem Bewusstsein durchlebt. Es existiert bislang kein Gegengift!



Küsten um Mittel- und Südamerika, Afrika, Indien, Japan, Spanien, Mittelmeer sind Verbreitungsgebiete im Meer, wie in Flüssen und Seen in Mittel- und Südamerika, Indien und Afrika - Foto: 2009, by World_map_blank_shorelines_semiwikimapia.svg: Nuxderivative work: QWerk [Public domain], via Wikimedia Commons

Vorkommen des Kugelfisches im Meer wie in Süßwassergebieten
Foto: 2009, by World_map_blank_shorelines_semiwikimapia.svg: Nuxderivative work: QWerk [Public domain], via Wikimedia Commons


Kugelfisch auf Wanderschaft - Unkenntnis wird zur Gefahr für Fischer

Vor wenigen Jahren sind einige Kugelfischarten auch im Mittelmeer angekommen. Insbesondere der sehr giftige Hasenkopf-Kugelfisch, der eigentlich aus den Tropen stammt. Aus dem Roten Meer führte sein Weg über den Suez-Kanal ins östliche Mittelmeer, wo er sich rasch vermehrte. Man sieht ihm nicht an, dass er zu den Kugelfischen gehört, vielmehr sieht er wie ein ziemlich normaler und kräftiger Fisch aus. Nimmt man diesen Fang mit nach Hause und bereitet ihn aus Unkenntnis unbedarft als Mahlzeit zu, könnte das die letzte Speise gewesen sein, denn sein Gift führt zum Tod. Meeresbiologen versuchen Angler und Fischer rund ums Mittelmeer aufzuklären und vor diesem Fisch zu warnen.


Das Aufblähen bedeutet starken Stress für den
Kugelfisch

Die meisten Arten (100 bis 200) leben in tropischen Meeren, einige auch im Süßwasser Afrikas und Asiens. Viele der Kugelfischarten bewegen sich in Tiefen, in denen sich Taucher und Schnorchler nicht aufhalten. Von daher ist eine Begegnung mit ihnen eher selten. Im Allgemeinen sind diese Tiere auch scheu und schwimmen eher vor einem Menschen davon. Nur wenn sie bedroht, gejagt und in die Enge getrieben werden, setzen sie sich zur Wehr.

Es gab Zeiten, in denen diese Fische zur Belustigung der Zuschauer gefangen und gereizt wurden, damit sie sich aufblasen und man ihnen dabei zusehen konnte, wie sie als Kugeln umher trieben. Für den Fisch ist das ein furchtbarer Stress, es handelt sich hier um reine Tierquälerei. Man kann nur hoffen, dass so etwas heute strengstens unterbunden wird.


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

https://www.meerwasser-lexikon.de/kategorie/26.html

https://www.welt.de/wissenschaft/umwelt/article145218606/Giftige-Kugelfische-breiten-sich-im-Mittelmeer-aus.html


18. September 2018


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