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TIERE/151: Pottwale, Tierschutz und Rohstoffe ... (SB)


Er gilt als das größte räuberische Säugetier der Welt mit seinen 18 bis 20 Metern Körperlänge, einem Gewicht von 50 bis 55 Tonnen und einem Gebiss mit ca. 20 Zentimeter hohen Zähnen, die überwiegend in seinem schmalen Unterkiefer verankert sind. Pottwale gehören zu den Zahnwalen und sie sind bestens für die Unterwasserjagd ausgerüstet. Meisterliche Fähigkeiten erlangen sie bei der Dauer ihrer Tauchgänge von bis zu zwei Stunden und ebenso bei den Tauchtiefen von bis zu 2.000 Metern. Das ist beeindruckend, denn in so großer Tiefe herrscht ein enormer Wasserdruck. In den Meerestiefen macht er Jagd auf Kalmare, Kraken oder kleine Haie. Es ist nicht bekannt, dass er jemals Jagd auf Menschen gemacht hat, aber es gibt Legenden, nach denen er Boote mit Walfängern gerammt haben soll, was ihm sicherlich als Selbstverteidigung ausgelegt werden kann. Sehen wir uns die traurige Geschichte dieser Tierart, die einst in sämtlichen Weltmeeren anzutreffen war, von der heute aber nur noch vergleichsweise wenige Exemplare leben, einmal genauer an.



Wale - Riesen mit Gemeinschaftssinn

Die Vorfahren der Wale, die Urwale, lebten bereits vor 40 Millionen Jahren auf der Erde, die Zahnwale seit ca. 30 Millionen Jahren. Ausgewachsene, gesunde Pottwalbullen haben nur einen gefährlichen Feind - den Menschen. Es kommt allerdings vor, dass Altersschwache, kleine Kälber oder deren Mütter von großen Haien, Schwertwalen oder Orcas angegriffen werden. Die Pottwalbullen leben meist einzelgängerisch. Gerät aber eine kleine Herde Weibchen mit Kälbern in Not, so eilen sie herbei, um sie zu schützen. Man vermutet, dass sie herbeigerufen werden. Es wurde beobachtet, dass Pottwale im Falle eines Angriffs stets zusammenbleiben. Sie bilden einen Kreis, in dessen Mitte die Kälber und schwachen Tiere versammelt sind. Die Köpfe der Mütter weisen in die Mitte, ihre Schwänze, die Fluken, zeigen nach außen. Sie sind eine wirksame Schlagwaffe gegen die Feinde. Von oben betrachtet gleicht diese kreisförmige Anordnung einer Margeritenblume, nach der diese Formation auch benannt wurde: "Margeriten-Formation". Eine andere Beobachtung zeigte, dass die Wale mit ihren Körpern eine Phalanx, eine Front, aufbauen, durch die kein Feind hindurchdringen kann. Kein einzelnes Tier verlässt die Formation. Die Pottwale stehen das gemeinsam durch.


Auf einer schwarz-weiß-Grafik wird die Position der Wale dargestellt, ein Tier in der Mitte, die anderen drum herum - Foto: 2012 by Phoenix_PNX (eigenes Werk), CC BY-SA 3.0 [https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0], via Wikimedia Commons

Schutzformation
Foto: 2012 by Phoenix_PNX (eigenes Werk), CC BY-SA 3.0
[https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0], via Wikimedia Commons


Pottwale sind intelligente Tiere, vergleichbar mit den Primaten. Als sie anfangs mit Schiffen gejagt wurden, bildeten sie zunächst die oben genannte Margeriten-Formation, um sich zu schützen. Für die Walfänger war es ein Leichtes die Tiere zu harpunieren und zu töten. Einige Zeit später änderten die Wale ihr Verhalten. Sie verbreiteten einen Warnruf an die Wale und schwammen beim Sichten eines Fangbootes in Windrichtung fort. Die Schiffe, damals noch Segelschiffe, konnten ihnen nicht folgen. Das hatte zur Folge, dass die Fangergebnisse auf 58% zurückgingen. Leider hatte diese schnell erlernte Methode nur solange Erfolg, bis die Walfänger auf Dampfschiffen fuhren und Harpunenkanonen benutzten.

Wie genau Pottwale jagen, um ihre Beute zu erlegen, ist noch nicht sicher erforscht. Eine Theorie besagt, dass sie ihre Beute betäuben oder durcheinanderbringen, indem sie extrem laute Töne mit einer Lautstärke von 230 Dezibel (dB - das Maß für Lautstärke) von sich geben. Zum Vergleich: ein Kanonenschuss kommt auf 150 dB und das ist sehr laut.



Das Kalb schwimmt dicht neben seiner Mutter, ist schon halb so lang, aber noch schmal im Köperbau - Foto: 2012 by Gabriel Barathieu, CC BY-SA 2.0 DEED, via flickr [https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/]

Eine Pottwalkuh mit Kalb
Foto: 2012 by Gabriel Barathieu, CC BY-SA 2.0 DEED, via flickr
[https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/]


Eine Herde besteht oft aus elf Walkühen und ihren Kälbern. Die Jungen tollen herum und spielen mit allem, was sie im Meer finden können. Sie verleihen ihrem Vergnügen durch aufgeregte Klicklaute Ausdruck. Die Wale schwimmen eng nebeneinander, was der Körperpflege dient. Sie schubbern sich und entfernen damit Hautreste oder sie massieren sich gegenseitig. Die Walkühe passen auf die Kälber der anderen auf, wenn die auf die Jagd gehen müssen. Die Bindung zwischen Walkuh und -kalb ist sehr eng und dauert mehrere Jahre. Bisher weiß man aber noch sehr wenig über diese riesigen Meerestiere, die sich doch meistens in den Tiefen des Ozeans aufhalten und nur zum Luftholen an die Oberfläche schwimmen.


Die Geschichte des Walfangs

Einst bevölkerten Wale alle Weltmeere. Gejagt wurden sie schon vor ungefähr 8000 Jahren. Historische Hinweise dafür fand man in Südkorea, Japan, in Nordamerika bei den Ureinwohnern und bei den Basken. Die Wale wurden mit Pfeilen oder Harpunen in der Nähe der Küsten gejagt und getötet, an Land geschleppt und dort zerlegt. Damals sicherte der Walfang das Überleben der Menschen. Sie aßen sein Fleisch, verkochten den Speck zu Tran, aus dem sie Lampenöl gewannen. Die Walknochen konnten zum Zeltbau verwendet werden, aus ihnen wurden Werkzeuge gefertigt und selbst aus den Zähnen entstanden verschiedenste Gebrauchs- oder Schmuckgegenstände. So ein großer Wal konnte viele Menschen eine Weile ernähren. Die Walbestände waren durch diese Art des Walfangs nicht bedroht.


Wie der Walfang verändert und zur Bedrohung wurde

Im 17. Jahrhundert wurden die reichen Walbestände rund um die Arktis entdeckt und die Nachricht verbreitete sich, so dass bald Walfänger aus Holland und England dort ihre Jagd auf Wale begannen. Zuerst traf es den Grönlandwal, der in großer Zahl getötet wurde. Anfang des 18. Jahrhunderts änderten die Fischer ihre Walfangtechnik. Sie jagten nun auf dem offenen Meer. Die getöteten Wale befestigten sie am Schiffsrumpf und entfernten den Walspeck, das sie nun bereits an Bord zu Tran verkochten. Den Rest der Tiere ließen sie im Meer zurück. Das war ein erster Schritt in Richtung Industrie-Fischerei. Waltran war damals, als noch keine Erdölförderung möglich war, der flüssige Brennstoff für Lampen und ließ sich in Europa teuer verkaufen. Im Laufe der Zeit fand ziemlich alles vom Wal Verwendung. Das Öl wurde zum Heizen benutzt, oder als Schmierstoff für Maschinen und für die Herstellung von Seifen und Farben. Wale lieferten einige Rohstoffe für die entstehende Industrialisierung.



Gezeigt werden einige große Segelschiffe und viele kleine Boote mit Walfängern - Grafik: Der ursprünglich hochladende Benutzer war Seebeer in der Wikipedia auf Deutsch, Public domain, via Wikimedia Commons

Kupferstich Adolf von der Laan (ca. 1690 - 1742) - Harpunieren eines Wals
Bild: Der ursprünglich hochladende Benutzer war Seebeer in der Wikipedia auf Deutsch, Public domain, via Wikimedia Commons


Obgleich der Walfang sehr gefährlich und anstrengend war, nahm man alle Mühen in Kauf, weil die zu erzielenden Preise für Walprodukte hoch waren. Sehr begehrt war beispielsweise das Ambra aus dem Darm des Pottwals, das in der Parfümerie Verwendung fand oder sein sogenannter "Blubber", der Walrat (Spermaceti) aus seinem Kopf, aus dem sich Kerzenwachs und besonders ergiebiges Lampenöl herstellen ließ. Keine anderen Kerzen brannten länger, heller und sauberer, und es ergab einen guten Schmierstoff. Walrat des Pottwals wurde bevorzugt, weil es nicht verkocht werden musste und sich gleich nutzen ließ. Viele Länder machten nun Jagd auf Pottwale und die Zahl der erlegten Tiere war sehr hoch. Auch die Bestände der Nordkaper und der Grönlandwale verringerten sich rasch, sie wurden immer seltener gesichtet. Walfänger entdeckten in der Mitte des 19. Jahrhunderts im Meer zwischen Japan und Alaska den Pazifischen Nordkaper, auf den nun Jagd gemacht wurde. Das war die Zeit, in der die ersten Dampfschiffe gebaut wurden. 1873 gab es ein erstes dampfbetriebenes Walfangschiff. Gefolgt von der Erfindung der Harpunenkanone, mit der eine Harpune mit großer Kraft über eine weite Entfernung in den Wal geschossen werden konnte, dort explodierte und mit Widerhaken im Walkörper befestigt wurde. Der Wal überlebte diese schwere Verletzung nicht. In dieser Weise nahm die Waljagd ihren Fortgang und erlaubte den Walfängern, die Tiere in großer Zahl aus sicherer Entfernung zu töten. Erst als die erste Ölbohrung (1859) erfolgte, wurde das Walöl als Lampenöl uninteressant, weil es durch Petroleum ersetzt wurde. Begehrt war es dennoch, da es ein Grundstoff der neu erfundenen Margarine war und man benötigte es auch, um den Sprengstoff Nitroglycerin herzustellen. Folglich wurde die Jagd auf Wale noch intensiver betrieben. Es ging nicht mehr um Nahrung für das Überleben von kleinen Menschengruppen, vielmehr wurde das Tier zum Rohstofflieferant für Länder, in denen die Industrialisierung fortschritt. Im 20. Jahrhundert wurden ca. drei Millionen Wale getötet. Das führte beinahe zu ihrem Aussterben.


Bedrohung der Wale heute und das Bemühen um ihre Rettung

Wale sterben, weil sie Plastikmüll gefressen haben, der ihren Magen füllt, bis sie keine Nahrung mehr aufnehmen können und verhungern. Wale sterben, weil sie sich in Kunststoffseilen verfangen, die sie unter Wasser halten, so dass sie ersticken. Wale sterben in Fangnetzen der Hochseefischerei. Das sind einige Beispiele der aktuellen Bedrohungen für diese Tiere. Viele Nationen haben sich für den Schutz der Wale ausgesprochen, was schließlich 1986 zum weltweiten Verbot des kommerziellen Walfangs und dem Handel mit Walprodukten führte. Nur Japan, Norwegen und Island halten sich nicht an das Verbot und töten jährlich ca. 1500 Tiere.

Die Wale erfreuen sich mittlerweile großer Beliebtheit und viele Menschen engagieren sich für den Schutz und die Rettung dieser großen Meerestiere. Die Wal-Retter riskieren bei ihren Rettungsaktionen fast immer ihr Leben. Der Wal weiß nicht, dass sie ihn nicht jagen, sondern helfen wollen und er wehrt sich bei einer kritischen Annäherung. Viele Wale verdanken den Menschen, die dennoch versuchen Wale aus Netzen oder von Seilen zu befreien, ihr Leben. Weltweit haben sich in verschiedenen Regionen der Meere die Walbestände wieder unterschiedlich stark erholt. Nun gilt es, die neuen Bedrohungen für die riesigen Meeressäuger zu beseitigen.


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

https://www.oekosystem-erde.de/html/walfang.html

https://www.uni-goettingen.de/de/fossile+wale+%E2%80%93+zeugen+der+erdgeschichte/98282.html

https://www.3sat.de/dokumentation/tiere/mythos-wal-102.html


30. Oktober 2023

veröffentlicht in der Schattenblick-Druckausgabe Nr. 180 vom 4. November 2023


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