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WISSENSDURST/044: Klimawandel und warum - mit und ohne Eingriffe ... (SB)



Ben und Stefan - Buntstiftzeichnung: © by Schattenblick

Grafik: © by Schattenblick

Stefan und Ben beschäftigen sich schon eine geraume Zeit mit den Folgen, die ein Auftauen der Permafrostböden nach sich ziehen. Neben einer erhöhten Freisetzung von Methan und Kohlendioxid haben sie eine weitere Gefahr entdeckt. In den Böden sind auch Krankheitskeime tiefgefroren. So lange diese dort im Dauerfrost liegen, stellen sie keine Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Tier dar. Doch beim Auftauen der Böden werden sie wieder aktiv und gelangen in die Umwelt. So geschehen in Russland 2016: durch extrem hohe Temperaturen taute der Dauerfrostboden an und die gefährlichen Milzbrand-Bakterien wurden freigesetzt und gelangten ins Weideland der Rentiere. Mehrere tausend Tiere verendeten. Ben und Stefan wollen nun herausfinden, ob es bereits Ideen gibt, wie dem Auftauen der Böden entgegengewirkt werden könnte.


Ben: "Stefan, ich habe gestern noch kurz mit meinem Vater gesprochen und ihm von dem Milzbrand-Ausbruch in Russland erzählt. Natürlich wollte ich von ihm wissen, ob er vielleicht schon von einer Idee gehört habe, wie dem Auftauen der Permafrostböden entgegengetreten werden kann, aber er hat nur den Kopf geschüttelt."

Stefan: "Okay, in Büchern werden wir über dieses neue Problem wohl kaum etwas finden, also bemühen wir doch das Internet. Wir geben einfach 'Maßnahmen gegen das Auftauen der Permafrostböden' ein und sehen mal, was wir von den angezeigten Informationen brauchen können."

Die beiden hockten vor dem Computer und scrollten die einzelnen Beiträge herunter, deren Inhalte sich in den meisten Fällen um ganz praktische Tipps zum Stromsparen drehten.

Ben: "Nein, hier sieh mal, man soll die Heizung nicht zu hoch einstellen, nicht Dauerlüften sondern kurz und intensiv, keine warmen Speisen in den Kühlschrank stellen oder keinesfalls die Spül- oder Waschmaschine halbvoll laufen lassen und so weiter."

Stefan: "Na, ob das wohl ausreicht? Ich finde es schon richtig, auf all diese Dinge zu achten, doch was nützt die größte Sparsamkeit, wenn überall sonst Energie verschwendet wird?"

Ben: "Wie meinst du das?"

Stefan: "Na, ja. Meine Mutter regt sich darüber auf, zu recht wie ich finde, dass in den Städten alle möglichen Geschäfte, Gebäude und Straßen total hell beleuchtet sind, dass riesige Reklametafeln im Dauerwechsel Produkte hell erleuchtet anzeigen und alle Plätze im ununterbrochenen Lichterglanz erstrahlen."

Ben: "Tja, was bei den kleinen Haushalten eingespart werden könnte, wird von den öffentlichen Beleuchtungen und denen der Kaufhäuser, Hotels, Gaststätten, Clubs und Fabriken verschwendet. Ich denke, Energiesparen sollte ganz woanders anfangen. Einerseits wird davon gesprochen, wie wichtig es ist, wenig Strom zu verbrauchen, andererseits werden ständig neue elektrisch betriebene Endverbrauchsgeräte erfunden. Du erinnerst dich doch noch an unsere Untersuchungen, in denen wir festgestellt hatten, dass nicht nur immer neue elektrische Dinge gebaut, sondern dass diese Produkte oft so hergestellt werden, dass sie nur eine sehr kurze Lebensdauer besitzen. Die müssen dann wieder neu gebaut werden, was wiederum einen Energieverbrauch mit sich bringt und ebenso einen erneuten Rohstoffverbrauch.[1]

Stefan: "Ganz zu schweigen von dem Sinn und Zweck, dass in jedem Haushalt viele Geräte doppelt und dreifach vorhanden sind, obwohl eigentlich nur eins benutzt werden kann - es gibt unendlich viele Neuanschaffungen, die nicht notwendig sind, sondern aus reiner Gier, Frust oder Langeweile gekauft werden. Das bezieht sich nicht nur auf die elektrischen Geräte sondern auf alle Dinge des täglichen Lebens wie z.B. Möbel oder Kleidung. Das meiste wird nicht verbraucht sondern gebraucht, bis wir keine Lust mehr darauf haben oder etwas anderes modern ist. Die Herstellung all dieser Sachen kostet Energie und Rohstoffe ... Wir ersticken an unserem Überfluss! Das scheint mir alles so widersinnig zu der Aufforderung Energie zu sparen!"


Foto: 1998, by Ansgar Walk (photo taken by Ansgar Walk) [CC BY-SA 2.5 (https://creativecommons.org/licenses/by- sa/2.5)], via Wikimedia Commons

Ein Waldbison
Foto: 1998, by Ansgar Walk (photo taken by Ansgar Walk) [CC BY-SA 2.5 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)], via Wikimedia Commons

Stefan: "Aber, warte mal, hier habe ich noch etwas anderes entdeckt. Es wird über einen Feldversuch berichtet. Man versucht weite Teile der nördlichen Wälder abzuholzen und dort Weideland für Pferde, Bisons oder Moschusochsen anzulegen. Die Idee dahinter ist, dass die Weideflächen viel heller sind als die dunklen, dichten Wälder. Die helleren Weideflächen würden das Sonnenlicht besser reflektieren und so der Erwärmung entgegenwirken."

Ben: "Halt, stopp, hab' ich das richtig verstanden, da sollen Wälder abgeholzt werden, weil sie zu dunkel sind und zu viel wärmendes Licht absorbieren, was dann zum Auftauen der Permafrostböden führt?"

Stefan: "Jedenfalls wird das hier so berichtet und es handelt sich wohl erst einmal um einen Feldversuch. Das heißt, es muss alles noch auf die Wirksamkeit hin geprüft werden."


Auf einer Weltkarte zieht sich über die nördlichen Länder Alaska, Schweden, Russland ein dunkelgrünes breites Band, was die Waldvorkommen zeigt - Foto: 2013, by Ökologix [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], from Wikimedia Commons

Zone der borealen (nördlichen) Wälder
Foto: 2013, by Ökologix [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], from Wikimedia Commons

Ben: "Na, ich glaube, dass das Abholzen von Wäldern nie gut sein kann, denn sie sind es doch, die das CO2 in den Bäumen und im Boden festhalten. Wenn nun diese Wälder vernichtet werden, dann wird doch das dort gespeicherte Kohlendioxid wieder an die Atmosphäre abgegeben und trägt damit wiederum zur Erderwärmung bei."

Stefan: "Genau, mir kommt das doch recht merkwürdig vor. Also, die dunklen Wälder werden abgeholzt, dadurch wird CO2 freigesetzt, was zum Aufheizen des Klimas führt. Und die Wälder müssen weichen, damit an ihrer Stelle Grünland entstehen kann, das heller ist, und das Sonnenlicht besser reflektieren kann, damit es nicht zu warm wird. Tut mir leid, aber ich finde, das ist eine absurde Rechnung. Außerdem erzählte mir meine Mutter vor noch nicht langer Zeit gerade von der großen Bedrohung für die nördlichen Wälder, denen ein ähnliches Schicksal droht wie den tropischen Regenwäldern. In Russland sollen sich ca. 60 Prozent dieser dichten, dunklen Waldgebiete befinden und sie werden momentan großflächig abgeholzt. Nicht etwa um Flächen für den eben genannten Feldversuch zu schaffen, sondern das findet schon lange statt und dient nur dem Verkauf von Holz in großen Mengen."


Dunkelgrünes weitläufiges Gelände, im Vordergrund Nadelholzbäume - Foto: by L.B. Brubaker (NOAA photo) [Public domain], via Wikimedia Commons

Boreale (nördliche) Waldgrenze, Alaska
Foto: by L.B. Brubaker (NOAA photo) [Public domain], via Wikimedia Commons

Ben: "Mir scheint als ginge es gar nicht wirklich darum, Lösungen zu finden, wie der Kohlendioxidausstoß verringert werden kann, sondern viel mehr darum, dass jeder seinen Interessen nachgeht und sich die Vorteile und Gewinne sichert."

Stefan: "Ah, ich hab' eine Idee, vielleicht steckt hinter dem genannten Feldversuch ja die Holzindustrie. Dann hätten sie einen triftigen und vorgeblich auch noch einen umweltschonenden Grund, die Bäume abzuholzen."

Ben: "Das will ich mir gar nicht vorstellen. Aber mir fällt doch etwas auf. Die einen wollen möglichst viel Holz verkaufen, die anderen Regenwald vernichten, um Plantagen anzulegen, um dann Palmöl zu produzieren. Wieder andere wollen die Kohlekraftwerke am Laufen halten und den Kohlebergbau vorantreiben und noch andere Fracking betreiben und so weiter. Nirgends geht es darum, dafür zu sorgen, dass der CO2-Ausstoß verringert wird. Vielleicht sollten wir noch mal ganz anders über das Problem nachdenken. Man kann ja nicht leugnen, dass der CO2-Gehalt in der Atmosphäre weiter ansteigt und all die Klimaabkommen nicht wirklich greifen."

Stefan: "Du meinst, es liegt nicht unbedingt daran, dass es unmöglich wäre, etwas Effektives gegen den Klimawandel zu unternehmen, sondern viel mehr daran, dass es zu viele gegenläufige Interessen gibt, die gegeneinander durchgesetzt werden. Dabei geht es dann nie um die Klimarettung."

Ben: "Puh, das wäre ziemlich mies. Vielleicht sollten wir uns mal mit meinem Vater zusammensetzten. Oft hat er etwas mehr Durchblick, ich meine, was diese politischen Dinge angeht."

Stefan: "Tja, das wäre bestimmt hilfreich. Frag' ihn doch und sag mir Bescheid, wenn er Zeit für uns hat."

Ben: "Mach' ich. Also dann bis später. Ich fahre jetzt los, Abendessen wartet. Tschüss!

Fortsetzung folgt ...


Anmerkung:

[1] Siehe: WISSENSDURST/030: Himmelsleiter Wissenschaft - niemand ausgenommen ... (SB)
http://www.schattenblick.de/infopool/kind/natur/knwd0030.html



Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

https://www.greenpeace.de/themen/waelder/waelder-des-nordens/kahlschlag-der-taiga

https://derstandard.at/1250691320028/Borealen-Nadelwaeldern-droht-Amazonas-Schicksal

http://www.permafrostboden.bplaced.net/massnahmen.htm


24. April 2018


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