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WISSENSDURST/047: Plastik - Geburt einer Plage ... (SB)



Ben und Stefan - Buntstiftzeichnung: © by Schattenblick

Grafik: © by Schattenblick

Stefan und Ben hatten sich mit der Erfindung des Kunststoffes beschäftigt und herausgefunden, dass Natur-Kunststoffe - z.B. Birkenpech - schon von den Neandertalern verwendet wurden, wie auch Völker Südamerikas schon früh Kautschuk als formbares Material erkannten und nutzten. Nach diesem geschichtlichen Einblick wollen sie nun wissen, wie es zur Herstellung des synthetischen Kunststoffes, also der Erzeugung von Plastik, gekommen ist.

Ben: "Stefan, du meinst doch, dass Plastik eigentlich eine gute Sache ist, weil dann die natürlichen Rohstoffe oder beispielsweise das Elfenbein der Elefanten, nicht mehr zur Herstellung von Gebrauchsgegenständen oder Schmuck verwendet werden."

Stefan: "Ja, das stimmt, oder übersehe ich da etwas?"

Ben: "Nein, nein, das war nicht meine Überlegung, sondern eine andere: heute wissen wir, dass Kunststoff extrem lange haltbar ist und kaum verwittert, also nur wenig von Bakterien oder Pilzen zersetzt werden kann. Jetzt stelle ich mir vor, alle möglichen Gegenstände, die aus Kunststoff produziert wurden, müssten auch ewig halten. Woher stammen dann aber die riesigen Plastikmüllberge?"

Stefan: "Tja, gute Frage, vielleicht handelt es sich dabei zu einem großen Teil um all die Sachen, die weggeschmissen werden, obwohl sie noch brauchbar wären? Verpackungsmüll könnte es auch sein. Es wird ja alles extra einzeln und doppelt und dreifach in Plastikfolien geschweißt und verpackt."

Ben: "Was aber gar nicht sein müsste. Weißt du worauf ich hinaus will?"

Stefan: "Ich denke schon, dass nämlich die Erfindung des Kunststoffs eigentlich ganz nützlich ist, dass nur der allgemeine Umgang damit zu den aktuellen Plastikmüllbergen an Land und in den Meeren führt."

Ben: "Ja, genau. Ich denke, dass man Plastik wirklich gut benutzen kann, wenn man es nicht wegwerfen würde, nur weil einem die Plastiktischdecke oder die Kunststoffschuhe oder was auch immer nicht mehr gefallen. Oder stell dir vor, dass vielleicht hier schon Sollbruchstellen eingebaut werden, damit auch Plastik schnell bricht und immer weiter neue Teile produziert werden können, die wieder neu gekauft werden müssen und so weiter ..."

Stefan: "Wir sollten uns mal ansehen, wie und woraus Kunststoffe hergestellt werden, welche Rohstoffe, Chemikalien und so weiter dafür verwendet werden, welche Umweltschäden das mit sich bringt und all so etwas ..."

Ben: "Als Ausgangsstoff wird auf jeden Fall Erdöl verwendet, so viel weiß ich schon mal sicher, aber wie daraus dann Kunststoff werden kann, ist mir ein Rätsel."

Stefan: "Also, auf geht 's, das finden wir heraus. Wahrscheinlich werden unsere dürftigen Chemie-Kenntnisse dabei erforderlich sein - oh je!"

Ben: "Und, was habe ich hier? Einen wunderbaren Ausdruck, den ich gestern spät abends noch zustande gebracht habe, in dem alles recht einfach erklärt wird."

Stefan: "Das ist ja toll, zeig' mal her."

Ben: "Hier, ich habe es gleich zweimal ausgedruckt, für jeden einen, das liest sich besser."

Die beiden machen es sich auf dem Fußboden von Bens Zimmer gemütlich und vertiefen sich in die Erläuterungen über die Herstellung von Kunststoffen aus Erdöl.


Die Grafik zeigt den unterteilten Turm mit den sogenannten 'Glocken' in jedem Segment, an denen sich die verschiedenen Kohlenwasserstoffe bei unterschiedlichen Temperaturen niederschlagen - Foto: 2010, by Crude Oil Distillation-fr.svg: Image originale:Psarianos, Theresa knott ; image vectorielle:Rogilbertderivative work: Leyo (Crude Oil Distillation-fr.svg) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)], via Wikimedia Commons

Bei unterschiedlichen Temperaturen kondensieren verschiedene Bestandteile des Rohöls
Foto: 2010, by Crude Oil Distillation-fr.svg: Image originale:Psarianos, Theresa knott ; image vectorielle:Rogilbertderivative work: Leyo (Crude Oil Distillation-fr.svg) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)], via Wikimedia Commons

Ben: "Lass es uns mal Schritt für Schritt durchgehen: Also, wir haben Erdöl, das in einen sogenannten Fraktionierturm geleitet werden muss (fraktionieren = aufteilen). In diesem Turm wird das Öl destilliert (destillieren = verdampfen). Das heißt, das Erdöl wird auf 400 °C erhitzt. Öl fängt schon bei einer Temperatur zu sieden an, die etwas unterhalb der Siedetemperatur von Wasser liegt ..."

Stefan: "... also etwas unter 100 °C."

Ben: "Genau. Jetzt kommen die nächsten Schritte. Der Fraktionierturm ist in mehrere Etagen unterteilt, die als `Glocken' bezeichnet werden. Beim Sieden von Öl steigen Dämpfe auf. Bestimmte Anteile davon kondensieren beim Abkühlen an den einzelnen Etagenglocken."

Stefan: "Kondensieren bedeutet hier, dass das Gas wieder flüssig wird und sich in so einer Glocke ansammelt?"

Ben: "So verstehe ich das jedenfalls. Weiter, also, Erdöl besteht aus Kohlenwasserstoffen, die anscheinend ein unterschiedliches Molekulargewicht besitzen. Hier steht, dass jene Kohlenwasserstoffe mit dem kleinsten Molekulargewicht bei der niedrigsten Temperatur sieden ..."

Stefan: "... und die kondensieren dann zuerst?"

Ben: "Hmm, ne, ja, wäre logisch, wird hier in dem Text aber nicht erklärt. Also, das würde bedeuten, dass die Kohlenwasserstoffe mit dem größten Molekulargewicht bei der höchsten Temperatur anfangen zu sieden. Das bewirkt, dass sich in den einzelnen Glocken unterschiedliche Niederschläge ansammeln, also kondensieren. So kommt es, dass das ursprüngliche Erdöl (Rohöl) in Gas, Benzin, Petroleum und Gasöl aufgetrennt (fraktioniert) wird. Bei diesem Prozeß bleibt eine Masse als Rückstand übrig, die Bitumen genannt wird. Sie wird unter anderem im Straßenbau verwendet. So weit erst einmal."

Stefan: "Also gut, nun haben wir schon mal diese vier neuen Substanzen aus dem Rohöl erhalten, aber wie hilft uns das bei der Herstellung von Kunststoffen?"


Die Grafik zeigt symbolisch einen Öltropfen, einen Benzinkanister, einen Trichter, in den oben hinein Monomere (einzelne Teile) gegeben werden und unten kommen zusammengefügte Ketten aus vielen Teilen (Polymere) heraus. Am Schluss sind ein Plastikbecher und eine Plastikflasche zu sehen - Grafik: 2018 © by Schattenblick

Vereinfacht dargestellt: Die Schritte vom Rohöl zum Kunststoff
Grafik: 2018 © by Schattenblick

Ben: "Du liebe Güte, das ist ja viel komplizierter als ich mir vorgestellt habe. Es sieht so aus, als ob bei der anfänglichen Destillation nur die von Natur aus im Rohöl vorhandenen Substanzen voneinander getrennt werden können. Für die Kunststofferzeugung wirklich wichtig ist von diesen vier dann nur das Benzin (Rohbenzin), das den Namen Naphta trägt. Dieses Naphta wird nun künstlich aufgespalten und zwar durch einen thermischen Spaltprozess."

Stefan: "Soll das heißen, dass dieses Benzin oder Naphta erhitzt wird und dabei weitere Produkte entstehen?"

Ben: "Ja, das wären dann wohl Spaltprodukte. Das Aufspalten nennt man 'Cracken' und dabei entsteht Ethylen, Propylen, Butylen und noch ein paar andere Kohlenwasserstoffverbindungen, die auseinander 'gebrochen' und umgebaut werden. Aus Etylen kann in weiteren Verfahren dann Styrol und Vinylchlorid gewonnen werden, was weitere Ausgangsstoffe für andere Kunststoffe sind."

Stefan: "Entschuldige, aber mir raucht gerade der Kopf, habe ich das richtig verstanden, wir haben jetzt immer noch keinen Kunststoff, sondern erst einmal einen Ausgangsstoff, mit dem Kunststoff hergestellt werden könnte?"

Ben: "Tja, das habe ich so verstanden. Aber ich habe hier noch etwas gefunden. Also, ganz allgemein kann man sagen, dass Kunststoffe aus Riesenmolekülen (Makromolekülen) aufgebaut sind. Es werden drei Vorgänge des Zusammenbauens zu derartigen Riesenmolekülen hauptsächlich angewendet. Ich finde wir bleiben erst mal bei einem Verfahren und sehen uns das genauer an. Ich schlage die Polymerisation vor, bei der entstehen eine ganze Reihe von Kunststoffen. In dem Text wird die Bedeutung dieses Wortes erklärt. Es kommt aus dem Griechischen und 'poly' heißt 'viele' und 'meros' bedeutet 'Teilchen', also müsste das zusammen wohl 'viele Teilchen' bedeuten. Vielleicht ist das schon ein Hinweis auf den Aufbau von Plastik?"

Stefan: "Ja, das kann sein, aber ich glaube so genau will ich das gar nicht wissen, ich meine, ich will mir keine chemischen Kenntnisse erwerben über Moleküle und wie man sie aufbricht oder zusammenbaut. Sag' doch einfach, welche Kunststoffe daraus gefertigt werden können. Mir würde das reichen."

Ben: "Hast ja recht, ist auch wirklich kompliziert. Also mit diesem Polymerisationsverfahren werden folgende Kunststoffe hergestellt: Polyethylen (PE), Polyvinylchlorid (PVC), Polystyrol (PS) und Polypropylen (PP)."

Stefan: "Die spannende Frage ist jetzt, welche Gegenstände daraus gefertigt werden."

Ben: "Ich schlage vor, wir machen morgen weiter, dann können wir uns auch noch darum kümmern, welche Umweltschäden bei der Herstellung entstehen. Ich staune immer wieder, was alles aus Erdöl gemacht werden kann und stelle mir dann vor, das Erdöl eine endliche Ressource ist."

Stefan: "Mich wundert es gar nicht mehr, dass so viele Anstrengungen unternommen werden, um immer noch neue Quellen zu erschließen, was zum Teil mit hohen Risiken verbunden ist."

Ben: "Okay, dann machen wir hier mal Halt und sehen uns morgen wieder."

Fortsetzung folgt ...

Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

https://www.careelite.de/was-ist-plastik/

http://www.technikatlas.de/~tb4/reaktion.htm


24. September 2018


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